Jack London
Lockruf des Goldes
Jack London

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Es war Daylights Nacht. Er war der Mittelpunkt, das Haupt der Lustbarkeit, unersättlich in seiner Laune, ein Ansteckungsherd von Frohsinn. Er vervielfältigte sich und damit den Trubel. Kein Streich, den er vorschlug, war zu ausgelassen für sein Gefolge, und ihm folgten alle bis auf die, die als singende Idioten auf dem Schlachtfeld blieben. Aber nie kam es zu Ausschreitungen. Es war am Yukon bekannt, daß an den Abenden, wenn Burning Daylight losgelassen war, Zank und Streit verpönt waren. Früher war es wohl einmal vorgekommen, aber da hatten die Leute zu spüren bekommen, was wahrer Zorn war, und zwar auf eine Weise, wie nur Burning Daylight es verstand. Wenn er Feste gab, mußten die Leute lachen und froh sein oder nach Hause gehen.

Daylight war unermüdlich. In einer Tanzpause bezahlte er Kearns die zwanzigtausend in Goldstaub und übertrug ihm seine Rechte auf Moosehide. Den Postkontrakt mit Billy Rawlins ordnete er ebenfalls und traf seine Vorbereitungen zur Abreise. Er schickte nach Kama, seinem Hundetreiber, einem Tananaw-Indianer, der seinen Stamm verlassen hatte, um in die Dienste der Weißen zu treten. Kama betrat das Tivoli, groß, mager, muskulös, in Felle gekleidet, ein Auserwählter seiner barbarischen Rasse, und doch selbst ein Barbar, der sich durch die ihn umtobenden Gäste nicht stören ließ, als Daylight ihm seine Befehle erteilte.

»Hm«, sagte Kama und zählte seine Aufträge an den Fingern her. »Briefe bei Rawlins abholen. Schlitten aufladen. Proviant bis Selkirk – du meinst viel Hundefutter, halten in Selkirk?«

»Viel Hundefutter, Kama.«

»Hm. Schlitten um neun Uhr herbringen. Schneeschuhe bringen. Kein Zelt bringen. Vielleicht das kleine Zelt bringen?«

»Nein, kein Zelt«, antwortete Daylight entschieden.

»Hm, sehr kalt.«

»Wir reisen mit leichtem Gepäck – savvy? Wir bringen viele Briefe hin, viele zurück. Du bist ein starker Mann. Sehr kalt, lange Reise – schön!«

»Ja, schön«, beschied Kama sich. »Sehr kalt, schert sich den Teufel drum. Fertig um neun Uhr.«

Er wandte sich auf den Hacken der Mokassins um und schritt hinaus, unerschütterlich, gleich einer Sphinx, ohne zu grüßen, ohne nach rechts oder links zu schauen. Die Jungfrau zog Daylight in eine Ecke »Hör', Daylight,« sagte sie leise, »du bist fertig.«

»Bis auf den letzten Cent.«

»Ich hab' achttausend in Macs Geldschrank« – begann sie.

Aber Daylight unterbrach sie. Die Schürzenbänder waren drohend nahe, und er schlug aus wie ein Füllen, das den Sattel spürt.

»Macht nichts,« sagte er, »so wie ich jetzt bin, bin ich auf die Welt gekommen, und so bin ich seither die meiste Zeit gewesen. Komm, laß uns tanzen.«

»Aber hör' doch,« fuhr sie fort, »mein Geld arbeitet nicht. Ich möchte es dir leihen – um Proviant zu kaufen«, fügte sie schnell hinzu, als sie die Alarmzeichen auf seinem Gesicht bemerkte.

»Mich braucht niemand zu verproviantieren«, war die Antwort. »Ich sorge selbst für mich, und mache ich dann mal einen Treffer, dann bin ich sicher, daß mir auch alles gehört. Nein, ich danke dir, Mädel. Es ist sehr nett von dir. Ich verschaffe mir meinen Proviant, indem ich die Post hin und zurück fahre.«

»Daylight«, murmelte sie vorwurfsvoll.

Aber in einer plötzlichen Aufwallung zog er sie in den Tanzsaal, und während er sie im Walzer herumschwang, grübelte sie über die Hartnäckigkeit des Mannes, der sie in seinen Armen hielt und all ihrer List widerstand.

Um sechs Uhr stand er, von Whisky brennend, aber immer noch seiner mächtig, am Schanktisch und drückte jedem die Hand herunter. Das ging so vor sich, daß zwei Männer sich einander gegenüberstellten, während ihr rechter Ellbogen auf dem Schanktisch ruhte. Dann griffen sie sich bei der rechten Hand, und jeder versuchte, die des andern herunterzupressen. Einer nach dem andern kam an die Reihe, aber keiner konnte ihn bezwingen, und selbst Olaf Henderson und der Franzosen-Louis konnten nicht gegen ihn aufkommen. Da sie behaupteten, daß es ein Trick, ein eingeübter Griff war, forderte er sie zu einer anderen Probe heraus.

»Seht her, Leute!« rief er. »Ich will zweierlei tun: erstens meinen Beutel wiegen, und zweitens um alles wetten, daß ich zwei Mehlsäcke mehr heben werde als der Stärkste von euch.«

»Bei Gott – angenommen!« übertönte die Stimme des Franzosen-Louis das Getöse.

»Halt!« rief Olaf Henderson. »Ich bin wohl ebensogut wie du, Louis. Ich übernehme die Hälfte der Wette.«

Als Elam Harnish' Beutel auf die Wagschale gelegt wurde, zeigte es sich, daß sein Gewicht vierhundert Dollar entsprach, und Louis und Olaf hielten jeder die Hälfte gegen ihn. Fünfzig-Pfund-Säcke wurden aus MacDonalds Vorratsraum geholt. Zuerst erprobten ein paar andere Männer ihre Kräfte daran. Sie stellten sich auf zwei Stühle, und die Mehlsäcke wurden unter sie auf den Fußboden gelegt und zusammengebunden. Viele von ihnen konnten auf diese Weise vier- oder fünfhundert Pfund heben, und mancher brachte es sogar auf sechshundert. Dann machten sich die beiden Hünen dazu, indem sie mit siebenhundert begannen. Der Franzosen-Louis legte nun noch einen Sack dazu und hob siebenhundertundfünfzig Pfund vom Boden. Olaf wiederholte die Leistung, aber bei achthundert versagten beide. Immer wieder versuchten sie es, der Schweiß stand ihnen auf der Stirn, ihre Glieder knackten. Beide konnten das Gewicht lüften, aber heben konnten sie es nicht.

»Bei Gott, Daylight, diesmal hast du dich verrechnet!« sagte der Franzosen-Louis, indem er sich aufrichtete und von den Stühlen sprang. »Das kann nur ein Mann aus Eisen, Hundert Pfund mehr – Freundchen, keine zehn Pfund mehr.«

Die Säcke wurden auseinandergebunden und noch zwei dazugestellt, aber da erhob Kearns Einwand.

»Nur einen Sack mehr.«

»Zwei!« schrie einer. »Zwei gilt die Wette «

»Sie haben die letzten nicht gehoben«, protestierte Kearns. »Sie haben nur siebenhundertundfünfzig gehoben.«

Aber Daylight machte der Verwirrung ein großartiges Ende.

»Wozu das Gerede? Was ist ein Sack mehr? Kann ich nicht drei Säcke mehr heben, dann sicher auch keine zwei. Nehmt beide.«

Er stellte sich auf die Stühle, hockte nieder und beugte sich vor, bis seine Hände den Strick gefaßt hatten. Dann änderte er seine Fußstellung ein wenig, spannte prüfend die Muskeln und versuchte, die Stellung zu finden, die seinem Körper die beste Hebekraftverlieh. Der Franzosen-Louis betrachtete ihn zweifelnd.

»Los, Daylight, los! Den Deubel noch mal!« schrie er. Daylights Muskeln strafften sich zum zweitenmal, und diesmal im Ernst, mit aller Energie, über die sein prachtvoller Körper verfügte, und ganz unmerklich, ohne Ruck, ohne Anstrengung, hob er die umfangreiche Last von neunhundert Pfund vom Boden und schwang sie wie ein Pendel zwischen seinen Schenkeln hin und her.

Olaf Henderson schöpfte tief und hörbar Atem. Die Jungfrau, die sich unbewußt mit gestrafft hatte, bis ihr die Muskeln schmerzten, erschlaffte, während der Franzosen-Louis ehrerbietig murmelte:

»M'sieur Daylight, Salut! Ich bin ein großer Säugling. Du bist ein großer Mann!«

Daylight ließ die Last fallen, sprang vom Stuhl und stürzte an den Schanktisch.

»Abwiegen!« schrie er und warf seinen Beutel dem Wäger zu, der vierhundert Dollar aus den Beuteln Hendersons und Louis' in den seinen tat.

»Alle Mann her!« rief Daylight. »Sagt, was ihr haben wollt! Der Gewinner bezahlt.«

»Heut ist meine Nacht!« jauchzte er zehn Minuten später. »Ich bin der Einsiedlerwolf und habe dreißig Winter gesehen. Es ist mein Geburtstag, mein einziger Festtag im ganzen Jahr, und ich kann euch alle zusammen schmeißen. Kommt an, alle Mann! Ich will euch alle in den Schnee werfen. Kommt an, ihr Chechaquos (Weichlinge) und Sour-dougs (etwa: alte Jungens), ihr sollt eure Taufe kriegen!«

Die ganze Rotte bis auf die Kellner und die singenden Bacchanten strömte zur Tür hinaus. Der Wunsch, seine Würde zu wahren, mochte MacDonald durch den Kopf fahren, denn er näherte sich Daylight mit ausgestreckter Hand.

