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Zweites Kapitel
Die alten Kulturen bis zum Ereignis von Palästina

I.
Altes neues Wissen von Erde und Mensch

Die Darstellung der Genesis wäre nun bei dem Zeitpunkt angelangt, da die alten Kulturen, Ergebnisse der nachatlantischen Zeit, ihren Anfang nehmen. Die Erde hat die Saturn-, Sonnen- und Mondzustände durchschritten, und die Entwicklung des Menschen ist bis zu dem Zeitpunkt gediehen, da er damit beginnt, seinem leiblichen, ätherischen Und astralen Organismus das Ich einzufügen, das den ewigen Kern des Menschen ausmacht und aus dem sich die nächsten drei höheren Bewußtseinszustände, die nach der indischen Geheimlehre die Bezeichnungen Manas, Buddhi und Atman tragen, nach der anthroposophischen Geisteswissenschaft aber Geistselbst, Lebensgeist und Geistmensch genannt werden, entwickeln, indem, vom Ichkern aus, zunächst der astralische, der ätherische und endlich der physische Leib in ihre geistigen Daseinszustände einmünden. Um die Mitte der atlantischen Zeit tritt eine unheilvolle Note in die menschliche Entwicklung, nach Maßgabe des Gebrauches, den die Menschen von der Freiheit ihrer Entschließungen machen. Die menschliche Freiheit spielt in der Geheimwissenschaft eine grundlegende Rolle. Eine wahre und wirklichkeitsgemäße Erkenntnis der menschlichen Freiheit entkräftet zugleich am vollkommensten den törichten Einwand gegen die göttliche Weltordnung, den man aus dem Munde zeitgemäßer Agnostiker so oft zu hören bekommt: Gott hätte besser daran getan, die Dinge der Erfahrungswelt gleich vom Anfang der Schöpfung ab so zu ordnen, daß absolute Glückseligkeit hätte eintreten können; indem er das Böse nicht unterdrückte, habe Er seine wahre Ohnmacht erwiesen und, obwohl ein gerechter und gütiger Gott, zugelassen, daß diese Erde zur Hölle würde. Daß im Wesen des Göttlichen zugleich die Freiheit liegt, bewußt zu schaffen und nicht bloß ein leeres, wenn auch vollkommenes Spielzeug schöpferischer Laune herzustellen, sind sie einzusehen außerstande. Ohne die Möglichkeit freier Entschließung hätte die göttliche Schöpfung nicht einen Augenblick bestehen können, weil sie sinnlos gewesen wäre. Indem Gott schuf, schuf er auch die Möglichkeit zur Erkenntnis des Göttlichen und mit dieser die Möglichkeit, den göttlichen Ursprung zu vergessen und ihm zuwiderzuhandeln. Um nun wieder zur Mitte der atlantischen Epoche zurückzukehren: das geheime Wissen, von den Eingeweihten streng gehütet und vor Mißbrauch durch unreine Naturen geschützt, wird um diese Zeit Menschen ausgeliefert, die sich seiner bedienen, um Aufruhr gegen das Göttliche zu stiften. Ihr falsches und gegen das Wesen der göttlichen und menschlichen Wahrheit gerichtetes Tun bringt, unter Mitwirkung niederer, elementarer Wesenheiten, die Kräfte der Natur zu entfesselter und zerstörender Wirkung. Ihr Treiben ist als die Ursache jener Katastrophen anzusehen, denen die atlantische Welt erlag. Was in den Stürmen der Katastrophe nicht zugrunde ging, wanderte in jene Teile der Erde aus, die sich aus dem Chaos der Flut neu gestalteten. Von den sieben Unterrassen der atlantischen Zeit, von den Ursemiten, die das logische Denken in gewissem Sinne entwickelten, nimmt die nach atlantische Menschheit, die Schöpferin der nachatlantischen, ältesten Menschheitskulturen, ihren Anfang. Die fünfte Wurzelrasse, geführt von einem Eingeweihten, den die okkulte Tradition Manu nennt, bestand aus Bevölkerungsresten, die zum Teile schon eine Art eigener Kultur besaßen; auf dem südasiatischen Kontinent saßen Ausläufer der lemurischen Rasse angesiedelt, deren Abkömmlinge auch noch in Australien zu finden waren, indes West- und Nordasien sowie Südeuropa von Resten der vierten Rasse, der Urturanier, bewohnt wurden. Der Boden, in den Zweige der fünften Wurzelrasse gesenkt waren, umfaßte sonach zwei Strömungen: eine lemurisch- und eine atlantisch-arische, beide mit Resten noch älterer Kulturen im Leibe. In Skandinavien, Nordrußland, Sibirien und China gab es Reste der hyperboräischen Kultur. Aus der Gegend um die Wüsten Gobi und Schama entstand eine Priesterkultur bei einer relativ spirituell hochentwickelten Rasse, bestimmt, das »volle Heruntersteigen auf den physischen Plan vorzubereiten« und Kolonien nach Indien und Afrika auszusenden. Von diesem Auswandererzug stammten die Indoarier und die Hamiten, begründend die indische und die ägyptische Kultur. Die Eingeweihten des Zarathustra schufen die Kultur der Meder, Perser, Bakter und Chaldäer, in einem anderen Kolonisationszweig erstanden die Kulturen der Babylonier, Phönizier und Araber. Auf dem Boden des alten