Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Zehntes Kapitel

in welchem von dem Ausgang des Ringelspiels und von der Herausforderung zwischen Albayaldos, dem Mauren, und dem Großmeister von Calatrava gehandelt wird.

 

Ihr habt erzählen hören, wie der wackere Sarrazino voller Grimm und Verdruß den Platz verließ, weil ihm das Glück bei dem Ringelspiele so zuwider gewesen war, und es ging ihm zu Herzen, daß er das Bildnis seiner Dame verloren hatte. So kehrte er von allen Rittern, mit denen er gekommen war, begleitet nach Hause zurück, entließ die Ritter und stieg vom Pferde und riß Abzeichen und Helm und den prachtvollen Federbusch vom Haupte und warf in bitterem Unmute alles zu Boden; zog sein Festgewand ab und schleuderte es beiseite und ging in sein Schlafgemach und ließ sich, gifterfüllt wie eine Natter, auf ein Bett fallen, begann sich laut zu beklagen über sich und sein Mißgeschick und sprach: Sag', du schlechter Ritter, du nichtswürdiger Wicht, wie wirst du dich vor der schönen Galiana verantworten und rechtfertigen, da durch deine Schuld Bildnis und Aermel verloren sind? Mit welchem Antlitz wirst du vor sie zu treten wagen? O Mahomet, Verräter, treuloser betrügerischer Hund, was hast du mich, da du meine Hoffnungen begünstigen solltest, hintergangen! Sag', du Hund, du falscher Prophet, hatte ich dir nicht versprochen, ein Bild von dir ganz aus Gold fertigen zu lassen, wenn du mir an einem Tage, wie diesem, den Sieg verliehest, und Weihrauch in Menge auf deinen Altären zu verbrennen? Warum hast du mich treulos im Stiche gelassen? Aber bei dem lebendigen Gotte, du Lügenprophet, dir zur Schande will ich Christ werden; denn der Christen Gesetz ist besser als dein schlechter Irrglaube! Und das will ich halten als ein Ritter und deinem Namen fluchen, wo immer ich ihn höre! –

Solches und anderes mehr sagte der wackere Sarrazino und beklagte sich bitterlich ob seines Mißgeschicks und über Mahomet; aber wenn er voll giftigen Grolls und Haders war, so die schöne Galiana nicht minder, und ihre Mienen verrieten den Schmerz, den sie in der Seele spürte. Aber klug wußte sie ihren Verdruß zu beherrschen und sprach mit der Königin und den anderen Damen, welche sie trösteten, und sagte: daß sie, weil der Ritter ihr Bild verspielt habe, um deswillen nicht aufhöre, sich all ihrer Freiheit zu erfreuen, und lache darüber. Nicht mich kümmert es, sagte die schöne Galiana, denn das geht die Ritter an. – Aber, wiewohl sie so sprach, fühlte sie anders im Herzen und sagte zu sich selber: O Ritter Abenamar, wie hast du dich mit vollen Händen für meine Undankbarkeit gerächt! Denn dir zum Ruhme wirst du jetzt mein Bild und den Aermel, den ich mit solchen Kosten gestickt habe, deiner Dame überreichen; und die wird froh sein, daß sie durch den Wert ihres Ritters triumphieren darf. – So sprach sie zu sich selber in solchem Schmerze, daß ihr die Tränen in die Augen traten; Zelima, ihre Schwester, aber suchte sie zu trösten und sprach ihr leise zu, daß sie ihren Schmerz nicht offenbar werden lassen dürfe, damit die Königin es nicht gewahr werde. Und Galiana verhehlte ihn, so gut sie es imstande war, zeigte ein heiteres und fröhliches Antlitz und trocknete in verstellter Sorglosigkeit ihre Augen mit dem Tuche.