»Wie? Du zuerst?« lachte Daylight und ergriff seine Hand, wie zur Begrüßung.

»Nein, nein«, widersprach der Wirt schnell. »Ich will dir nur zum Geburtstag gratulieren. Daß du mich in den Schnee werfen kannst, weiß ich. Was kann ich gegen einen Mann machen, der neunhundert Pfund hebt?«

MacDonald wog hundertundachtzig Pfund, und Daylight hatte nur seine Hand ergriffen; aber durch einen plötzlichen Ruck riß er ihn um und warf ihn kopfüber in den Schnee. Dann kam der nächste an die Reihe, und ihm folgte schnell ein halbes Dutzend. Widerstand war nutzlos. Sie flogen Hals über Kopf und landeten in den groteskesten Stellungen im Schnee, ohne doch zu Schaden zu kommen. Bei dem dunklen Sternenlicht war es nicht leicht zu unterscheiden, wer von ihnen schon geworfen war und wer noch darauf wartete, daß die Reihe an ihn kam, und so begann er, ihre Rücken und Schultern zu befühlen, um zu erkennen, wer schon mit Schnee bestäubt war. »Schon getauft?« war die ständige Frage, wenn er seine schreckliche Hand ausstreckte.

Eine ganze Reihe lag schon im Schnee, während andere in komischer Demut vor ihm knieten, Schnee auf ihren Kopf streuten und behaupteten, die Zeremonie überstanden zu haben. Eine Gruppe von fünf Männern stand jedoch aufrecht – Hinterwäldler und Grenzer, die darauf brannten zu zeigen, daß sie es mit jedem, sogar mit Daylight aufnehmen könnten. Aber wenn sie auch die härteste Schule hinter sich hatten und Veteranen mancher harten Schlacht, Männer von Blut, Schweiß und Ausdauer waren, so fehlte ihnen doch eines, das Daylight in hohem Maße besaß – nämlich die beinahe vollkommene Zusammenarbeit von Gehirn und Muskeln. Das war an und für sich ganz einfach und nicht sein Verdienst. Diese Eigenschaft war ihm angeboren. Seine Nerven reagierten rascher als die ihren, seine Muskeln gehorchten dem Willen schneller, sie glichen explosivstem Sprengstoff. Alle Kraft in seinem Körper schnappte sofort ein wie die Stahlfeder einer Falle. Und dazu besaß er einen Überschuß an Kraft, wie ihn nur einer unter Millionen besitzt – eine Kraft, die nicht von Körpergröße, sondern von einer seltenen organischen Überlegenheit des Muskelgewebes abhing. So konnte er Wirkungen erzielen, ehe der Gegner sich überhaupt darüber klar war, was es galt und wie er Widerstand leisten konnte. Andererseits erkannte er einen gegen ihn selbst gerichteten Angriff so schnell, daß er rechtzeitig widerstehen und einen blitzartigen Gegenangriff machen konnte.

»Es hat keinen Zweck, daß ihr dort stehenbleibt, Leute«, wandte sich Harnish an die wartende Gruppe. »Ihr könnt euch ebensogut gleich werfen lassen und eure Taufe kriegen. An einem andern Tage könnt ihr mich vielleicht schmeißen, aber an meinem Geburtstage will ich euch zeigen, daß ich der Stärkste bin. Ist das Pat Hanrahan, der so erwartungsvoll dasteht? Komm an, Pat.«

Pat Hanrahan, früherer Meisterschaftsringer und eine Kapazität in der Kunst des Raufens, trat vor. Die beiden Männer stürzten aufeinander los, doch ehe der Irländer zur Besinnung gekommen war, fand er sich in der unbarmherzigen Zange eines »Halfnelson«, der ihm Schultern und Kopf in den Schnee preßte. Joe Hines, früherer Holzhauer, flog mit einer Macht wie ein zweistöckiges Gebäude – sein Purzelbaum wurde von einem Schlag auf den Hintern begleitet – er war geliefert, ehe er sich überhaupt hatte zurechtstellen können.

Das alles schien Daylight nicht im geringsten anzustrengen. Er bedurfte keiner Vorbereitungen. Sein Körper explodierte plötzlich und mit furchtbarer Kraft, um im nächsten Augenblick wieder zu erschlaffen. So wurde Doc Watson, der graubärtige, eiserne Mann ohne Vergangenheit, der sich selbst ein Schrecken war, den Bruchteil einer Sekunde vor seinem eigenen Angriff geworfen. Als er zum Sprunge ansetzte, war Daylight schon über ihm, und mit so gefährlicher Schnelligkeit, daß er rücklings in den Schnee flog. Olaf Henderson wollte den Augenblick ausnutzen und stürzte sich seitwärts auf Daylight, der noch mit ausgestreckter Hand dastand, um Doc Watson wieder auf die Beine zu helfen. Aber Daylight ließ sich auf Hände und Knie fallen, so daß Olafs Knie an seiner Seite landeten. Olaf nahm das Hindernis, indem er der Länge nach auf die Nase fiel. Ehe er sich erheben konnte, hatte Daylight ihn auf den Rücken gedreht, schrubbte ihm Gesicht und Ohren mit Schnee und stopfte ihm ganze Hände voll in den Nacken.

»Ich bin ebenso stark wie du, Daylight!« sprudelte Olaf hervor, als er wieder auf die Füße gekommen war; »aber bei Gott, einen solchen Griff hab' ich noch nicht gesehen.«

Franzosen-Louis war der letzte der fünf, und er hatte genug gesehen, um vorsichtig zu sein. Er umkreiste Daylight eine ganze Minute, ehe er es zum Zusammenstoß kommen ließ; und eine ganze Minute rangen sie miteinander, ohne daß einer das Übergewicht erhielt. Aber dann, gerade als der Kampf interessant zu werden begann, machte Daylight einen seiner blitzschnellen Griffwechsel und ließ gleichzeitig seine Muskeln explodieren. Der Franzosen-Louis wehrte sich, daß sein riesiger Körper krachte, und dann wurde er langsam in den Schnee gepreßt.

»Der Gewinner bezahlt!« schrie Daylight, indem er auf die Füße sprang, und eilte ins Tivoli zurück. »Alle her, Leute! Hier geht's zur Giftbude!«

Sie stellten sich in einer zwei bis drei Mann tiefen Reihe an dem langen Schanktisch auf und stampften sich den Frost aus den Füßen, denn es waren sechzig Grad Kälte draußen.

Bettles, der selbst der Tüchtigsten einer war und manche Heldentat vollbracht hatte, unterbrach sein Lied von der »Sassafras-Wurzel« und kam herübergeschwankt, um Daylight zu gratulieren. Aber mitten drin fühlte er den Drang, eine Rede zu halten, und erhob seine Stimme:

»Ich sag' euch, Kameraden, ich bin verdammt stolz drauf, daß ich Daylight meinen Freund nennen darf. Wir haben manche Schlittenreise zusammen gemacht, und er ist achtzehnkarätig von den Mokassins aufwärts – verdammt soll er sein, die alte Haut! Er war ein Dreikäsehoch, als er ins Land kam. Aber als ihr in seinem Alter wart, wart ihr noch nicht mal trocken hinter den Ohren. Er war nie ein Säugling. Er ist als ausgewachsener Mann auf die Welt gekommen. Und ich sag' euch, damals mußte man ein Mann sein. Damals gab es noch keine marklose Zivilisation wie jetzt.« Bettles hielt einen Augenblick inne und schlang seinen Arm wie eine Bärentatze um Daylights Nacken. »Als wir beide in der guten alten Zeit den Yukon heraufkamen, regnete es keine Suppe, und es gab kein Tischlein-deck-dich-Wirtschaften. Unser Lagerfeuer wurde angezündet, wenn wir unser Wild gejagt hatten, und die meiste Zeit lebten wir von Lachsfährten und Kaninchenbäuchen – stimmt das?« Nachdem der Lachsturm sich gelegt hatte, den diese Umkehrung erregt hatte, zog Bettles seine Bärentatze zurück und wandte sich aufgebracht gegen die Menge. »Lacht nur, ihr räudigen Gelbschnäbel, lacht nur! Aber ich sage euch mit einfachen Worten, daß der Beste von euch nicht würdig ist, Daylight die Mokassins zu schnüren. Stimmt das nicht, Campbell? Stimmt das nicht, Mac? Daylight ist einer von der alten Garde, ein richtiger alter Bursche. Und in jenen Tagen gab es keine Dampfer und keine Poststationen, und wir mußten zusehen, wie wir mit Lachsbäuchen und Kaninchenfährten fertig wurden.«

Er sah sich triumphierend um, und in den Beifall, der jetzt folgte, mischten sich Rufe nach einer Rede von Daylight. Er gab seine Bereitwilligkeit zu erkennen. Ein Stuhl wurde gebracht, und man half ihm hinauf. Er war nicht nüchterner als die ganze Schar, die er jetzt überragte – ein wilder Schwarm in ungeschlachten Kleidern, mit Mokassins oder Muclucked (wasserdichte Eskimostiefel aus Walroßhaut), mit um den Hals hängenden Fäustlingen und hochgeklappten Ohrenklappen, daß sie den Flügelhelmen der alten Wikinger glichen. Daylights schwarze Augen funkelten, und die Glut der schweren Getränke verdunkelte seine Wangen. Er wurde mit herzlichen Beifallsrufen von der Menge begrüßt, was eine verdächtige Feuchtigkeit in seine Augen steigen ließ, obwohl viele der Stimmen unartikuliert und undeutlich waren. Und doch hatten Männer seit Anbeginn der Welt es so gehalten, hatten mit Schlägerei und Trinken Feste gefeiert und gezecht. Wie die Helden vergangener Zeiten waren diese Männer, die Begründer des arktischen Reiches; sie prahlten, tranken und lärmten und suchten in wenigen wilden Augenblicken Vergessen der rauhen Wirklichkeit.

