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2

Etwa drei Monate schon bewohnte der russische Doctor das grünumrankte Haus; erhalte in dem wilden Garten die Nachtigallen schlagen hören und die Rosen ausblühen und welken sehen. Der Herbst ging in's Land und färbte die Blätter bunt, um sie dann im übermüthigen Spiel von den Bäumen zu schütteln.

Da erschien zu allgemeinem Erstaunen eines Abends ein Bote aus der Schweizer-Villa im Doctorhause mit der Bitte, sofort herüber zu kommen: das jüngste Kind sei an der Bräune schwer erkrankt, der Hausarzt über Land, die Herrschaft verreist und »Mademoiselle« allein mit der Kleinen. Sie war es, die darauf bestanden, ihn rufen zu lassen.

Da galt kein Zögern; der Arzt und Menschenfreund machte sich auf den Weg. Es war ein vornehm eingerichtetes Haus, in das er trat. Der Diener in glänzender Livrée empfing mit dem Ausdruck lebhafter Neugier den russischen Doctor, um ihn die mit kostbaren Teppichen bedeckten Treppenstufen hinan und durch einige elegant ausgestattete Zimmer bis zum Schlafgemach der kleinen Kranken zu geleiten. Die Portiere wurde zurückgeschlagen, die Thüre leise geöffnet. Auf der Schwelle aber mußte Armin Elbthal plötzlich, wie in jähem Schrecken, stehen bleiben.

»Hortense!« schwebte es kaum hörbar von seinen Lippen.

Saß sie da wirklich vor ihm im Schein einer rosenrothen Ampel, das Ebenbild der längst Entschwundenen? Es war die schlanke, graciöse Gestalt in Weiß, nur größer, entwickelter als damals jenes blühende Kind im Garten: das Köpfchen im Rahmen der braunen Flechten, die wie mit Goldstaub bestreut erschienen, das zierlich geschnittene Profil, das etwas kecke Näschen, der warme Teint. War das ein Zauberspiel? Träumte er? Zögernd und leise schritt er näher.

»Der russische Herr Doctor!« meldete der Diener und verschwand.

Da hob sich das gesenkte Gesichtchen zu ihm auf: es waren auch die Augen Hortense's, die ihn jetzt anblickten, nur nicht sonnenhell und muthwillig wie einst, sondern ernst und hülfeflehend. Auf dem Schooße des jungen Mädchens, an ihre Brust geschmiegt, lag im Schlummer das schwer athmende Kind, mit seinen Händchen die Hand der Pflegerin umklammernd.

»Hortense Saint-Hilaire,« murmelte er wie im Traum.

»So hieß meine Mama,« antwortete das Mädchen mit fremdartigem Accent. »Ich heiße Desirée Duvois und bin Erzieherin im Reimburg'schen Hause. Sie sind Doctor Elbthal; ich weiß, daß Sie Mama als Kind gekannt haben.« Ein Leuchten flog bei diesen Worten über das zarte, junge Antlitz. »Wie froh ich bin, daß Sie da sind! O, wie lange schon mühte ich mich, Sie einmal zu sehen, immer aber vergebens. Ich schickte zu Ihnen, weil ich fest überzeugt bin, Sie werden hier helfen. Wir sollen schon in nächster Woche nach Hamburg zurückreisen.«

Die Augen senkten sich nach diesen hastig und flüsternd gesprochenen Worten wieder auf das kranke Kind. Im Nu war er neben ihr; alle Gedanken und Erinnerungen, so mächtig sie auch gewesen sein mochten, sanken unter in dem Verlangen, Hülfe zu bringen. Es war nur noch der Arzt, der nun ruhig untersuchte und seine Anordnungen traf in jener bestimmten, klaren Weise, die jedem unwillkürlich imponirte, dem sie entgegentrat.

»Ich bleibe hier, wenn es Ihnen recht ist,« sagte er dann, »bis die Krisis eintritt, und werde mit Ihnen die kleine Patientin bewachen.«

Sie nickte mit dankbarem Lächeln, richtete aber keine Frage an ihn. Lautlos auf dem Teppich wandelte die Gestalt einer alten Wärterin, die sonst im Nebenzimmer schlief, hin und her. Das Kind wurde auf sein Bettchen gelegt, zu dessen beiden Seiten das junge Mädchen und der Arzt Platz nahmen. Wenig nur wurde fortan gesprochen und einzig und allein Worte gewechselt, welche auf die Kranke Bezug hatten. Desirée erzählte, wie bei der Abreise der Eltern, welche die größern beiden Kinder mitgenommen, die Kleine schon gefiebert und gehustet; wie sie selbst in Todesangst die fortschreitende Krankheit beobachtet, die alte Wärterin sie aber ausgelacht habe; wie man ihr einen andern jungen Hülfsarzt vorgeschlagen, den der Diener zu rufen sich erboten, und wie sie trotzdem den Befehl gegeben, den »russischen Doctor« zu holen, auch schon, weil er ihnen zunächst wohne.