Unter diesem hörte man Lärm vom Platze, und alle wandten die Augen dorthin, um zu sehen, was es sein möchte, und wurden gewahr, wie aus der Elvirastraße gewaltsam Feuer speiend eine riesenhafte Schlange sich wand. Ihr nach kamen dreißig Ritter in weißen und maulbeerfarbenen Gewändern und mit Federbüschen in denselben Farben, sie und ihre Pferde, und deren Schabracken und Zaumzeug desgleichen. Inmitten aber kam ein Pferd ohne Reiter mit Zaumzeug und Behang aus weißem und maulbeerfarbenem Brokat und Kopfgeschirr und Federbusch desgleichen. Unter lautem und fröhlichem Hörner- und Flötenklange wand sich die Schlange um den ganzen Platz, und vor den Schaubühnen, auf denen der König und die Königin saß und mit ihnen der ganze Hof, hielt sie inne und spie ein mächtiges Feuer, untermischt mit zahllosen Raketen und Petarden, welche krachend und prasselnd mit starken Schlägen endeten. Die ganze Schlange loderte auf und wurde verzehrt und fiel die Hälfte nach einer Seite, die Hälfte nach der anderen. Inmitten aber erschien ein Ritter in weißem und maulbeerfarbenem Brokat mit reicher Stickerei in Gold und gewirktem Silber und der Helmbusch bestand aus weißen und maulbeerfarbenen Federn. Vier Wilde, der Natur völlig gleich, waren bei ihm und trugen einen prächtigen Sessel mit maulbeerfarbenem Sammet bedeckt und alle Nägel des Besatzes aus Gold; darauf aber war das Bildnis der schönen Xarifa, welche alsobald von allen erkannt wurde, wie auch, daß der Ritter der tapfere Abindarraez war. Das schöne Bildnis der Dame war mit prachtvollem Zierat geschmückt, Goldstickereien auf maulbeerfarbenem und weißem Brokat übersät mit zahllosen goldenen Sternen; und unvergleichlich war der Kopfputz. Und so schön sah das Bildnis aus, daß es seinem Urbilde gleichkam. Der König und die Königin und alle anderen blickten auf die schöne Xarifa, welche in sittsamer Scham errötet war, und die schöne Farbe verlieh ihrer Anmut ein warmes Leben. Die Königin sprach zu ihr: Heute, schöne Xarifa, ist die Stunde gekommen, den Wert Eures Ritters und Abenamars zu erproben und nicht mehr noch minder, welchem Bildnis der Ruhm des Sieges zufällt. – Mag das Schicksal bringen, was es will, entgegnete Xarifa, und nach seinem Gutdünken verfahren; ich will das eine wie das andere mit gleicher Miene aufnehmen. – Damit schwiegen sie, um zu sehen, was der wackere Abencerrage ausrichten würde. Und alle verwunderten sich über ihn, wie sie gewahr wurden, daß weder ihm noch den vier Wilden noch dem Bildnisse Xarifas das Feuer der Schlange etwas hatte anhaben können. Der tapfere Held rief alsogleich nach seinem Pferde, das ihm zugeführt wurde, sehr schön, ganz weiß wie Schnee; er aber schwang sich hinauf wie ein Vogel, sprengte um den ganzen Platz, von den Rittern begleitet, welche mit ihm gekommen waren, und ließ die vier Wilden mit dem prachtvollen Tragstuhle und dem schönen Bildnisse Xarifas in der Mitte. Und so schön war es, daß alle sich verwunderten, die es ansahen. Kam dorthin, wo der wackere Abenamar war; und die vier Wilden stellten sich neben den beiden Wagen auf, welche bei dem Schautische mit dem Geschmeide standen, hoben den schönen Tragstuhl hoch auf ihre Schultern, damit das Bildnis wohl gesehen werden konnte, und blieben so stille. Der wackere Abindarraez aber ritt an den Platzhalter heran und sprach: Tapferer Ritter, willigt Ihr ein, daß wir auf drei Lanzen nach den festgesetzten Bedingungen des Spieles reiten? Antwortete Abenamar: Reiten wir und zu guter Stunde, denn dazu bin ich hier. – Sprach es, nahm eine Lanze, denn er saß bereits zu Pferde, und ritt in die Bahn; kam an am Ende und wandte sein Pferd mit großer Schnelle, der wackere Platzhalter, und sprengte durch die Bahn mit solchem Glück, daß er den Ring auf seiner Lanze mit sich nahm, als er wie ein Blitz unter dem Seile daherfuhr; kehrte im Schritt zurück und ließ den Ring wieder an seinem Orte anbringen. Dies geschehen, verlor der edle Abindarraez nicht die Hoffnung, ließ sich eine Lanze reichen und ritt in artiger und kühner Haltung durch die Bahn, wandte am Ende sein Pferd mit Wucht, wie ein Adler, hielt die Lanze fest und sicher, kam unter dem Ringe vorbei und trug ihn mit sich fort, wie der Platzhalter getan hatte. Unter den Zuschauern aber erhob sich ein großer Lärm und Beifall, doch alsbald entstand ein tiefes Schweigen, um zu sehen, wie es die beiden anderen Male ausgehen würde. Der Platzhalter kehrte, von dem Erfolge des Gegners betroffen, in die Bahn zurück, gab seinem Pferde die Sporen und trug den Ring nicht mehr noch minder als beim ersten Male auf seiner Lanze davon. Der wackere Abindarraez wandte, am Ende der Bahn angelangt, sein Pferd, kam an den Ring und trug ihn desselbigengleichen mit sich davon. Ein großes Geschrei erhob sich, unter den Zuschauern, und alle riefen: Gefunden hat der Platzhalter einen Gegner, der ihm gewachsen ist! – Wer um diese Zeit achtgehabt hatte auf Xarifas und Fatimas Gebärden, würde offenbarlich gesehen haben, daß beide um den Ausgang der dritten Lanze voll Bangens waren, denn keine wollte, um nichts in der Welt, daß ihr Ritter verlor. Und alle sprachen untereinander: O Allah, Heiliger, wie mag das enden? – Alsbald entstand ein tiefes Schweigen, als wäre keine Menschenseele mehr auf dem Platze. Der herzhafte Abenamar nahm eine Lanze, ritt an das Ende der Bahn, wandte sein Pferd und gab ihm die Sporen und sprengte fort wie der Wind und trug zum dritten Male den Ring mit sich davon zu nicht geringem Ruhme für sich und für die schöne Fatima. Da diese sah, daß das Ende mit so gutem Glücke gekommen war, blickte sie Xarifa an und wurde gewahr, wie die ihre schöne Farbe völlig verloren hatte, lachte und sprach zu ihr mit freundlicher Anmut: Schwester Xarifa, noch hast du keinen Anlaß, so schnell die Farbe zu wechseln; denn noch bleibt deinem Ritter eine Lanze, und das Glück könnte es wollen, daß er nichts einbüßt. – Das bezweifle ich sehr, sagte darauf die Königin, denn es wäre ein großes Wunder, wenn Abindarraez auch dieses Mal den Ring mit sich forttrüge. – Gaben acht auf das, was der wackere Abindarraez tat, und sahen, wie er eine Lanze ergriff, ans Ende der Bahn ritt, und mit einem lauten Rufe seinem Pferde freien Lauf gab. Und wie ein Pfeil, von einem stählernen Bogen abgeschnellt, sprengte er durch die Bahn. Aber das Glück war ihm nicht hold, wie die beiden anderen Male; denn dieses Mal trug er den Ring nicht davon, ob er ihn schon mit der Spitze seiner Lanze berührte, und so ritt er über ihn hinaus. Alsbald bliesen die Hörner und Instrumente des Platzhalters aus Freude über seinen Sieg. Die Kampfrichter ließen Abindarraez rufen und sagten ihm, daß er verloren habe. Der hörte es mit heiterem Antlitz und sprach: Es stand fest, daß einer von uns beiden verlieren müßte; und da es Mahomets Wille gewesen sei, daß er es wäre, so habe er nichts weiter darwider zu sagen. Aber wiewohl der wackere Abindarraez so sprach, fühlte er ein anderes in der Brust, denn um nichts in der Welt hätte er das Bildnis seiner Xarifa verlieren mögen. Damit wurde unter lautem Hörnerschalle das Bildnis Xarifas zu Füßen von Fatimas Bildnis neben dem Galianas aufgestellt. Die Königin, welche neben Xarifa saß, lächelte und sprach: Sag' mir, Freundin Xarifa, glaubst du jetzt noch, daß Fatimas Bildnis in deine Hände komme? Sagte ich dir nicht, daß das Ende das Werk krönt? Da siehst du nun dein Bild zu Fatimas Füßen! Weißt du nicht, daß Abenamar einer von den besten Rittern am Hofe ist, und weder Abindarraez noch ein anderer sich ihm messen kann? Denn warte nur ein wenig und denke nicht, daß diese beiden Bildnisse die einzigen bleiben werden, denn er wird mehr gewinnen, als du denken magst. – Genug, erwiderte Xarifa, daß Abindarraez das Glück hierin nicht gewogen war, aber ich tröste mich damit, daß es ihm sonst wohl gewesen ist. – Damit verließ der tapfere Abindarraez den Platz und nahm mit sich alle von seinem Gefolge und die vier wilden. Aber bevor er ging, ließen ihn die Richter zum anderen Male rufen, denn sie waren unter sich übereingekommen, daß er den Preis für Erfindung und Schönheit haben solle. Und wie Abindarraez zurückgekommen war, sagten sie ihm, daß er einen Preis für Erfindung und Schönheit gewonnen hatte, und alsbald nahm einer von ihnen, Abencerrax, der Abencerrage, zwei schöne goldene Armringe und gab sie ihm; sie mochten aber zweihundert Dukaten gelten. Der wackere Abindarraez empfing sie voller Freude und tat sie bei lautem Hörnerschall an die Spitze seiner Lanze. So wurde, er zu der Schaubühne der Damen geleitet, wo die Königin saß, kam hin und verbeugte sich ehrfurchtsvoll, wie es sich gebührt; senkte die Lanze vor Xarifa, seiner Herrin, und sprach: Schöne Dame, da mir das Urbild bleibt, schmerzt mich der Verlust des Abbildes wenig; denn ich tat, was ich vermochte, aber das Glück war mir zuwider, und solches nicht, weil an Eurer Schönheit der kleinste Makel wäre, sondern mein geringer Wert tragt die Schuld am Verluste Eures Rechtes. Für Erfindung und Schönheit habe ich diesen Preis erhalten; nehmt ihn an, wenn Ihr wollt, zum Gedächtnis dessen, daß ich Euch nicht zu verteidigen verstand. – Die schöne Xarifa lachte, und mit fröhlichem Angesicht nahm sie die schönen Armringe und sprach: Mit dem Preise gebe ich mich zufrieden, denn er ist durch Schönheit gewonnen. Und wenn mein Bildnis verloren ging, so ist es doch in gute Hände gefallen, welche es gut behandeln werden. –

