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In einer Winternacht.

 

                    Viel Tausende haben sich aufgemacht
in stürmischer, schneeiger Winternacht.
Die Menge staut sich, steht Fuß an Fuß,
dem Kaiser zu danken mit letztem Gruß.

Plötzlich am Schloß zwei Flammen wie Schlangen,
vom Dom her wimmert ein Glockenbangen;
bald dröhnt es gleichmäßig ohn' Unterlaß
in grausamem Takt, in furchtbarem Baß.
Und wo sich die Massen zusammengeschoben,
über die Köpfe schwimmt hoch erhoben,
ein roter Sarg, so tränenschwer,
ein Troß von Königen hinterher.
Wie die Wolken erschrocken hasten,
der Wind packt: halt, halt! des Bahrtuchs Quasten,
doch durch das bewegte Lüfteleben
seh' ich wohl hundert Adler schweben
mit wundervoll ruhigem Flügelschlag,
so stolzes Geleit wie am Siegestag.
Rauch schlägt nieder aus ehernen Becken,
drin die Feuer geschürt, den Rand überlecken.
Die Erde zittert, dumpf ist es zu spüren,
wie die Hufe des Zuges das Pflaster berühren.
Die Fackeln strecken als Leuchten sich vor,
in den Helmen sich spiegelnd der Gardedukorps,
und senken sich nieder, verlöschen im Schnee -
vorüber, vorüber das schluchzende Weh.
Aus der offnen Domtür tönt Orgelgebraus,
ein Palmenwald grüßt in den Winter hinaus.
Alles grün, alles Frühling, wo sonst weißer Kalk,
Lorbeer umlaubt den Katafalk.
Selbst Gärten, die einst unser Sturmschritt geknickt,
heut haben sie Rosen und Kränze geschickt.

»Laßt mich durch, die Gasse mir aufgetan,
laßt mich durch, laßt mich durch, sonst brech' ich mir Bahn!
Noch einmal auf Knieen vor ihm will ich liegen,
meine Stirn an die purpurne Ruhstatt biegen.
Bei Gravelotte, spät war die Stunde,
der König! rief es in weiter Runde,
und jauchzend hemmten wir seinen Zügel,
bedeckten mit Küssen Hand und Bügel.
Die Sonne in sinkender Abendflut
umrahmt seinen Helm in Gloriaglut,
sein Auge tropft, seine Lippe bebt,
mit ihm, mit ihm hab' ich's durchgelebt.«


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