Er wagte nur einmal die Frage: »Wo lebt Ihre Frau Mutter?«

Die Augen des Mädchens schimmerten feucht, als sie Antwort gab.

»Sie ist todt schon seit sechs Jahren … Papa viel länger, ich erinnere mich seiner kaum. Ich bin eine Waise; sogenannte Freunde in Paris haben mich seit einem Jahr hier untergebracht. Wir hatten kein Vermögen, und so bin ich ganz auf mich selber angewiesen. O, es ist so schwer, unter Fremden leben zu müssen in fremdem Lande!«

Die Stimme klang verschleiert, das Köpfchen neigte sich; helle Tropfen fielen auf das Händchen des kranken Kindes, das auf der spitzenbesetzten Atlasdecke lag.

Er schwieg, seltsam ergriffen. Das arme junge Geschöpf! Ohne Liebe, ohne Wärme ihre Tage hingehen zu sehen, – wie hart! Arme Hortense! Sterben zu müssen mit dem Bewußtsein, eine Tochter schutz- und hülflos zurückzulassen in der erbarmungslosen Welt!

Und nun begann der träge Lauf jener bangen, bleiernen Stunden, die jeder kennt, der einmal an einem Krankenlager den Athemzügen eines geliebten Wesens lauschte und mit wildpochendem Herzen in Furcht und Hoffnung die Pulsschläge zählte. Die Augen des jungen Mädchens richteten sich wieder und immer wieder in stummer Angst auf das Antlitz des russischen Doctors, das unbeweglich blieb. Am Fußende des Bettchens kauerte die alte Wärterin; sie war aber vor Furcht und Schmerz fast sinnlos und überließ alle Handreichungen der jungen Französin. Der Diener mußte wiederholt den Gang zur Apotheke antreten, das übrige Hausgesinde war in Sorge und Aufregung.

Endlich fing der Athem an ruhiger zu werden, die stürmischen Erscheinungen der schrecklichen Krankheit sänftigten sich, und als der erste Sonnenstrahl durch die Vorhänge sich stahl, sagte die tiefe Stimme des Arztes: »Das Kind ist gerettet!«

Statt aller Antwort beugte sich das junge Mädchen über die Hand, welche er ihr reichte, und küßte sie.

Es war eine seltsame Erregung, die ihn ergriff bei dieser rührenden Dankbarkeitsbezeugung.

»Lassen Sie nun den Hausarzt rufen,« bat er noch beim Weggehen, »ich war ja nur sein nothgedrungener Stellvertreter. Aber ich meine, Sie dürften nun, sobald die Eltern unseres Sorgenkindes heimkehren, ohne Verzug das grünumrankte, jetzt herbstlich geschmückte Haus besuchen, das Ihre Mutter als Kind bewohnt, und den wilden Garten, wo sie so fröhlich gespielt hat. Meine Cousine, Fräulein Marianne Weber, wird sich sehr freuen, Sie kennen zu lernen. Sie ist meine musterhafte Hausverwalterin.«

Strahlenden Blickes reichte Fräulein Desirée ihm die Hand.

»Gewiß komme ich, zunächst aber, um Ihnen nochmals zu danken und mit Ihnen von Mama zu plaudern. Gesegnet sei die Krankheit der kleinen Fanny, die mir den Jugendfreund der Mama zuführte! Ich habe ja die deutschen Uebungshefte von ihr und ein deutsches Buch, das »Käthchen von Heilbronn« mit Ihrem Namen und ein Gedicht von Eichendorff und endlich jenen Ball, den sie Ihnen einmal vor's Auge geworfen. Mama sprach immer davon, daß wir einmal nach Deutschland reisen würden, um das grünumrankte Haus und Armin Elbthal zu sehen … Auf Wiedersehen also, auf baldiges Wiedersehen!«

Am Abend dieses Tages kehrten die Abwesenden zurück. Aber weit entfernt, glücklich und dankbar zu sein, nachdem sie das Geschehene erfahren, war Madame entrüstet, daß »Mademoiselle« aus eigener Machtvollkommenheit einen fremden Arzt, der nicht einmal seine Karte bei ihnen abgegeben, gerufen habe. War denn solche Eile durchaus nothwendig gewesen?! Die alte Wärterin schürte die auslodernden Flammen durch ihre Berichte: konnte sie es doch nicht verschmerzen, daß die Kleine überhaupt viel mehr Neigung der Fremden entgegentrug, als ihr. Sie stellte die Sache als bei weitem weniger gefahrdrohend dar. Der Hausherr allein faßte die Sache ruhig auf und erklärte die Handlungsweise der jungen Erzieherin für durchaus correct. Aber vielleicht eben deshalb erhitzte sich die heißblütige Herrin immer mehr, und während Herr Reimburg sich beeilte, dem russischen Doctor seinen Besuch zu machen, fielen heftige Worte, und Madame erklärte endlich Fräulein Duvois, daß es für beide Theile besser sein dürfte, sich zu Neujahr zu trennen.