Die schöne Fatima wollte ihr antworten, aber fand seine Zeit dazu; denn von der Elvirastraße her zog ein mächtiger Felsblock auf den Platz, so naturgetreu; als wäre er aus dem Gebirge gebrochen, und bedeckt mit vielem und verschiedenem Gesträuch und Blumen. Im Inneren aber wurden mancherlei Instrumente laut, und es war ein Freude, zuzuhören. Rings um den Felsen kamen zwölf Ritter, aufs schönste angetan mit grauem Brokat von der besten Arbeit. Von gleicher Art waren die Schabracken der Pferde. Das Gewebe aber war ganz und gar auf das zierlichste mit großen Schlitzen durchbrochen, und hindurch schien ein grüner Brokat, so daß es ein festlicher und froher Anblick war. Alles aber war mit goldenen Schleifen bedeckt, auch die Schlitze, dazu mit vielen Stickereien und Bändern in der schönsten Verteilung. Und alle hatten ihre Lust an diesen Gewändern. Auf den Helmbüschen und dem Kopfgestell der Pferde waren kostbare grüne und graue Federn. Gespannt auf den Ausgang dieses Abenteuers betrachteten alle den Felsblock, welcher, vor der Schaubühne des Königs und der Königin angekommen, innehielt. Und alsbald stieg einer von den zwölf Rittern, welcher der kühnste und anmutigste und am reichsten geschmückt war, vom Pferde, und wie alle die Augen auf ihn richteten, erkannten sie in ihm den ruhmvollen Reduan und wurden froh über sein Aussehn und die anmutige Erfindung. Da sie nun darauf warteten, was er beginnen möchte, sahen sie, wie er nach einem guten Schwerte von Damaszener Arbeit griff, und schritt mit artiger Haltung und Miene auf den Felsblock zu. Kaum war er noch drei Schritte von ihm entfernt, da öffnete sich in dem Felsen ein großes Tor, und heraus loderte ein Feuerbrand, so daß der gute Reduan zwei oder drei Schritte zurückweichen mußte; und als die Flamme sich verzehrt hatte, drangen aus dem Tor der Höhle vier wilde und abschreckende Dämonen, jeder mit einer Flammenkugel in der Hand, und drangen alle vier auf den wackeren Reduan ein. Der aber erwehrte sich ihrer mit dem Schwerte und kämpfte so kraftvoll, daß er sie in die Höhle zurücktrieb. Kaum waren sie verschwunden, da stürzten vier Wilde, ihre Keulen schwingend, heraus und begannen mit dem ruhmvollen Reduan zu kämpfen und er mit ihnen. Und nach einer geraumen Spanne wurden die vier Wilden besiegt und gewaltsam in den Felsen zurückgejagt. Mit ihnen zugleich aber drang der gute Reduan hinein. Kaum war er hineingetreten, da schloß sich hinter ihm das Tor, und im Innern hörte man ein lautes Getöse und Geschrei und kurz darauf verschiedenartige Musik, daß es ein Entzücken zu hören war. Alle waren aufs höchste gespannt und staunten, solche Dinge zu hören und zu sehen. Es währte nicht lange, da öffnete sich das Tor des Felsens abermals, und heraus kam der ritterliche Reduan und ihm nach die vier Wilden, welche ein prachtvoll gearbeitetes vierteiliges Schneckenhaus trugen. Die Windung schien völlig aus Gold zu sein, und auf ihr sah man tausendfältiges Rankenwerk und Bilder. Unter dem Bogen aber stand ein kostbarer Sessel, ganz aus schneeweißem Elfenbein, mit tausend alten Geschichten in erhabener Schnitzerei. Auf dem Sessel befand sich das Bildnis einer schönen Dame von der größten Anmut, angetan mit kostbarem blauem Brokat. Ihr Gewand war aufs zierlichste geschlitzt und mit pomeranzengelber Seide unterlegt, welche durch alle Schlitze hindurchleuchtete. Mit seinen Goldlitzen waren die Schlitze gefaßt, und der Kopfputz war reich und von griechischer Art; und so schön war das Bildnis, daß allen bei seinem Anblick das Herz ergriffen ward. Alsbald erkannte man in ihm die schöne Lindaraxa von dem edlen Geschlechte der Abencerragen. Hinter den wilden kamen die Hörner- und Flötenbläser und spielten auf das süßeste, und ihnen folgten mit einer silbernen Kette gefesselt die Dämonen. Als diese ganze Schar den schönen großen Felsblock verlassen hatte, begann der Stein Feuerflammen zu sprühen, in denen er sich völlig verzehrte. Alsobald gab man dem wackeren Reduan ein kraftvolles Pferd, welches ganz mit Decken behangen war, wie oben erzählt ist; auf dieses schwang er sich, ohne den Fuß in den Steigbügel zu setzen, erwies dem Könige und der Königin seine Ehrfurcht und ritt um den ganzen Platz bis dorthin, wo der Platzhalter sich befand, kam an und lenkte sein Pferd nahe an das Zelt und sprach: Tapferer Ritter, das Spielgesetz schreibt zwar drei Lanzen vor, doch denke ich, wenn es Euch recht dünkt, daß wir auf eine reiten, um uns beim Gehen und Kommen nicht zu ermüden. – Wenn Ihr vorzieht, entgegnete Abenamar, auf eine Lanze zu reiten, so bin ich's einverstanden. – Sprach es, ergriff eine Lanze und ritt mit gutem Anstande durch die Bahn. Am Ende wandte er sein Pferd mit Wucht, wie ein Sturmwind; aber es glückte ihm nicht, wie er gedacht hatte; denn er hoffte, wie bei den anderen Malen, den Ring mitzunehmen, aber es kam anders und er traf ihn ein wenig hoch an guter Stelle, welche schwierig zu übertreffen war; ritt vorüber und kehrte in ruhiger Haltung zurück zu seinem Zelte und wartete darauf, daß sein Gegner ritte. Der ergriff mit kühner Miene eine Lanze, kam ans Ende der Bahn, wandte sich, rasch wie ein Gedanke, und gelangte an den Ring. Da er aber den Stoß führen wollte, erwies er sich ungeschickter noch als keck, denn er verfehlte den Ring nach oben, ritt vorüber und kehrte zurück und sprach in gefaßter Haltung: Unglücklich bin ich im einen wie im andern und vermag nichts weiter als mich bedauern. – Ihr habt verloren, entschieden die Richter, aber für Eure anmutige Erfindung erhaltet Ihr einen Preis. Alsbald gab man ihm ein türkisches Ohrgehänge aus feinem Golde von edler Arbeit, welches zweihundert Dublonen galt. Von allen Seiten erscholl laute Musik. Das vierteilige Schneckenhaus und der Sessel und das Bildnis der schönen Lindaraxa wurden zu Füßen von Fatimas Bildnis aufgestellt, welche über das gute Glück ihres Ritters nicht wenig Freude und Genugtuung empfand, während Galiana und Xarifa in bitterem Neide sich verzehrten. Reduan verbiß den Verdruß seines Herzens, nahm das Ohrgehänge und tat es an die Spitze seiner Lanze, und unter Hörnerschall, von vielen Rittern begleitet, kam er zu der Schaubühne der Damen, wo die schöne Lindaraxa saß, senkte die Lanze vor ihr und sprach: Herrin, empfangt diesen kleinen Dienst, ob er mich schon teuer zu stehen kommt; blickt nicht auf mein Unglück im Ringelspiel, sondern nehmt diese kleine Gabe an um der großen Dienste willen, die ich Euch zu leisten wünsche, nicht weil ich es verdiente, sondern weil Ihr wißt, daß meine Gedanken wuchsen, da ich Euer Ritter ward. – Die Preise anzunehmen, welche für sie beim Ringelspiele gewonnen sind, ist Sitte der Damen, antwortete die schöne Lindaraxa, und um nicht unhöflich zu erscheinen, und weil es, wie ich sage, Sitte ist, nehme ich den Euren an. Aber Ihr sollt wissen, Herr Reduan, daß es mich sehr verdrossen hat, daß Ihr ohne meine Erlaubnis mein Bildnis angefertigt habt. Und wenn Ihr es verlöret, so nicht ich, denn es ist ohne meine Zustimmung geschehen. Und wißt, daß ich Fatima in keinem Dinge einen Vorzug zugestehe, mag sie immer vom Geschlechte der Zegri sein, denn von mir weiß man, daß ich Abencerragin bin, solcher Art, Herr Reduan, daß ich mich von Eurem Verluste völlig frei fühle. – Sprach es und nahm das Geschmeide von der Lanzenspitze und verbeugte sich vor ihm, wie Damen bei solchen Gelegenheiten vor den Rittern pflegen.

