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Der Teufel in der Not

 

            Ein Ritter aus dem Stegreifbund,
Der emsig seine Bauern schund,
Der mußte was erleben.
Wie das so kam und wie's geschah,
Erzählte mir die Großmama,
Und die kann Märchen weben.

Der Ritter hatte einen Wald,
Von süßem Vogelgesang durchschallt,
Drin standen viele Eichen.
Die eine, umfangreich wie nie,
Sechs Männer kaum umspannten sie,
Fand nirgends ihresgleichen.

Einst sprach der Junker voller Hohn
Zu einem Kätner: Komm, mein Sohn,
Begleit mich in den Hagen.
Siehst du die alte Eiche hier?
Die fällst du in zwei Stunden mir,
Sonst soll der Block dich plagen.

Der Bauer winselt und beschwört
Vor seinem Herrn, von Angst betört,
Das könn er niemals zwingen.
Doch der sagt weiter ihm kein Wort,
Dreht ihm den Rücken und geht fort:
Es wird ihm schon gelingen.

Da steht der Ärmste nun allein.
Wer steht vermummt im Sonnenschein?
Ist's einer von den Seinen?
Du alter Knecht, was willst du hier?
Den Baum zu schlagen helf ich dir,
Gehöre zu den Deinen.

Ein Glanz wie Blitz, die Eiche schwankt,
Die Krone kracht, die Wurzel wankt,
Nun liegt sie starr im Staube.
Ein Wagen kommt, drei Rappen vor:
Jetzt fahren wir durchs Gartentor
Dem Grafen vor die Laube.

Die Klepper keuchen durch den Kot,
Die Peitsche knallt, die Peitsche droht,
Die Peitschenhiebe sitzen.
Und unbarmherzig trifft im Hag
Wie Hagelwetter Schlag auf Schlag,
Die magern Gäule schwitzen.

Die Zügel hält der alte Knecht
In seiner Linken fahrgerecht,
Die Peitschenhiebe sausen.
Aus seinen Fingern, fort im Trott,
Spritzt Funk auf Funke, straf mich Gott,
Den Kätner packt das Grausen.

Der Graf, als er den Zug gewahrt,
Fährt sich verdutzt durch Haar und Bart:
Das ist ja meine Eiche!
Heda, wer ist der andre Mann?
Woher die Pferde, das Gespann?
Was sind mir das für Streiche?

Da schnarrt der alte Fuhrmann plump:
Du Leuteschinder, Lauselump,
Sieh dir mal an die Kracken:
Dein Vater, Großvater sind zwei,
Dein Urgroßvater, das macht drei,
Die kannten auch das Placken.

Ich bin der Teufel, schäbiger Schuft,
Der gern dich in die Hölle ruft,
Da sollst du nicht verfrieren.
Nimm dich in acht, du Hundesohn,
Und denk an mich und meinen Thron,
Sonst fahr ich bald mit Vieren!


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