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Zuschrift

an einen edeln Mann, den ich aus Ehrfurcht nicht nenne, der es aber zu fühlen vermag, daß ich ihn, nur ihn im Auge habe.

*

Herr! Zwei Männer in einem Lande suchten Wahrheit fürs Volk.

Der eine hochgeboren, durchwachte seine Nächte und opferte seine Tage dem Lande, in dem er herrschte, Gutes zu tun.

Er erreichte sein Ziel.

Sein Land war durch seine Weisheit gesegnet.

Lob und Ehre krönten sein Haupt.

Seine Edeln trauten auf ihn.

Und das Volk gehorchte ihm schweigend.

Der andere, ein Müdling Pestalozzi erklärt in einer Anmerkung: »Müdling ist ein Provinzialausdruck, der einen Mann bezeichnet, der in irgendeiner Anstrengung seines Lebens ohne Erfolg ermüdet worden.« erreichte sein Ziel nicht; jede seiner Bemühungen scheiterte.

Er diente seinem Lande nicht.

Unglück, Leiden und Irrtum bogen sein Haupt, sie entrissen seiner Wahrheit jede Kraft und seinem Dasein jeden Einfluß.

Die Edeln im Lande kennen ihn nicht und das Volk spottet seiner.

Welcher von beiden, meinst du, Herr, hat die Wahrheit fürs Volk wirklich gefunden?

Die Welt wird augenblicklich antworten:

Der Müdling ist ein Träumer und die Wahrheit ist auf der Seite des Hochgebornen.

Aber dieser urteilte nicht also.

Da er von dem unabläßlichen Forschen des Müdlings nach Wahrheit fürs Volk hörte, ging er in seine Hütte und fragte ihn Was hast du gesehen?

Da erzählte dieser dem Edeln den Gang seines Lebens und der Edle entwickelte jenem den Zustand vieler Verhältnisse, die dieser nicht kannte.

Der Müdling ließ dem Edeln Gerechtigkeit widerfahren und der Edle gönnte den Erfahrungen des Müdlings seine Aufmerksamkeit.

Stiller Ernst war auf der Stirne von beiden, als sie schieden und auf beider Lippen lagen die Worte:

Wir meinten es beide gut.

Und wir irrten beide.

*


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