Reduan wollte der schönen Dame antworten, fand aber keine Zeit dazu, denn auf den Platz zog eine prachtvolle Galeere, so wohl gebaut und ausgerüstet, als sollte sie aufs Meer hinausfahren, bedeckt mit Flaggen und Wimpeln in maulbeerfarben und grün aus feinstem und kostbarstem Brokat. An den Luken verteilt saß die Mannschaft der Galeere in ihren Kamisolen, die einen in maulbeerfarbenem, die anderen in grünem Damast. Alles Ruderwerk und Rahen und Mastbaume schienen aus feinem Silber und aus feinem Golde die Arbeiten am Hinterschiffe; und ein Segel war da aus blutigrotem Brokat mit vielen goldenen Sternen und von gleicher Art war das Bastard- und Focksegel, und alle ausgespannt mit solcher Herrlichkeit und Pracht, daß niemals ein Fürst der Meere auf solch einer Galeere fuhr, noch in solcher Größe und Schönheit und Pracht in See stach. Sie trug drei reich gearbeitete Kanale, welche aus Gold zu sein schienen. Ihr Abzeichen war ein Wilder, der einem Löwen die Kinnladen zerbrach, Abzeichen und Wappen der edlen Abencerragen. Die Schiffsleute und Matrosen trugen sich alle in gelbrotem Damast mit reich gewirktem goldenem Besatz. Das ganze Takelwerk war aus feiner maulbeerfarbener Seide. Auf dem Schiffsschnabel stand eine Weltkugel aus klarem Kristall und ein goldenes Band lief um sie herum mit einer Inschrift, welche besagte: Alles ist wenig! ein wackerer und einzig würdiger Wappenspruch, welchen Cäsar oder der ruhmreiche Alexander ihnen gegeben hatte, ob später schon um seinetwillen allen von dem edlen Geschlechte der Abencerragen großer und unheilbarer Schaden erwuchs. Dreißig junge Abencerragenritter kamen in der Galeere auf das vornehmste gekleidet in Gewänder aus blutigrotem Brokat von prachtvollster Arbeit mit gewirkten goldenen Stickereien. Die Helmbüsche waren rot und blau mit vielem goldenen Zierat, daß es eine Lust zu sehen war. Als aller Führer kam ein Ritter namens Abin Hamete, reich und von hohem Werte. Er stand an den Pfahl vor den Ruderbänken gelehnt, welcher aus feinem Golde zu sein schien. Solcher Art fuhr die prächtige und schöne Galeere auf den Platz unter dem sanften Klange zahlreicher Oboen und Trompeten, daß aller Kerzen sich bewegten. Mit kluger und wunderbarer Kunst wurde sie bewegt, und schien, als glitte sie durch die Luft, von fünf zu fünf gerudert, mit ausgespannten Segeln, solcher Art, daß sie für das Auge von Ruder und Segel mit solcher Hurtigkeit getrieben wurde, daß es ein Wunder zu sehen war. Da sie aber unter den königlichen Schaubühnen ankam, feuerte sie die Rudergangkanone und alle anderen Stücke, mit denen sie bewehrt war, ab, mit solchem Ungestüm und Donner, als wolle die ganze Stadt Granada einstürzen. Sobald das schwere Geschütz schwieg, kamen zweihundert Schützen aus dem Innern herauf und feuerten ihre Musketen ab, mit solchem Krachen und Knattern, daß keiner den anderen zu hören vermochte, und der ganze Platz ward von dem vielen Pulverqualm verdunkelt. Kaum hatte die Galeere ihre Salven abgefeuert, da antwortete die ganze Artillerie der Alhambra und der roten Türme, denn so war es abgeredet. Es war, als wolle die ganze Welt zusammenstürzen. Große Freude hatten alle an diesem Schauspiel und Getöse, und so sagte der König, daß kein Einzug schöner gewesen sei, als dieser. In tödlichem Groll und Neid erbrannten die Zegri und Gomel, als sie gewahr wurden, welche Pracht die Abencerragen mit dieser Galeere aufgeboten hatten. Und so sprach einer von den Zegri zum Könige: Ich weiß nicht, wo der Abencerragenritter Gedanken in Anmaßung noch enden wollen, denn so hoch zielen sie, daß sie beinahe den Glanz Eures königlichen Hauses verdunkeln. – Unrecht habt Ihr, antwortete der König, denn je geehrtere und vermögendere Ritter ein Königreich besitzt, um so geehrter und geachteter steht der König da. Und die Ritter vom Geschlechte der Abencerragen zeichnen sich in allen Dingen aus und tun gut daran, wie sie denn von edler Abkunft sind und Könige ihre Vorfahren nennen. – Das wäre schön und gut, sprach dawider ein Ritter von den Gomel, wenn ihr Trachten auf ein gerades und gutes Ziel ginge, aber ihre Gedanken fliegen zu hoch. – Bis jetzt haben sie noch bei nichts Schlechtem geendet, noch kann man ihnen etwas zutrauen, was unedel wäre, denn all ihr Tun stützt sich auf mannhafte Tüchtigkeit. – Damit endete das Gespräch, wiewohl die Gomel in ihrem unseligen Vorhaben gegen die Abencerragen weiterzugehen wünschten; doch da die Galeere sich in Bewegung setzte, vermochten sie es nicht. Die aber fuhr, nachdem ihr Geschütz zu spielen aufgehört, um den ganzen Platz, zur größten Lust aller Damen, so daß sie nicht größer hätte sein können; denn alle Ritter erkannte man als Abencerragen, von deren Heldentaten und Ruhm die Welt voll war. Als die Galeere bei dem Platzhalter angekommen war, sprangen alle dreißig Ritter zur Erde hinab, und alsbald brachte man ihnen kraftvolle Pferde, behängt mit dem gleichen blutigroten Brokat und mit großen Federbüschen und prachtvollen Kopfgestellen geschmückt. Kaum hatten die dreißig Ritter die Galeere verlassen, da wandte sich diese unter fröhlicher Musik und verließ den Platz unter dem Donner aller ihrer Geschütze, worauf die Alhambra antwortete; und alle sahen ihr nach mit offenem Munde vor Bewunderung und voller Zufriedenheit.

Jetzt aber ist es an der Zeit, zu dem ruhmvollen Reduan und zu Abindarraez zurückzukehren, welche die ganze Zeit über auf dem Platze geblieben waren, um zu sehen, was dort vor sich ging. Reduan war, unzufrieden und sehr traurig über das, was ihm Lindaraxa gesagt hatte, Abindarraez begegnet und redete ihn folgendermaßen an: O Abindarraez, tausendmal Glücklicher, der du zufrieden lebst, da du gewißlich weißt, daß deine Herrin Xarifa dich liebt, welches das größte Gut ist, das du besitzen kannst. Aber ich hunderttausendmal Unglücklicher weiß gar zu genau, daß, die ich liebe, mich nicht liebt noch achtet! Und heute an diesem Tage hat sie mir bitterlich die Augen geöffnet und den Abschied gegeben. Laß wissen, fragte Abindarraez, wer die Dame ist, der du so aufrichtig ergeben bist, und die dir für deinen Wert so wenig Dank weiß. – Deine Base Lindaraxa, antwortete Reduan. – Siehst du nicht, daß all deine Mühe verloren ist, denn sie liebt Hamete Gazul, weil er ein wackerer und höfischer Ritter ist. Vergiß sie und denk nicht weiter an sie, denn du würdest erfahren, daß all deine Pein umsonst ist. Und wirst keine Frucht davon haben, sagte Abindarraez, nicht, weil du nicht tapfere Beweise deiner Leidenschaft ablegtest und sie nicht deutlich genug zu erkennen gäbest. Aber man soll kein Aufhebens machen um der Weiber willen, denn sie ändern gar zu bald ihren Sinn und hängen die Fahne nach dem Winde. – Dieses sagte Abindarraez, weil er sah – und es war Wahrheit –, daß Reduan an diesem Tage ein unverkennbares Zeichen seiner Liebe trug, nämlich den Berg Mongibel, in lebendigen Flammen lodernd, aufs natürlichste abgebildet, mit einer Umschrift, welche besagte: Mächtiger ist sie in meiner Seele. Reduan sah, daß Abindarraez über ihn lächelte, und sprach: Wohl sieht man, Abindarraez, daß du in Frieden lebst, bleib mit Gott; ich aber kann die Qual meines Herzens nicht länger dulden, und nichts gibt mir Freude. – Sprach es und gab seinem Pferde die Sporen und verließen den Platz, er und seine Ritter; dasselbe tat Abindarraez und nahm Urlaub von seiner Xarifa.

Als die dreißig Ritter von der Galeere sich zum Ringelspiele geordnet hatten, ging ihr Anführer zu dem Platzhalter und sprach: Herr Ritter, wir bringen keine Bildnisse von Damen, um sie als Pfand einzusetzen, sondern verlangen lediglich, ein jeder von uns auf eine Lanze zu reiten, wie es ritterlicher Brauch und Sitte ist. – So ritt, um nicht weitschweifig zu werden, ein jeder der dreißig Abencerragen in geschickter Art und so gut, daß dem Platzhalter dieses Mal das Glück nicht hold blieb; denn beinahe alle dreißig gewannen einen Preis. Und sobald sie ihn empfangen hatten, gaben sie ihn unter lautem Hörnerschalle und verteilten ihn an alle Damen, denen sie dienten. Das getan, führten sie ein anmutiges Kampfspiel auf, ein Gefecht und eine Schnecke, mit Lanzen und Schilden, die sie zu diesem Zwecke mitgenommen. So miteinander kämpfend, verließen sie den Platz, und alle ringsum waren fröhlich und zufrieden.

Kaum waren sie fort, da zog unter dem Donner zahlreicher Geschütze mit Fahnen und Standarten geschmückt ein prachtvolles Schloß auf den Platz. Im Innern vernahm man süßen Klang mannigfacher Instrumente. Auf dem Turme aber stand der wilde und blutige Kriegsgott in blinkender Rüstung; in der Rechten trug er ein schönes vergoldetes Schwert und in der anderen Hand aus grünem Brokat eine Fahne mit einer goldenen Inschrift, welche lautete:

Wer kriegerisches Blut im Herzen fühlt.
Und Lust an Stahl und scharfer Schwerter Blinken,
Des Name wird, vom Tode nicht umhüllt.
Niemals vergessen und in Nacht versinken;
Vom Strande, den Poseidons Flut umspült,
Bis wo die Rosse aus dem Ganges trinken,
wird sein gedacht: Er folgt des Kriegsgotts Fahnen,
Zu ew'gem Ruhme führen seine Bahnen.

Diese Inschrift trug Gott Mars auf seiner Fahne und gab so zu erkennen, daß Tüchtigkeit im Waffenhandwerk unsterblich macht und mit ihr ein schöner Name und Ruhm erworben wird. Alle anderen Fahnen des schönen Schlosses waren aus verschiedenfarbigem Brokat. Die auf der einen Seite waren grün mit maulbeerfarbenen, reich gearbeiteten Fransen und Kordeln. Solcher grünen Fahnen waren acht, und trugen alle die gleiche Inschrift, welche lautete:

Sterben kann ein Wicht.
Edlen Ruhm zu geben,
Braucht's ein Heldenleben.

Auf der anderen Seite des Schlosses, den acht grünen Fahnen entgegengesetzt, waren acht andere prachtvolle Fahnen aus blauem Damast mit Fransen und Kordeln aus feinem Golde. Sie führten alle ein und dieselbe Inschrift, welche lautete:

Granada, die Lieder künden
Deinen Ruhm. In Dichters Munde
Ewig lebt von dir die Kunde!