»Schön, Jungens. Ich weiß zwar nicht, was ich euch sagen soll«, begann Daylight stockend, denn er mußte erst die Herrschaft über sein wirres Gehirn wiedergewinnen. »Ich glaube, ich will euch eine Geschichte erzählen, Leute. Ich hatte einmal einen Partner, unten in Juneau. Er kam aus Nordcarolina und pflegte mir diese Geschichte zu erzählen.

Es war bei einer Hochzeit in den Bergen seiner Heimat. Die Familie und alle ihre Freunde waren versammelt. Der Pfarrer legte gerade die letzte Hand ans Werk und sagte: ›Was Gott zusammengefügt, die soll der Mensch nicht scheiden.‹

›Herr Pastor,‹ sagte der Bräutigam, ›ich gestatte mir zu bezweifeln, daß dieser Satz grammatikalisch richtig ist. Ich möchte, daß diese Hochzeit in jeder Beziehung korrekt ausgeführt wird.‹

Als der Rauch sich verzog, sieht die Braut sich um und erblickt einen toten Pfarrer, einen toten Bräutigam, einen toten Bruder, zwei tote Onkel und fünf tote Hochzeitsgäste.

Da stößt sie einen tiefen Seufzer aus und sagt: ›Die neumodischen Selbstladepistolen haben alle meine Pläne über den Haufen geworfen.‹

Und so sage ich euch, Leute,« fuhr Daylight fort, als das stürmische Gelächter sich gelegt hatte, »daß Jack Kearns vier Könige meine ganzen Pläne umgeworfen haben. Ich bin so arm wie eine Kirchenmaus und muß nun mit der Post nach Dyea.«

»Nach Hause?« fragte einer.

Einen Augenblick flog ein ärgerliches Zucken über sein Gesicht, aber im nächsten Augenblick hatte er seine gute Laune wiedergefunden.

»Ich weiß, daß es nur Scherz ist, wenn ihr so was fragt«, sagte er lächelnd. »Selbstverständlich gehe ich nicht nach Hause.«

»Kannst du darauf schwören, Daylight?« rief dieselbe Stimme.

»Aber sicher. Dreiundachtzig kam ich zum erstenmal. Ich überschritt den Chilkoot im Schneesturm mit einem zerlumpten Hemd und einer Tasse voll Mehl. Drüben gab es nichts zu beißen, und ich mußte nach Juneau zurück. Dort erhielt ich in jenem Winter meinen Proviant, und im Frühling ging ich wieder über den Paß. Und noch einmal vertrieb mich der Hunger. Im nächsten Frühling kam ich wieder, und ich schwor, nicht umzukehren, ehe ich meinen Einsatz nicht heraus hatte. Schön, das ist noch nicht geschehen, und hier bin ich nun. Und jetzt gehe ich nicht nach Hause. Ich hole die Post, und dann komme ich wieder. Ich bleibe nicht die Nacht über in Dyea. Sobald ich die Hunde gewechselt und Post und Proviant bekommen habe, will ich über den Chilkoot gehen. Und ich schwöre noch einmal bei dem Geschwänzten der Hölle und beim Kopf Johannes des Täufers, daß ich nicht eher heimgehe, als ich mir ein Vermögen gemacht habe. Und das sage ich euch, Leute, es muß ein mächtiges Vermögen sein.«

»Was nennst du ein Vermögen?« fragte Bettles, der neben dem Stuhl stand und seine Arme zärtlich um Daylights Schenkel geschlungen hatte.

»Ja, wieviel? Was nennst du ein Vermögen?« fragten andere.

Daylight hielt einen Augenblick inne und bedachte sich.

»Vier oder fünf Millionen«, sagte er langsam und hob die Hand, um Schweigen zu gebieten, denn seine Erklärung wurde mit stürmischem Hohngelächter begrüßt. »Ich will ganz vernünftig sein und sagen: mindestens eine Million. Aber das ist auch das wenigste, sonst gehe ich nicht aus dem Lande.«

Wieder wurde seine Behauptung mit schallendem Gelächter begrüßt. Nicht nur hatte die gesamte Ausbeute von Yukon bis dahin keine fünf Millionen erreicht, es gab nicht einen einzigen, der je für hunderttausend Dollar Gold gefunden hätte, geschweige denn für eine Million.

»Hört nur zu, Jungens. Ihr habt heute gesehen, wie Jack Kearns eine Chance verfolgte. Ehe gekauft wurde, hatten wir ihn. Aber er wußte, daß er noch einen König bekommen würde – das war seine Chance –, und er bekam ihn. Und ich sage euch, ich habe auch eine Chance. Es wird einmal ein großer Treffer am Yukon kommen, und es kommt bald. Ich meine nicht die Brocken, die wir in Moosehide oder Birch-Creek finden. Ich meine einen Fund, daß sich einem die Haare sträuben. Ich sag' euch, Leute, das Gold liegt da und wartet nur, daß man es holt. Niemand kann den Gang der Dinge aufhalten. Es liegt flußaufwärts, und dort müßt ihr mich suchen, wenn ihr mich in der nächsten Zeit finden wollt – irgendwo im Lande um den Stewart-River, den Indian-River und Klondike-River. Wenn ich mit der Post zurückkomme, mache ich mich auf den Weg dahin, und so schnell, daß ihr meine Fährte vor Rauch nicht sehen könnt. Es kommt, Jungens, Gold von den Graswurzeln abwärts, hundert Dollar in jeder Pfanne, und aus der ganzen Welt werden die Leute herströmen, fünfzigtausend Mann stark. Ihr werdet denken, daß die Hölle losgelassen ist.«

Er führte das Glas an die Lippen.

»Ihr sollt leben, und ich hoffe, daß ihr alle mit dabei sein werdet!«

Er trank, trat vom Stuhl herab und fiel wieder in die Bärentatzen Bettles'.

»Wenn ich du wäre, Daylight, so würde ich heute nicht fahren«, riet Joe Hines, der draußen gewesen war und das Thermometer untersucht hatte. »Wir kriegen eine schöne Kälte. Es sind jetzt schon sechzig Grad, und es geht immer noch herunter. Wart' lieber, bis es wärmer wird.«

Daylight lachte, und die alten Kerle um ihn her lachten.

»Das sieht euch Gelbschnäbeln ähnlich,« rief Bettles, »vor dem bißchen Kälte bange zu sein. Du kennst Daylight verdammt schlecht, wenn du meinst, daß die Kälte ihn aufhalten kann.«

»Er kriegt ja Frost in die Lunge, wenn er in der Kälte reist«, lautete die Antwort.

»Den Deubel kriegt er! Sieh mal, Hines, du bist erst drei Jahre in diesem Land, du hast dich noch nicht richtig daran gewöhnt. Ich hab' Daylight fünfzig Meilen den Koyokuk aufwärts fahren sehen an einem Tage, als das Thermometer bei zweiundsiebzig Grad in Stücke sprang.«

Hines schüttelte besorgt den Kopf.

»Gerade solche Leute kriegen Frost in die Lunge«, warnte er. »Wenn Daylight fährt, bevor die ärgste Kälte vorüber ist, so kommt er nie durch, noch dazu, wenn er ohne Zelt reist.«

»Es sind tausend Meilen bis Dyea«, erklärte Bettles, indem er auf einen Stuhl kletterte und, um seinen schwankenden Körper zu stützen, einen Arm um Daylights Nacken schlang. »Es sind tausend Meilen, sage ich, und zum größten Teil ungebahnter Weg, aber ich wette mit jedem Chechaquo – so hoch er will –, daß Daylight in einem Monat in Dyea ist.«

»Das wären mehr als dreißig Meilen täglich,« warnte Doc Watson, »und ich bin auch schon gereist. Ein Schneesturm am Chilkoot würde ihn eine Woche aufhalten.«

»Stimmt,« sagte Bettles trocken, »und die tausend Meilen zurück wird Daylight wieder in einem Monat machen; ich wette fünfhundert Dollar, und den Schneesturm mag der Teufel holen.«

Um seiner Bemerkung Nachdruck zu verleihen, holte er einen Beutel mit Gold aus der Hosentasche und warf ihn auf den Schanktisch. Doc Watson legte seinen eigenen daneben.

»Halt!« rief Daylight. »Bettles hat recht, aber ich will auch mit dabei sein. Ich wette fünfhundert, daß ich heute in sechzig Tagen mit der Post von Dyea in die Tür von Tivoli trete.«

Zweifelnde Stimmen erhoben sich, und ein Dutzend Männer holten ihre Beutel heraus. Jack Kearns drängte sich vor, so daß Daylight ihn bemerkte.

