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Elftes Kapitel

Von dem Kampfe zwischen Albayaldos, dem Mauren, und dem Großmeister von Calatrava, und wie der Großmeister den Mauren erschlug.

 

Es war schon spät, als die Herausforderung von den beiden tapferen Rittern angenommen war, und die Sonne schickte sich an, unterzugehen. Der Großmeister ging vom Platze und verließ auf der Elvirastraße die Stadt. Ihn wollen wir seinen Weg gehen lassen, um zum Ende unseres Ringelspiels zurückzukehren.

Als die Sonne gesunken war und sich kein Ritter mehr zum Kampfe stellen wollte, ließen die Kampfrichter dem Abenamar sagen, daß er den Kreis verlassen solle, welches er ohne Bedenken tun könne, da kein Ritter mehr den Kampf wagen wolle und er seine Kraft und Tapferkeit bewiesen und an diesem Tage Ehre errungen habe. Der tapfere Abenamar ließ fröhlich den Tisch mit dem Geschmeide, dessen noch viel übrigblieb, hinaustragen. Die Kampfrichter stiegen, begleitet von den vornehmsten des Hofes, von ihrer Schaubühne herab, nahmen den tapferen Abenamar und seinen Zeugen, den hochherzigen Musa, in ihre Mitte, führten sie ehrenvoll beim Schall der Hörner und Pauken und mancher andern Instrumente unter fröhlichem Beifall um den Platz; nahmen die Bildnisse mit, welche er gewonnen hatte, zeigten sie nach allen Seiten zu Ehren des Gewinners, bis sie zu der Schaubühne der Damen kamen, wo die Königin saß und neben ihr die schöne Fatima. Der überreichte sie der tapfere Abenamar und empfing großen Dank zum herben Verdruß für Galiana und Xarifa. Die schöne Galiana war voll Unmut und Reue, mehr als irgendein anderes Weib auf Erden; denn sie wußte wohl, daß Abenamar das Fest veranstaltet hatte, weil er sich von ihr verschmäht sah. Und in ihrem undankbaren Sinne kreuzten sich tausend Einbildungen und eitle Gedanken, um so mehr, als der herzhafte Sarrazino nicht wieder auf dem Kampfplatze erschienen war, nachdem er im Kampfe ihr Bild verloren hatte. Solche und andere Einbildungen beschäftigten ihr Gemüt. Der König aber sah, daß es spät geworden war, und verließ seine Schaubühne, bestieg einen prachtvollen Wagen und fuhr zur Alhambra. Dasselbe tat die Königin mit ihren Damen.

Zur Nacht aber lud der König alle Ritter, welche am Spiele teilgenommen hatten, zu Tische; und es blieb nur Sarrazino aus, welcher vorgab, unwohl zu sein, sich beim Könige entschuldigte und nicht an der Tafel erschien. Die Königin aber hatte die vornehmsten Damen Granadas zu Tische und tat ihnen alle Ehre an. Und es gab mancherlei fröhliche Unterhaltung und Tänze und tausend verschiedene Spiele. Und man tanzte eine Zambra von besonderer Art und vergnügte sich an einem großen und zwanglosen Balle. Es tanzten alle Damen und die Ritter in den Kleidern, welche sie bei dem Ringelspiele getragen hatten; nur Galiana tanzte nicht aus Verdruß über das Fernbleiben ihres Ritters. Die Königin wußte wohl um den Grund ihres Kummers, aber sie tat, als wüßte sie ihn nicht. Die schöne Zelima aber sprach ihrer Schwester zu, daß sie sich nicht grämen sollte, und tröstete sie, aber ihre Worte richteten wenig aus. Die ganze Nacht verging unter Festlichkeiten; mehr als alle anderen aber tanzte der tapfere Gazul mit der schönen Lindaraxa, welche er sehr liebte, wie sie ihn nicht mehr noch minder, worüber der kühne Reduan einen maßlosen Schmerz empfand, denn er sah sich verschmäht von der, welche er liebte. Und in brennender Eifersucht beschloß er bei sich den tapferen Gazul zu töten, aber der Kampf zwischen den beiden um die schöne Abencerragin ging anders aus, als er gedacht hatte, wie wir später erzählen wollen. Von ihr aber ist an anderen Orten die Rede, vorzüglich in einer Sammlung, welche neuerdings der Bakkalaureus Pedro de Moncayo veranstaltet hat, in welcher er sie Zelinda nennt. Sie wird aber so genannt um ihrer Schönheit und Anmut willen. Allein ihr eigentlicher Name war Lindaraxa oder Lindarraxa, weil sie eine Abencerragin war. Und in der Folge wollen wir mehr von ihr und dem tapferen Gazul erzählen, nachdem wir berichtet haben, wie die ritterlichen Abencerragen durch Verrat umgekommen sind; jetzt aber kehren wir zu unserer Geschichte zurück.

Als ein großer Teil der Nacht vergangen war, und der König dem tapferen Abenamar und den anderen Rittern, welche am Spiele teilgenommen, große Ehren erwiesen hatte, entließ er alle zum Schlafe nach ihren Häusern. Die schöne Fatima gab die Bildnisse, welche Abenamar gewonnen hatte, den Damen zurück, denen sie zu eigen waren, wobei manch witziges und spitzes Wort unter ihnen fiel. Als solcher Art alle Ritter vom Könige entlassen waren, gingen sie heim in ihre Häuser und desgleichen die Damen. Es blieben bei der Königin nur die, welche zu ihrer nächsten und gewöhnlichen Umgebung gehörten.

»In dieser Nacht fand der kühne Albayaldos wenig Schlaf, verließ die Alhambra und wartete auf den edlen Malique Alabez; und als der gekommen war, redete er ihn an: Spät haben wir das Fest verlassen. – So scheint es, antwortete Malique, aber morgen können wir von aller Anstrengung ausruhen. – Im Gegenteil, entgegnete Albayaldos, zu dem Feste heute seid Ihr prächtig gekleidet und aus freien Stücken gegangen, morgen aber müßt Ihr gehen und in Waffen. – Und warum? fragte Alabez. – Ich will es Euch sagen, antwortete Albayaldos; so wißt denn, daß ich nach gemeinsamer Abrede morgen mit dem Großmeister von Calatrava kämpfen will. Und Euch habe ich zu meinem Zeugen ausgewählt. – Mahomet steh' mir bei, entgegnete Alabez, mit einem solchen Ritter wollt Ihr kämpfen? Möge Euch Allah helfen! Denn Ihr müßt wissen, daß der Großmeister ein gewaltiger Ritter ist und wohl erfahren und tüchtig in den Waffen. Da es aber so ist und Ihr mich zu Eurem Zeugen erwählt habt, so laßt uns frühzeitig aufbrechen, und Mahomet möge mit uns sein. Bei der königlichen Krone meiner Vorfahren, ich würde mich freuen, wenn wir aus solchem Kampfe als Sieger zurückkehrten. Weiß der König darum? – Er weiß es nicht, wenn ihm Musa nichts gesagt hat, welcher bei der Herausforderung zugegen war. – Mag er es wissen oder nicht, laßt uns in der Frühe ausreiten, sagte Alabez, und ehe der König oder ein anderer es höre, um uns mit dem Großmeister zu messen. Und kann ich wissen, wen der Großmeister als Zeugen erwählt hat? – Ja, antwortete Albayaldos, Don Manuel Ponce de Leon. – Allah sei Dank, wenn dem so ist; denn dann müssen ich und Don Manuel handgemein werden, denn Ihr wißt wohl, wie wir zusammen gekämpft haben und die Pferde wechselten und dahin übereinkamen, daß wir den Kampf zu Ende führen wollten, sobald wir uns wieder treffen würden. – Laßt Euch das nicht verdrießen, sagte Albayaldos, denn wir sind Männer und wollen unseren Mann stehen, wenn es Mahomet gefällt. – Entgegnete Malique: Laß uns gehen, denn es ist spät, und diese Nacht dürfen wir nicht schlafen, sondern müssen nach unsern Waffen sehen, damit uns nichts fehle. –

Damit gingen die beiden tapferen Ritter zu ihren Quartieren und setzten ihre Waffen instand und alles, was sie mitnehmen wollten. Und eine Stunde vor Tagesanbruch trafen sie zusammen, stiegen zu Pferde und machten sich auf nach dem Elviratore, welches die Wachen zu dieser Zeit bereits geöffnet hatten, damit die Ackerbauern hinausgehen konnten, um ihr Feld zu bestellen. So ritten beide hinaus, ohne bemerkt zu werden; und schlugen den Weg nach Albolote ein, welches zwei Meilen von Granada entfernt liegt, um von dort nach der Pinienquelle zu reiten, wo sich zu treffen Albayaldos und der Großmeister abgeredet hatten.