Zum höchsten Erstaunen von Madame bat jedoch Mademoiselle, das Haus noch am heutigen Tage verlassen zu dürfen.

Das junge Mädchen wünschte, sofort ihre Beziehungen zu den Bewohnern der Schweizer-Villa zu lösen, hatte dies wiederholt sanft aber fest erklärt und schließlich auch keinerlei Widerspruch mehr erfahren.

Ein Billet Desirée's unterrichtete Armin Elbthal sofort von dem Vorgefallenen. Sie schrieb, daß sie beabsichtige, nach Paris zurückzukehren und von dort aus sich eine andere Stelle zu suchen, und bat nur um ein Obdach für wenige Tage.

Das kleine Blatt, bedeckt von zitternden Schriftzügen, in der Hand, trat Armin in das Zimmer Marianne's.

»Ich bitte dich, Fräulein Duvois sofort drüben abzuholen und sie einzuladen, unser Gast zu sein, so lange es ihr gefällt,« sagte er, nachdem er den Brief vorgelesen. »Ich bin fest überzeugt, du wirst an ihr eine angenehme Gesellschafterin finden für den Winter, und sie wiederum kann und wird von dir vielerlei lernen. Das arme Ding, das man so früh in die Welt hinaus stieß, ist ja noch ein Kind! Um meinetwillen verlor sie ihre Stelle; und selbst wenn ich auch ihre Mutter als Kind nicht gekannt hätte … deine Eltern wohnten damals noch nicht hier, Marianne; ich erzähle dir ein ander Mal davon – ich fühle eine Art Verpflichtung ihr gegenüber.«

»Wenn der Besuch nicht lange währen soll, habe ich nichts dagegen einzuwenden, daß sie unser Gast wird, und überdies … du bist ja Herr im Hause. Ich hoffe, sie ist bescheiden und angenehm.«

»Davon bin ich fest überzeugt. Wenn sie ihrer heitern Mutter gleicht, so würde sie ein freundliches Element für den langen Winter sein, im Falle du sie hier festhalten möchtest. Meine große Arbeit über die Krankheiten des Alterthums und ihre Behandlung wird mich sehr beschäftigen. Du wirst, fürchte ich, sehr viel allein sein, liebe Marianne.«

»Wir wollen sehen, wie es sich macht. Offen gestanden, halte ich die Französinnen für entsetzlich unwissend in der Küche und Haushaltung, außerdem auch für leichtsinnig und coquett, selbst wenn sie noch in den Kinderschuhen stecken. Ich habe das oft gelesen. Es sind eben herumflirrende Cycaden, nur zum Tändeln gut, Geschöpfe, die eine wohlgeordnete Häuslichkeit nicht vertragen. Wenn sie mir aber ordentlich helfen will in jeder Weise, obgleich ich im voraus überzeugt bin, daß sie über die Maßen ungeschickt sich anstellen wird, so wollen wir es eben versuchen. Holen werde ich sie. Ich möchte mir doch die vielgepriesene Einrichtung der hochmüthigen Leute da drüben einmal ansehen, die sich von ihrem Diener, wie mir die Frau Bürgermeister erzählte, den Staub in den Zimmern abwischen lassen. Zudem möchte ich der Dame des Hauses zeigen, daß andere Leute auch das Recht haben, von oben herabzusehen. Es ist empörend, dich nicht anzuerkennen!« Sie reckte sich in ihrer ganzen Höhe empor und ging, um eine besonders sorgfältige Toilette für diesen Besuch zusammenzustellen.

Der Liebe Mühe war aber umsonst, denn die Herrin der Schweizer-Villa ließ sich nicht blicken; sie sei mit dem Einpacken beschäftigt, hieß es. Die Unterredung mit Desirée Duvois war kurz, aber freundlich; der Zorn, den Marianne der Herrin entgegentrug, war die Ursache, daß sie dem jungen Mädchen, mit einer gewissen Zutraulichkeit entgegen kam, welche sonst nicht in ihrem Wesen lag. So hatte diese Zusammenkunft die Folge, daß trotz des Bedauerns des Hausherrn die Erzieherin der Reimburg'schen Kinder noch an demselben Abend in das grünumrankte Haus übersiedelte.

Mit Rührung und Freude betrat Desirée Duvois das Fremdenstübchen, das nach dem Garten hinaus ging, und richtete sich dort ein. Nach wenigen Stunden schon drang ihr silberhelles Lachen in das Arbeitszimmer Armin's und ließ ihn unwillkürlich die Feder niederlegen. Iwan war ihr nämlich in den Weg gelaufen und hatte ihr sofort nach ihrem freundlichen Gruß in enthusiastischer Weise in seinem Kauderwelsch seine Dienste angeboten.