Griechenland erwächst die pelasgische Kultur, geheiligt durch den Zeus von Dodona, in Italien die technisch und sozial hochstehende Kultur der Etrusker. Im Norden entwickelt die keltische Rasse eine dritte Aussendung der Kultur der mosaischen Genesis und des trojanischen Kreises. Die ätherische Kräftestruktur an bestimmten Orten der Erdoberfläche und die organische Struktur der an diesen Orten entwickelten Kulturen stehen jedesmal in einem bedeutsamen Zusammenhang. Die Geheimwissenschaft der Anthroposophie kennt eine eigene Art Erdkunde: die Äthergeographie, eine noch junge, von Günther-Wachsmuth sorgsam entwickelte Doktrin, die tiefe Einblicke in die Völkerpsychologie gewährt. Sie unterscheidet ein europäisches und ein asiatisches Kräftekreuz mit einem großen Gebirgsmassiv im Schnittpunkt, den Alpen und dem Himalaya, gebildet von Kräftestrahlungen. Die Kindheit der Menschheit verläuft in Afrika, die Jugend in Asien, das mittlere Lebensalter in Europa, das späte Alter in Amerika. In ein anderes Kapitel der neuen Erdlehre gehört die Erkenntnis von den Urformen der Kontinente. Ein flüchtiger Blick auf den Globus zeigt, daß die festen Teile der Erdoberfläche überwiegend nach dem Nordpol, die flüssigen vornehmlich nach dem Südpol zu orientiert sind. Der Nordpol stellt also gleichsam den Brennpunkt der Lebensätherkräfte, mit Sonnenwirkungen verknüpft, dar, indes der Süden, dem chemischen Äther zugeordnet, mehr den Mondwirkungen unterliegt. Die Kontinente streben der Dreiecksform zu, die auch bei vielen großen Inseln und Halbinseln (Grönland, Arabien usw.) festgestellt werden kann. Es ist schon erwähnt worden, daß den vier Ätherformen bestimmte formbildende Tendenzen eigentümlich sind: dem Wärmeäther die sphärische, dem Lichtäther die dreieckige, dem chemischen Äther die halbmondförmige und dem Lebensäther die viereckige (kubische). Unwillkürlich erinnert diese Zuordnung an Greens Behauptung von der tetraedrischen Erdgestalt. Die Äthergeographie spricht von der Erde als einem Salzwürfel, der in der sphärischen Wassermenge schwimmt und die Urform des Lebensäthers trägt.

Nach diesen Abschweifungen vom Thema kehrt die Darstellung nun zum Thema der alten Kulturen zurück. Sie umfassen einen Zeitraum von ungefähr 7200 v. Chr. bis 3500 n. Chr., nach welchem Zeitraum die fünfte Kultur (unser gegenwärtiges angelsächsisch-arisches Zeitalter) beendigt sein wird, um einer kurzen, nach slawischen Impulsen geordneten Kultur Platz zu machen. Den Tierkreiszeichen zugeordnet, ergibt sich die folgende Anordnung: 1. Die uralte indische Kultur, im Zeichen des Krebses, zirka 7200 bis 5000 v. Chr.; 2. die uralte persische Kultur, im Zeichen der Zwillinge, zirka 5000 bis 3000 v. Chr.: 3. die ägyptisch-jüdisch-babylonisch-chaldäische Kultur, im Zeichen des Stieres, zirka 3000 v. Chr. bis 747 v. Chr.; 4. die griechisch-lateinische Zeit, von 747 v. Chr. bis 1413 n. Chr., im Zeichen des Widders (Lammes), und 5. unsere Zeit, von 1413 bis zirka 3500 n. Chr., im Zeichen der Fische.

II.
Der altindische Kulturkreis

Wenn von der alten indischen Kultur gesprochen wird, die ungefähr den Zeitraum von 7200 v. Chr. bis 5000 v. Chr. ausfüllt und im Tierkreiszeichen des Krebses stand, so ist schon an dieser äußerlichen Feststellung zu erkennen, daß es sich dabei keineswegs um jenes Stück indischer Kultur und Geschichte handelt, das die exoterische Geschichtsforschung das alte Indien nennt. Für die rund 2000 Jahre, die der ersten nachatlantischen Epoche, der altindischen Kultur gehören, gibt es keine äußeren Dokumente. Der Inder der Altertumsforscher ist eine viel spätere Erscheinung als der Träger der alten indischen Kultur. Erst während der Entwicklung der nachfolgenden Kulturen, der persischen und der ägyptisch-chaldäischen, entwickelt sich auf dem indischen Boden das, was die landläufige Wissenschaft altes Indien nennt. Die spätere Einteilung der Menschen in Kasten wurzelte in den Anschauungen der alten indischen Kultur, die verschiedene Arten von Menschen umfaßte und zugleich lehrte, daß jede Seele die Kaste, welcher sie angehörte, sich selbst gewählt habe, da sie durch ihr Vorleben zu dieser bestimmten Art Dasein taugte. Die Zuordnung der alten indischen Kultur zum Tierkreiszeichen des Krebses kann an dieser Stelle noch nicht ihre vollkommene Erklärung finden. In der Astrologie ist das Zeichen des Krebses eines von den sieben hellen Sommer-Sternbildern, aber zugleich auch ein Zeichen des Niederstieges in die irdische Welt und gehört dem Erdenkreuze (im Gegensatze zum ätherischen Kreuze) an, im Zeichen einer Involution, der die Evolution der atlantischen Epoche