Die Sonne warf ihre Strahlen und leuchtete auf den Dingen in schönen mannigfachen Farben, so daß der Glanz und die Verschiedenheit des Anblicks einen jeden des Gesichts beraubt hätte, der es hätte betrachten wollen; da kamen die beiden tapferen Mauren Albayaldos und Malique Alabez bei dem Marktflecken Albolote an, und ohne sich aufzuhalten, ritten sie weiter und erreichten die Pinienquelle, welche von allen Mauren Granadas und des ganzen Landes gerühmt und gepriesen wird. Die Sonne stand seit einer Stunde am Himmel, als sie bei dem schönen und frischen Quell anlangten, der im kühlen Schatten einer kräftigen dichten Pinie fließt. Und aus diesem Grunde wird er Pinienquell genannt. Als die tapferen Mauren angekommen waren, fanden sie dort niemanden und sahen auch keinen Ritter heransprengen. Stiegen von den Pferden, hingen den Schild an den Sattelknopf, legten die Lanzen beiseite und gingen an das klare Gewässer; wuschen und erfrischten sich das Haupt, holten etwas zu essen aus den Satteltaschen und besprachen hin und her, weshalb der Großmeister noch nicht angelangt sein mochte. Sagte Albayaldos: Ich fürchte sehr, daß der Großmeister unserer spotten will. – Sagt das nicht, antwortete Malique Alabez, der Großmeister ist ein guter Ritter und wird sicherlich kommen. Auch ist es noch früh am Morgen und wahrlich nicht zu spät. Laßt uns essen nach Herzenslust und Allah für unser Glück oder Verderben sorgen. – Damit aßen sie, soviel sie mochten, und sprachen Verschiedenes. Und hatten noch nicht geendet, als sie zwei Ritter kommen sahen, wohl beritten, mit Lanze und Schild, beide in der gleichen Weise gekleidet, in grau und grün und mit Helmbüschen in denselben Farben. Alsobald erkannten sie sie; denn auf dem Schilde des einen unterschied man das rote Kreuz von Calatrava, welches auf weißem Grunde auch von ferne deutlich sich abhob. Ein rotes Kreuz trug auch der andere auf seinem Schilde, jedoch ein anderes, das von Santiago. Sagte ich Euch nicht, begann Alabez, daß der Großmeister nicht ausbleiben würde? Seht selbst, ob er zu spät kommt. – Zu guter Stunde treffen sie uns, antwortete Albayaldos, denn wir haben uns ausgeruht und gestärkt. – So könnte man von Euch sagen: Mars stirb und stirb als Faulpelz. – was wißt Ihr schon, antwortete Albayaldos, daß ich sterben muß? Noch vertraue ich auf Mahomet, daß ich heute das Haupt des Großmeisters auf einem der Türme der Alhambra aufpflanzen werde. – Allah gebe, daß dem so sei, sagte Alabez.

Während solcher Reden kamen die beiden Ritter, die Blüte der christlichen Ritterschaft, heran, ritten auf die Mauren zu und begrüßten sie. Und es begann der Großmeister: Bis jetzt wenigstens, ihr Herren, haben wir noch nicht gewonnen sondern verloren, da wir uns so verspäten. – Wenig tut das zur Sache, antwortete Albayaldos, wer zuletzt lacht, lacht am besten. Steigt vom Pferde unbesorgt und in aller Sicherheit und erfrischt euch in dem kühlen Wasser des Quells, denn wir haben Zeit genug, unser Geschäft zu Ende zu bringen, zu dem wir gekommen sind. – Wo nicht mehr als genug und euch lieb sein mag, antwortete Don Manuel, so nehmen wir es gern an; denn in Kürze kann uns das Schicksal übel mitspielen, die wir es mit so trefflichen Rittern zu tun haben. – Sagte es, und beide stiegen von ihren Pferden, banden sie an das Gebüsch am Fuße der Pinie, hingen die Schilde an den Sattelknopf und lehnten die Lanzen an den Baum und ließ en sich an der Quelle nieder, in welcher sie Hände und Gesicht erfrischten. Und begannen darauf über mancherlei Dinge zu reden, welche alle den Krieg betrafen und die Tapferkeit der Mauren von Granada und die adeligen Geschlechter, welche dort lebten. Und da sie so untereinander sprachen, hub der Großmeister an und sagte: Sicherlich, ihr Herren, würde es mich herzlich freuen, wenn zwei Männer, wie ihr es seid, unseren heiligen katholischen Glauben kennen lernten, welcher die beste Richtschnur und Religion ist von allen auf der Welt. – Wohl mag dem so sein, antwortete Albayaldos, aber wir kennen ihn nicht. Wenig liegt uns daran Christen zu werden, denn wir befinden uns wohl in unserem Glauben. Und liegt kein Grund vor jetzt davon zu sprechen. Möglich, daß wir später im Laufe der Zeit euren Glauben kennen lernen; denn oftmals pflegt Gott an die Herzen der Menschen zu rühren, und nichts Gutes geschieht ohne seinen Willen. –

Kaum hatte Albayaldos geendet, als das Pferd des Großmeisters zu wiehern begann und den Kopf nach Granada zu wandte. Die vier Ritter sahen sich um nach dorthin, um zu erfahren, aus welchem Grunde das Pferd gewiehert haben möchte, und bemerkten einen Ritter, welcher in der höchsten Eile heranjagte; gehüllt in einen maurischen Mantel und pomeranzengelben Ueberwurf. Und auf seinem Schilde, der blau war, stand eine Sonne zwischen schwärzlichen Wolken, welche sie verdunkeln zu wollen schienen, und um den Schild in roten Buchstaben die Inschrift: Gib mir Licht oder verbirg dich! Aufmerksam blickten sie nach ihm aus, und Albayaldos und Alabez erkannte,: in ihm den edlen Musa; welcher, da er am Morgen nach dem Feste Albayaldos und Alabez vermißte, erriet, daß sie Granada zu dem verabredeten Kampfe mit dem Großmeister verlassen hatten; machte sich fertig, ohne jemandem etwas zu sagen, bestieg ein ausdauerndes Pferd, und verließ die Stadt in aller Eile, um rechtzeitig anzukommen und zu versuchen, ob er den Kampf nicht zu verhindern vermöchte. Kam heran, als die vier Ritter untereinander redeten, wie wir erzählt haben. Und war sehr froh, daß sie den Kampf noch nicht begonnen hatten, und sprach zu ihnen: Wohl überlegt war es, Herren Ritter, daß ihr ohne mich diese Abrede trafet, bei Allah, dem heiligen! Denn nur um zur Zeit hier zu sein, habe ich meinem Pferde böse zugesetzt; denn seit ich aus Granada fortritt, bin ich mit verhängtem Zügel zugeritten, ohne auch nur einmal innezuhalten. – Sprach es, sprang vom Pferde, hing seinen Schild an einen Zweig der Pinie, welcher dort war, legte die Lanze zur Seite und ließ sich bei den vieren nieder.

O Edelmut der Ritter, welche, verschiedenen Glaubens und einander feind und zu Kampf und Tod gekommen, miteinander sprachen, als ob sie Freunde wären! Niemals waren an jenem Quell fünf Männer solcher Art zusammen, wie an diesem Tage!