Auf der dritten Wand des Schlosses waren acht andere Fahnen aus blutigrotem Brokat mit Borten aus feinem Golde und mit Kordeln, alles von kostbarem Werte und schönem Aussehen. Dazu eine Inschrift, welche bei allen acht folgendermaßen lautete:

Adlig ward erfunden
Kühnes Heldenblut;
Edler ist der Mut
Gradem Sinn verbunden.

Auf der vierten und letzten Seite des schönen Schlosses waren ebenfalls acht Fahnen, auf das prächtigste aus maulbeerfarbenem Brokat gefertigt mit Fransen aus Gold und Kordeln. Und völlig übersät waren sie mit silbernen Halbmonden, so daß es eine Lust zu sehen war. Alle trugen die gleiche Inschrift, welche lautete:

Die Hörner schmettern, Flöten drein.
Es dröhnt der Schall. Was mag es sein?
Seht unser stolzes festes Schloß!
Mit Reisigen und Knappentroß,
In Pracht und Schönheit zieht's herein!

Wenn der Einzug der Galeere sehenswert und schön gewesen war, so nicht minder der des Schlosses. Niemand versuchte zu erraten, von wem es erbaut war; nur daß es ganz aus Gold zu sein schien; und mit tausendfältigen Arbeiten und Rankenwerk und mannigfachen Geschichten verziert und mit jenen zweiunddreißig Fahnen bot es ein stolzes und fröhliches Schauspiel. Es feuerte unzählige Geschützstücke ab; es erklang im Innern eine mannigfache und süße Musik von Flöten und Oboen und Bastardhörnern und italienischen Trompeten, daß es eine Lust zu hören war. Es bewegte sich das Schloß, bis es auf die Mitte des Platzes kam; dort machte es halt. Dem Schlosse folgten viele Ritter in fürstlichen Gewändern, welche zweiunddreißig aufs reichste mit Brokatzaumzeug aufgeschirrte Pferde am Zügel führten, wie des weitern im Folgenden erzählt werden soll. Darauf, als das Schloß in der Mitte des Platzes stille stand, sah man, wie aus der einen Seite, wo die Fahnen aus grünem Brokat hingen, ein großes Tor sich öffnete; ohne dieses besaß das Schloß noch drei andere so unter den Fahnen verborgen, daß sie nicht zu unterscheiden waren. Und jedes Tor war an derselben Seite mit acht Fahnen. Als nun die erste der grünen Fahnen zurückgeschlagen war, kamen acht Ritter heraus, aufs reichste geschmückt, in Gewändern aus dem gleichen Brokat, wie die Fahnen und mit prächtigen grünen Federbüschen. Den Rittern brachte man alsbald acht starke Pferde mir grünem Brokat behangen, und die Federbüsche des Kopfgeschirrs waren desgleichen grün. Die Ritter schwangen sich hinauf, ohne den Fuß in den Steigbügel zu setzen, und alsogleich erkannte man in ihnen Ritter vom Geschlechte der Zegri von hohem Werte und Vermögen; und alle wurden bei ihrem Anblick froh, denn sie waren wackere Ritter und geschickt in ritterlichen Dingen. Die Zegri ritten zu dem Platzhalter und sprachen: Herr Ritter, wir sind hierher gekommen, acht wagemutige Ritter, um Euer Geschick beim Ringelspiele zu erproben. Seid es zufrieden, daß wir ein jeder auf eine Lanze reiten. – Von ganzem Herzen, entgegnete Abenamar, denn dazu bin ich hier, ob Ihr schon nicht der Bedingung meines Spiels gemäß kommt. – Sprach es, ergriff eine Lanze und ritt ans Ende der Bahn und passierte sie mit gutem Erfolge. Ein Ritter von den Zegri ritt, aber gewann keinen Preis. Zuletzt hatten von acht Rittern, die sie waren, fünf einen Preis gewonnen und drei nicht, durch ihr Ungeschick. Beim Klange mannigfacher Musik überreichten die Gewinner ihren Damen die Preise; dann ritten alle acht zum Schlosse zurück, stiegen vom Pferde und ließen sie denen, die sie auf den Platz geführt hatten, und traten selbst durch das Tor ein, aus dem sie gekommen waren, und wurden mit lauter Musik und dem Donner zahlreicher Geschütze empfangen. Als sie verschwunden waren, öffnete sich alsbald das Tor der blauen Fahnen, und heraus traten andere acht, aufs anmutigste in blauen Damast gekleidet, welcher mit vielen goldenen Sternen übersät war, die Federbüsche waren desgleichen blau und mit Silber und feinem Golde ausgeziert. Sofort erkannte man Gomel in den acht blauen Rittern und hatte seine Lust an ihrem prächtigen Auftreten. Acht reich geschmückte Pferde, mit blauem Brokat bedeckt, wie es den Gewändern entsprach, und Kopfgestell und Busch mit schönen blauen Federn verziert, wurden ihnen zugeführt. Als sie im Sattel saßen, ritten sie zu dem Platzhalter und ein jeder versuchte mit einer Lanze sein Glück, wie es die grünen Ritter getan hatten. Aber von den acht gewannen nur drei Preise, überreichten sie ihren Damen und kehrten mit derselben Pracht, wie die anderen, zum Schlosse zurück. Als diese blauen Ritter eingetreten waren, kamen sofort acht andere Ritter aus dem Tore hinter den Fahnen aus maulbeerfarbenem Brokat; und trugen Gewänder aus dem gleichen prachtvollen und kostbaren Gewebe, dazu maulbeerfarbene Federbüsche. Sogleich brachte man ihnen ihre Pferde mit dem gleichen Stoffe behangen, so daß es ein schöner Anblick war. In der gleichen Weise, wie die anderen, passierten die maulbeerfarbenen Ritter die Bahn und trugen sieben Preise davon, verteilten sie unter lautem Hörnerklange an ihre Damen und kehrten in das Schloß zurück. Es waren diese Ritter Vanega, wackere und vermögende Herren und hochberühmt in Granada. Unversehens aus dem letzten Tore an der Seite der roten Fahnen kamen acht andere Ritter in roten Gewändern aus gleichem Brokat und mit roten Federbüschen, welche mit reichem Silber- und Goldschmuck verziert waren. Die Pferde, die ihnen gebracht wurden, waren mit demselben Brokat behangen. Diese acht waren vornehme Maza, und alle ringsum hatten ihre Freude an ihrer blutigroten Tracht, der König und die anderen, die sie ansahen. Die roten Ritter ritten desgleichen ein jeder auf eine Lanze und gewannen alle einen Preis zur großen Befriedigung aller Zuschauer. Und der König selbst hatte seine Freude darüber, denn es würde ihn geschmerzt haben, wenn einer eine Lanze verloren hätte. Ihre Damen empfingen die Preise und unter lautem Beifall kehrten sie in das Schloß zurück. Kaum waren sie eingetreten, da vernahm man aus dem Innern lauten Klang von Oboen und Hörnern, und als die Musik geendet hatte, hörte man Trompeten zum Aufsitzen blasen. Sogleich erschienen in jedem der vier Tore acht Ritter mit Lanzen und schönen Schilden. Alle Tore wurden geöffnet, und aus jedem kamen dieselben Ritter wie zuvor. Stiegen zu Pferde und schlossen sich zusammen, alle zweiunddreißig Ritter, und hielten einen wohlgeordneten Einzug und führten untereinander ein Kampfspiel auf. Sobald das zu Ende war, teilten sie sich in vier Quadrillen, und sogleich reichte man ihnen Stäbe, und sie begannen untereinander aufs schönste und bewegteste ein handfestes Stabspiel. Das beendet, ritten sie eine schöne Schnecke und verließen den Platz und mit ihnen ihr Schloß, während im Innern ununterbrochen laute Musik erscholl und die Geschütze donnerten. Alle aber waren von seinem starken und ritterlichen Aussehen aufs höchste befriedigt und sprachen untereinander: daß, wenn die Galeere schön eingezogen sei, so nicht minder das Schloß, und habe nicht weniger Befriedigung hinterlassen. Viele Ritter, die beim Könige waren, sprachen von dem Glück, das das Schloß gemacht hatte, und einer vom Geschlechte der Zegri sagte: Bei Mahomet schwöre ich's, ich freue mich darüber, daß die Zegri und Maza und Gomel etwas so Schönes erfunden haben, denn sie haben den Abencerragen wacker die Spitze geboten. Wenn das Schloß nicht Glück gemacht hätte, würde niemand mehr mit den Abencerragen fertig werden können, so hochmütig sind ihre Gedanken. Dieses Mal aber werden sie wohl einsehen, daß die Zegri und Maza und Gomel Ritter sind und ihnen nichts nachgeben. – Ein Abencerrage aber, der sich beim Könige befand, sprach darwider: Wahrlich, Herr Zegri, unrecht habt Ihr in dem, was Ihr sagtet; denn die Abencerragen sind so bescheidene Ritter, daß sie um des guten Glückes willen, wenn es ihnen hold ist, sich nicht überheben, noch sich im Mißgeschick erniedrigen. Immer sind sie von einer Art und leben solcherweise mit allen: leutselig mit den Armen, großherzig mit den Reichen, Freunde ohne Trug und Falsch. So könnt Ihr finden, daß in Granada und im ganzen Königreiche kein Abencerrage mißachtet noch scheel angesehen wird, es sei denn von euch, den Zegri und Gomel. Und ohne daß wir wissen aus welchem Grunde, seid ihr ihnen seit langen Tagen zuwider und haßt sie. – Scheint Euch nicht, entgegnete der Zegri, daß Grund genug dazu vorhanden ist! Bei dem Stabspiel erschlugen sie das Oberhaupt der Zegri. – Scheint es Euch denn nicht, sagte der Abencerrage, daß sie allen Anlaß dazu hatten? Denn zu diesem Spiele kamen alle Zegri in Waffen mit starken Panzerhemden und Oberröcken, um jene anzugreifen und zu erschlagen; und als Stäbe warfet ihr biegsame Eschenstöcke, und darauf hattet ihr feine Damaszenerspitzen aus härtestem Metall von durchschneidender Schärfe gesteckt, solcher Art, daß jeder Schild von Fez, so fein und stark er auch sein mochte, durchbohrt werden mußte, als wäre er aus schwacher und dünner Pappe. Und wenn ich nicht die Wahrheit sage, so sage sie Malique Alabez, denn ihn beschützte weder der starke Schild, noch sein Panzerhemd davor, daß sein Arm von vorn bis hinten durchbohrt wurde; so daß, allen offenbar, sich ergeben hat, daß die Zegri schuld an dem Handel trugen. Doch damit nicht zufrieden, begegnet ihr ihnen Tag für Tag mit Haß und bösem Willen und verfolgt sie mit tausend Verleumdungen. – wenn Ihr die Zegri so beschuldigen wollt, entgegnete der Zegri, und sagt, daß sie bei dem Verrate die Angreifer waren, warum ging denn Malique Alabez bewaffnet und trug ein Panzerhemd? Mahomet, sagt die Wahrheit! – Ich will sie Euch sagen, erwiderte der Abencerrage, wißt denn, daß einer von eurer Quadrille ihm von dem, worin ihr übereingekommen waret, Nachricht gab. Und wenn es Rittern freistünde, wollte ich Euch sagen, wer es war. Aber Mahomet verhüte, daß ich ihn Euch nenne! Und Malique war ein so guter Ritter, daß er, ob er schon um das Schlimme wußte, das ihr gegen ihn im Schilde führtet, die Abencerragen nichts davon wissen ließ, bis er sich böse verwundet sah. Daraus entstand dann der verflossene Tumult und Malique wurde gut gerächt. – Wurde er gut gerächt, so gebe es Allah, daß sie es eines Tages bezahlen! rief der Zegri. Viele Ritter von den Alabez, welche beim Könige weilten, zeigten finstere Mienen und wollten dem Zegri antworten. Aber der König, der aufmerksam auf die Reden gehört hatte, sah die bedrohliche Wendung, die sie nahmen, und wie viele Ritter von beiden Seiten zugegen waren, hieß sie schweigen bei Strafe an Leib und Leben, wenn sie weiter sprächen. So schwiegen sie denn stille und blieben voller Groll, die Alabez und Abencerragen auf die Zegri und Gomel, so viele ihrer dabei waren, und gedachten, sich aneinander zu rächen.