Welch ein neuer, köstlich erfrischender Klang war dies Lachen! Würde sich's nicht noch einmal so gut arbeiten lassen, wenn dann und wann solch ein Lachen das Haus durchzog wie der Ton eines hellen Glöckchens? Brauchte man nicht auch Lerchensang und Blumenduft zum Leben, um frisch und jung zu bleiben im Herzen, obwohl Marianne erklärte, alle unnützen Dinge seien entbehrlich? Es mußte erquickend sein, nicht immer und immerfort das Schlüsselgerassel der unermüdlich das Haus durchwandernden Wächterin zu hören und ihre stets gereizt klingende Stimme, wenn sie den Dienstboten Vorlesungen hielt, und nicht unablässig, sogar bei Tisch, das einförmige Knarren der Wirthschaftsmaschine zu vernehmen, indem Marianne sich in Klagen erging über die theuern Preise der Lebensmittel und die Fehler von Anna und Iwan.

Die mittäglichen und abendlichen Unterhaltungen nahmen mit dem Erscheinen Desirée's eine andere Wendung. Zum ersten Mal in dem langen Junggesellenleben tauchte die Erscheinung eines jugendlichen weiblichen Wesens auf, das sein Dasein gleichsam in andere Beleuchtung setzte.

»Sie wird dich nur stören!« hatte Marianne prophezeit, »und dabei Unordnung in alle Zimmer bringen. Dergleichen Geschöpfe lassen überall irgend etwas liegen und stellen keinen gebrauchten Gegenstand wieder an den richtigen Platz. Wenn du nur nicht deine Güte bereuest!«

Wie konnte denn eine frische Rosenknospe, in's Zimmer getragen, stören?! Desirée erfüllte gleichsam das ganze alte Haus mit dem süßesten Parfum der Welt, dem Rosenduft der Jugend. Während Armin der Tochter seiner Jugendfreundin jedes Plätzchen zeigte, wo Hortense's Füßchen umhergetrippelt, und die Bäume in Garten und Wald, die einst über ihrem lieblichen Kinderhaupt gerauscht vor langen, langen Jahren, da fühlte er selbst es durch seine Adern rinnen wie einen Strom der Verjüngung. Mit Rührung hatte er aus den Händen des jungen Mädchens die Schreibhefte Hortense's empfangen und seine eigene Abschrift des Eichendorffschen Gedichts und endlich auch wie im Traum jenen Ball berührt, der damals, unsanft zwar, die Bekanntschaft vermittelt. Das armselige Ding existirte noch – und wo war sie, das strahlende, lebensfrohe Geschöpf, der Gegenstand seiner ersten Schwärmerei?!

Desirée hatte ihm auch allmälig erzählt, wie der »Papa« durch »Unglück« und »falsche Freunde« das Vermögen des Großvaters sowie sein eigenes verloren. Ihre Andeutungen aber genügten, um Armin erkennen zu lassen, daß Hortense's Geschick den Händen eines Spielers anvertraut gewesen war, der als Schluß der Tragödie seinem Leben ein Ende gemacht hatte, das Dasein seines armen Weibes durch die entsetzlichsten Erinnerungen vergiftend. Mit feuchten Augen schilderte sie ihr Zusammensein mit der geliebten Mutter; wie sie darauf bestanden, daß ihr Kind die deutsche Sprache gründlich erlerne, und wie sie selber stets an diesen Lehrstunden theilgenommen. Endlich redete sie mit erstickter Stimme von dem sanften, allmäligen Auslöschen der Lebensflamme der Theuern, von ihren großen, verklärten Augen, von ihren Hoffnungsträumen einer Reise nach Deutschland, von dem schmerzlosen Entschlummern.

Wie ergriff den Arzt die schlichte Darstellung des Mädchens von dem liebelosen, freudenarmen Dasein unter Fremden, zuerst unter dem Dache jener kalten Menschen, die sich Verwandte und Freunde des Papa genannt und die das verlassene Kind doch nur in ihrem Hause duldeten mit dem Wunsche, sich seiner bald zu entledigen. Die schönen Augen aber leuchteten auf, als sie von dem einzigen Freudenjahr ihres jungen Lebens redete, von ihrem Aufenthalte bei den Schwestern vom Sacré coeur, wohin man sie geschickt, damit sie endlich etwas lerne, um sich dann selber fortzuhelfen.

Ach, das war ein Wandeln in einem Blumengarten voll Lilien und Rosen, ein Athmen in einem Asyl des Friedens und der Liebe gewesen! Die bittersten Thränen, die sie geweint seit dem Scheiden der Mutter, galten der Trennung von den frommen Schwestern. Das junge Mädchen krankte an Heimweh nach dem stillen Asyl, bis die von den Verwandten vorbereitete Uebernahme der verschiedenartigen schweren Pflichten im Hause des reichen Hamburger Kaufherrn ihr keine Zeit mehr ließ zum Hangen und Bangen, sondern die Anspannung aller ihrer Kräfte gebieterisch forderte.