vorangegangen ist; im Krebszeichen kann der okkult Geschulte das Geheimnis der Zweigeschlechtlichkeit erblicken: die Schöpfung des Weibes aus der Rippe des Adam. Die niedere Astrologie schreibt den Krebsmenschen launische, phantastische, jedoch schweigsame Charaktere zu, aber der Krebs ist in Wahrheit nördlich, beweglich und nächtig geartet, wenn auch ein herrschendes Zeichen. In der Tat ist der Mensch der alten indischen Kultur ein merkwürdiges Wesen, das dem Erlebnis der Außenwelt durch die Sinne, dem Erlebnis der Schwerkraft im Skelett, andere Erlebnisse entgegensetzt: das Erlebnis der Magie, der Unwirklichkeit aller physischen Dinge und das Erlebnis Somas, der somatischen Flüssigkeit, des Wasserprozesses der ganzen Erde. Nicht vor dem Tode bangt dem Menschen der alten indischen Kultur, sondern vor dem Leben! Sich freimachen von den Kräften, die in die Geburt hinabführen, ist oberste Weisheit im Sinne Buddhas; er erlebt die Mars- aus der Jupitersphäre, die Regionen der Geister der Weisheit und jener der Bewegung. Der große Kampf am Himmel, von dem die Genesis erzählt, spiegelt das okkulteste Dokument der Inder, die Bhagavadghita, aber schon die hohe Weisheit der Veden und Upanishaden ist nur mehr ein dunkler Nachklang jener hohen Einsicht, die das Weben und Leben der uralten indischen Kultur trug. In einem späteren Augenblick wird die Rede davon sein, daß schon die alten Mysterien das Christusgeheimnis enthalten. Am schwierigsten läßt sich dieses wichtige Element allerdings in den urindischen Mysterien erweisen. Jede Kultur barg die Geheimnisse und den Sinn ihres Wesens in Einweihungsschulen. Die urindischen Mysterien wurzeln noch durchaus im Erlebnis des Paradieses, das verlorenging, sie bewegen sich am liebsten in der in den Äther verflüchtigten Urheimat des Menschen. Wohl war, natürlich, in dieser Region auch die vorgeburtliche Offenbarung des Christus zu schauen, aber das Mysterium von Golgatha, die Erscheinung des Christus zwischen Luzifer und Ahriman, lag für den irdischen Blick des urindischen Mysten im Dunkel. Noch verschwimmt ihm das Menschenwesen »in der unbestimmten Gesamtheit aller Wesen«, aber in den Hymnen an Vishvakarman des Rigveda wird deutlicher, als in der ganzen späteren Brahmanenweisheit, plötzlich das gigantische Bild eines Weltenopfers entrollt und der Weltzimmermann, ganz wie in den Evangelien, »Herr und Meister« genannt. Aus der weltfernen Sphäre des verlorenen Paradieses steigt der große indische Eingeweihte Krishna herab, um beim Übergang in das finstere Zeitalter, in die dritte nachatlantische Kulturepoche, die Richtung des indischen Geisteslebens zu bestimmen. Da hat man wiederum das Wort Abstieg und Niederstieg, das mit dem Sternbild des Krebses geheimnisvoll verbunden ist, ein Avatara des Vishnu, der sich hineinopfert in die Wesenheit der Fische, selbst als Fisch (das Zeichen des Christus) verkörpert. So dringt auch aus der indischen Kultur das Geisteslicht in seiner Weise( und zwischen der Bhagavadghita und den Paulusbriefen hat kein Geringerer als Rudolf Steiner Zusammenhänge erhabenster Natur gefunden. Die zwei Wege der indischen Einweihung werden durch den Yoga und den achtgliedrigen Pfad bezeichnet. Das Yogasystem ist die Wurzel des achtgliedrigen Pfades, den Gotamo Buddha weist; er verhält sich zum Pfad wie Magie zu Mystik. Versteht man unter Magie Wirken im Irdischen und schöpferische Verwandlung der Stoffe durch fremde und eigene Kräfte, so hat Mystik im eigentlichen Sinne kein Wirkungsgebiet; sie strebt nach innerlicher Vereinigung mit dem göttlichen Prinzip, nach Rückkehr zu diesem; fern von den Sensationen des magischen Tuns empfiehlt der Buddha die Anwendung der Kräfte, die auch er kannte, »zum Wohle der Erde und der Menschheit«. Wohl ist es schön und groß, Wunder zu wirken, wilde Tiere durch den bloßen Gedanken zu zähmen, Heilungen vorzunehmen, aber all diese Dinge, mit dem Wesen des Yoga verwoben, spielen keine Rolle mehr für den Mystiker, der die Abgeschlossenheit im Ich sucht. Das alte Indien war und ist ohne Zweifel noch heute ein Märchen- und Zauberland ohnegleichen, das Schulland der Magie, erinnert man bloß daran, daß die uralte indische Kultur noch im Anschluß an das »Paradies« lebte und im Ätherischen zu wirken wußte, aber die Entzauberer und Vernüchterer der Welt werden nicht aufhören, zu behaupten, daß sie nichts davon bemerkt haben und daß es, im Gegenteil, eine stark rationalistische und erotische Note im indischen Wesen gibt. Sie gleichen darin einem Toren, der nur den Schatten bemerkt, für die Lichtquelle aber, deren sekundäre Erscheinung der Schatten ist, kein Auge hat.