»Ich nehm' dich beim Wort, Daylight«, rief er. »Zwei gegen eins, daß du es nicht machst – nicht in siebzig Tagen.«

»Keine Wohltätigkeit, Jack«, war die Antwort. »Die Wette steht gleich, und es bleibt bei sechzig Tagen.«

»Siebzig Tage und zwei gegen eins, daß du es nicht machst«, beharrte Kearns. »›Fifty Mile‹ ist weit offen und das Ufereis unsicher.«

»Was du mir abgewinnst, gehört dir«, fuhr Daylight fort. »Donnerwetter, Jack, du kannst mir meinen Verlust nicht auf diese Weise erstatten. Ich will überhaupt nicht mit dir wetten. Du willst nur versuchen, mir Geld zu schenken. Aber ich will dir etwas sagen, Jack, ich habe eine andere Chance. Eines Tages gewinne ich alles zurück. Wartet nur, bis der große Goldfund oben am Fluß kommt. Dann wollen wir beide ein Spiel machen, wie es sich für Männer ziemt. Gilt das?«

Sie schüttelten sich die Hände.

»Er macht es«, flüsterte Kearns Bettles ins Ohr. »Und hier setze ich fünfhundert Dollar darauf, daß Daylight in sechzig Tagen wieder da ist«, fügte er laut hinzu.

Billy Rawlins ging die Wette ein, und Bettles umarmte Kearns begeistert.

»Bei Gott, die Wette halte ich«, sagte Olaf Henderson und zog Daylight von Bettles und Kearns weg.

»Wer gewinnt, gibt aus!« rief Daylight und schlug ein. »Und ich bin sicher, daß ich gewinne, sechzig Tage sind eine lange Zeit zwischen zwei Gläsern, und darum bezahle ich jetzt. Sagt, was ihr haben wollt, ihr Hoochinoos! Sagt, was ihr wollt!«

Mit einem Glas Whisky in der Hand kletterte Bettles wieder auf seinen Stuhl und, hin und her schwankend, sang er das einzige Lied, das er kannte:

»Oh, it's Henry Ward Beecher
And Sunday-school teachers
    All sing of the sassafras-root;

But you bet all the same,
If it had its right name,
    It's the joice of the forbidden fruit.«

Und die ganze Bande sang den Refrain:

»But you bet all the same,
If it had its right name,
    It's the joice of the forbidden fruit.«

Die Tür wurde geöffnet. Ein unsicheres, graues Licht strömte herein.

»Es wird hell, der Tag bricht an!« rief eine Stimme mahnend.

Ohne sich auch nur einen Augenblick zu bedenken, stürzte Daylight zur Tür und zog die Ohrenklappen herunter.

Kama stand draußen neben dem Schlitten, einem langen schmalen Gerät, sechzehn Zoll breit und siebeneinhalb Fuß lang, mit einem sechs Zoll über den stählernen Kufen liegenden Holzboden. Die leichten Rupfensäcke, die die Post enthielten, sowie Proviant für Hunde und Menschen waren mit Riemen aus Elenhaut darauf festgebunden. Vor ihm lagen in einer Reihe fünf weißbereifte Hunde. Es waren Huskies (eine Art Wolfshund), die in ihrer ungewöhnlichen Größe und grauen Farbe zueinander paßten. Von ihrer grimmigen Schnauze bis zu den buschigen Ruten glichen sie lebensgroßen Waldwölfen. Sie waren Wölfe, zwar zahme, aber doch Wölfe in ihrer ganzen Erscheinung wie in ihrem Wesen. Oben auf dem Schlitten lagen zu augenblicklichem Gebrauch bereit zwei Paar Schneeschuhe.

Bettles zeigte auf einen Schlafsack aus Polarhasenfell, der aus einem Sack herausguckte.

»Das ist sein Bett«, sagte er. »Sechs Pfund Kaninchenfell. Das Wärmste, worunter er je geschlafen hat, aber ich will verdammt sein, wenn mich das warm halten könnte, und ich kann doch was vertragen. Daylight ist das reine Höllenfeuer.«

»Ich möchte nicht der Indianer sein«, bemerkte Doc Watson.

»Er macht ihn tot, er macht ihn sicher tot«, sang Bettles begeistert. »Ich weiß das. Ich habe schon Schlittenreisen mit Daylight gemacht. Der Mann ist noch nie in seinem Leben müde gewesen. Weiß gar nicht, was das heißt. Ich hab' ihn einen ganzen Tag bei vierzig Grad Kälte mit nassen Strümpfen reisen sehen. Das macht ihm keiner nach.«

Während dieses Gesprächs verabschiedete Daylight sich von den Männern, die ihn umdrängten. Die Jungfrau wollte ihn küssen, aber obwohl er stark vom Whisky umnebelt war, gelang es ihm auch diesmal, den Schürzenbändern zu entgehen. Er küßte die Jungfrau, küßte aber auch die andern drei Mädchen mit derselben Wärme. Dann zog er die langen Fäustlinge an, jagte die Hunde auf und nahm seinen Platz am Steuer ein.

»Mush, Kinder!« rief er.

Im selben Augenblick warfen die Tiere ihr volles Gewicht gegen die Brustgurte, krochen im Schnee zusammen und hieben ihre Klauen hinein. Sie winselten vor Eifer, und ehe der Schlitten ein halbes Dutzend Längen fortgekommen war, mußten sowohl Daylight wie Kama, der den Nachtrab bildete, laufen, um mitzukommen. Und so glitten Männer und Hunde den Hang hinunter, liefen dem gefrorenen Bette des Yukon zu und waren bald in dem grauen Licht verschwunden.

 

Auf dem Fluß, in ausgetretener Bahn, wo es keiner Schneeschuhe bedurfte, machten die Hunde sechs Meilen in der Stunde. Um Schritt mit ihnen zu halten, waren die beiden Männer gezwungen, zu laufen. Daylight und Kama gingen abwechselnd am Steuer, denn den schnell fahrenden Schlitten zu lenken und vor ihm zu bleiben, war die härteste Arbeit. Der andere Mann hielt sich dicht hinter dem Gefährt und sprang zuweilen auf, um auszuruhen.

Es war harte Arbeit, aber sie machte trotzdem Freude. Sie flogen über den Boden dahin und hielten sich meist auf der ausgefahrenen Spur. Wenn sie sich später selbst ihren Weg bahnen mußten, waren drei Meilen die Stunde eine gute Leistung. Dann gab es kein Fahren und Ausruhen mehr, und auch von Laufen war wohl kaum noch die Rede. Dann war das Lenken die leichteste Arbeit, und während der eine Mann eine Zeitlang mit Schneeschuhen den Weg für die Hunde bahnte, konnte sich der andere am Steuerplatz ausruhen. Diese Arbeit machte keinen Spaß. Oft mußten sie sich lange Strecken über ein Chaos von Eisschollen schleppen und froh sein, wenn sie zwei Meilen die Stunde schafften. Und es kamen noch schlimmere Strecken, wo eine Meile die Stunde furchtbarste Anstrengung bedeutete.

Kama und Daylight sprachen nicht miteinander. Ihre Arbeit ließ es nicht zu, und es lag ihnen auch nicht, während der Arbeit zu sprechen. Nur ganz selten, wenn es unumgänglich war, wechselten sie ein kurzes Wort miteinander, und Kama beschränkte sich auch dann meistens auf einen kurzen Grunzlaut. Hin und wieder winselte oder knurrte ein Hund, aber im allgemeinen verhielt das Gespann sich still. Der einzige Laut, den man hörte, war das scharfe Pfeifen der stählernen Kufen über die harte Fläche und das Knirschen des gleitenden Schlittens.

Wie durch eine Mauer war Daylight jetzt von dem Summen und Lärmen des Tivoli getrennt – eine andere Welt hatte ihn aufgenommen, eine Welt von Schweigen und Unbeweglichkeit. Nichts regte sich. Der Yukon schlummerte unter einer drei Fuß starken Eisdecke. Nicht ein Windhauch war zu spüren. Selbst der Saft in den Fichtenstämmen an beiden Ufern schien erstarrt zu sein. Die Bäume standen wie versteinert mit der leichten Schneelast auf ihren Zweigen. die der leiseste Hauch herabgeweht hätte, aber es geschah nicht. Daylights Schlitten war der einzige lebendige, bewegliche Punkt inmitten der großen feierlichen Stille, und das rauhe Scheuern der Kufen verstärkte nur das Schweigen ringsum.

Es war eine tote Welt, ja, eine graue Welt. Das Wetter war kalt und klar; die Luft war trocken, ohne Dunst und Nebel; aber der Himmel war ein graues Bahrtuch. Zwar verdunkelten keine Wolken den Tag, aber auch keine Sonne gab Helligkeit. Weit im Süden erklomm sie stetig ihre Mittagshöhe, aber zwischen ihr und dem gefrorenen Yukon lag die Wölbung der Erde. Der Yukon war in nächtliche Schatten getaucht, und der Tag selbst nur eine lange Dämmerung. Als um dreiviertel zwölf eine plötzliche Wendung des Flusses einen Ausblick nach Süden eröffnete, zeigte sich der oberste Rand der Sonne gerade über dem Horizont. Eine blasse, verwischte Scheibe. Ihre Strahlen wärmten nicht, und man konnte gerade in sie hineinsehen, ohne daß einem die Augen schmerzten. Und kaum hatte sie ihre Mittagshöhe erreicht, als sie auch schon wieder hinter den Horizont kroch, und ein Viertel nach zwölf warf die Erde wieder ihren Schatten über das Land.