Als die Dinge so standen, erschien auf dem Platze ein Wagen, schöner und prächtiger als irgendeiner von den bisher gekommenen. Er schien aus feinem Golde; abgebildet stand auf jeder Seite alles, was feit der Gründung Granadas bis auf diesen Tag sich ereignet hatte, samt allen Königen und Kalifen, welche hier Herr gewesen waren, daß es ein Wunder zu sehen war. Im Inneren ertönte süße Musik verschiedener Instrumente. Ueber dem schönen Wagen aber schwebte eine große Wolke, so kunstvoll, daß niemand erkannte, auf welche Art sie so natürlich hinzog, daß es schien, als trüge sie die Luft. In ihr rollte unendlicher Donner und Blitze flammten auf, daß vor dem Getöse sich alle entsetzten, die es vernahmen. Darauf regnete sie ganz kleine Körner von Anis, daß sich alle verwunderten. In dieser Weise zog sie um den ganzen Platz, und als sie vor den königlichen Schaubühnen anlangte, wurde sie vorsichtig und sehr schnell an acht Seiten geöffnet und enthüllte im Innern den schönsten blauen Himmel mit vielen leuchtenden Sternen aus Gold. Es saß dort kunstvoll ein goldener Mahomet auf einem prachtvollen Sessel; der hielt in den Händen eine goldene Krone und setzte sie dem Bilde einer Maurendame von höchster Schönheit aufs Haupt. Ihr Haar hing aufgelöst nieder wie in goldenen Strähnen. Gekleidet war sie in kostbarsten maulbeerfarbenen Brokat und das Gewand regelmäßig geschlitzte, solcher Art, daß ein Untersatz aus weißem Brokat hindurchschimmerte, und alle Schlitze wurden mit Haken aus roten Rubinen, Diamanten und Smaragden gefaßt. Alsobald erkannten alle in der Dame die schöne Cohayda. Dicht vor ihr, und eine Stufe tiefer saß ein anmutiger Ritter in denselben Brokat gekleidet, wie die Dame, in maulbeerfarben und weiß, dazu maulbeerfarbene und weiße Federn mit vielen goldenen Zieraten. Um den Hals trug er eine lange goldene Kette, deren Ende in der Hand des schönen Bildnisses Cohaydas lag, solcher Art, daß er als Gefangener zu kommen schien. In dem Ritter erkannte man sogleich den ruhmvollen Malique Alabez, welcher von den schweren Wunden genesen, die er in der Ebene von des heldenhaften Don Manuel Ponce de Leon Hand empfangen hatte, sich bei dem Feste, von dem soviel Rühmens gewesen war, hatte einfinden wollen, um im Vertrauen auf die Geschicklichkeit seines Arms und auf den Wert seiner Person das Bildnis seiner Herrin einzusetzen. Alsbald und unter lautem Hörnerklange wurde ihm die Kette abgenommen, und auf einigen Stufen stieg er von der Höhe des Wagens herab; ein weniges darauf sah man ihn zu Pferde aus einem großen verborgenen Tore des Wagens herausreiten. Das Pferd war stark, es war jenes des ruhmreichen Don Manuel Ponce de Leon, von dem ihr bereits gehört habt, wie es hierher gekommen war. Es war behängt mit dem gleichen maulbeerfarbenen und weißen Brokat, und Kopfgestell und Federbusch von derselben Farbe. Große Freude hatten alle, wie sie ihn sahen, denn er war ein höfischer und kühner Ritter von hohem Werte; und sprachen untereinander: Wahrlich, ein gutes Spiel gibt es heute zu sehen, denn Alabez ist sehr gewandt und stark. Der aber ritt vor seinem Wagen Schritt vor Schritt und in weitem Bogen, damit ihn alle betrachten konnten; kam bei dem wackeren Abenamar an und sagte: Herr Ritter, wenn Ihr einwilligt, wollen wir auf drei Lanzen nach den Bedingungen Eures Spiels reiten: hier bringe ich dieses Bildnis, welches Ihr, wenn Ihr es mir abgewinnt, bei den anderen aufstellen mögt, die Ihr bereits gewonnen habt. – Damit bin ich von Herzen einverstanden, antwortete Abenamar. Sprach es und ergriff eine schwere Lanze und ritt, solcher Art, daß er den Ring mit sich nahm. Der wackere Alabez ritt und tat desgleichen. Zu drei Malen ritten sie und nahmen jedesmal den Ring mit sich fort. Großer Lärm erhob sich unter dem Volke und riefen: Gefunden hat Abenamar den Gegner, dessen er bedurfte. Ein wackerer Ritter ist Alabez und von großer Gewandtheit, denn er hat keine Lanze verloren, wahrlich, er verdient einen guten Preis! – Inzwischen hatten die Ritter beschlossen, Abenamars und des Malique Alabez Bildnis in gleicher Weise nebeneinander aufzustellen, da auch die Ritter von gleichem Werte waren. Malique aber erkannten sie für seine Tüchtigkeit einen kostbaren Preis von artiger Erfindung zu. Zu diesem ließen sie den Malique herbeirufen und sagten es ihm, worauf er erwiderte, daß er sein Bildnis mit sich nehmen wolle, und sollten zusehen, ob noch ein anderes zu tun bliebe. Die Richter antworteten mit nein. Und einer von ihnen erhob sich und nahm von dem Schautische ein prächtiges Kleinod, ein Schiffchen aus Gold mit all seinem Zubehör, ohne daß irgend etwas fehlte, und überreichte es dem Malique. Der nahm es hin, und unter lautem Hörnerklange ritt er um den Platz und kam dorthin, wo in der Gesellschaft der Königin seine Dame Cohayda saß. Gab ihr das prächtige Schiffchen und sagte: Nehmt, Herrin, dieses Schiff, denn ob es schon klein ist, sind seine Segel doch groß, da sie die Hoffnung schwellt. – Die schöne Dame nahm es hin und erzeigte ihm die Höflichkeit, welche der Brauch verlangte. Die Königin nahm das Schiff in ihre Hände und betrachtete es eine geraume Zeit und sprach: Sicherlich ist Euer Schiff von kluger und prächtiger Arbeit, und wenn seine Segel die Hoffnung schwillt, werdet Ihr auf ihm im guten Hafen einlaufen im Geleite eines so wackern Piloten, wie Malique es ist. – Die schöne Cohayda schwieg voller Scham und wurde sehr rot. Malique aber ritt zu seinem Wagen zurück, in den er zu Pferde, wie er war, hineinsprengte, nachdem er dem Könige und allen Damen und Rittern eine tiefe Verbeugung gemacht hatte. Stieg hinauf und nahm Platz auf seinem Sessel, wie zuvor; und beim Klange einer süßen Musik legte man ihm die Kette um den Hals, so wie er sie getragen hatte. Kaum war sie ihm umgelegt, als die große Wolke sich wieder schloß, wie zu Anfang, und begann mit großem Getöse und Krachen zu donnern und zu blitzen und erfüllte den ganzen Platz mit Feuer, daß alles Volk ein Entsetzen ankam. Solcher Art zog der prächtige Wagen mit der Wolke vom Platze und ließ alle in tiefem Staunen über das Vorgefallene und hochbefriedigt von dem schönen Einzuge. Der König aber sagte zu den anderen Rittern: Bei Mahomet schwöre ich, daß ich unter allen Erfindungen, die wir heute sehen, keine bessere zu erblicken hoffe, noch auch nur eine gleiche. Und die Ritter lobten sie insgesamt als gut und kostbar und sehr sinnreich.