III.
Der Yoga

Es ist schon gesagt worden, daß die Yogaeinweihung die Wurzel und Quelle des indischen Mysterienwesens darstellt, daß sie, zumindest als die frühere und ältere Erscheinung, im Vergleich zum achtgliedrigen Pfad des Buddha, den Mittelpunkt des gesamten indischen Einweihungssystems ausmacht. In der Tat sind denn auch beide Formen des indischen Okkultismus bis zum heutigen Tag im Westen zu finden; die Theosophie pflegt, zum Schaden derer, die den »westlichen Yoga« anwenden, den Yoga, der Neobuddhismus, wenn auch in Modifikationen, den achtgliedrigen Pfad, obschon er heute und hier weder als zeit- noch ortsgemäß erscheint. Das große Dunkel, das dank der theosophischen Methoden geflissentlich über den Yoga gebreitet war, hat seine schattenhaften Schlupfwinkel dank Steiner und dank der mustergültigen Forschungen Hermann Beckhs eingebüßt; diesem ausgezeichneten und genialen Schüler Rudolf Steiners blieb vorbehalten, die zahlreichen Irrtümer, so über Yoga und Yogapraxis im Umlauf sind, zu klären und namentlich die Unterschiede zwischen dem sogenannten Hatha- und dem Raja-Yoga endgültig festzustellen. Gestützt auf diese grundlegenden und entscheidenden Arbeiten ist man heute glücklicherweise in der Lage, Wahrheit und Wirklichkeit des Yogaweges einwandfrei zu erkennen und gegen überflüssige Geheimtuereien (namentlich in Hinsicht auf das Kundalinifeuer) ein für allemal abzugrenzen. Nichtsdestoweniger gehört eine einwandfreie Erläuterung des Yoga noch immer zu den schwierigsten Aufgaben, die das ungeheure Gebiet des Okkultismus aufzuweisen hat. Volle Einsicht in das Wesen des Yoga wird zunächst durch ein umfassendes Wissen um die Geheimnisse der Weltentstehung und der Menschwerdung, durch genaue Kenntnis der ätherischen Bildekräfte und durch die historische Wertung der Bewußtseinsstufen und -grade gewonnen. Der Yoga, Ziel aller Betrachtungen in der »Bhagavadghita«, stellt den Mittelpunkt des indischen Mysterienwesens dar; er führt zum Unterbewußtsein durch Konzentration, Meditation und Kontemplation auf rhythmischem Wege, hat eine mystische (Weg nach Innen, Suche nach dem höheren Ich des Menschen) und eine magische Seite (Entfaltung magischer Kräfte zu magischen Wirkungen durch Mantrams). »Der indische Yoga«, sagt Steiner im Jahre 1925 in einer Mitteilung an die Mitglieder der anthroposophischen Gesellschaft, »will im Erleben des Rhythmus ganz aufgehen; er will das Gebiet des Vorstellens, des Ichs, verlassen und in einem inneren Erleben, das dem Erinnern sehr ähnlich ist, in die Welt schauen, die hinter dem liegt, was das gewöhnliche Bewußtsein kennen kann. «Der Yoga wurzelt im kosmischen Rhythmus. Atman (dem deutschen Worte Atem verwandt) drückt die Einheit des Menschen mit dem Weltenselbst aus. Die höchste Weisheit kann nur eratmet werden! Arbeit am Atem heißt auch in der alten Rosenkreuzerepoche Arbeit am Stein (der Weisen) und mit den Atemübungen (Pranayama) beginnt der Yoga sein Verwandlungswerk, die geistige Alchimie mit ihrem Ziel: Einwirkung des Geistmenschen auf den physischen Leib. In seinen Dornacher Vorträgen vom Jahre 1922 betont Steiner vor allem das moralische Moment des Atems. Der eigentlichen Yogapraxis gehen zwei Stufen moralischer Natur voraus: Yama und Niyama, Läuterungsvorspiele, die ein vollkommenes Aufgeben aller weltlichen Aspirationen voraussetzen. Erst dann, wenn dieses Läuterungswerk am Ende angelangt ist, tritt Asana ein, Atembeherrschung bei Meditation. In den älteren Yogabüchern, die den sogenannten Hatha-Yoga lehren, findet man umständliche Beschreibungen jener verschlungenen Stellungen (»Sitz« genannt) vor, die den Kult des Ätherleibes ermöglichen; sie sind später fallen gelassen und durch Zurückführung auf den einfachen Sitz des Buddha nach europäischer Art vereinfacht worden. Man kann diese dritte Stufe (Asana) nicht erreichen, ohne gleichzeitig mit der Beherrschung des Atems (Pranayama) zu beginnen, die als vierte Stufe in Betracht kommt und zur fünften Stufe (Pratyayama) Beherrschung der Sinne, Abzug der Sinne von den Sinnesdingen, führt. Zusammengefaßt sind diese fünf Stufen (Yama, Niyama, Asana, Pranayama und Pratyayama) indes bloße Vorbedingungen des wirklichen Yoga, der aus Konzentration (Dharana), Meditation (Dhyana) und Kontemplation (Samadhi) besteht. Schon hier muß aber ein Irrtum aufgeklärt werden, der sich in vielen okkulten Werken findet und die Gesamtheit des Yoga in einem falschen Lichte zeigt. Die moderne englisch indische Theosophie tut sehr geheimnisvoll, wenn sie den sogenannten Hatha-Yoga als einen »niederen« Yoga anspricht; sie setzt ihn dem hohen, echten Raja-Yoga entgegen, der den Adepten allein anbefohlen wird, indem man ihnen zugleich den niederen, »schwarzmagischen« Yoga mit allen seinen Greueln vor Augen führt. In Wahrheit ist der Hatha-Yoga nicht mehr und nicht weniger als die medizinische Seite des Yoga und damit zugleich ein, vielleicht sogar der einzige untrügliche Beweis dafür, daß die Yogaentwicklung ihren richtigen Weg gegangen ist. Beide Yogaarten (Hatha- und Raja-Yoga) schließen einander nicht aus, sondern ergänzen sich, und das Ganze wird sofort deutbar, wenn man die in der »Bhagavadghita« erwähnten vier Stufen des Yoga mit den vier Ätherarten der Anthroposophie verbindet und den Bhakti-Yoga (Yoga der mystischen Hingabe) dem Wärme-, den Dhyana-Yoga (Erkenntnisyoga), dem Licht-, den Hatha-Yoga (den magisch-medizinischen Yoga) aber dem Klangäther zuordnet und mit dem Raja-Yoga (dem Yoga der höchsten Entwicklung) nicht nur einseitig den Lebensäther zusammenbringt, sondern vielmehr im Raja-Yoga eine Verbindung der vier Ätherarten überhaupt gegeben sieht.