Männer und Hunde eilten weiter. Daylight und Kama nahmen wie die Wilden Nahrung zu sich. Sie aßen zu unregelmäßigen Zeiten, konnten sich bei Gelegenheit bis zum Übermaß vollstopfen und dann wieder weite Strecken zurücklegen, ohne überhaupt etwas zu essen. Die Hunde fraßen nur einmal täglich, und dann bekamen sie selten mehr als ein Pfund gedörrten Fisch jeder. Sie waren ausgehungert, dabei aber in glänzender Verfassung. Wie bei ihren Vorfahren, den Wölfen, war ihr Stoffwechsel streng ökonomisch und vollkommen. Nichts wurde vergeudet. Die kleinste Krume, die sie verzehrten, wurde in Energie umgesetzt. Und Kama und Daylight glichen ihnen. Sie waren ausdauernd wie die Generationen, von denen sie abstammten. Die geringste Nahrungsmenge versorgte sie mit produktiver Energie. Nichts ging verloren. Ein zivilisierter, verzärtelter Stubenmensch wäre mager und mutlos geworden bei der Lebensweise, die Kama und Daylight auf der Höhe körperlichen Wohlbefindens hielt. Sie kannten, was jener nicht kennt: beständiges, normales Hungergefühl, so daß sie jederzeit essen konnten. Ihr Appetit verließ sie nie und ließ sie gierig in alles einhauen, was sie kriegen konnten, ohne Verdauungsstörungen zu bekommen.

Gegen drei Uhr nachmittags ging die lange Dämmerung in die Nacht über. Die Sterne kamen zum Vorschein und funkelten nahe und klar, und bei ihrem Licht setzten Hunde und Männer die Reise fort. Sie waren unermüdlich. Und dabei war dies keine eintägige Rekordleistung, sondern der erste von sechzig gleichen Tagen. Obwohl Daylight eine Nacht durchtanzt und durchtrunken hatte, war ihm nichts anzumerken. Seine ungewöhnliche Lebenskraft und die selten ausbrechende Ausgelassenheit ließen ihn solche Nächte leicht überwinden.

Daylight reiste ohne Uhr, er fühlte die Zeit. Als es seiner Berechnung nach sechs Uhr sein mußte, begann er sich nach einem Lagerplatz umzusehen. Bei einer Biegung kreuzten die Reisenden den Fluß. Da sie nicht gleich eine passende Stelle fanden, fuhren sie eine Meile am anderen Ufer entlang, wurden aber unterwegs vom Eise aufgehalten und brauchten eine Stunde schwerer Arbeit um durchzukommen. Schließlich fand Daylight, was er suchte, einen abgestorbenen Baum am Ufer. Der Schlitten wurde hinaufgefahren. Kama grunzte zufrieden, und sie begannen ihr Lager aufzuschlagen.

Die Arbeitsteilung war ausgezeichnet. Jeder wußte, was er zu tun hatte. Mit der einen Axt zerhieb Daylight die tote Fichte. Mit der anderen Axt und einem Schneeschuh legte Kama die Eisdecke des Yukon frei und schlug Eis zum Kochen los. Das Feuer wurde mit einem Stück trockener Rinde angezündet, und Daylight machte sich ans Kochen, während der Indianer den Schlitten ablud und jedem Hund seine Portion an gedörrtem Fisch austeilte. Die Proviantsäcke warf er so hoch in die Bäume, daß die Hunde sie nicht erreichen konnten. Dann fällte er eine junge Tanne und hieb die Zweige ab. Dicht am Feuer trat er den Schnee fest und bedeckte ihn mit Zweigen. Auf diese legte er sein eigenes und Daylights Gepäck, das aus trockenen Strümpfen, Unterzeug und Schlafsäcken bestand. Kama hatte zwei Schlafsäcke aus Kaninchenfell, Daylight nur einen.

Sie arbeiteten ruhig, ohne die Zeit mit Sprechen zu vergeuden. Jeder tat das seine, ohne dem andern etwas von seiner eigenen Arbeit aufzubürden. Kama sah, daß sie mehr Eis brauchten, und holte es, während Daylight einen Schneeschuh, den die Hunde umgeworfen hatten, wieder aufrichtete. Während der Kaffee kochte und der Speck briet, und Kama den Teig zu den Pfannkuchen knetete, fand Daylight Zeit, einen großen Topf mit Bohnen aufzusetzen. Dann kam Kama zurück, setzte sich an den Rand der Tannenzweige und benutzte die Wartezeit, um die Hundeleinen nachzusehen.

»Ich glaub', Skookum und Booga werden sich beißen«, bemerkte Kama, als sie sich zum Essen niederließen.

»Pass' gut auf sie auf«, war Daylights Antwort.

Und das war die einzige Unterhaltung während der ganzen Mahlzeit. Einmal sprang Kama mit einem leisen Fluch auf und schlug mit einem brennenden Holzscheit auf ein paar Hunde ein, die aneinandergeraten waren. Daylight tat während des Essens Eisstücke in den Blechtopf, wo sie zerschmolzen. Als die Mahlzeit beendet war, fachte Kama das Feuer an, hieb noch etwas Holz für den nächsten Morgen ab und kehrte dann zu den Tannenzweigen und seiner Beschäftigung mit den Hundeleinen zurück. Daylight schnitt große Speckstücke ab und warf sie in den Topf mit den kochenden Bohnen. Ihre Mokassins waren trotz der starken Kälte feucht geworden; sobald sie ihre Arbeit beendet hatten, nahmen sie die Mokassins ab, hingen sie zum Trocknen an kurzen Stöcken vor das Feuer und wendeten sie von Zeit zu Zeit. Als die Bohnen gar gekocht waren, schüttete Daylight einen Teil davon in einen kleinen Sack, den er in den Schnee legte, während der Rest der Bohnen zum Frühstück stehenblieb.

Es war neun Uhr vorbei, als sie endlich zu Bett gehen konnten. Der Kampf zwischen den Hunden hatte längst aufgehört, und die müden Tiere waren im Schnee zusammengekrochen, wobei sie Pfoten und Schnauze zusammensteckten und sie mit der buschigen Wolfsrute bedeckten. Kama breitete seinen Schlafsack aus und steckte sich seine Pfeife an. Daylight drehte sich eine Zigarette aus braunem Papier, und die zweite Unterhaltung des Abends begann.

»Ich denke, wir haben fast sechzig Meilen gemacht«, sagte Daylight.

»Hm, glaub' ich auch«, sagte Kama.

Wie sie gingen und standen, nur mit einer wollenen Mackinawjacke anstatt der »Parka«, die sie den ganzen Tag getragen hatten, wickelten sie sich in ihre Schlafsäcke. Und fast im selben Augenblick schliefen sie auch schon fest. Die Sterne funkelten in der frostklaren Nacht, und über ihnen fuhren die farbenprächtigen Streifen des Nordlichts wie große Scheinwerfer über den Himmel. –

Es war noch dunkel, als Daylight erwachte und Kama rief. Obwohl das Nordlicht noch flammte, war doch ein neuer Tag angebrochen. Ihr Frühstück bestand aus Pfannkuchen, aufgewärmten Bohnen, gebratenem Speck und Kaffee. Die Hunde erhielten nichts, obwohl sie mit sehnsüchtiger Miene in einiger Entfernung im Schnee lagen und mit um die Schnauzen gelegten Ruten zusahen. Hin und wieder hoben sie unruhig eine Vorderpfote, als ob ihnen in der Kälte die Füße schmerzten. Es war bitterkalt, wenigstens fünfundsechzig Grad unter Null, und als Kama die Hunde mit bloßen Händen vor den Schlitten spannte, mußte er sich mehrmals die gefühllos gewordenen Fingerspitzen am Feuer wärmen. Gemeinsam beluden die beiden Männer den Schlitten. Sie wärmten sich zum letztenmal die Hände, zogen die Handschuhe an und trieben das Gespann zum Fluß hinunter. Nach Daylights Berechnung war es jetzt ungefähr sieben Uhr, aber die Sterne funkelten noch ebenso hell wie früher, und das Nordlicht pulste still über ihren Häuptern.

Zwei Stunden später wurde es plötzlich dunkel – so dunkel, daß sie den Weg nur noch fühlen konnten, und Daylight wußte nun, daß seine Zeitberechnung richtig gewesen war. Es war jene Dunkelheit vor Tagesanbruch, die nirgends auffälliger ist, als auf winterlichen Schlittenreisen in Alaska. Langsam stahl sich das graue Licht durch die Finsternis, im Anfang noch unmerklich, so daß sie fast mit Überraschung den unsicheren Schimmer der Spur unter ihren Füßen bemerkten. Das nächste, was sie zu sehen bekamen, war der letzte Hund, dann die ganze Reihe laufender Tiere, und zuletzt erschienen die schneebedeckten Hänge zu beiden Seiten. Einen Augenblick tauchte das Ufer selbst auf, verschwand wieder, tauchte wieder auf und blieb nun. Wenige Minuten später erschien das andere Ufer eine Meile entfernt, und nun konnte man weithin den zugefrorenen Fluß und zur Linken ganz in der Ferne eine langgestreckte Kette sich scharf abzeichnender schneebedeckter Berge sehen. Und das war alles. Die Sonne zeigte sich nicht, und das Licht blieb grau.

Einmal während des Tages kreuzte plötzlich ein Luchs gerade vor der Nase des Leithundes den Weg und verschwand in den weißen Wäldern. Der Raubtierinstinkt der Hunde erwachte. Sie erhoben den Jagdruf des Rudels, warfen sich ins Geschirr und wandten sich seitwärts zur Verfolgung. Daylight brüllte: »Hoa!« riß die Lenkstange herum, und es glückte ihm, den Schlitten in den weichen Schnee zu lenken, wo er umschlug. Die Hunde ließen von der Verfolgung ab, der Schlitten wurde aufgerichtet, und fünf Minuten später flogen sie wieder auf dem festen Wege dahin. Der Luchs war das einzige lebende Wesen, das sie seit zwei Tagen gesehen hatten, und wie er auf sammetweichen Pfoten leicht vorübersprang, wirkte er fast wie eine Erscheinung.

