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III.
Der Welt Abdank für eine himmeldurstige Seele, gestellet über den 42. Psalm Davids, im Ton: So wünsch ich ihr ein gute Nacht.

Dr. Philippus Nicolai.

1.

So wünsch ich nun ein gute Nacht
Der Welt, und laß sie fahren;
Ob sie mir gleich viel Jammers macht,
Gott wird mich wohl bewahren.
Ich meint: die Welt wär eitel Gold,
Befind es nun viel anders.

2.

Ein Hirsch, von Schlangen angesteckt.
Nach frischem Wasser schreiet:
Also hat mich zum Durst erweckt
Die Welt, vermaledeiet
Auch thät mir bang die alte Schlang,
Daß ich zu Gott muß schreien.

3.

Wann komm ich in Dein Paradeis,
Da schon viel Christen wohnen
Und singen Dir Lob, Ehr und Preis,
Bekleidet mit der Sonnen?
Wann holst Du mich ins Himmelreich,
Da ich Dein Antlitz schaue?

4.

Mein Seel hat Noth und leidet Qual.
Daß ich so lang muß harren,
Gespannet auf dem Jammerthal,
Als zög ich schwere Karren.
Da treibt ihrn Spott die falsche Rott
Mit mir in meinen Nöthen.

5.

Sie fragen: ja wo bleibt dein Gott?
Ja daß er dir erscheine!
Der Hohn kränkt mir mein Herz und Blut,
Daß ich vor Trübsal weine.
Ei komm doch bald, mein Aufenthalt,
Und reiß mich von der Erden.

6.

Ei nimm mich in den Freudensaal
Von Dir bereitet droben.
Da Dich die Patriarchen all
Mit den Propheten loben:
Und da die Schaar der Engel klar
Um Deinen Thron her schweben.

7.

Was kränkst du dich, mein arme Seel?
Sei still und thu nicht wanken!
Gott ist mein Burg, mein Trost und Heil,
Deß werd ich Ihm noch danken.
Drück dich und leid ein kleine Zeit,
Nach Angst kommt Freud und Wonne.

8.

Das Kräutlein patientia (Geduld)
Wächst nicht in allen Garten:
Ach Gott, schaff Du mirs immerdar,
Daß ich könn Deiner warten
!
Sonst bin ich sehr betrübt und schwer
Vor Angst auf dieser Erden.

9.

Ich seh daß Dein Zorn wie ein Fluth
Dem ganzen Land begegnet,
Und daß es schrecklich brausen thut,
Wo sich Dein Grimm erhebet
Die Wellen gar ich auch erfahr
Sammt Deinen Wasserwogen.

10.

Darum bin ich der Welt so müd,
All Tag und Nacht ich weine,
Und laß nicht ab, bis Deine Güt,
Verheißen mir, erscheine.
Nun eil doch fort, mein trauter Hort,
Und nimm mich hin im Frieden!

11.

Wie lang soll ich hier traurig gehn,
Da mich die Feinde plagen?
Es ist ein Mord in meinem Gebein,
Daß sie ganz höhnlich fragen:
Sag an, wo ist dein Jesus Christ?
Ja daß er dich erlöse!

12.

Geduld! Geduld! du traurig Seel,
Geduld ist hie von nöthen,
Bis uns der lieb Immanuel
Von diesen argen Kröten
Wohl zu sich reiß ins Paradeis –
Da werden wir Ihm danken. –

Das Lied ist sein letztes, wie sein Enkel Scultetus berichtet. Die Melodie: Machs mit mir Gott nach Deiner Güt etc. kann auch zu diesem Liede genommen werden. – Das sind die drei »geistlichen lieblichen Lieder« des sel. Mannes, wie er von solchen an manchen Stellen seines Freudenspiegels redet. Man hätte sie ihm wahrlich unverdorben lassen können.

*

Zuletzt steht noch in meiner Ur-Ausgabe des Freudenspiegels ein Lied von Jeremias Nicolai mit der Ueberschrift:


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