Als der hochherzige Musa sich neben dem edlen Großmeister niedergelassen hatte, begann er mit diesen Worten: Es würde mich freuen, tapfere Ritter, wenn der abgeredete Kampf unterbliebe; denn nichts kann aus ihm entspringen, als des einen oder beider Tod. Auch sehe ich keinen Grund, schwer genug, euch zu ihm zu zwingen. Unheilvoll aber schiene es mir, wenn zwei solche Ritter zu Tode kämen. Und dieses hat mich bewogen, in solcher Hast hierher zu eilen. So begehre ich denn von euch um alles in der Welt und bitte euch und flehe darum, und zu Euch besonders, Herr Großmeister, und verlange von ganzem Herzen, daß mein Kommen nicht vergeblich gewesen sei. – Nach solchen Worten schwieg der hochherzige Musa; der edle Großmeister aber entgegnete: Gewißlich, tapferer Musa, was mich angeht, so bin ich es zufrieden Euch diesen kleinen Dienst zu leisten, denn seit dem Tage, da wir Freunde sind, habe ich gelobt alles für Euch zu tun. Und wenn Albayaldos nicht auf der Herausforderung beharrt, will ich nicht auf ihr bestehen, ob ich schon weiß, daß man mir einen Vorwurf daraus machen wird. – Ich danke Euch, Herr Großmeister, antwortete Musa, nichts Geringeres als dieses habe ich von einem so ehrenvollen Ritter erwartet. – wandte sich an Albayaldos und sagte: Und Ihr, Herr Albayaldos, werdet Ihr mir nicht zu willen sein, damit dieses Geschäft ein Ende nehme? – Antwortete Albayaldos: Vor meinen Augen habe ich das Blut meines Vetters, welches das scharfe Schwert des Großmeisters, der hier bei Euch sitzt, vergossen hat; und dieses allein zwingt mich, nicht von dem Kampfe abzustehen, selbst dann nicht, wenn ich wüßte, daß ich in ihm bleiben würde. Und sollte ich von den Händen des Großmeisters fallen, so werde ich ein ehrenvolles Ende haben; wenn aber das Schicksal will, daß ich den Großmeister erschlage oder überwinde, wird all sein Ruhm mir zufallen. Und was ich jetzt gesagt habe, ist beschlossen und steht fest für alle Ewigkeit! – wenig Freude hatte der mannhafte Don Manuel Ponce de Leon an so vielen und langen Reden und rief aus: Ihr Herren, ich weiß nicht, um weswillen man den Groll des Herrn Albayaldos zu besänftigen sucht! Rächen will er den Tod Mahamet Beys, seines Vetters; so soll man die Rache, nach der er verlangt, nicht länger hinausschieben; denn zu dem Ende sind sie herausgekommen, um zu kämpfen bis zum Tode des einen von ihnen oder der beiden. Ich aber und Herr Alabez bleiben bei unserer Abrede, einen Kampf zu endigen, den wir begonnen haben. Und da sich heute Gelegenheit gibt, wollen wir in einem, Zeugen sein und kämpfen und alle eingegangene Verpflichtung lösen! – Bei Mahomets Händen, rief Alabez, das heiße ich wohl gesprochen! Und Musa wird unser aller Zeuge sein. Und das soll nicht wieder kalt werden, noch die Zeit unnütz verstreichen! Und keine Worte mehr, sondern Taten! Nur eines möchte ich noch, das geschehe, wenn es möglich ist, daß mir Herr Don Manuel mein Pferd, welches er hat, zurückgebe und seines nehme, welches ich habe. Und dann mögen die Waffen reden, und wem Mahomet günstig ist, den wird Malique segnen! – Daran soll es nicht liegen, entgegnete Don Manuel, ich bin's zufrieden. Gebt mir mein Pferd und nehmt das Eure, und einem von uns sollen beide in kurzer Zeit gehören! – Sagten es, und sprangen alle auf, und Don Manuel nahm sein gutes Pferd und Alabez das seine, welches wieherte, als es seinen Herrn erkannte. Der tapfere Musa stieg auf sein Pferd, nachdem er gesehen hatte, daß er in diesem Falle nichts auszurichten vermochte. Dasselbe taten die anderen und bewaffneten sich mit Schild und Lanze.

Oh, wie prächtig nahmen sich die Ritter alle fünf zu Pferde aus! Der Großmeister hatte um seinen Schild eine Inschrift von dem Rot des Kreuzes, welche besagte: Für dieses sterbe ich! Don Manuel trug um den Rand des seinen die Worte: Für dieses und den Glauben! Malique und Albayaldos trugen ein gleiches Gewand aus blauem Damast, dazu maurischen Rock und Mantel mit vielen Borten aus Gold. Alabez hatte auf dem Schilde sehr gewöhnliches Wappen mit dem Wappenspruch, in rotem Felde den maulbeerfarbenen Balken, und auf dem Balken einen Halbmond, die Hörner nach oben, und auf den Spitzen der Hörner eine schöne goldene Krone, und die Inschrift: Mit meinem Blute! Albayaldos führte als Wappenzeichen auf seinem Schild in grünem Felde einen goldenen Drachen, mit einer Inschrift, welche auf arabisch lautete: Niemand rühre mich an! Und so prachtvoll sahen sie aus, daß es ein Wunder war, sie zu sehen: Wappen und Kleider, unter welchen sie eine starke Rüstung und gestickte Wämser trugen.

Als sie so alle zu Pferde saßen, tummelte der tapfere Albayaldos von Grimm entflammt sein Roß mit großer Gewandtheit über das Feld und forderte den Großmeister laut zum Kampfe, welcher das Zeichen des Kreuzes schlug, sein Pferd unter halbem Zügel gehen ließ und mit aller Aufmerksamkeit seinen Gegner im Auge hielt. Und wie der ungestüme Alabez sein Roß unter sich fühlte, welches ihm der Statthalter beider Velez, sein Vetter gesandt hatte, stob er, als ob er ein Kriegsgott wäre, über das Feld: dasselbe tat Don Manuel. Und so begannen die vier tapferen Ritter zu scharmützeln und prallten aufeinander mit kühnen und geschickten Lanzenstößen. Als aber der tapfere Albayaldos den Großmeister nahe bei sich sah, fuhr er auf ihn los nicht anders, wie ein wunder Löwe, und dachte ihn so zu treffen, daß der Kampf mit diesem Stoße zu Ende war. Aber es kam anders als er gedacht hatte; denn als der Großmeister ihn so gerade heransprengen sah, tat er, als wolle er ihn erwarten, und gab im Augenblicke des Zusammenstoßes mit großer Geschicklichkeit seinem Pferde die Sporen, so daß es einen gewaltigen Satz durch die Luft machte und seinen Leib dem Stoße entzog; auf solche Weise blieb der Angriff des Mauren ohne Erfolg; und mit entschlossener Gewandtheit und Kraft war der Großmeister über ihm, als er ihn nahe hatte, unverhofft, wie ein Gedanke. Und brachte dem vom Schilde nicht Gedeckten einen Lanzenstoß bei, so hart, daß das starke Panzerhemd, welches der Maure trug, zerriß und der gestickte Wams durchbohrt wurde. Der Maure wurde schwer verwundet. Doch keine Natter oder Schlange, unversehens von einem Bauern getreten, ist so schnell, den Unbill zu rächen, noch ein gereizter Löwe über einen Panther, der ihn verletzt hat; wie der tapfere Maure, der sich aufs neue gegen den Großmeister wandte voll Wut, wie ein Stier. Und da er ihn nahe bei sich fand, machte er in vergiftetem Groll einen Angriff mit solcher Schnelligkeit, daß der Großmeister keine Möglichkeit mehr sah, seinen ersten Kunstgriff zu gebrauchen, noch seine Geschicklichkeit spielen zu lassen. So traf ihn der Maure machtvoll, daß der Schild des Großmeisters auseinanderklaffte; und wenig half ihm die gute Arbeit. Und die harte Lanze hielt nicht inne, sondern durchbrach den harten Stahlpanzer, welchen er trug; und er wurde böse verletzt.

