Plautus
Die Kriegsgefangenen (Captivi)
Plautus

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Prolog.

(Man sieht innerhalb des Hauses zwei Gefangene an die Wand geschlossen, Tyndarus und Philokrates, die während des Prologes stumm dastehen.)

Die dort ihr steh'n seht, jene zwei Gefangenen,
Die, weil sie stehen beide, steh'n und sizen nicht.
Daß ich die Wahrheit rede, seid ihr Zeugen mir.
Der, der hier wohnt, ist dessen Vater Hegio.
    (auf Tyndarus deutend)
Wie's aber kam, daß der dem eignen Vater dient,
Das will ich euch gleich sagen, wenn ihr hören wollt.
Zwei Söhne schenkte seine Frau dem Alten hier;
Den einen, kaum vierjährig, stahl ein Sklave weg,
Der, flüchtig, an den Vater dieses zweiten ihn
    (auf Philokrates deutend)
Verkauft in Elis. Habt ihr das verstanden? – Schön! –
Dort hinten der ruft wahrlich: nein! – Komm näher doch!Eine überraschende Wendung an einen Zuschauer, der im Theater nicht zur Ruhe kommen kann, da er zu spät kam, um noch einen Plaz zum Sizen zu finden, durchaus in der Form eines Einfalls aus dem Stegreif. Da aber die Sache gewiß in den alten, wie in den neuen Theatern, sehr oft wiederkehrte, konnte die Wendung auch recht gut vorher berechnet sein. »Ich wünsche, sagt er, daß du lieber das Theater verlässest, als mir ein Geräusch machst, welches mich zwingt, mir die Lunge zu sprengen, und dann, heiser geworden und zum Schauspieler unbrauchbar, mir mein Brod zu betteln.« Köpke.
Fehlt dir's an Plaz zum Sizen, hast du Plaz zum Gehn;
Du zwingst ja den Künstler, daß er sich zum Bettler schreit.
Traun, dir zuliebe spreng' ich mir die Lunge nicht!
Ihr aber, würdige Bürger, die ihr Steuern zahlt,Mit diesen Worten will er versteckt andeuten, daß der vorhin Angeredete zu der Classe der Proletarier gehöre, die vom Bürgerrechte ausgeschlossen waren und zu den Staatslasten nicht beitrugen.
Nehmt hin den Rest: ich mag nicht gerne schuldig sein.
An dessen Vater also, wie gesagt, verkauft
Der flüchtige Knecht den hier gestohl'nen Sohn des Herrn.
Und jener, als er ihn gekauft, gibt ihn dem Sohn,
Dieweil er gleiches Alters war, zum Eigenthum.
Jezt dient er seinem Vater, und der weiß es nicht.
So spielen Götter, wie mit einem Ball, mit uns.
Wie er den einen Sohn verlor, das wißt ihr nun.
Als dann Aetoler kriegten mit den Eliern,
Da wird gefangen, wie's so geht, der andre Sohn.
Ihn kauft in Elis sich der Arzt Menarchus. Nun
Kauft unser Alter elische Gefangene,
Ob er vielleicht mit ihrer einem seinen Sohn
Auslöse; denn daß der sein Sohn ist, weiß er nicht.
Und weil er gestern hörte, daß ein elischer
Vornehmer Ritter ersten Rangs gefangen sei,
Schont er, den Sohn zu schonen, keinen Preis, und kauft,
Ihn um so leichter wieder heim zu bringen, hier
Die Beiden (auf die Gefangenen deutend)
                    aus der Beute den Quästoren ab.Die Quästoren hatten die den Feinden abgenommene Kriegsbeute, zu welcher auch die Gefangenen gehörten, öffentlich zu versteigern und das dafür erlöste Geld in die Staatskasse abzuliefern.
Die haben nun zusammen eine List erdacht,
Wie dieser Sklave seinen Herrn heimfördern soll.
Sie tauschen darum Namen und Gewande; der
Wird Tyndarus geheißen, der Philokrates,
Und jener stellt heut diesen, der stellt jenen vor.
Der Sklave führt gar listig den Betrug hinaus,
Und gibt die Freiheit seinem Herrn noch heut zurück.
Auch seinen Bruder rettet er in gleicher Art,
Bringt ihn als Freien wieder heim in's Vaterhaus,
Ohn' es zu wissen, wie man oft unwissentlich
Mehr Gutes thut an manchem Ort, als wissentlich.
Unwissend also haben sie den ganzen Plan
Durch eigne List ersonnen und zurechtgelegt,
Und so das Stückchen angefaßt nach eignem Sinn,
Daß er bei seinem Vater hier als Sklave bleibt.
So dient er seinem Vater jezt und weiß es nicht.
Was sind die Menschlein doch so klein, bedenk' ich's recht!
Dies führen wir euch heute vor, für euch ein Spiel.
Doch hört noch wenig Worte zur Erinnerung!
Gewiß, es frommt euch, wenn ihr hübsch aufmerken wollt.
Nichts Abgedroschenes, wie die andern Stücke sind,
Noch schmuzige Verse hört ihr, die man gern vergißt:
Kein eidvergessener Kuppler, keine Buhlerin,
Auch kein Bramarbas läßt sich seh'n. Auch seid nicht bang,
Weil ich vom Krieg der Elier und Aetoler sprach;
Die Schlachten gehen außerhalb der Bühne vor.
Unziemlich wär' es, führten wir im komischen
Costüm mit Einem Male vor ein Trauerspiel.
Wenn also Jemand Schlachten wünscht, er suche Zank;
Bekommt er einen Widerpart, der stärker ist,
So lass' ich ihn ein solches Treffen seh'n, bei Gott,
Daß ihn in Zukunft keine Schlacht zu seh'n verlangt.
Ich gehe nun;
Lebt wohl, und richtet über mich gerecht daheim,
Und seid beherzte Streiter, wenn's zum Kriege kommt.


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