Als die Sonne um zwölf über die Erdrundung emporsah, machten die Männer halt und zündeten ein kleines Feuer auf dem Eise an. Daylight hieb mit der Axt Stücke von den gefrorenen Bohnen los. Sie wurden aufgetaut, in der Bratpfanne gewärmt und bildeten die ganze Mahlzeit. Kaffee gab es nicht. Das Tageslicht war zu kostbar, um es auf solchen Luxus zu verschwenden. Die Hunde hörten auf, sich zu balgen, und sahen sehnsüchtig zu. Nur abends bekamen sie ihr Pfund Fisch. Tagsüber arbeiteten sie.

Die Kälte hielt an. Nur Männer aus Stahl können bei so niedrigen Temperaturen reisen, aber Kama und Daylight waren Auserwählte ihrer Rasse. Kama jedoch, der die Überlegenheit des andern kannte, wußte, daß er von Anfang an zum Untergang verurteilt war. Nicht daß er es bewußt an Fleiß und Willigkeit fehlen ließ, aber dies Bewußtsein drückte ihn zu Boden. Er betete Daylight an. Selbst stoisch, schweigsam, stolz auf seine Ausdauer, fand er alle diese Eigenschaften in seinem weißen Kameraden verkörpert. Hier war einer, der sich in allem auszeichnete, worin ein Mann sich auszeichnen mußte, ein Halbgott, und Kama konnte nicht anders, er mußte ihn anbeten – wenn er es auch mit keiner Miene verriet.

Kein Wunder, daß die weiße Rasse siegte, dachte er, wenn sie solche Männer hervorbrachte. Was vermochte sein Volk gegen eine so zähe, ausdauernde Rasse? Selbst die Indianer reisten nicht bei solcher Kälte, und sie besaßen doch die Weisheit von tausend Generationen; und dieser Daylight, der Mann aus dem weichlichen Süden, war härter als sie, verlachte ihre Angst und reiste zehn und zwölf Stunden am Tage. Und dieser Daylight glaubte, eine tägliche Schnelligkeit von dreiunddreißig Meilen sechzig Tage lang aushalten zu können. Er sollte nur warten, bis frischer Schnee fiel, oder bis sie wieder auf ungebahnte Wege oder an die große Eisschranke um das offene Wasser kamen.

Aber unterdessen hielt Kama Schritt mit ihm, murrte nie und drückte sich nie von einer Arbeit. Fünfundsechzig Grad unter Null ist sehr kaltEs handelt sich stets um Fahrenheit.. Da Wasser bei zweiunddreißig Grad über Null gefriert, bedeuten fünfundsechzig Grad nicht weniger als siebenundneunzig Grad unter dem Gefrierpunkt. So erhält man einen schwachen Begriff von der Kälte, in der Kama und Daylight durch die Finsternis reisten.

Obgleich Kama beständig seine Wangen rieb, bekam er Frostbeulen an den Backenknochen, und das Fleisch wurde schwarz und gefühllos. Seine Lungenspitzen schmerzten – ein gefährliches Anzeichen, und allein schon ein Grund, daß ein Mann sich nicht im Freien bei fünfundsechzig Grad Kälte übermäßig anstrengen soll. Aber er klagte nie, und Daylight fühlte sich ebenso warm unter seinen sechs Pfund Kaninchenfell, wie der andere unter seinen zwölfen.

Am zweiten Abend schlugen sie nach weiteren fünfzig Meilen ihr Lager nahe der Grenze zwischen Alaska und dem nordwestlichen Territorium auf. Der Rest der Reise ging bis auf das letzte kurze Stückchen nach Dyea durch kanadisches Gebiet. Bei der schnellen Fahrt und da kein Neuschnee gefallen war, gedachte Daylight am vierten Abend das Lager von Forty Mile zu erreichen. Aber am dritten Tag begann die Temperatur zu steigen, und das bedeutete am Yukon, wie sie wußten, Schnee. Auch mußten sie sich an diesem Tage zehn Meilen weit ihren Weg durch Eisschollen bahnen und den Schlitten über riesige Eisblöcke heben. Hier nützten die Hunde nur wenig, und sowohl sie wie die Männer mühten sich ab, ohne viel weiter zu kommen. Eine Stunde Überarbeit am Abend brachte ihnen nur einen Teil der verlorenen Zeit wieder ein.

Als sie am Morgen erwachten, lag der Schnee zwei Zoll hoch auf ihren Schlafsäcken. Die Hunde waren ganz unter der weißen Decke begraben und wollten nur ungern ihr warmes Nest verlassen. Der Neuschnee bedeutete schwere Arbeit. Die Kufen sanken ein, und einer der Männer mußte beständig vorausgehen und den Schnee mit den Schneeschuhen festtreten, damit sie nicht umwarfen. Der Schnee ist in diesen Gegenden ganz anders, als man ihn in südlichen Ländern kennt. Er ist hart, fein und trocken wie Zucker. Er läßt sich nicht ballen und wirbelt wie loser Sand unter den Füßen auf. Er besteht nicht aus Flocken, sondern aus Kristallen – winzigen geometrischen Frostkristallen. Es war wärmer geworden, kaum zwanzig Grad unter Null, und die beiden Männer schwitzten bei der Arbeit, obwohl sie die Ohrenklappen hochgeschlagen und die Handschuhe ausgezogen hatten. Sie erreichten Forty Mile an diesem Abend nicht mehr, und als sie am nächsten Tage dort eintrafen, machte Daylight nur halt, um Post und neuen Proviant aufzunehmen. Am folgenden Nachmittag lagerten sie an der Mündung des Klondike-River. Seit Forty Mile hatten sie nicht eine lebende Seele getroffen und sich beständig ihren Weg selbst bahnen müssen. Seit dem Herbst war noch keiner den Fluß hinauf südwärts von Forty Mile gekommen, und es konnte gut sein, daß sie den ganzen Winter die einzigen blieben. In jenen Tagen war Yukon ein einsames Land. Zwischen dem Klondike-River und Salt Water bei Dyea lagen sechshundert Meilen schneebedeckte Wildnis, und auf der ganzen Strecke gab es nur zwei Stellen, wo Daylight möglicherweise Menschen treffen konnte. Beides waren isolierte Poststationen, Sixty Mile und Fort Selkirk. Im Sommer stellten sich wohl an der Mündung des Stewart- und des White-River, bei Big und Little Salmons und am Le-Barge-See Indianer ein, im Winter jedoch folgten sie, wie er wohl wußte, den Elchherden bis weit in die Berge.

An diesem Abend, an der Mündung des Klondike, legte sich Daylight nach verrichteter Abendarbeit nicht nieder. Einem Weißen hätte er gesagt, daß er die »Chance« in sich spürte. Er schnallte sich die Schneeschuhe an, verließ die Hunde, die sich im Schnee verkrochen hatten, und Kama, der schwer atmend unter seinem Kaninchenfell lag, und kletterte den hohen Erdhang empor auf die weite Hochfläche. Aber dichte Tannen versperrten ihm die Aussicht, und so schritt er über die Ebene und erklomm die ersten Ausläufer der darunterliegenden Berge. Hier konnte er den Klondike, der im rechten Winkel aus Osten heranströmte, und den Yukon, der einen weiten Bogen von Süden her machte, sehen. Links, stromabwärts, gegen die Moosehide-Berge, zeigte sich der mächtige weiße Fleck, von dem sie ihren Namen hatten, klar im Sternenlicht. Leutnant Schwatka hatte ihnen den Namen gegeben, aber er, Daylight, hatte sie als erster gesehen, lange bevor der unerschrockene Forscher nach Überschreitung des Chilkoots auf einem Floß den Yukon hinabgefahren war.

Aber den Bergen schenkte er jetzt weniger Aufmerksamkeit als der weiten Ebene selbst, an deren Seiten das Wasser tief genug war, daß Dampfer dort anlegen konnten.

»Wie geschaffen für eine Stadt«, murmelte er. »Platz für ein Lager von vierzigtausend Mann. Man muß nur Gold finden.« Er dachte einen Augenblick nach. »Zehn Dollar die Pfanne genügen, um Scharen herbeizulocken, wie Alaska sie noch nie gesehen hat. Und wenn's nicht hier ist, dann bestimmt irgendwo hier herum. Die Idee ist sicher gut. Man muß die Baugelände den ganzen Weg herauf im Auge behalten.« Er stand noch eine Weile, sah über die einsame Fläche hinüber und malte sich aus, wie es hier aussehen würde, wenn der große Zustrom käme. Vor seinem Geiste entstanden die Sägemühlen, die Kaufhäuser, Wirtschaften und Tanzsäle und die langen Straßen der Goldgräbersiedlung. Und durch diese Straße wogte der Verkehr, Tausende von Männern, während vor den Geschäften die schwerbeladenen Schlitten mit langen Reihen von Hunden standen. Er sah sie die Hauptstraße fahren und den zugefrorenen Klondike bis zu seinen Goldfeldern hinaufsteuern.

Daylight lachte und schüttelte die Erscheinung von sich ab, dann stieg er zur Ebene hinunter und nach dem Lager. Fünf Minuten später hatte er sich in seinen Schlafsack gewickelt. Aber er öffnete die Augen und setzte sich auf, erstaunt, daß er nicht einschlafen konnte. Er betrachtete den schlummernden Indianer neben sich, die Glut des halb erloschenen Feuers, die fünf Hunde, die mit der buschigen Rute über der Schnauze dalagen, und die vier Schneeschuhe, die aufrecht im Schnee steckten.