Hierbei zersplitterte der Maure seine Lanze, warf den Stumpf zu Boden und wandte sein Pferd in Hast, um Raum zu gewinnen und zu seinem Krummsäbel zu greifen; kam indessen nicht so rasch zurück, wie er gedacht hatte, so daß der Großmeister Zeit hatte die Lanze nach ihm zu schleudern, damit er ihm nicht entrönne: welche zu früh geworfen wurde und vor der Brust seines Pferdes mit solcher Wucht vorbeischoß, als käme ein Pfeil von der gespannten Armbrust; so daß der harte Schaft ein gut Stück in den Boden fuhr. Und dieses in dem Augenblick, da das Pferd des Mauren heransprengte, welches gegen das Hindernis stieß und über die Lanze stolperte, die bebend hin und wieder schwang; solcher Art, daß es mit den Nüstern in voller Wucht auf den Boden stieß. Als der beherzte Maure Pferd und Leben in dieser Bedrängnis sah, gab er dem Pferde die Sporen, damit es nicht vollends zu Boden stürze, doch nicht so rasch, daß nicht der tapfere Don Rodrigo mit dem Schwerte über ihn kam; und bevor das Pferd des Mauren noch sich gänzlich hocharbeitete, schlug er ihm eine tüchtige Wunde und durchschnitt ihm das ganze Panzerhemd. Malique Alabez aber hatte mittlerweile mit Don Manuel wacker scharmützelt und wandte in diesem Augenblicke zufällig die Augen dorthin, wo Albayaldos und der Großmeister im Kampfe waren; und wie er jenen in so offenbarer Gefahr sah, machte er eine rasche Wendung mit dem Pferde und ließ Don Manuel, um seinem Freunde und Kampfgenossen Albayaldos zu Hilfe zu eilen. Und als wäre er ein Vogel, flog er heran, wie der Großmeister den Arm erhob, um jenen zu treffen; und versetzte ihm von der Seite einen Lanzenstoß, so hart, daß der Großmeister, selbst böse verletzt, darauf und daran war, vom Pferde zu stürzen; und sicherlich wäre er auch gestürzt, wenn er sich nicht am Halse seines Pferdes festgeklammert hätte. Es zersplitterte aber Malique seine Lanze bei diesem braven Stoß und griff zum Säbel, um einen zweiten Streich zu führen, als der edle Don Manuel dazukam, böse wie eine Schlange: denn langte er nicht zur rechten Zeit an, lief der Großmeister Gefahr des Todes, welchen er ohne Zweifel hier von den Händen des Malique Alabez empfangen hätte, wenn Don Manuel nicht in diesem Augenblick gekommen wäre. Hatte die Lanze geschleudert, kam über seinen Gegner mit dem Schwerte, welches länger war, als die Ritter es umzugürten pflegten, und versetzte dem Malique einen solchen Hieb über den Kopf, daß der beinahe bewußtlos zu Boden stürzte. Und ein Glück war es, daß das Schwert ihn flach und nicht mit voller Schärfe traf, so daß er zwar verwundet wurde, doch nicht allzu schwer; denn wenn das Schwert sich nicht gedreht hätte, würde jetzt Malique sein Ende gefunden haben. So ließ es ihn halb betäubt. Aber obgleich betäubt, wollte er sich doch erheben, als er seine Gefahr erkannte, unerschrockenen Herzens, wie er war: allein Don Manuel ließ ihm keine Zeit, welcher von seinem Pferde gesprungen war und über ihn kam, und versetzte ihm in grimmem Zorne einen zweiten Streich über eine Schulter und schlug ihm eine böse Wunde. Unter diesem Streiche sank Malique aufs neue zu Boden und Don Manuel über ihn, um ihm das Haupt abzuschlagen. Jetzt aber, wo Malique sich am Letzten sah, gewann er seine ganze natürliche Besonnenheit zurück, griff nach einem spitzen Dolche, den er bei sich hatte, und gab mit großer Kraft Don Manuel zwei Stiche, einen tiefer als den anderen. Don Manuel aber faßte, als er sich so böse mitgespielt sah, nach einem kurzen Dolchmesser, das er bei sich trug, und hob den kräftigen und sieghaften Arm, um ihm das in die Kehle zu stoßen. Da fiel ihm der tapfere Musa in den Arm, welcher bisher dem Kampfe zugesehen hatte und geschwind herangeeilt war, als er Malique in solcher Bedrängnis sah; sprang vom Pferde, fing den Arm Don Manuels auf und rief: Herr Don Manuel, ich bitte Euch, schenkt mir das Leben des besiegten Ritters! – Don Manuel hatte ihn bislang nicht gehört noch gesehen, wandte den Kopf, um zu erfahren, wer solches von ihm verlangte; und da er Musa, einen Helden von bewährter Stärke, sah und den anderen schwer verwundet, und bei sich bedachte, daß er mit einem so wackeren Ritter zu kämpfen haben würde, wenn er nicht nachgab, und das zu so unglücklicher Zeit, antwortete er, daß es ihn freue, ihm diesen kleinen Dienst zu erweisen. Und erhob sich von Malique mit Anstrengung; denn die Wunden, welche er empfangen hatte, gingen tief; und ließ ihn frei. Malique aber blieb halbtot liegen und verlor viel Blut, und Musa reichte ihm die Hand und half ihm, sich vom Boden zu erheben, dankte Don Manuel von Herzen und führte Malique an den Quell. Don Manuel aber sah sich nach dem Stande des Kampfes zwischen dem Großmeister und Albayaldos um; sah, wie Albayaldos sehr matt und am Umsinken war; denn er litt unter drei tödlichen Wunden, welche der Großmeister ihm geschlagen hatte: eine von dem Lanzenstoße und zwei mit dem Schwerte. Als der Großmeister gewahr wurde, daß Don Manuel Sieger über einen so guten Ritter wie Alabez geblieben war, faßte er großen Mut, und voller Scham, daß sein Sieg sich so verzögerte, fiel er Albayaldos an mit solcher Wut und versetzte ihm über den Kopf einen so gewichtigen Hieb, den der Maure schon nicht mehr abzuwehren imstande war, daß dieser schwer getroffen und ohne Bewußtsein zu Boden stürzte; doch auch der Großmeister hatte drei schwere Wunden davongetragen. Der tapfere Musa eilte, als er Albayaldos am Boden sah, zu dem Großmeister hin und bat ihn sehr, den Kampf nicht weiter fortzusetzen; denn Albayaldos war mehr tot als lebendig. Der Großmeister antwortete, daß er es wohl zufrieden sei. Nahm Albayaldos bei den Händen, um ihn nach der Quelle zu führen, wo Alabez lag, und konnte ihn nicht aufheben, weil er beinahe tot war. Und rief ihn bei Namen. Und Albayaldos schlug die Augen auf und sagte mit sehr schwacher und dünner Stimme, als ein Mensch, dessen Leben zu Ende geht: daß er Christ werden wolle. Herzlich freuten sich die beiden ritterlichen Christen, nahmen ihn beide und hoben ihn auf und brachten ihn nach der Quelle, und dort goß ihm der Großmeister ein wenig Wasser über das Haupt und taufte ihn im Namen der heiligsten Dreieinigkeit, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, und hieß ihn Don Juan. Und waren sehr bewegt, als sie ihn so schwer verletzt sahen; und sprachen zu ihm: Herr, dankt Gott aus Herzensgrunde für seine Güte, die er Euch angetan, da er Euch in diesem letzten Augenblick bekehrt hat. Und seid versichert, daß er uns zu jeder Stunde, wo wir unsere Sünden beweinen, in seiner großen Barmherzigkeit hilft. Auch wir sind schwer verwundet: gehen wir und lassen uns pflegen. Und Gott sei mit Euch! Und sprachen darauf zu Musa: Herr Musa, bringt diesen Ritter an einen sicheren Ort und sorgt für ihn. Und Gott befohlen! – Allah führe euch, antwortete Musa, und gebe, daß ich euch einmal vergelten kann, was ich Gutes von euch empfangen habe. – Die christlichen Ritter stiegen zu Pferde und ritten dorthin, wo ihre Leute auf sie warteten, welches eine Meile von dort war, in dem Gehölze, das das römische heißt, durch welches der Genil fließt. Dort wurden sie mit aller Sorgfalt verbunden. Wir aber wollen zu dem tapferen Musa zurückkehren, welcher an der Pinienquelle mit den beiden wunden Mauren geblieben war. Alabez war bereits zu vollem Bewußtsein gekommen und nicht so schwer verletzt, als man gedacht hatte, und fragte Musa, was er zu tun gedächte. Antwortete der: Ich denke, bei dem edlen Albayaldos auszuharren, und wenn Ihr etwas für Eure Wunden bei Euch habt, will ich Euch verbinden, und dann setzt Euch aufs Pferd und reitet nach Albolote; dort könnt Ihr Euch in Muße pflegen lassen. – Dann seht in meiner Manteltasche nach, antwortete Alabez, in der werdet Ihr finden, was Ihr braucht. – Musa ging zu dem Pferde des Alabez und fand Tücher und gewisse Salben, welche er nahm; und pflegte Malique und verband ihm die Wunden fest. Darauf stieg Malique auf sein gutes Pferd und machte sich auf den Weg nach Granada zu, und wie er unterwegs die Tüchtigkeit des edlen Don Manuel und des Großmeisters bedachte, kam ihm der Gedanke, Christ zu werden, und ward gewahr, daß der Glaube an Jesum Christum besser und vortrefflicher wäre; wie auch um der Freundschaft so herzhafter Ritter wie dieser und anderer willen, von deren Ruhm die Welt voll war. Mit solchen Gedanken kam er in Albolote an und stieg im Hause eines Freundes ab und ließ sich von einem guten Wundarzte pflegen. Wo wir ihn lassen wollen, um zu dem edlen Musa zurückzukehren, welcher allein mit Albayaldos geblieben war, den er, wiewohl er Christ geworden war, nicht verlassen mochte; sondern begann ihn zu pflegen, und als er ihn entkleiden wollte, fand er drei grausame und tiefe Wunden, dazu eine vierte bösartige Wunde am Kopfe, welches die letzte war, die der Großmeister ihm geschlagen hatte. Und sah, daß sie tödlich waren, und gab es auf, ihn zu verbinden, sondern ließ ihn, um ihm den Schmerz zu ersparen, und sprach zu ihm: Sage nicht, guter Albayaldos, daß ich dir nicht abgeredet habe, den Kampf zu wagen. Aber du warst auf ihn versessen, und deshalb fand dich der Tod. – Inzwischen blickte der neue Christ mit offenen Augen zum Himmel auf, in der Angst des Todes, welcher ihm schon nahe war, und sagte: O barmherziger Jesus, hab' Mitleid mit mir; sieh nicht darauf, daß ich dich beleidigt habe, als ich noch Maure war, indem ich deine Christen verfolgte; sieh auf deine große Güte, welche größer ist als meine Sünden, und bedenke, Herr, was du aus deinem Munde gesprochen hast: daß einem jeden Sünder, der sich zu dir bekehrt, verziehen sei. – Mehr noch wollte der gute Don Juan sagen, aber er vermochte es nicht; denn die Zunge wurde ihm schwer, und er begann mit dem Tode zu ringen und sich zu winden in einer Lache von Blut, welches aus seinen Wunden floß; und wurde ganz in ihm gebadet, daß es ein Jammer zu sehen war.