IV.
Die Lotosblumen

Der vielgefürchtete und mißverstandene Hatha-Yoga, dem Raja-Yoga, als dem hohen und heiligen Yoga, gleichsam wie eine niedere und finstere Form gegenübergestellt, stützt sich also auf das Körperliche im geheimwissenschaftlichen Sinne, auf physischen Leib und Ätherleib, wobei, vorgreifend, der Ätherleib als jenes Glied der menschlichen Wesenheit angesehen werden muß, das die Kräfte des physischen Körpers zum Leben aufruft und beim Leben erhält. Sein Protektor ist, nach Beckh, Schiwa, der, zugleich, als heilender Gott, mit Leben und Tod zu tun hat und der somit die medizinische Seite des Yoga darstellt. Etymologisch gehört das Wort Hatha allem zu, was Gewaltanwendung, was Gewalt als Zustand und Tätigkeit angeht. Der Hatha-Yoga wendet gewissermaßen Gewalt an. Sein Geheimnis ruht aber, wie die eine mystische Silbe ha (Sonne), die andere aber tha (Mond) andeutet, in Sonne und Mond, den beiden Grundsymbolen der Alchimie als einer rosenkreuzerischen und königlichen Kunst, die die Erinnerung an die Zeit voraussetzt, da, durch die Trennung der Sonne von der Erde, den Menschen der »Baum des Lebens« verlorenging und Erkenntnis und Leben voneinander Abschied nahmen, indem die Erkenntnis der Erde, das Leben aber der Sonne verblieb. Als nicht minder geheimnisvoll erscheint aber eine andere Seite der erhabenen Symbole, hinter denen sich Mann (Sonne) und Weib (Mond) verbergen. Mann und Weib, Leben und Erkenntnis, werden durch den Hatha-Yoga vereinigt; das Ewigweibliche und Ewigmännliche vereinigen sich, und das Kind der Sonne und des Mondes tritt in Erscheinung, aus einer mystischen Hochzeit der oberen und unteren Ätherarten hervorgegangen; Gleichnis ist zum Erreichnis im faustischen Sinne und im Sinne Goethes geworden; die Phantasie des Lesers findet von diesem Bilde unschwer zum Paradies der Märchen zurück, zur Kristallkugel bei Grimm, aber auch zu »Siegfried« und »Tristan«, und unschwer erkennt er nun, daß diese hohe mystische Vereinigung, diese »chymische Hochzeit«, durch den Raja-Yoga, durch die königliche Kunst vollzogen, und die Vereinigung von Shiwa und dem Shakti, einer Yogakraft, die unter dem Namen Aditi bekannt ist, die mystische Tatsache einer Vereinigung des Osiris und der Isis des ägyptischen Kulturkreises für das indische Wesen verwirklicht. Magie wird hier zur Mystik, und es soll später gezeigt werden, wie das Geheimnis von Golgatha diese Vereinigung für immer, das heißt, für alle Erdenzeiten vollzieht. Der Yoga der Inder führt überhaupt in die Tiefen geheimnisvoller Menschenkunde ein. Beckh, dem, wie schon hervorgehoben, die erste lichte und klare Gesamtdarstellung dieses Weges zu danken ist, behandelt sein schwieriges Thema nach vier Hauptgesichtspunkten. Der Yoga geht vom Rückgrat des Menschen aus, dem die Kraft des Ichs und des Wissens zugeordnet ist: das, was als das Männliche angesprochen zu werden pflegt. In einer Hatha-Yoga-Urkunde findet man um die okkulte Wirbelsäule sechs Blumenblätter, dem Lotos gleichend, nebst Zwischenblättern und entsprechenden Zwischenorganen, angedeutet; sie scheinen der Säule eng verbunden, also vom Ich und Willen kaum loslösbar, stammen sie doch noch aus einer Zeit, da die menschliche Entwicklung just die Festigung und Ausbildung des Ichs zu durchschreiten und zugleich zu vollziehen hatte! Die Lotosblumen sind die eigentlichen okkulten Erkenntnisorgane, und ihre Entwicklung umschließt das Hauptgeheimnis der gesamten okkulten Lehre. Von den sechs Hauptlotosblumen gehören die zwei untersten, die vier- und die sechsblätterige, bräunlich an Farbe, dem Stoffwechsel- und Gliedmaßensystem des Menschen, die zwei mittleren, die eine, zehnblätterig, am Sonnengeflecht (Solarplexus), gelegen, blaßblau von Farbe, die andere, zwölfblätterig, hellviolett von Farbe, dem rhythmischen, die sechzehnblätterige, über der zwölfblätterigen gelegen, dunkelrötlich von Farbe, und die zweiblätterige, im Zwischenbrauenkreis gelagerte Lotosblume, von unbestimmter Farbe, dem