Philip Melanchthon
Die Augsburgische Konfession
Philip Melanchthon

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Der XX. Artikel: Vom Glauben und guten Werken

Den Unsern wird mit Unwahrheit aufgelegt, daß sie gute Werke verbieten. Denn ihre Schriften von Zehen Geboten und andere beweisen, daß sie von rechten christlichen Ständen und Werken guten nützlichen Bericht und Ermahnung getan haben, davon man vor dieser Zeit wenig gelehret hat, sondern allermeist in allen Predigten auf kindische, unnötige Werke, als Rosenkränze, Heiligen-Dienst, Mönchewerden, Wallfahrten, gesatzte Fasten, Feier, Brüderschaften usw. getrieben. Solche unnotige Werke ruhmt auch unser Widerpart nu nicht mehr so hoch als vorzeiten. Darzu haben sie auch gelernet, nu vom Glauben zu reden, davon sie doch in Vorzeiten gar nichts geprediget haben; lehren dannoch nu, daß wir nicht allein aus Werken gerecht werden fur Gott, sondern setzen den Glauben an Christum darzu, sprechen, Glauben und Werk machen uns gerecht fur Gott; welche Rede etwas mehr Trosts bringen mag, dann so man allein lehret auf Werk zu vertrauen.

Dieweil nu die Lehr vom Glauben, die das Häuptstück ist in christlichem Wesen, so lange Zeit, wie man bekennen muß, nicht getrieben worden, sondern allein Werkslehre an allen Orten gepredigt, ist davon durch die Unsern solcher Unterricht geschehen: Erstlich, daß uns unsere Werk nicht mögen mit Gott versöhnen und Gnade erwerben, sondern solchs geschieht allein durch den Glauben, so man gläubt, daß uns um Christus willen die Sünde vergeben werden, welcher allein der Mittler ist, den Vater zu versöhnen. Wer nu vermeint solchs durch Werk auszurichten und Gnade zu verdienen, der verachtet Christum und sucht ein eigen Weg zu Gott wider das Evangelium.

Diese Lehre vom Glauben ist offentlich und klar im Paulo an vielen Orten gehandelt, sonderlich zun Ephesern 2: Aus Gnaden seid ihr selig worden durch den Glauben, und dasselbig nicht aus euch, sondern es ist Gottes Gab, nicht aus Werken, damit sich niemands ruhme etc.

Und daß hierin kein neuer Verstand eingefuhrt sei, kann man aus Augustino beweisen, der diese Sache fleißig handelt und auch also lehret, daß wir durch den Glauben an Christum Gnad erlangen und fur Gott gerecht werden, und nicht durch Werk, wie sein ganz Buch De spiritu et litera ausweiset.

Wiewohl nun diese Lehre bei unversuchten Leuten sehr veracht wird, so befindet sich doch, daß sie den bloden und erschrockenen Gewissen sehr trostlich und heilsam ist. Das Gewissen kann nicht zu Ruhe und Frieden kommen durch Werk, sondern allein durch Glauben, so es bei sich gewißlich schleußt, daß es um Christus willen einen gnädigen Gott hab, wie auch Paulus spricht Rom. 5.: So wir durch den Glauben sind gerecht worden, haben wir Ruhe und Frieden vor Gott. Diesen Trost hat man vorzeiten nicht getrieben in Predigten, sonder die armen Gewissen auf eigne Werk trieben, und sind mancherlei Werk furgenommen.

Etliche hat das Gewissen in die Klöster gejagt, der Hoffnung daselbst Gnade zu erwerben durch Klosterleben, etliche haben andere Werk erdacht, damit Gnade zu verdienen und für Sünde genug zu tun. Derselbigen viel haben erfahren, daß man dadurch nicht ist zu Frieden kommen. Darum ist not gewesen diese Lehr vom Glauben an Christum zu predigen und fleißig zu treiben, daß man wisse, daß man allein durch den Glauben, ohn Verdienst, Gottes Gnade ergreifet. Es geschieht auch Unterricht, daß man hie nicht von solchem Glauben redet, den auch die Teufel und Gottlosen haben, die auch die Historien glauben, daß Christus gelitten hab und auferstanden sei von Toten, sonder man redet von wahrem Glauben, der da glaubet, daß wir durch Christum Gnad und Vergebung der Sunde erlangen. Und der nun weiß, daß er einen gnädigen Gott durch Christum hat, kennet also Gott, rufet ihn an und ist nicht ohn Gott wie die Heiden. Dann Teufel und Gottlosen glauben diesen Artikel, Vergebung der Sunde, nicht; darum seind sie Gott feind, konnen ihne nicht anrufen, nichts Guts von ihme hoffen. Und also, wie jetzt angezeigt ist, redet die Schrift vom Glauben, und heißet nicht Glauben ein solches Wissen, das Teufel und gottlose Menschen haben. Dann also wird vom Glauben gelehret ad Hebraeos am 11., daß Glauben sei nicht allein die Historien wissen, sonder Zuversicht haben zu Gott, seine Zusag zu empfahen. Und Augustinus erinnert uns auch, daß wir das Wort Glauben in der Schrift verstehen sollen, daß es heiße Zuversicht zu Gott, daß er uns gnädig sei, und heiße nicht allein solche Historien wissen, wie auch die Teufel wissen.

Ferner wird gelehrt, daß gute Werk sollen und müssen geschehen, nicht daß man darauf vertraue, Gnade damit zu verdienen, sondern um Gottes willen und Gott zu Lob. Der Glaub ergreift allzeit allein Gnad und Vergebung der Sünde. Und dieweil durch den Glauben der heilige Geist gegeben wird, so wird auch das Herz geschickt gute Werk zu tun. Dann zuvorn, dieweil es ohn den heiligen Geist ist, so ist es zu schwach; darzu ist es ins Teufel Gewalt, der die arme menschliche Natur zu viel Sunden treibet, wie wir sehen in den Philosophen, welche sich unterstanden, ehrlich und unsträflich zu leben, haben aber dannoch solches nicht ausgericht, sonder seind in viel große offentliche Sunde gefallen. Also gehet es mit dem Menschen, so er außer dem rechten Glauben ohn den heiligen Geist ist und sich allein durch eigne menschliche Kraft regieret.

Derhalben ist die Lehr vom Glauben nicht zu schelten, daß sie gute Werk verbiete; sondern vielmehr zu rühmen, daß sie lehre gute Werk zu tun, und Hilf anbiete, wie man zu guten Werken kommen möge. Denn außer dem Glauben und außerhalt Christo ist menschliche Natur und Vermögen viel zu schwach gute Werk zu tun, Gott anzurufen, Geduld zu haben im Leiden, den Nächsten zu lieben, befohlene Ämter fleißig auszurichten, gehorsam zu sein, böse Lust zu meiden. Solche hohe und rechte Werk mögen nicht geschehen ohne die Hilf Christi, wie er selbst spricht Joh. 15: Ohne mich könnt ihr nichts tun.


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