»Ach, ich sah ein, daß ich solcher Stelle noch nicht gewachsen war,« schloß sie, »und daß ich lernen … noch viel, viel lernen muß! Und wenn Sie mich glücklich machen wollen, so geben Sie mir um Mama's willen in den Tagen oder Wochen, die ich hier verleben darf, einigen Unterricht. Sie sollen sich gewiß nicht über Mangel an Fleiß ihrer dankbaren Schülerin zu beklagen haben!«

Mit welcher Lebhaftigkeit versprach er ihr das, mit welchem Feuereifer von beiden Seiten wurde der Stundenplan entworfen und streng eingehalten! Marianne war zufrieden mit dieser Einrichtung – im Haushalten wußte sie die Fremde doch noch nicht genügend zu beschäftigen.

Daß Desirée sich nun wieder der natürlichen Heiterkeit der Jugend überließ, war ihrem neuen Beschützer die größte Beruhigung. Dies gab ihm die Gewißheit, daß Hortense's Kind sich auf diesem Boden wohl zu fühlen schien und aufblühte wie eine Blume, die man in das rechte Erdreich versetzt hat.

Zwar hatte er ihr versprechen müssen, durch wiederholte Anzeigen in großen Blättern für eine neue passende Stelle für sie zu sorgen; einstweilen aber sollte und mußte sie sich ja erholen und ihres jungen Lebens froh werden. Ein heller Schein fiel in den nahenden Winter im Gedanken an seine neue Hausgenossin. Trotz der kurzen Zeit, die das junge Mädchen mit ihm unter einem Dache lebte, war sie ihm schon unentbehrlich geworden. Er ertappte sich gar oft auf einer gewissen Unruhe, wenn der leichte Schritt ein paar Stunden lang nicht auf dem Gange an seiner Thüre vorbei laut wurde, oder ihre Stimme, eine leichte Melodie, einen Tanzrhythmus summend, nicht aus dem Garten, den sie bei jeder Witterung besuchte, zu ihm herauftönte.

Eine anmuthige Neuerung hatte Desirée gleich in den ersten Tagen ihrer Uebersiedelung eingeführt. Sie plünderte in Begleitung Iwan's die Gärtner des Städtchens, und grinsend schleppte der Alte eine ganze Ladung Blattpflanzen herbei, mit denen das junge Mädchen vor allem das Arbeitszimmer des russischen Doctors schmückte.

»Es muß freundlich aussehen da, wo man arbeitet,« sagte sie. »Ich werde die Pflanzen sorgsam pflegen, damit niemand Last und Mühe von ihnen hat, sondern nur Freude. Und jetzt kommt ja der Winter, da muß man sich eine Erinnerung an den Sommer in's Haus tragen und eine Hoffnung auf den kommenden Frühling.«

Seitdem huschte sie zur bestimmten Stunde zu Armin herein, und er sah ihr über den Arbeitsblättern verstohlen zu – wie war doch jede Bewegung voll Grazie und Lieblichkeit, wie erinnerte ihn ihr ganzes Sein und Wesen an die kleine Hortense! War ihm doch zuweilen, als müsse er seine Schulbücher hervorsuchen, um in den Wald zu laufen.

Er lächelte dann über sich selbst, wenn Desirée verschwunden war, stellte sich vor den Spiegel und rief, sich selber verspottend: »Toller Graukopf, wirf die Blumen aus dem Fenster und schließe deine Thüre zu! Marianne hat recht, sie stört dich.«

Und doch – weit auf hätte er die Thüre reißen mögen, um die frische, sonnige Mädchengestalt in ihrer jungen Schönheit hereinstrahlen zu lassen in sein mit alten Folianten angefülltes Arbeitszimmer.

Marianne war im Stillen erzürnt über die Blumenplantagen im Hause, die nur die Fensterbänke verdarben und erhöhte Arbeit brachten. Da aber die neue Hausgenossin alle Arbeit auf sich nahm und Iwan sich um ihretwillen auf jeden Wasserflecken stürzte, um ihn wegzuwischen, mußte sie sich achselzuckend zufrieden geben. Iwan folgte nun einmal dem jungen Mädchen wie ein treuer Hund und bewunderte alles an ihr; drang er doch einmal in die Arbeitsstube seines Herrn, voller Entzücken über einen kleinen Stiefel, der ihm zur Reinigung anvertraut worden war. Er hatte das niedliche Ding über ein paar Finger seiner breiten Tatze gezwängt, und kam, zu fragen, ob der Herr Doctor jemals in seinem Leben solche kleine Füße gesehen. Zu seinem größten Erstaunen wurde er mit einem tüchtigen Verweis, aber ohne übliche Vorlesung der Liste fortgeschickt.