Und hierauf wurde eine Romanze gedichtet, welche jetzt aufs neue ans Licht gekommen ist. Sie geht aber folgendermaßen:

Blutend aus drei tiefen Wunden
Lag der tapfre Albayaldos.
Aus drei tiefen Wunden blutend
Rang er angstvoll mit dem Tode.

Wund schlug ihn der große Meister
Jenes hochberühmten Ordens
Aus den Kriegen mit den Mauren.
Calatrava war sein Ursprung.

Sah mit todesbangen Augen
Auf zum Himmel und er sprach:
Süßer Jesus, o vergib,
O vergib mir meine Sünden.

Ja, vergib mir meine Sünden,
Daß ich dich erblicken darf,
Dich und deine süße Mutter,
Wenn mich hier der Tod umfangen.

Süßer Jesus, o vergib.
Schütze mich vor Satans Listen!
Bitter ist der frühe Tod,
Bittrer ewiges Verderben.

Folgt' ich dir, du edler Ritter
Musa, wär' ich dir gefolgt.
Lüg' ich hier nicht todesmatt,
Blutend aus drei tiefen Wunden.

Mag der Leib verloren werden,
Retten will ich meine Seele;
Süßer Jesus, nimm sie auf!
Rette sie, die du geschaffen!

Nimm sie auf in deinen Himmel!
Und dich bitt' ich, tapfrer Musa,
Tu mir eines noch zuliebe,
Grabe mir ein tiefes Grab.

Grabe mir ein tiefes Grab
Hier am Fuß der hohen Pinie.
Schneide in den Stamm der Pinie
Meinen Namen und mein Schicksal.

Meinen Namen und mein Schicksal
Künde dann dem König Chico;
Sag' ihm, daß ich Christ geworden,
Eh' die Augen ich geschlossen.

Süßer Jesus, nimm mich auf
Und vergib mir meine Sünden,
Daß der alte Lügenglaube
Mir die Ruh' im Grab nicht störe.

Aufmerksam hatte der tapfere Musa auf die Worte des neuen Christen gehört, und so nahe ging ihm sein Unglück, daß er, mit Tränen in den Augen, nicht über seine Wehmut Herr zu werden vermochte, wie er den Wert eines so wackeren Ritters bedachte und die großen Siege, welche jener über die Christen errungen hatte, und die Reichtümer, die er zurückließ, seine glänzende Tapferkeit, die Anmut und Kraft seines Wesens und die hohe Achtung, in welcher er stand, und sein Ruhm, den er sich gewonnen; und ihn jetzt so jammervoll zugerichtet auf dem harten Boden sich in seinem Blute winden sah, ohne ihm helfen zu können. Wollte ihm zusprechen und beugte sich über ihn, um ihn zu trösten; aber es bedurfte keines Trostes mehr: denn schon hauchte Albayaldos seine Seele aus. Und jener sah, wie der tapfere Ritter Christi das Zeichen des Kreuzes über Stirn und Mund schlug und die geschlossenen Hände mit den Daumen in Kreuzesform auf den Mund preßte und seinen Geist zu seinem Schöpfer aufgab. Als der edle Musa die Augen schon gebrochen sah, und wie die Zähne zusammenbissen und die Haut im Tode erbleichte, ließ er in bitterem Schmerz und Mitleid den Tränen freien Lauf und klagte bitterlich über den toten Ritter. So verging eine lange Weile, ohne daß er Trost zu fassen imstande war; denn Albayaldos war sein naher Freund gewesen. Und sah, daß das Weinen und sich dem Schmerze hingeben zu nichts helfen mochte, nahm sich zusammen und hörte auf zu weinen und überlegte, wie er ihn an diesem öden Orte bestatten könnte. Und als er so sich mit der Sorge trug, half ihm Gott in solchen Nöten, damit der Christenritter zur Erde bestattet und sein Leichnam nicht auf dem öden Felbe ein Raub der Vögel würde, Und es geschah, daß vier Bauern vorüberkamen, um vom Berge Elvira Holz zu holen, mit ihren Beilen, um es abzuhauen, und mit Hacken, um die dicken Wurzeln herauszuschaffen. Als Musa ihrer ansichtig wurde, ward er froh und rief sie au und sprach zu ihnen, als sie gekommen waren: Gute Freunde, tut mir die Liebe und helft mir, den Leib dieses Ritters zu bestatten, welcher hier gefallen ist, und Allah wird es euch vergelten. – Die Bauern antworteten, daß sie gerne bereit seien. Und Musa zeigte ihnen die Stelle, wo das Grab ausgeworfen werden sollte, am Fuße der Pinie, und die Bauern machten sich voll Eifers ans Werk. Und hoben dann den Leichnam des toten Ritters auf, zogen ihm Rock und Mantel aus und nahmen ihm die Rüstung ab, welche er getragen hatte, und die ihn so wenig gegen die scharfen Hiebe und den starken Stahl von Lanze und Schwert des Großmeisters zu schützen vermocht hatte. Zogen ihm Rock und Mantel über den gestickten Wams wieder an und legten ihn unter vielen und bitteren Tränen des edlen Musa ins Grab. Und gingen fort an ihr Geschäfte, als sie ihn begraben hatten, und hatten ein Entsetzen über die schrecklichen und tiefen Wunden. Musa aber zog aus seinem Mantelsack Schreibzeug und Papier, welches er als ein aufmerksamer Mensch bei sich zu führen pflegte, um festzuhalten, was ihm etwan aufstieße. Schrieb und befestigte am Stamme der Pinie die folgende Grabschrift:

Letzten Schlaf schläft Albayaldos
Hier am Fuß der hohen Pinie;
Tapfrer war er als Reynaldos
Und der Held der Paladine.

Mars, der grimme Gott des Krieges,
Traf voll Neid den hohen Helden
Und zerriß die Bahn des Sieges.
Blutend lag er auf dem Felde.

Mehr vermochte nicht der Grimme. –
Ew'ger Ruhm wird ihn belohnen.
Ueberm hohen Sternenhimmel
wird der Held bei Helden wohnen.

Diese Grabschrift befestigte der edle Musa. an dem Stamme der Pinie über dem Grabe des guten Albayaldos. Nahm Panzerhemd und Helm und Turban und Federbusch, alles mit Silber ausgeziert, dazu den Schild und machte aus allem ein ehrenvolles Denkzeichen und in die Mitte steckte er den krummen Säbel und den Lanzenschaft und hing das Zeichen an einen Zweig der Pinie und befestigte darüber diese Inschrift:

Dieses Zeichen gilt dem edlen,
Tapfern Mauren Albayaldos.
Tapferster von allen tapfern
Helden von Granada war er.

Bittrer als am Grab des Griechen,
Den Homer besungen hat,
würde Alexander hier
Um den toten Mauren weinen.

Als der edle Musa besagtes Denkzeichen und Inschrift angebracht hatte, sah er, daß es hier nichts weiter zu tun gab, stieg auf sein Pferd, nahm das des Albayaldos am Zügel und machte sich auf den Weg nach Granada und haderte im Reiten mit dem Pferde des Albayaldos und sagte: Vorwärts, verwünscht seist du, schlechtes Pferd; Mahomet verfluche dich tausendmal, denn du warst schuld am Tode deines Herrn, denn wenn du nicht gestolpert und über die Lanze, die der Großmeister geworfen hatte, gefallen wärest, so wäre dein Herr nicht so schwer verwundet worden und weniger unheilvoll hätte der Kampf für ihn geendet. Und doch darf ich dich dessen nicht so sehr zeihen, denn es lag nicht in deinem Vermögen, und du hast getan, was du konntest. Es war vom Himmel vorgesehen, und kein Grund liegt vor mit dir zu zanken noch mit einem anderen als mit dem unerbittlichen Schicksal, welchem man in keiner Weise widerstehen kann. –

Sprach es und hatte noch keine drei Meilen zurückgelegt, als er zwei Ritter kommen sah, beide von edlem Wuchs. Es trug der eine einen gelben Rock und gelben Mantel und Turban und Federbusch von derselben Farbe; sein Schild war zur Hälfte gelb und blau, und unten in dem blauen Felde stand eine Sonne zwischen ein paar schwarzen Wolken und unter der Sonne ein Mond, welcher sie zu verdecken begann, mit einer Inschrift, die arabisch lautete:

Meine Sonne ist im Neigen;
Sicher einzig meine Qual,
Rastlos treibt's mich überall;
Und kein Wechsel will sich zeigen.

Die Lanze dieses Ritters war völlig gelb und gelb Decke und Schmuck des Pferdes und das Fähnchen der Lanze desgleichen. Und offenkundig zeigte der Ritter, daß er in Verzweiflung lebte und, in der Inschrift, ohne Hoffnung auf Besseres. Der andere Ritter trug einen maurischen Rock zur Hälfte rot und zur Hälfte grün, Mantel, Turban und Federbusch desgleichen, die Lanze grün mit roten Streifen und ihr Fähnchen grün und rot und Schmuck und Geschirr des Pferdes von denselben Farben und den Schild zur Hälfte rot und grün und in dem roten Felde eine Inschrift aus Gold in schön geschnittenen Buchstaben, welche lautete:

Mein Stern wird nie verdunkeln,
wird, wie mein Glück,
In jedem Augenblick
vom Himmel funkeln.

Unter dieser Inschrift aus Gold stand ebenfalls aus Gold ein großer Stern mit langen Strahlen, und wenn die Sonne in ihm sich spiegelte, blitzte er, daß es jeden blenden mußte, der ihn hätte anschauen wollen. Offenkundig gab dieser Ritter zu erkennen, daß er zufrieden und frohen Sinnes war, wie es die Farben seiner Kleider und des Wappens und die Inschrift auf dem Schilde zu verstehen gaben. Die Mäntel der beiden Ritter waren kostbarer Damast, und das Pferd des Ritters mit der Sonne ein hellkastanienbrauner Andalusier und schien sehr gut zu sein; das Pferd des Ritters mit dem Sterne ein Apfelschimmel und sehr kräftig und ebenfalls ein Andalusier. Die beiden kamen miteinander sprechend im guten Schritt heran. Und der wackere Musa betrachtete sie, um zu sehen, ob er sie erkennen könnte; war es aber nicht imstande, bis sie sehr nahe gekommen waren. Da erkannte er die beiden, nämlich in dem Ritter in gelb den edlen Keduan, und er trug sich solchermaßen, weil er sich von Lindaraxa, der Abencerragin, verschmäht wußte. Der andere in rot und grün war der mutige Gazul und trug sich so, weil Lindaraxa ihn liebte. Und es hatten sich die beiden heraus gefordert, um zu entscheiden, wem die schöne Dame zu eigen sein sollte. Musa aber verwunderte sich, sie hier zu sehen, und sie ihn, mit jenem zweiten Pferde am Halfter und ohne einen Knappen, der ihn begleitete.