Als die Wolke den Platz verlassen hatte, erschienen alsbald vier Quadrillen schöner und höfischer Ritter, alle aufs reichste gekleidet. Die erste Quadrille, welche aus sechs Rittern bestand, kam in roter und gelber Tracht aus dem feinsten Brokat, die Decken der Pferde von gleicher Art und Federn und Helmbüsche von denselben Farben. Die zweite Quadrille aus weiteren sechs bestehend, kam geschmückt mit den prachtvollsten Gewändern aus dem kostbarsten grünen und roten Brokat, die Pferde desgleichen und die Federn von denselben Farben. Die dritte Quadrille kam in blau und weiß aus dem reichsten Brokat und alles mit Silber und Gold bestickt. Die Pferde waren in gleicher Weise behangen und von denselben Farben, die Federbüsche mit vielem Zierat aus feinem Golde, so daß es festlich genug zu sehen war. In der vierten und letzten Quadrille kamen andere sechs Ritter in pomeranzengelb und maulbeerfarben aus dem feinsten Brokat mit vielen Schleifen und Spitzen aus Gold und Silber; die Pferde mit demselben Brokat bedeckt und maulbeerfarben und pomeranzengelb die Federbüsche; alles von solcher Pracht, daß es ein Wunder war, ihren Glanz zu betrachten. Alle diese vierundzwanzig Ritter zogen ein mit Lanzen und Schilden, auf den Lanzen die Fähnlein in der Farbe ihrer Kleidung. Unter ihnen begann eine schöne Schnecke, so vortrefflich und in sich selbst gedreht, wie sie in der ganzen Welt nur geritten werden konnte. Die beendet, führten sie, zwölf gegen zwölf, ein bewegtes Kampfspiel auf, so lebhaft und kraftvoll, als ob es Wirklichkeit und Ernst wäre. Darnach legten sie die Lanzen beiseite und wurden alsbald mit Staben versehen, mit denen sie zierlich und gewandt zu spielen wußten, sechs zu sechs, in vier Quadrillen, und so schön, daß alle hochbefriedigt waren. Als das Spiel zu Ende war, zogen alle in der Ordnung und der Reihe nach vor der Schaubühne des Königs vorüber und erwiesen ihm die gebührende Ehrerbietung, desgleichen der Königin und den anderen Damen. Dann begaben sie sich zu dem Platzhalter und fragten, ob er mit einem jeden auf eine Lanze reiten wolle. Der wackere Abenamar war es wohl zufrieden. Zum Schluß ritten alle vierundzwanzig Ritter jeder ein Mal und gewannen fünfzehn Preise, welche sie an die Damen verteilten. Dann verließen sie den Platz unter dem Klange der Hörner in der gleichen Ordnung, in der sie eingezogen waren; und der König und alle anderen blieben hochbefriedigt von ihrer Schönheit und Anmut zurück. Nun aber ist es Zeit, daß ihr erfahrt, wer diese wackeren und tüchtigen Ritter waren, und gehört sich wohl zu erzählen, wer und von welchem Stamme sie gewesen sind. Die eine Quadrille waren Azarque, die andere Sarrazino, die dritte Alarif, die vierte Quadrille bestand aus Aliatar, alles vornehme und vermögende Herren von hohem Werte. Die Vorfahren dieser Ritter, ihre Vorväter und Urvorväter, waren in Toledo ansässig und begütert und hoch geachtet. Es blühten diese edlen Geschlechter in Toledo zur Zeit des Königs Galafio, welcher über Toledo herrschte. Dieser hatte einen Bruder, der war König über eine Stadt, namens Belchite, nahe bei Zaragoza in Aragon, und hieß Zayda und lag in schwerem Kriege mit einem tapferen Mauren, des Namens Atarfe, einem Lehensträger und nahen Verwandten des Königs von Granada. Da sie nun Frieden geschlossen hatten, Zayda, der König von Belchite, mit Atarfe, dem Mauren aus Granada, veranstaltete der König von Toledo ein frohes Fest mit Stierkämpfen und Stabspielen. Das Stabspiel aber spielten diese vier Rittergeschlechter der Sarrazino, Alarif, Azarque und Aliatar, Vorväter der Ritter, welche hier bei unserem Ringelstechen genannt wurden. Die Ursach, daß sie in Granada lebten, war jedoch, daß sie, als Toledo verloren ging, sich nach Granada zurückzogen, und hier blieben sie um ihres Wertes und Adels willen in hohem Ansehen. Und bei dem Kampfspiele trugen sie dieselben Wappensprüche und Abzeichen, wie jene bei dem Feste zu Toledo, denn sie hatten sie von ihren Vorvätern geerbt und rühmten sich dessen.