Nerven-, Sinnessystem und Bewußtseinspol des Menschen an. Neben und zwischen diesen Hauptlotosblumen gibt es noch andere, so zwischen der zwölf- und der zehnblätterigen Lotosblume eine achtblätterige, in den Regenbogenfarben abwechselnd aufstrahlende (alles Gute und Böse der Welt aufzeigend), die mehr mit dem Herzen als mit dem Rückgrat verbunden ist, ein Juweleneiland (o Juwel, im Lotos! Om mani padme hum), zwischen der sechzehn- und der zweiblätterigen aber, in der Nabelgegend, eine dreiblätterige, und zwischen der sechs- und der zehnblätterigen Lotosblume ein radartiges Zwischenorgan, »Kundalini-Tschakram«, das als Sitz der Ausstrahlungen des Ätherleibes anzusehen ist. Endlich wäre, nur dem indischen Yoga bekannt, von dem bei Steiner nicht erwähnten tausendblätterigen Lotos die Rede, wo sich die eigentliche Hochzeit von Shiwa und Shakti vollzieht und der Ichkern des erlösten Yogin den irdischen Körper verläßt, um nicht mehr in das irdische Dasein zurückzukehren. Von den Zwischenorganen, die als Schwan und Vogel Greif angesprochen werden, von der Zuordnung der Lotosblumen zu den Tierkreiszeichen, desgleichen von den indischen Namen, die den Lotosblumen zu eigen sind, kann hier aus Mangel an Raum und Zeit nicht die Rede sein. Von größerer Bedeutung bleibt allerdings, daß die sechs Haupterkenntnisorgane auf den Lotosblättern den 50 Lauten des indischen Alphabets zugeordnet sind und daß, die achtblätterige Lotosblume nicht mitgerechnet, in der Tat 50 Blätter gezählt werden können. Obendrein werden gewisse Lotosblumen, die zwei- und die vierblätterige, dem Hauch- beziehungsweise dem Zischlaut (h und s) zugeordnet. Ziel und Sinn des Yoga ist, den gebundenen Lebensäther freizubekommen. Avalon führt übrigens an, daß es in Indien einen Yoga gab, der nicht von unten, nicht von der vierblätterigen, sondern von oben, von der zweiblätterigen Lotosblume ausging und dessen Hauptmeditation die schon erwähnte berühmte Sonnenstrophe des Rigveda bildete. In dieser Abzweigung liegt, heute mehr denn je, der Schlüssel zum Schicksal Indiens!

V.
Das Kundalinifeuer

Der dritte Hauptgesichtspunkt, den Beckh zur Erläuterung des Yoga heranzieht, liegt in dem viel besprochenen, mit Geheimnistuerei aller Art geschäftig umgebenen Problem des Kundalinifeuers. Im okkulten Rückgrat und in den Lotosblumen ist gleichsam das Instrumentale der Yogapraxis gegeben: sie stellen das Rüstzeug der Erkenntnis dar. Das Ziel, die Vereinigung von Shiwa und Shakti, des Ewigmännlichen mit dem Ewigweiblichen, birgt aber das eigentliche, geistigseelische, vom Instrument losgelöste Mysterium des Yoga. Kundalini, die Sphinx des Yoga, ist die Shakti, die Königstochter, die erweckt werden muß, soll der Yoga sein überirdisches Ziel erreichen. Für den Hatha-Yoga ist Shakti die mikrokosmische Offenbarung der weiblichen Urkraft im physischen und ätherischen Leib. Sie wird im Bilde der Schlange, aber auch als jugendliche Frau von bestrickender Schönheit geschaut. Solange die Shaktikraft im Menschen schläft, kann er nicht zum höheren Wissen gelangen; erwacht sie, von ihm erweckt, so erschließt sich ihm die höhere Welt. Im Johannesevangelium wird von ihr als dem »Licht des Menschen«, im Lukasevangelium als dem »Licht des Leibes« gesprochen, und die Mönche des Athos kennen sie als das Athoslicht: die freie Verbindung aller Ätherkräfte. Ist Shiwa die göttliche Kraft, die am Bewußtseinspol, im Haupte, waltet, als Kraft des Denkens, so stellt Shakti die göttliche Kraft am Lebenspol, die Lebens- und Liebeskraft am Pol des Seins, dar, die »Herrin, die am Eingang des Brahmantores schläft«. Im untersten Kreise des Menschensystems, im Stoffwechsel- und Gliedmaßenkreis, ruht Kundalini, die vierblätterige Lotosblume, am Eingang Brahmas, beim »Pol der warmen Flamme«, in der Zone des Feuers, als latente Kraft, erreichbar durch die Atemführungen, die der Yoga vorschreibt; hier befindet sich das Brahmator, das sie bewacht und das sich öffnet, wenn die Lotosblumen, eine nach der anderen, erweckt