»Die verdammte Chance läßt mir keine Ruhe«, murmelte er. Seine Gedanken kehrten zum Pokerspiel zurück. »Vier Könige!« Er grinste bei der Erinnerung. »Das war eine Chance!«

Er legte sich nieder, zog den Schlafsack um Nacken und Ohrenklappen zusammen, schloß die Augen, und diesmal schlief er ein.

 

In Sixty Mile ergänzten sie ihren Proviant, vermehrten ihre Last um einige Pfund Briefe und fuhren dann wieder unverdrossen drauflos. Von Forty Mile an war der Weg ungebahnt gewesen, und bis Dyea sollte es nun so weiter gehen. Daylight war in glänzender Verfassung, auf Kama dagegen blieb die furchtbare Fahrt nicht ohne Einfluß. Zwar schloß ihm sein Stolz den Mund, aber die Wirkung der Kälte auf seine Lungen ließ sich nicht mehr verbergen. Der angegriffene Rand der Lungenspitzen war mikroskopisch klein, aber sie begannen jetzt abzuschälen, was einen trockenen Husten verursachte. Jede außergewöhnliche Anstrengung bedeutete einen heftigen Hustenkrampf. Das Blut trieb ihm die Augen aus dem Kopf, und die Tränen rannen ihm über die Backen. Der Rauch von der Bratpfanne genügte, ihn eine halbe Stunde nach Luft keuchen zu lassen, und wenn Daylight kochte, hielt er sich daher sorgfältig auf der Windseite.

Tag für Tag, endlos kämpften sie sich vorwärts durch den weichen, ungebahnten Schnee. Es war eine harte, einförmige Arbeit ohne die Freude und Erregung, die man fühlt, wenn man über eine harte Oberfläche dahinsaust. Bald ging der eine, bald der andere auf Schneeschuhen voraus, es war unablässige harte Mühsal. Der Staubschnee mußte niedergepreßt werden, und bei jedem Schritt sank der breite Schneeschuh zwölf Zoll tief ein. Unter solchen Umständen erforderte die Arbeit mit dem Schneeschuh ganz andere Kräfte als gewöhnlich. Um vorwärts zu kommen, mußte der Fuß senkrecht gehoben werden. War der Schneeschuh in den Schnee eingepreßt, so stand die Spitze vor einer senkrechten, zwölf Zoll hohen Schneemauer. Wurde der Fuß beim Vorwärtsschreiten nur ganz wenig schief gesetzt, so drang die Spitze in die Schneemauer und wippte herunter, daß der Schneeschuh dem Mann hinten gegen das Bein schlug. So mußte Stunde für Stunde bei jedem Schritt der Fuß zwölf Zoll gehoben werden, ehe das Knie ihn vorwärtsschwingen konnte.

Dicht hinter dem Wegbahner folgten die Hunde, der Mann am Steuer und der Schlitten. Bei einer Arbeit, wie sie nur wenige Auserwählte zu leisten imstande sind, schafften sie höchstens drei Meilen die Stunde. Das bedeutete längere Arbeitszeit, und um einen Vorsprung zu gewinnen für den Fall, daß ihnen etwas Unerwartetes zustoßen sollte, fuhren sie zwölf Stunden täglich. Da das Aufschlagen des Lagers und das Kochen der Bohnen, die Zubereitung des Frühstücks, der Aufbruch am Morgen und die Mittagspause mit dem Auftauen der Bohnen drei Stunden erforderte, blieben ihnen nur neun Stunden für Schlaf und Ruhe, und weder Mensch noch Hund vergeudete eine Minute von diesen kostbaren neun Stunden.

In Selkirk, der Poststation in der Nähe des Pelly-River schlug Daylight vor, daß Kama hierbleiben und wieder zu ihm stoßen sollte, wenn er von Dyea zurückkäme. Ein vom Le-Barge-See hierher verschlagener Indianer hatte sich bereit erklärt, seinen Platz einzunehmen; aber Kama war halsstarrig. Er grunzte mit einer schwachen Andeutung von Empfindlichkeit, und damit war die Sache erledigt. Dagegen wechselte Daylight die Hunde, ließ das erschöpfte Gespann zurück, damit die Tiere sich bis zu seiner Rückkehr ausruhten, und zog mit sechs frischen weiter.

Um zehn Uhr erreichten sie Selkirk, und am nächsten Morgen um sechs Uhr befanden sie sich wieder auf der Wanderung durch die weite Einöde nach dem fast fünfhundert Meilen entfernten Dyea. Eine zweite Kältewelle kam, aber ob kalt oder warm, der ungebahnte Weg blieb immer gleich. Wenn das Thermometer auf fünfzig Grad herunter ging, war die Reise ebenso beschwerlich, denn bei dieser niedrigen Temperatur widerstanden die harten Eiskristalle den Schlittenkufen wie Sandkörner. Die Hunde mußten eben stärker ziehen als auf demselben Schnee bei zwanzig bis dreißig Grad unter Null. Daylight verlängerte die tägliche Arbeitszeit auf dreizehn Stunden. Er wachte eifersüchtig auf den gewonnenen Vorsprung, denn er wußte, daß noch schwierige Stellen kamen.

Es war erst Mitte Dezember, und der ungestüme Fifty-Mile-River rechtfertigte seine Befürchtungen. An vielen Strecken war er offen und nur am Ufer entlang von unsicherem Eise bedeckt. An zahlreichen Stellen, wo das Wasser gegen die steilen Felsufer brach, konnte sich überhaupt kein Eis bilden. Sie machten Umwege, gingen hier über den Fluß und dort wieder zurück und mußten es oft ein dutzendmal versuchen, ehe sie einen Weg über eine besonders schwierige Stelle fanden. Es ging nur langsam vorwärts. Die Eisbrücken mußten geprüft werden; einer von ihnen schritt dann mit den Schneeschuhen an den Füßen und einer langen Stange quer in den Händen voraus. Brach das Eis, so konnte er sich an die Stange klammern. Ein solcher Unfall begegnete beiden mehrmals. Bei fünfzig Grad unter Null kann ein Mann, wenn er bis zum Gürtel naß geworden ist, nicht sofort weiterreisen, ohne zu erfrieren, so daß jedes Bad eine neue Verspätung bedeutete. Sobald der Mann herausgezogen war, begann er, so naß wie er war, auf und ab zu laufen, um sein Blut in Zirkulation zu halten, während sein trockener Gefährte ein Feuer anmachte. Unter dessen Schutz konnte dann die Kleidung gewechselt und das nasse Zeug bis zum nächsten Unfall getrocknet werden. Das schlimmste aber war, daß die gefährliche Reise nicht in der Dunkelheit fortgesetzt werden konnte und sich der Arbeitstag daher auf sechs Stunden beschränkte. Jede Minute war kostbar, und sie bestrebten sich, nicht eine zu verlieren. So war, ehe noch der erste Schimmer des grauen Tages dämmerte, das Lager abgebrochen, der Schlitten beladen, das Gespann angeschirrt, und die beiden Männer kauerten sich wartend am Feuer nieder. Selbst mittags machten sie keinen Halt mehr. Und doch waren sie weit hinter ihrer Zeitberechnung zurück, und jeder Tag verschlang ein Stück des Vorsprunges, den sie anfangs gehabt hatten. Es gab Tage, an denen sie fünfzehn Meilen, und Tage, an denen sie ein Dutzend zurücklegten. Und auf einer besonders schlimmen Strecke brauchten sie zwei volle Tage für neun Meilen, da sie gezwungen waren, den Fluß zu verlassen und den Schlitten über die Berge zu tragen.

Zuletzt bezwangen sie aber den furchtbaren Fifty-Mile-River und erreichten den Le-Barge-See. Hier gab es weder offenes Wasser noch Eisbarrieren. Auf einer Strecke von dreißig Meilen oder mehr lag der Schnee so eben wie eine Tischplatte, aber drei Fuß hoch und weich wie Mehl. Drei Meilen die Stunde waren das höchste, was sie leisten konnten, aber Daylight feierte den Abschied vom Fifty-Mile-River, indem er bis zum späten Abend fuhr. Um elf Uhr morgens war der See vor ihren Augen aufgetaucht. Als die arktische Nacht sich um drei Uhr nachmittags herabsenkte, konnten sie in der Ferne sein Ende erblicken, und beim ersten Sternenlicht war es erreicht. Um acht Uhr abends ließen sie den See hinter sich und fuhren in die Mündung des Lewes-River ein. Hier wurde eine halbstündige Rast gemacht und Stücke der kalten gefrorenen Bohnen aufgetaut, während die Hunde eine Extraportion Fisch erhielten. Dann setzten sie ihren Weg flußaufwärts fort, bis sie um ein Uhr nachts ihr Lager aufschlugen.

Sie waren an diesem Tage sechzehn Stunden gefahren, die Hunde waren jetzt sogar zu müde, um sich zu raufen, und Kama hatte die letzten Meilen kaum noch folgen können; aber schon um sechs Uhr am nächsten Morgen war Daylight zur Weiterfahrt bereit. Um elf waren sie am Fuße des White Horse, und diese Nacht sah sie jenseits des Box Canjon lagern, die letzte schlimme Flußstrecke im Rücken und die Seenreihe vor sich.