Und als sie einander trafen, begrüßten sie sich, wie es Sitte war. Und es begann Musa als erster und sprach: Bei Mahomet schwöre ich's, ich wundere mich, euch beide hier auf diesem abgelegenen Wege kommen zu sehen. Sicherlich birgt euer Hiersein ein Geheimnis in sich. Und ihr würdet mir eine große Freude machen, wenn ihr es mir anvertrauen wolltet. – Antwortete Reduan: Mehr Grund haben wir, uns zu verwundern, Euch so allein kommen zu sehen und mit diesem Pferde am Halfter. Und sicherlich ist es nichts Geringeres, als daß Ihr mit irgendeinem Christenritter einen Kampf bestanden habt, und habt ihn erschlagen und ihm sein Pferd abgenommen. – Freuen wollte ich mich, wenn dem so wäre, antwortete Musa, aber sagt mir doch, Herr Reduan, ist es denn möglich, daß Ihr dieses Pferd nicht erkennt? – Reduan betrachtete das Pferd und antwortete: Täuscht mich mein Auge oder ist es Albayaldos' Pferd? Und gewißlich ist es seines. Wo aber ist sein Herr geblieben? – Da Ihr mich denn fragt, antwortete Musa, will ich es Euch erzählen. Ihr müßt wissen, daß gestern beim Ringelspiele der Großmeister von Calatrava seine drei Lanzen gebrochen und im Kampfspiel gewonnen hatte, als Albayaldos auf den Platz kam; und um Mahamets Tod, seines Vetters, willen, denn er wußte, daß der Großmeister ihn erschlagen hat, forderte er ihn in meiner Gegenwart zum Kampfe auf Tod und Leben. Und machten ab, daß sie sich heute bei der Pinienquelle treffen wollten, und es brächte Albayaldos als Zeugen Malique Alabez mit und der Großmeister Don Manuel Ponce de Leon. Und heute morgen, da ich im Palaste war, vermißte ich Albayaldos und Malique Alabez und erinnerte mich ihrer Abrede und ritt, ohne jemandem etwas zu sagen, in aller Hast nach der Pinienquelle und traf dort die vier besagten Ritter an. Gab mir alle Mühe, damit die Sache nicht weiterginge, und hatte es auch vom Großmeister zugestanden, aber Albayaldos hielt hartnäckig daran fest, so daß sie am Ende zu den Waffen griffen. Malique und Don Manuel hatten vordem einen Kampf begonnen, welcher, wie Ihr wißt, nicht zu Ende kam; und den wollten nun die beiden heute beendigen. Solcher Art, daß Zeugen und Kämpfer die Waffen erbittert gegeneinander wandten. Am Ende aber und durch die Schuld dieses Pferdes wurde Albayaldos schwer verwundet, denn es stolperte mit seinem Herrn und kam über die Lanze des Großmeisters zu Falle. Besiegt und an Todesenden sagte Albayaldos, daß er Christ werden wolle. Malique aber blieb ebenfalls böse zugerichtet und von Don Manuel besiegt, und wenn ich nicht gewesen wäre, hatte er den Tod gefunden. Ich bat Don Manuel um sein Leben, und er schenkte es mir als ein hochherziger Ritter. Verband ihm die Wunden und denke, er ist jetzt wohl in Albolote und laßt sich pflegen. Albayaldos aber, von dem Großmeister zum Christen getauft und Don Juan geheißen, verschied kurz darauf, indem er Jesum Christum anrief. Und bevor er starb, bat er mich, daß ich ihm am Fuße jener Pinie ein Grab grübe. Ich tat es und machte aus seinen Waffen ein ehrenvolles Denkzeichen und hing es über seinem Grabe auf. Das hat sich begeben, wie ich gesagt habe. Jetzt aber tut mir den Gefallen und sagt mir, wohin euer Weg euch führt, denn ich würde mich freuen, es zu erfahren; und wenn ich euch in etwas zu Diensten sein kann, will ich es von ganzem Herzen tun. – Wohl muß ich Euch, sagte der tapfere Gazul, Rechenschaft geben über unser Kommen, da Ihr sie uns, Herr Musa, über das, was vorgefallen ist, gegeben habt. Was zuvörderst aber das Unglück des Albayaldos und des Malique angeht, so gestehe ich, daß es mir die Seele schwer macht, denn es waren beide gute Ritter, auf welche der König Chico um ihres Wertes willen ein Auge hatte, wie mit ihm das ganze Königreich. Von unserem Kommen will ich Euch das Folgende sagen: Der Herr Reduan hat mich zum Kampfe herausgefordert ohne einen Grund von meiner Seite; und die Ursach ist, daß Lindaraxa ihn nicht liebt, sondern mir ihre Gunst bezeugt hat. Sagt, daß er mich ums Leben bringen müsse, denn ich sei der Dieb seiner Seligkeit. Und um deswillen gehen wir zur Pinienquelle, weil sie ein passender Ort ist, und niemand wird uns dort im Kampfe stören. – Musa verwunderte sich über den Fall, blickte Keduan an und sagte: Wie, Herr Keduan, mit Gewalt wollt Ihr, daß die Dame Euch liebe? Wahrlich eine schlechte Liebe ist das, derart, daß Ihr, wenn sie nach einem anderen Verlangen trägt, welcher ihr mehr gefällt, um Euer Anrecht kämpfen wollt mit einem, der Euch nichts schuldet; und wagt es, Euer Leben in die Schanze zu schlagen? Wenn sie Euch nicht liebt, sucht Euch eine andere, die Euch lieb hat. Denn so gering seid Ihr nicht im Königreiche, daß Ihr nicht so gut wäret, wie irgendein anderer, wer es auch sei, was Eure Tüchtigkeit angeht sowohl, wie an Besitz und Abkunft. Gut möchte das werden, wenn die besten Ritter, welche der König hat, Tag für Tag hinauszögen ins Feld, um sich ums Leben zu bringen, und der König ohne einen Ritter bliebe, auf den er sich verlassen könnte, wo es not tut, da er doch Tag für Tag die Feinde vor den Toren hat. Denkt daran, wie Albayaldos geendet hat, weil er nicht auf meinen Rat hören wollte. Unnütz ist es, weiter zu reiten, kehren wir nach Granada zurück. Ihr wißt ja, Herr Keduan, daß ich von ganzem Herzen die schöne Daraxa geliebt habe, und anfangs bewies sie mir ihre Gunst, wie man sie einem Ritter nur beweisen kann; dann wandte sich das Blatt und sie hing ihr Herz an Zulema, den Abencerragen. Ich sah es und tröstete mich, ob es mir schon naheging, und sah ein, der Wille der Weiber und ihre Beständigkeit sind wie die Wetterfahnen, und ließ die Hand von ihr und wandte mein Begehren nach einer anderen Seite. Wahrlich, das wäre schön gewesen, wenn ich, weil Daraxa mich verabscheute und ihr Herz Zulema, dem Abencerragen, schenkte, den hätte ums Leben bringen wollen, der keine Schuld daran trug. Meine Ansicht, ihr Herren, ist, daß ihr euren Vorsatz fallen laßt, und laßt allen Groll und Verdruß fahren, denn ohne diese ist dem Uebel gar leicht abgeholfen. – Damit endete der tapfere Musa seine Worte; auf welche Reduan antwortete: Bitter ist meine Qual und so arg die Hölle, welche mir in den Eingeweiden brennt, daß ich auch nicht einen Augenblick Ruhe finde, denn bei Nacht glüht in mir ein Aetna und tagsüber flammt in mir ein Vulkan, und keinen Augenblick hört es in mir zu brennen auf. Solcher Art, daß ich kein anderes Mittel finde, ein so heftiges Feuer zu löschen, das meine Eingeweide in Flammen setzt, als den harten Tod, mit dem alles ein Ende nimmt. – Laßt Euch fragen, Herr Reduan, sagte Musa, welches Heilmittel für all Euer Unglück wird Euch der Tod bringen? – Ruhe, antwortete Reduan. – Und laßt uns wissen, fragte Musa, wenn der Zufall will, daß Ihr in dem Kampfe, welchen Ihr zu bestehen denkt, Sieger bleibt und Euren Nebenbuhler tötet, und immerfort die Dame Euch verabscheut, welche Heilmittel werdet Ihr erlangt haben, zumal wenn sie dann ihr Herz einem anderen Ritter zuwendet und Ihr dann auch den anderen ums Leben bringen müßt! – Ich weiß nicht, was ich darauf sagen soll, sagte Reduan, für jetzt aber will ich den Kampf zu Ende führen, den wir abgeredet haben, und dann mag die Zeit bestimmen, was später zu tun ist. – Dann vorwärts und haltet unser Geschäft nicht länger auf, rief der tapfere Gazul, denn je länger wir es hinzögern, desto schlimmer ist es. – Sagte es und gab