werden; tritt Kundalini dann in die Sphäre des rhythmischen Menschen ein, wo sie die höheren Lotosblumen aufweckt, so äußert sie sich als »tönendes Leben«; in der Herzenslotosblume erklingt die Stimme der Stille, die Sphärenmusik, Licht- und Klangäther wirken zusammen. In der obersten Sphäre endlich, im Nerven-Sinnes-Menschen, in der Mondensphäre, beim »Pol der kalten Flamme«, die da leuchtet, aber nicht brennt, vollzieht sich die mystische Vereinigung der vier Ätherarten, mit dem Klangäther als der hauptsächlich wirksamen Kraft, die für den Hatha-Yoga entscheidend ist. Da erwacht Kundalini von der feurigen Kraft (vom Wort zum Ton geschritten) zum Licht. Hier liegt nun auch der Ausgangspunkt für die Betrachtung der Atempraxis, die im Yoga auftritt und das Mittel zur Erweckung in die Hand gibt. Der Atem der esoterischen Anthropologie ist nichts, als der bei der Ausatmung hervortretende Luftstrom, der weniger Sauerstoff als die eingeatmete Luft enthält, aber mehr Kohlensäure und Wasser birgt und annähernd die Temperatur des Körpers besitzt. Die Atmung dient ihr bloß dazu, dem Körper den zum Leben nötigen Sauerstoff zuzuführen und die beim Stoffwechsel frei werdende giftige Kohlensäure zu entfernen. Die Anregung zu den Atembewegungen geht, nach Vermutungen der exakten Wissenschaft, von einer »bestimmten Stelle im Gehirn«, dem »Atemzentrum im Kopfmark« aus, das »automatisch tätig ist« und seinen Hauptreiz aus der Kohlensäure des Blutes empfängt. Anders gestaltet sich das Bild, das sich die alte Kultur Indiens vom Geheimnis des Atems macht; sie spricht von okkulten Arterien (Nadis), in denen die »Lebensströme« zirkulieren und unter denen (72.000 an der Zahl) drei für die Yogaübung mit dem Atem entscheidend sind: Ida, Pingala und Sushumna. Ida, bläulich, Pingala, rötlich von Farbe, und Sushumna, in der Farbe unbestimmt, sind links, rechts und in der Mitte wirksam und sie überkreuzen sich mehrfach: der Merkurstab wird zum Symbol des Yoga. Ha (Sonne) und Tha (Mond) vereinigen sich in der Sushumna, die noch zwei feinere Arterien: Vajra und Citrini, birgt. Mit dem physischen Atem des Menschen hat es allerdings seine eigentümliche Bewandtnis: er ist, wie Beckh treffend sagt, heute zu sehr »ins Physische gezogen«, zu stark »vermaterialisiert«. Darum kann auf indische Art eingeleitete Atempraxis, ohne weiteres auf den westlichen Menschen übertragen, eine Quelle großer Gefahren für den werden, der sie übt. Der Mensch der alten indischen Kultur lebte noch im Zusammenhang mit dem Weltganzen, er verstand die Kunst, die höchsten Weltengeheimnisse zu eratmen, nicht aber etwa auf verstandesmäßige Art zu erkennen. Mit dem Atem bezeichnete er den göttlichen Weltenodem, mit dem Worte Rhythmus, das dem Worte Ritus so blutsverwandt ist, zugleich die heilige Weltordnung und die erhabenen Gedanken des Opferns. Mit seinem Atem stand der alte Inder im Weltenganzen, mit der »Weltenharmonie mitzuschwingen und mitzuklingen« war das Ziel seiner Yogaübungen, und hinter den ebenso grotesken als wunderlichen Vorschriften, die sich in den zahlreichen Yogabüchern vorfinden, verbirgt er die Grundtatsachen des Atemgeheimnisses und der Atempraxis. Der Weg des Yoga führt über den Atem zur Meditation. »Der Atmungsprozeß«, sagt Steiner, »ist, von außen angesehen, nichts als ein materieller Prozeß, nach innen aber ein durchgeistigter Vorgang, der in einer weit höheren Welt spielt.« »Gedankenkraft«, fügt er an einer anderen Stelle hinzu, »ist nichts anderes als verdünnte Atemkraft«, Denken ein verfeinertes Atmen, und schon in den Upanishaden ist von der Wechselbeziehung zwischen Denken und Atmen (Manas und Prana) die Rede. Allerdings hat auch der Yoga, ehe er mit dem Atmen beginnt, eine Reihe von moralischen und ethischen Voraussetzungen zu erfüllen, aber Yama und Niyama im achtgliedrigen Pfad des Patanjali bedeuten eigentlich schon ein Loslösen von der Welt, nicht aber, was erst seit dem Christus möglich ist, ein Sichhineinstellen in das Irdische ...

VI.