Aber deshalb ließ Daylight nicht nach. Weiter ging es: zwölf Stunden am Tage, sechs im Zwielicht und sechs in der Dunkelheit. Drei Stunden brauchten sie, um zu kochen, das Geschirr nachzusehen, das Lager aufzuschlagen und abzubrechen, und die übrigen neun Stunden schliefen Hunde und Männer wie die Toten. Kamas eiserne Gesundheit war erschüttert, Tag für Tag wurde sie mehr von der fürchterlichen Arbeit untergraben. Tag für Tag verbrauchte er mehr von seiner Kraftreserve. Seine Bewegungen wurden langsamer, seine Muskeln verloren die Spannkraft, und er wurde immer schlaffer. Aber er arbeitete stoisch weiter, ohne zu klagen. Daylight hatte eingefallene Wangen und war müde. Man sah es ihm an, aber mit der gleichen Schnelligkeit ging es weiter, immer weiter, unablässig weiter. Nie war er dem Indianer gottähnlicher erschienen, als in diesen letzten Tagen ihrer Wanderung nach dem Süden. Daylight war stets an der Spitze und eilte vorwärts mit einer Schnelligkeit und Ausdauer, die Kama sich nie hatte träumen lassen, und der immer schwächer werdende Indianer wachte über ihn.

Es kam die Zeit, da Kama nicht mehr vorausgehen und den Weg bahnen konnte, und es war der beste Beweis, wie mitgenommen er war, daß er Daylight den ganzen Tag die harte Schneeschuharbeit allein leisten ließ. Sie überschritten nun die lange Seenreihe von Marsh bis Linderman und begannen, den Chilkoot zu erklimmen. Eigentlich hätte Daylight in der Dämmerung sein Lager auf dem höchsten Punkt des Passes aufschlagen müssen, aber er fuhr weiter bis nach Sheep Camp hinunter, während hinter ihm ein Schneesturm tobte, der ihn vierundzwanzig Stunden verspätet haben würde.

Diese letzte gewaltige Anstrengung brach Kamas Kräfte völlig. Am Morgen konnte er nicht mehr weiter. Als er um fünf geweckt wurde, erhob er sich mit Beschwer, stöhnte und sank wieder zurück. Daylight verrichtete seine eigene und Kamas Arbeit, schirrte die Hunde an, und als alles zum Aufbruch bereit war, lud er den hilflosen Indianer, in alle Schlafsäcke gewickelt, auf den Schlitten. Die Bahn war gut, es war das letzte Stück Weg, und er sauste mit den Hunden in voller Fahrt durch den Dyea-Canjon und über den festgetretenen Weg, der zur Dyea-Station führte. Und in voller Fahrt, mit dem stöhnenden Kama auf dem Schlitten, während Daylight jeden Augenblick beiseitespringen mußte, um nicht unter die Kufen zu kommen, hielten sie ihren Einzug in Dyea.

Seinem Versprechen getreu, machte Daylight dort keinen Halt. In einer Stunde war der Schlitten mit Proviant und Post beladen, ein frisches Hundegespann angeschirrt und ein neuer Indianer engagiert. Von der Ankunft bis zu dem Augenblick, da Daylight zur Abreise bereit dastand, hatte Kama kein Wort gesprochen. Nun schüttelten sie sich die Hände.

»Du machst den verdammten Indianer tot«, sagte Kama, »savvy, Daylight? Du machst ihn tot!«

»Er braucht jedenfalls nur bis Pelly zu halten«, lachte Daylight.

Kama schüttelte zweifelnd den Kopf und drehte ihm den Rücken zu – das war sein Abschied.

Daylight überschritt den Chilkoot noch am selben Tage und stieg in Dunkelheit und Schneegestöber die fünfhundert Fuß zum Krater-See hinab, wo er übernachtete. Es war ein kaltes Lager, hoch über der Baumgrenze, und er hatte kein Brennholz auf den Schlitten geladen. In der Nacht fielen drei Fuß Schnee, und als sie sich an dem finsteren Morgen herausgegraben hatten, versuchte der Indianer zu desertieren. Er hatte genug davon, mit einem Manne zu reisen, der seiner Ansicht nach verrückt sein mußte. Aber Daylight überredete ihn recht unsanft zum Bleiben, und sie fuhren weiter über den Deep und den Long Lake und erreichten schließlich die ebene Fläche des Linderman Lake.

Es war dieselbe mörderische Fahrt wie auf der Herreise, und der Indianer hielt nicht so gut stand wie Kama. Aber auch er klagte weder, noch versuchte er ein zweites Mal davonzulaufen. Er tat sein Bestes und sagte nur beständig vor sich hin, daß er sich Daylight in Zukunft wohl vom Leibe halten wollte. Ein Tag nach dem anderen verging im Wechsel von Helligkeit, Dämmerung und Nacht, schneidender Kälte und Schneestürmen, aber in den langen Stunden wuchs die Zahl der zurückgelegten Meilen.

Doch am Fifty Mile erlitten sie einen Unfall. Beim Überschreiten einer Eisbrücke brachen die Hunde ein und wurden unter dem Eis vom Strom fortgerissen. Die Stränge, die das übrige Gespann mit dem letzten Hunde verbanden, rissen, und sie sahen sie nicht wieder. Ihnen blieb nur ein einziger Hund, und Daylight mußte sich selbst und den Indianer vor den Schlitten spannen. Aber bei solcher Arbeit kann ein Mann nicht einen Hund ersetzen, und hier sollten zwei Männer die Arbeit von fünf Hunden leisten. Nach der ersten Stunde entlastete Daylight den Schlitten. Hundefutter, das Reservebeil und alles Überflüssige wurden fortgeworfen. Infolge der Überanstrengung zerriß sich der Hund am nächsten Tag eine Sehne und wurde völlig unbrauchbar. Daylight erschoß ihn und ließ den Schlitten zurück. Auf seinen Rücken lud er hundertsechzig Pfund Post und Proviant, und auf den des Indianers hundertfünfundzwanzig Pfund. Rücksichtslos wurde alles Überflüssige weggeworfen. Der Indianer war entsetzt, als er sah, wie Daylight jedes Pfund wertloser Postsachen sorgfältig aufbewahrte, während Bohnen, Tassen, Eimer, Teller und alle Reservekleidung über Bord gingen. Sie behielten nur einen Schlafsack für jeden, ein Beil, einen Blecheimer und eine ganz kleine Ration von Speck und Mehl. Den Speck konnten sie roh essen, und wenn das Mehl in heißem Wasser verrührt wurde, gab es immerhin eine kräftige Mahlzeit. Sogar die Flinte und der letzte Munitionsvorrat wurden zurückgelassen. Und so legten sie die zweihundert Meilen bis Selkirk zurück. Daylight wanderte früh und spät, und die Stunden, die früher zum Aufschlagen des Lagers und zur Fütterung der Hunde verwendet worden waren, wurden nun zum Marschieren gebraucht. Nachts krochen sie, in ihre Schlafsäcke gehüllt, an einem kleinen Lagerfeuer zusammen, tranken Mehlsuppe und spießten Speck auf kleine Holzstückchen und tauten ihn auf; und in der Finsternis des Morgens erhoben sie sich, luden wortlos ihre Lasten auf den Rücken, rückten die Riemen zurecht und zogen weiter. Die letzten Meilen vor Selkirk mußte Daylight den Indianer, ein hohlwangiges, hageres Gespenst, vor sich hertreiben; er wäre sonst am Wege liegengeblieben oder hätte seinen Teil der Post im Stich gelassen.

In Selkirk wurde das alte Hundegespann, das jetzt frisch und in guter Verfassung war, vor einen anderen Schlitten gespannt, und noch derselbe Tag sah Daylight, als wäre es die natürlichste Sache von der Welt, abwechselnd mit dem Le-Barge-Indianer, der sich schon auf der Hinreise angeboten hatte, am Steuer. Daylight war jetzt zwei Tage hinter seiner Berechnung zurück, und Schneefälle und ungebahnte Wege hinderten ihn. die beiden Tage bis Forty Mile einzuholen. Aber hier kam ihm das Wetter zu Hilfe. Eine lang anhaltende starke Kälteperiode schien im Anmarsch zu sein. Er rechnete bestimmt mit ihr und verminderte den Proviant für Hunde und Menschen. Die Männer in Forty Mile schüttelten warnend die Köpfe und fragten, was er tun wollte, wenn das Schneegestöber anhielte.

»Die Kälte kommt sicher«, lachte er und zog getrost weiter.

Der Schlittenverkehr zwischen Forty Mile und Circle City war diesen Winter schon lebhaft gewesen und der Weg daher gut gebahnt. Und die Kälte kam und hielt an, und bis Circle City waren es nur zweihundert Meilen. Der Le-Barge-Indianer war ein junger Mann, voller Stolz und Zuversicht. Freudig hielt er mit Daylight Schritt und träumte sogar in der ersten Zeit davon, den Weißen auszustechen. Die ersten hundert Meilen wartete er darauf, Zeichen von Müdigkeit bei Daylight zu sehen, und wunderte sich, als sie ausblieben. Während der zweiten hundert Meilen wurde er selbst müde, aber er biß die Zähne zusammen und hielt aus. Und immer weiter ging es – bald war Daylight am Steuer, bald ruhte er sich auf dem dahinfliegenden Schlitten aus. Am letzten Tage, der klarer und kälter als je war, hatten sie glänzende Bahn und legten siebzig Meilen zurück. Es war zehn Uhr abends, als sie den Abhang hinauffuhren und durch die Hauptstraße von Circle City flogen, und der junge Indianer, obwohl er an der Reihe war, sich auszuruhen, sprang ab und lief hinter dem Schlitten her. Es war ehrliche Prahlerei, und verzweifelt gegen seine Schwäche ankämpfend, rannte er jetzt, was das Zeug hielt.

 


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