seinem Pferde die Sporen, um weiter zu reiten; desgleichen tat Reduan. Der tapfere Musa sah den Entschluß der beiden Ritter, und daß er Reduan nicht besänftigen noch zur Vernunft zu bringen vermöchte, sah, wie sie sich nach der Pinienquelle auf den Weg machten, trieb sein Pferd zwischen sie, um zu sehen, wie weit die Sache gehen würde und ob er nicht doch jenes Geschäft friedlich beilegen könnte. So ritten sie zu, daß sie in aller Kürze bei der Pinienquelle anlangten. Und als sie anlangten, band Musa das Pferd des Albayaldos an die Pinie und begann aufs neue Reduan zuzureden, daß er von dem Vorhaben abstünde; aber ohne ein Wort zu erwidern rief jener Gazul zu: Ha, Räuber meiner Seligkeit, jetzt sind wir da, wo Ihr aufhören müßt meine Hoffnung zuschanden zu machen! – Sagte es und jagte sein Pferd über das Feld und rief Gazul zu, daß er sich zum Kampfe fertigmachen solle. Der tapfere Gazul schon voller Verdruß, über das Tun Reduans, daß er ihm vorwarf, ihn seines Glückes berauben zu wollen, im grimmen Zorne wie eine Schlange trieb voll Ungestüm sein Pferd über das Feld. Und war, ohne viel der herkömmlichen Form des Rumpfes zu achten, in einem Augenblicke bei Reduan und Reduan bei ihm; und mit großer Geschicklichkeit begannen sie sich Lanzenstöße beizubringen. Reduan war der erste, welcher den Schild des Gegners durchstach, und die Lanze durchschnitt den feinen Oberrock, den der gute Gazul trug. Gazul trug für dieses Mal eine nicht allzu große Wunde an der linken Seite davon, aus welcher indessen das Blut reichlich floß, das alsobald auf den Sattelbogen und auf die Halbstiefel niedertropfte. Als Gazul aber sich so bei dem ersten Stoße bereits getroffen fühlte, gab er, in solchem Geschäfte geschickt und geübt, wohl acht und gedachte Reduan, sobald er seitwärts sein Pferd herumlenkte und ungedeckt blieb, in aller Geschwindigkeit einen Stoß beizubringen, und es gelang ihm, wie er gedacht hatte; denn Reduan, welcher merkte, daß er seinen Gegner verletzt hatte, wollte ihm sehr fröhlich zum zweiten Male zusetzen, und tummelte zu diesem Zwecke sein Pferd, um sich dem guten Gazul zu nähern, soweit er konnte. Als aber Gazul ihn sich nahe sah, trieb er sein Pferd an zu solcher Schnelligkeit, daß Reduan den Stoß bereits empfangen hatte, da er ihm noch zu entrinnen glaubte. Hatte kaum Zeit genug, den Schild vorzuhalten, um den Stoß abzufangen, aber wenig half es ihm, daß sein Schild trefflich gearbeitet war; denn unter dem Anprall des harten Stahls der Lanzenspitze des wackeren Gazul klaffte er auseinander und die Lanze kam auf das Panzerhemd, und ob das schon stark war, wurde es gleichwohl durchbohrt und Reduan böse verletzt. Wie aber Gazul sich zurückwandte, lenkte er sein Pferd, daß es noch in der Luft sich herumwarf, und kam aufs neue über Reduan, wie ein Adler, zur selben Zeit, da sich Reduan gegen ihn wandte. Und die beiden begegneten sich, ohne etwas anderes auszurichten, mit solcher Wucht, daß die beiden Lanzen zersplitterten und sie beide arg an der Brust verwundet wurden. Als sie aber jetzt sich einander so nahe fanden, kamen sie zusammen und umfaßten sich mit den Armen, ein jeder in der Absicht, den anderen aus dem Sattel zu ziehen. Und so blieben sie eine gute weile aneinandergeklammert, ohne einer den anderen hinabziehen zu können. Als indessen die Pferde sich einander so nahe sahen, bissen sie aufgeregt und wiehernd aufeinander ein, bäumten sich hoch auf gegen den Willen ihrer Reiter und wandten sich die Kruppe zu, um sich mit den Hufen zu schlagen. Und da sie sich umdrehten, während die Reiter einer den anderen fest umklammert hielt, stürzten diese notwendigerweise, umklammert wie sie waren, zur Erde. Reduan aber, welcher kräftiger war, zog den guten Gazul nach sich und fiel selbst zu unterst. Die beiden Pferde sahen sich nicht so bald frei, als sie tapfer miteinander zu kämpfen begannen. Reduan aber, wiewohl er sich in solcher Gefahr sah, verlor nicht seinen guten Mut, sondern wandte sich mit großer Kraft nach einer Seite, stemmte sich mit beiden Füßen gegen den Erdboden und vermochte so viel, daß er Gazul zur Seite wälzte, indem das rechte Bein Reduans über ihm blieb. Gazul dagegen stemmte unerschrocken die rechte Hand kräftig gegen den Boden, um das Verlorene wiederzugewinnen, aber vermochte es nicht, denn Reduan hielt ihn fest an der linken Hand, mit der er ihn so von sich abwehrte. Solcher Art miteinander ringend mühten sie sich vom Boden auf und ergriffen mit großer Schnelligkeit ihre Schilde und legten Hand an ihre Säbel und begannen sich unbarmherzig zuzusetzen, indem sie Schläge rechts und links austeilten, solcher Art, daß in kurzer Zeit ihnen nichts mehr am Arme blieb, denn die Schilde fielen in Stücken zur Erde; und sie bluteten aus mehr als sechs Wunden. Aber am schwersten verwundet war Reduan, denn er hatte zwei Wunden von der Lanze. So waren beide böse mitgenommen; aber bis jetzt war kein Vorteil zu erkennen, und da sie ohne Schilde waren, fügten sie sich mehr Schaden zu. Und von Reduans Federbusch blieb wenig. Offen zeigten sie die Rüstungen, die sie angelegt hatten, solcher Art, daß sie die Stellen sahen, wo sie sich den größten Schaden zufügen konnten. Die Säbel waren Damaszener mit gehärteten Klingen. Und führten keinen Hieb, der nicht die Rüstung zerschlug und sie verletzte. Und bevor noch zwei Stunden verflossen waren, hatten sie sich derart zugesetzt, daß man schon nicht mehr hoffen durfte, daß einer mit dem Leben davonkommen würde. Reduan war am schlimmsten mitgenommen, obwohl er der kräftigere war; denn Gazul übertraf ihn an Gewandtheit und griff an und zog sich zurück, wie es ihm ersprießlich war, und traf ihn, wie er es beabsichtigt hatte, welches Reduan nicht tat und wurde aus diesem Grunde schlimmer mitgenommen, denn er verlor bei jedem Streiche, der ins volle traf, Waffenstücke und Fleischstücke zur Erde. Schwer verwundet aber waren beide und vergossen viel Blut. Und Musa bemerkte es und sah ein, daß, wenn der Kampf weiterginge, beide wackeren Ritter ums Leben kommen müßten. Stieg voll Mitleid in seinem Kerzen vom Pferde und eilte zwischen beide und sprach: Ihr Herren, tut es mir zuliebe und haltet ein im Kampf und führt ihn nicht weiter, denn wenn er weitergeht, wird euch beide zusammen der Tod rufen! – Gazul, ein maßvoller und besonnener Ritter, hielt alsogleich inne, Reduan wollte nicht, aber er mußte innehalten, solange Musa zwischen ihnen stand, weil er der Bruder des Königs war. Hatte sie getrennt und hieß sie sich pflegen, und er selbst verband ihnen fest ihre Wunden. Stiegen auf die Pferde und er nahm das Albayaldos' am Zaume und ritten zurück nach Albolote. Und es mochte gegen fünf des Abends sein, als sie ankamen. Fragten wo Alabez wäre und fanden ihn schwer verwundet und im Bette. Die beiden Ritter, Reduan und Gazul, aber wurden mit aller Sorgfalt von einem guten Wundarzte, welcher dort war, verbunden und jeder in ein Bett gebracht und dort gut verpflegt und mit allem, was notwendig war, versehen. Sehr verwunderte sich Alabez, sie in diesem Zustande kommen zu sehen, und es tat ihm um sie leid, denn sie waren seine Freunde. Aber lassen wir sie hier in Pflege und als Freunde, und kehren zurück, um von Granada zu erzählen und von einigen Dingen, welche dort sich ereignet hatten, an dem Tage, an dem diese beiden Kämpfe vor sich gingen.


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