Im allgemeinen gestaltete sich das Verhältniß der beiden Frauen zu einander leidlich, obgleich ohne jede Wärme von irgend einer Seite. Desirée ließ sich aber doch wenigstens zu einigen Dingen verwenden; sie zeigte sich äußerst geschickt mit der Nadel, war sehr fleißig und entwickelte den feinsten Geschmack in Bezug auf Toilette. Da gab es denn freilich allerlei zu ändern und zurechtzumachen für Fräulein Marianne. Auch die Hoffnung, von der neuen Hausgenossin ein elegantes Französisch zu lernen, trug dazu bei, den Gedanken, Desirée vor dem Frühling scheiden zu sehen, aus Mariannens Seele zu verbannen.

Armin fühlte sich als Lehrer ganz besonders wohl. Abgesehen von der Annehmlichkeit der regelmäßigen Beschäftigung mit geistigen Dingen, mit Wahrheit, Wissenschaft und Schönheit, regte ihn die Fassungsgabe und der Eifer seiner Schülerin lebhaft an. Das junge Mädchen wiederum sah zu ihm empor mit einem Gemisch von Dankbarkeit und Bewunderung. Ihre Seele verlangte nach Klarheit, ihr Geist war in seltener Weise wissensdurstig – die Unterrichtsstunden wurden somit für beide zu einer Quelle von Vergnügen und Genuß. Im Frühling wollte man nach des Lehrmeisters Vorschlag im Freien studiren, und Desiree widersprach nicht bei der Aussicht, noch länger in dem grünumrankten Hause bleiben zu müssen.

»Ich kann Sie jetzt nicht eher entlassen, als bis ich sagen darf, Sie sind vollständig gerüstet, mein Kind!« behauptete er, und sie strahlte ihn an mit dankbaren Augen.

Eines Tages endlich, aber hoch erröthend, bat sie mit lieblichem Lächeln den Lehrmeister und Freund der verklärten Mama um das Du. »Wollen Sie denn auch erlauben, daß ich Sie Onkel nenne? Sie sind ja für die Verlassene der beste und einzige Freund der Welt!«

»Und für alle Zeiten der treueste, mein Kind!« rief er warm und nahm ihre Hand. »Du hast recht, die Tochter meines Jugend-Ideals muß mir auch äußerlich näher treten und von mir anders angeredet werden als jede beliebige Fremde. Dann mußt du aber auch zu mir du sagen, liebe Desirée; denn einen Onkel nennt man doch im allgemeinen nicht Sie! Willst du?«

Das junge Mädchen nickte.

»Jetzt erst werde ich mich ganz zu Hause fühlen … aber nicht wahr, Fräulein Marianne brauche ich nicht Tante zu nennen? Ich fürchte, daß ich es nicht kann. Wir sind einander noch so fremd.«

»Marianne würde das auch nie verlangen,« antwortete er lächelnd. »Richte das ganz nach deinem und ihrem Belieben ein; denn immerhin ist es geboten, dich gut mit ihr zu halten.«

»Natürlich! O, ich will mich recht mühen und versuchen, so viel als möglich von ihr zu lernen. Bis jetzt habe ich gar nicht gewußt, was es heißt, eine deutsche Haushaltung zu führen.«

Marianne schaute zwar etwas verwundert darein bei der Entdeckung der veränderten Anrede der beiden, fand sie aber im Grunde begreiflich.

»Sie ist dir gegenüber noch ein Kind, lieber Vetter,« sagte sie, »und als Kind muß sie auch von dir behandelt werden. Ich bin zufrieden, wenn sie den Winter hier bleibt; denn du bist heiterer geworden. Sie ist eine Art Spielzeug für dich, und dergleichen braucht ihr Männer ja immer!«

Ja, er war heiterer geworden, ohne Frage, wunderbar heiter, der sonst so ernste russische Doctor. Er blieb länger im Wohnzimmer als sonst; er unternahm weite Spaziergänge mit Desirée, wenn Marianne erklärte, eine Kaffeegesellschaft geben zu müssen. Sie wanderte dann meist mit ihm in den Wald hinaus, trotz des winterlichen Wetters. Sie war auch im Nu fertig, wenn er sie mitzunehmen wünschte, schnell gerüstet, wie ein Soldat, während seine Cousine ihn durch die feierliche Langsamkeit ihrer Vorbereitungen zur Verzweiflung brachte, ebenso wie durch das häufige Zurückgehen und Umkehren, um Vergessenes zu bestellen.