Als sie nun, wie wir erzählt haben, den Platz verlassen hatten und alle hochbefriedigt mit ihrer Geschicklichkeit und den Abzeichen und ihrem ritterlichen Verhalten zurückgeblieben waren, da langte ein Bote vom Elviratore in aller Eile an und hielt nicht inne, bevor er vor dem Könige stand. Erwies ihm seine Ehrfurcht und sprach: Eure Herrlichkeit wisse, daß vor dem Elviratore ein Christenritter eingetroffen ist und um Erlaubnis bittet, eintreten und mit dem Platzhalter auf drei Lanzen reiten zu dürfen. Sehe Eure Herrlichkeit zu, ob er eintreten darf. – Er komme herein, antwortete der König; an einem Tage, wie dem heutigen, soll keinem Eintritt noch Erlaubnis verweigert werden, zumal wir ein königliches Fest begehen. – Damit kehrte der Bote in großer Eile zurück. Und dauerte ein kurzes, da sahen sie einen starken und wohl gekleideten Ritter auf einem kräftigen Apfelschimmel hereinsprengen. Sein Gewand war ganz aus weißem Brokat, am Rand aufs schönste mit vielen goldenen Schleifen besetzt, und weiß war der Helmbusch mit prächtigen Federn und vielem goldenen Zierat. Sein Roß war in der gleichen Weise aufgezäumt und behangen; Kopfgestell und Federbusch gleichfalls weiß und über die Maßen kostbar. Und so kühn trat er auf, daß es eine Lust zu sehen war; und war keine Dame noch Ritter auf dem ganzen Platze, die nicht die Augen auf ihn gerichtet hätten, und alle waren froh über seine gute Gestalt und seinen Anstand. Auf der linken Seite des Mantels trug er ein rotes Kreuz, welches den Wert seiner Person auf das herrlichste schmückte; blickte sich um nach allen Seiten, sprengte um den Platz, und alle betrachteten ihn gespannt und aufmerksam. Kam an vor der Schaubühne des Königs und der Königin und erwies ihnen seine Ehrfurcht, indem er den Kopf bis auf den Sattelbogen neigte. Dasselbe tat der König, denn er erkannte, daß jener Ritter von hohem Adel und Werte war. Alle Damen erhoben sich und die Königin mit ihnen und machten ihm eine tiefe Verbeugung. Alsbald erkannten viele in dem ritterlichen Christen den Großmeister von Calatrava, von dessen Ruhme die Welt voll war. Nicht geringe Freude hatte der König darüber, daß ein solcher Ritter bei einer ähnlichen Gelegenheit an seinen Hof kam. Als der Großmeister in solcher Art um den ganzen Platz geritten war, mit hoheitsvollen Mienen und dem Antlitz eines Gottes Mars, kam er zu dem Platzhalter und sprach zu ihm: Wackerer Ritter, seid Ihr es nach den Gesetzen guter Ritterschaft zufrieden, ohne daß das Bildnis einer Dame eingesetzt wird, auf ein paar Lanzen mit mir zu reiten? – Aufmerksam blickte Abenamar den Ritter, der zu ihm sprach, an, wandte sich darauf zu Musa, seinem Zeugen, und sprach zu dem: Wenn ich mich nicht täusche, ist dieser der Großmeister von Calatrava, sein Aussehen verrät es, wie auch das Kreuz auf seiner Brust. Seht ihn wohl an, denn ohne Zweifel ist er es, mit dem Ihr, wenn Ihr Euch erinnert, nach dem Kampfe Freundschaft schlosset. – Musa richtete die Augen auf den Großmeister und erkannte ihn sogleich; und ohne länger zu zögern, so zu Pferde, wie er war, umarmte er ihn und sprach: Edler Großmeister, Blüte der Christenheit, seid mir von Herzen willkommen, denn ich sehe, daß Ihr, obwohl Christ, dem Hofe des Königs große Freude bereitet habt; denn alle, die an ihm leben, kennen Euch um Eurer Güte willen. – Der Großmeister umarmte ihn desgleichen und dankte für das, was er ihm zum Lobe gesagt hatte. Und der wackere Abenamar trat zu ihm mit fröhlichen Mienen und sprach: daß er sich freue, es auf drei Lanzen mit ihm wagen zu können; ob er schon wisse, daß er sie alle verlieren werde, rechne er es sich zu Glück und Gewinn, ein Ringelstechen mit einem so guten Ritter versucht zu haben. – Sprach es, ergriff eine Lanze und ritt mit der höchsten Gewandtheit; aber so gut er seine Sache machte, besser machte sie der Großmeister. Alles Volk rief mit lauter Stimme: Niemals in der Welt wurde solch ein Ritter gesehen! Dieses Mal hat der Platzhalter seinen Ruhm eingebüßt! – Die Ritter überreichten ihm als Preis die prachtvolle Kette, welche zweitausend Dublonen wog, denn er hatte kein Bildnis eingesetzt, wenn er es aber getan hätte, würde er das des Platzhalters erhalten haben. Der edle Großmeister empfing die Kette; und unter lautem Hörnerschalle, begleitet von den vornehmsten Rittern, den edlen Musa sich zur Seite, ritt er um den Platz. Und da er an die Schaubühne der Königin kam, warf er den Blick auf diese. Es war aber der Balkon nicht sehr hoch. So nahm er die Kette, richtete sich in den Steigbügeln auf und streckte die Hand aus und sprach: Keiner gebührt diese Kette mit größerem Rechte als Eurer Herrlichkeit, wenn Ihr es meiner Kühnheit gestatten wollt. So empfangt sie mit gutem Willen, denn obgleich unter verschiedenem Gesetz darf ein Ritter bei solcher Gelegenheit wohl billig ein Kleinod geben und eine Fürstin es annehmen, so hoch sie auch stehen mag. – Die Königin wurde sehr rot und schön, und Scham überkam sie, und wußte nicht, was sie tun sollte; wandte den Blick zum Könige, der sie durch Zeichen bedeutete die Kette zu nehmen. So erhob sich denn die Königin und mit ihr alle Damen, welche sie umgaben, machte ihm eine tiefe Verbeugung, nahm die Kette, führte sie an den Mund und legte sie darauf um den Hals, verneigte sich und setzte sich wieder. Der Großmeister verbeugte sich tief vor ihr und vor dem Könige, wandte sein Pferd und ritt weiter mit Musa und mit anderen maurischen Rittern, welche ihm wohl wollten um seines Wertes willen.

In dieser Zeit stahl sich der tapfere Albayaldos, welcher in seinem Herzen den Großmeister zu treffen und mit ihm zu kämpfen begehrte, weil der ihm einen nahen Verwandten erschlagen hatte, insgeheim von der Seite des Königs, stieg auf den Platz hinab und schwang sich auf eine schöne Rappstute. Von einigen Rittern, seinen Freunden, und von Dienern begleitet, kam er dorthin, wo der edle Großmeister war, grüßte und betrachtete ihn aufmerksam von oben bis unten und wog seinen Wert ab. Und da er ihn sorglich betrachtet hatte, sprach er zu ihm: Bei Mahomet schwöre ich, ritterlicher Christ, große Genugtuung und Lust habe ich dich froh und zum Feste gekleidet zu sehen, denn bewaffnet und kampfgerüstet habe ich dich schon ehemals in der Ebene kennen gelernt. Das war es, was ich für den Augenblick am meisten wünschte, denn der Ruhm deiner Stärke erfüllt die Welt und ist ein Entsetzen für alle Mauren dieses Reiches. Hab' ich aber meine Freude an deinem Anblick, so noch viel mehr daran, dich zum Kampfe in der Ebene zu treffen. Denn dazu ruft und treibt mich einmal dein Wert, dann aber, daß du Mahamet Bey, meinen Vetter, erschlagen hast. Und ob er schon im rechten Kampfe unter deinen Händen zu Tode kam, scheint mir, daß sein Blut, von dir vergossen, mich zur Rache aufruft. Deshalb, als guter Ritter, sieh dich von jetzt ab für herausgefordert an, morgen mit mir in der Ebene zu kämpfen, allein nur mit Waffen und Pferd, denn so werde ich auch hinausreiten und will nur einen Zeugen mitnehmen und wähle mir dazu Malique Alabez, und keinen anderen will ich mitnehmen. – Aufmerksam hörte der edle Großmeister des Albayaldos Worte, aber unerschrocken mit fröhlicher Miene antwortete er ihm in solcher Art: Wahrlich, tapferer Albayaldos, nicht geringeres Vergnügen habe ich, dich zu sehen, als du mich, wie du sagtest. Denn dein Name und Ruf klingt unter den Christen, wie unter den Griechen der des ruhmvollen Hektor. Du sagst, mit mir zu kämpfen treibe dich mein Wert. Andere Christenritter gibt es von höherem Wert als ich, mit denen du deinen Ruhm vermehren könntest, und würdest dabei besser fahren. Was das vergossene Blut Mahamet Beys, deines Vetters, angeht, so weiß ich dir zu antworten, daß er als ein wackerer Ritter im Kampfe fiel, in welchem er seine große Tapferkeit bewies. Deshalb liegt kein Anlaß vor, Rache für seinen Tod zu nehmen. Wenn du aber durchaus begehrst, dich mit mir zu messen, allein, wie du sagst, und nur mit einem Zeugen, sei es der, den du genannt hast, so bin ich es gern zufrieden, dir zu Willen zu sein. So erwarte ich dich denn morgen eine Meile von hier oder zwei, allein mit einem Zeugen, den ich mitbringen werde, welches Don Manuel Ponce de Leon sein wird, auf den in allen Dingen der Welt Verlaß ist. Und damit du sicher bist, daß, was ich sage, so geschehen wird, nimm hier dieses mein Unterpfand zum Zeichen des Kampfes. – Sprach es und gab ihm den Handschuh seiner rechten Hand, welchen der Maure hinnahm. Der aber zog einen prächtigen Ring vom Finger, welcher der war, mit dem er zu siegeln pflegte, und gab ihn dem Großmeister. So war die Herausforderung von den beiden angenommen. Der edle Musa und die anderen Ritter wünschten sehr, den Kampf zu verhindern, konnten es aber von keinem der beiden Gegner erreichen. So blieb die Herausforderung zwischen den beiden tapferen Rittern auf den folgenden Tag bestehen.


 << zurück weiter >>