Abends nach Tisch las er zuweilen vor. Desirée war eine sehr angenehme Zuhörerin, nie störte sie den Vorleser durch Einwürfe, Fragen, Ausrufungen, wie Marianne. Sie ließ nur dann und wann die Arbeit sinken und sah ihn an, und es war, wie Armin meinte, eine seltsame Herzerquickung, diesen Augen zu begegnen. Schloß er das Buch, dann plauderte sie in ihrer lebhaften Weise, fragte, äußerte ihr Entzücken und verwickelte ihn oft in ein Gespräch, dem erst Mariannens Machtspruch und ihre verdrießliche Mahnung, daß es Zeit sei, zur Ruhe zu gehen, ein gewaltsames Ende bereitete. Auf Desirée's Bitten las er öfter Eichendorff'sche Gedichte, die einen tiefen Eindruck auf sie zu machen schienen; aber auch kleinere Novellen wählte er für sie aus. Stifter's »Studien« bezauberten sie, und die »Chronica eines fahrenden Schülers« von Clemens Brentano entlockte ihr Thränen. Die ernste Lectüre der Klassiker bildete einen Theil der Lehrstunden.

So hielt er gleichsam diese junge Seele in seinen Händen, sah diesen strebsamen Geist sich entwickeln in deutscher Atmosphäre – nichts trat heran und durfte herantreten an dies liebliche Wesen, was er ihr nicht selbst zuführte.

Es war ihm, als hätte er jetzt erst seine eigentliche Lebensaufgabe gefunden; ein Gefühl der Befriedigung kam über ihn, wie er es nie zuvor gekannt.

»Ich hätte jetzt gar keine Zeit für eine Praxis,« sagte er sich oft; »im nächsten Winter ist es früh genug, wieder zu beginnen!«

So schwand der Winter hin wie ein Traum. Allmälig hatte sich das junge Mädchen aller kleinen Hausangelegenheiten bemächtigt, welche auf Armin's Person sich bezogen, und die Marianne entweder über den Haushaltungsgeschäften vergaß oder unregelmäßig besorgte. Sie bereitete ihm seinen Morgen- und Nachmittagskaffee, sie brachte seinen Arbeitstisch in Ordnung, sie wußte seine Handschuhe zu finden, die Iwan als das Unnützeste der Welt stets verlegte. Seinen kleinen Eigenheiten und einsiedlerischen Gewohnheiten hatte Marianne nie Rechnung getragen; Desirée fand sie heraus und pflegte sie.

Mariannens Sorge für ihn und sein Behagen war eben nach einer ganz bestimmten Schablone zugeschnitten. Wie ihre eigene Erscheinung vom Morgen bis zum Abend mit peinlichster Sorgfalt sich in Scene setzte, in gleicher Weise einen Tag wie alle Tage, so war ihr ganzes Schalten und Walten in Bezug auf ihn. Er sollte sie durchaus als Musterhausfrau erkennen, hoch halten lernen und – schließlich unentbehrlich finden, das war ihr Ehrgeiz. Es mußte dann – zur Belohnung solcher Pflichttreue, sagte sie sich – ein Tag kommen, wo er sie bat: »Sei nun in Wahrheit meine Hausfrau!« Einmal mußte diese Stunde erscheinen: sie hielt fest an diesem Glauben; einmal mußte er fühlen, daß das Herz nicht nur ein unbequemer Muskel, sondern ein unabweisbares und ein unerklärliches Etwas sei, das sein Recht verlange früher oder später. Die Kinderei mit jener kleinen Französin, jene Gymnasiastenliebe, von der er ihr flüchtig erzählt, als die neue Hausgenossin angekommen, verdiente ja gar nicht erwähnt zu werden.

So hoffte sie denn still immer weiter. –

Zum ersten Mal feierte der russische Doctor, seit er sein Elternhaus verlassen, ein heiteres Weihnachtsfest, zum ersten Mal strahlte ihm das Licht des Christbaums erwärmend in's Herz, zum ersten Mal kniete er nieder wie ein gläubiges Kind in der Christmette, neben ihm Desirée, in Andacht versunken.

Das junge Mädchen war viele Wochen lang voller Heimlichkeiten gewesen; sie steckte ihn an mit ihrer Kinderfreude und Erwartung, und ihre Glückseligkeit im Geben und ihre Dankbarkeit im Nehmen waren rührend.

»Ich kann dir nie genug danken, du hast mir ein neues Heim geschaffen, auf das ich nicht mehr gehofft,« sagte sie mit feucht schimmernden Augen zu ihrem Beschützer. »Ich war seit Mama's Tod noch nie wieder so froh und sorglos wie jetzt! Wo aber werde ich im nächsten Winter sein?! … Nun, wenigstens habe ich ein Zuhause, wohin ich meine Gedanken schicken darf.«

»So Gott will, bist du noch hier, Desirée. Du hast bis dahin deine Studien noch nicht vollendet, trotz deines Fleißes. Warte geduldig, bis ich dich examiniren lasse!« lautete die Antwort.

Der Frühling kam in's Land schneller und glanzvoller denn je, so meinten Lehrmeister und Schülerin. Der wilde Garten warf sein Winterkleid ab und erschien so reizvoll frisch und blüthengeschmückt wie eine junge Schöne in Balltoilette. Die Nachtigallen sangen allabendlich von ihrer Liebe Lust und Leid und weckten gefährliche Träume in den Herzen der Menschen. Der Flieder und das Geisblatt dufteten berauschend, und die Narzissen schauten still mit großen, frommen Kinderaugen in die blühende Welt. Der Wald stand im frischesten Grün, die Vögel jubelten in allen Tonarten, Schmetterlinge und Käfer flogen lustig umher in trunkener Daseinsfreude. Wer konnte es da in den engen Mauern, von Menschenhänden aufgerichtet, aushalten?

Das Ziel der Wanderung, auf welcher Desirée stets den russischen Doctor begleitete – Marianne hatte gewöhnlich keine Zeit, wenn sie eben aufbrechen wollten – war meist jener kleine Tempel auf der Höhe, den das junge Mädchen mit Iwan's Hülfe so behaglich wie irgend möglich hergerichtet hatte. Sehr oft wurde auch dort auf der kleinen Kaffeemaschine der braune, belebende Trank gebraut oder ein Glas Wein genommen. Dann umfing es den ernsten Mann wie ein heiterer Traum, wenn Desirée für ihn die Wirthin machte und mit einer Handarbeit ihm gegenüber in den Fensterbogen sich setzte. Die wirren, schwanken Zweige der Jungfernrebe, untermischt mit Epheu, hingen so tief herab, daß sie das reiche Haar des gesenkten Köpfchens mit seiner fesselnden Profillinie berührten. Dann und wann warf sie die Arbeit beiseite, um den Vögeln, die furchtlos zu ihr hin flatterten, Futterkrümchen hinzustreuen.

»Hortense!« rief es in seinem Herzen – und die Augen hingen an ihrem Kinde. Wunderlich vermischten sich die beiden Bilder und flossen in einander.

Armin's Sorge war stets, Marianne möchte diese harmlosen Zwischenmahlzeiten entdecken und ihnen ein jähes Ende bereiten. Sie paßten ja durchaus nicht in die gewöhnliche Tageseintheilung. Er sprach das auch Desirée gegenüber halb scherzend aus und sah oft sorgenvoll spähend den Weg hinab nach der kleinen, gedrungenen Gestalt in dem gewaltigen Gartenhut und sittsam gerafften Kleide. Aber niemand kam.

»Weißt du, Onkel, wie Mama mich immer nannte?« fragte Desirée eines Tages auf dem Heimwege.

»Nun, wie sollte ich das ahnen?«

» Papillon, Schmetterling! Es wäre so hübsch, wenn du mich auch so nennen wolltest, so lange ich noch bei dir sein darf.«

»Das soll geschehen, um so mehr, als mir diese Benennung sehr richtig erscheint für deine Beweglichkeit, mein Kind. Aber du kränkst mich durch deine wiederholten Anspielungen auf ein Fortfliegen. Oder behagt es dir hier nicht mehr? Ist es für dich zu einsam … quält dich Marianne mit ihren Pedanterieen? Gesteh mir's aufrichtig.«

Er blieb stehen und sah zu ihr nieder, der leichten, anmuthsvollen Gestalt im blaßrothen Kleide. Den runden Sommerhut hatte sie abgenommen, ein leichter Windhauch trieb ihr die Löckchen von der Stirne.

»Nein, nein!« rief sie hastig. »Ach, Onkel, wie kannst du so fragen? Ich bliebe am liebsten bei dir, so lange ich lebe, das mußt du doch wissen! Vielleicht« – und ein schalkhaftes Lächeln blitzte auf und zeichnete ein Grübchen in die linke Wange – »verheirathet sich Fräulein Marianne noch, und dann werde ich deine Haushälterin, wenn du Geduld mit mir haben willst.«

Marianne sich verheirathen! Wie dies Wort ihn traf! Seltsam, daß ihm dieser Gedanke nie gekommen.

Warum sollte das nicht möglich sein? fragte er sich, langsam weiterschreitend. Es geschehen größere Wunder auf Erden! Ja, dann würde und sollte Papillon an ihre Stelle treten, und sie sorgte gewiß gut für ihren Onkel, und das ganze Hauswesen würde einen mehr heitern, freien Zuschnitt bekommen. Aber hier findet sich schwer ein passender Freier für Marianne; man weiß, daß sie vermögenslos ist.

»Warum bist du so still und nachdenklich, lieber Onkel?« fragte eine melodische Stimme.

Er fuhr auf.

»Ich dachte nach über die Blindheit der Männer den wirklich guten Eigenschaften des Weibes gegenüber. Marianne in ihrer Häuslichkeit und Sparsamkeit wäre ein Schatz für jeden Mann. Man kann sich, ich weiß das am besten, keine klügere Wirthin wünschen. Noch ein Mal und noch tausend Mal sage ich dir, lerne so viel wie möglich von ihr in Bezug auf die Kunst des Wirthschaftens.«


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