Die altpersische Kultur

Buddha und mit ihm der achtgliedrige Pfad beherrschen das Indien von heute nicht mehr. Die Grundzüge seiner Lehren sind im Hinduismus aufgegangen. Als erster Initiator der indischen Urkultur ist Manu anzusehen, der ungefähr eine ähnliche Rolle spielt und die gleiche Bedeutung hat wie Moses im Judentum. Zwischen den beiden äußersten Polen des alten Indertums, den Brahmanen und den Parias, bewegen sich drei Kastenklassen: die feudalen Krieger und ihre Leute, die Kaufleute, Handwerker und Bauern und endlich die Arbeiter und Diener. Von diesen Hauptgruppen zweigen viele Unterkasten ab, von denen behauptet wird, daß sie die Zahl 3000 erreichten. Neben diesen äußeren Merkmalen stand im Mittelpunkt der urindischen Kulturimpulse der Yoga und die Lehre von den Nadis und Tatwas, im Zeichen des Krebses. Von anderer Art ist die zweite der Urkulturen, die persische, reichend von 5000 bis ungefähr 3000 vor Christus, im Zeichen der Zwillinge. Schauplatz dieser Kultur waren die vorderasiatischen Gebiete, durch langandauernde Wanderzüge bevölkert, die seit dem Beginn der atlantischen Zerstörung von West nach Ost strebten. Ihre Nachkommenschaft wird in der Geschichte als das persische Volk bezeichnet; sie selbst aber trugen die altpersische Kultur. Stand der Urinder der indischen Entwicklung fremd gegenüber, empfand er das Nichtsein als einen Zustand, der jeder Art von Sein im Irdischen vorzuziehen war, fürchtete er also nicht so sehr den Tod als die Geburt, so strebt der Urperser der Erde zu, die er liebt. Erdenliebe ist der Grundzug seines Wesens; er fühlt, daß die Erde dem Menschen gehört, der sich sie untertan zu machen vermag. Um die Erde und ihren Besitz führt der Urperser seine Kriege, der Erde ringt er Schätze ab. Bestand für den Urinder die Gefahr, die Erde als Maya, als »Illusion«, gänzlich zu verlieren, so hat der Urperser Mühe, sich das Bewußtsein einer übersinnlichen Welt zu erhalten und es nicht an die physische, sinnliche Welt zu verlieren. Dieses Bewußtsein bewahren, lehrten Einweihungsschulen und Orakelstätten, die zugleich das Geheimnis pflegten, der Natur ihre Geheimnisse abzulauschen und ihre Kräfte in den Dienst des Menschen zu stellen. Der urpersische Eingeweihte war Magier; er gebot über innere und äußere Kräfte, die mit den Elementen, vor allem aber mit dem feurigen Element zusammenhingen. Feuerkult in den höchsten und niedrigsten Formen kennzeichnet die urpersische Kultur, ein Ergebnis luziferischer Impulse. Führer der urpersischen Kultur und Hüter des Sonnenorakels ist Zarathustra, der aber mit dem geschichtlichen Zoroaster nichts zu tun hat, es wäre denn, daß der spätere als ein Nachfolger des ersten Zarathustra genommen würde. Des Urzarathustra Sendung war, den Sinn des Volkes für die geistige Welt zu erhalten und das Übergewicht des Luziferischen in ihm auszugleichen. Er war ein Verkünder der Sonnenkräfte: er lehrte die Existenz der Sonnenaura, den Ahura mazdao, den Ormuzd, einen Lichtgeist, dem Ahriman als Macht gegenübersteht, verderblich durch seine Einseitigkeit und durch den Verrat der Vulkangeheimnisse stark und mächtig geworden. Zwischen Ormuzd und Ahriman besteht ein immerwährender Kampf. Kern- und Angelpunkt dieser Geheimwissenschaft ist die Erkenntnis der wiederholten Erdenleben. Griechische Autoren verlegen die Wirksamkeit Zarathustras ungefähr auf 5000 Jahre vor Christus, in den Zeitraum eines Bilderbewußtseins, mit seinen Zwischenzuständen zwischen Wachen und Schlaf. Von zwei Seiten her vermag der Mensch zur übersinnlichen Welt vorzudringen; der eine Weg führt in das Innere des Menschen, in die eigenen Seelentiefen, der andere nach außen, hinter den »Teppich der physischen Welt«. Den ersten lehrt der Buddha, den zweiten Zarathustra; er lehrt Durchdringung des Schleiers der äußeren Sinneswelt zum Zwecke der Erkenntnis der äußeren Welt. So steckt hinter der physischen Erscheinung der Sonne der Mittelpunkt des geistigen Lebens; neben der physischen lehrt er die Geistessonne schauen: die große Aura, die der kleinen Aura, der geistigen hinter dem physischen Menschen, entspricht. Der Schüler Zarathustras sah im Menschen ein Abbild der Welt. Die ganze Welt ist gleichsam ein ausgebreiteter Mensch, dessen beste Kräfte vom Ahura mazdao herrühren, der im ewigen Kampfe mit Ahriman steht. Dem Ormuzd des Urpersers dient eine Schar von geistigen Hilfskräften. Vergangenheit und Zukunft, scheinbar in einer Linie liegend, schließen sich im Unendlichen zum Kreis. Hier ist die Urform der Schlange, der Ewigkeit, der Ormuzd und Ahriman als Licht und Schatten einverwoben sind. In den Sternen sah der Schüler des Urzarathustra eine Zeichenschrift, gewoben aus den Buchstaben des geistigen Wortes. Der Tierkreis ist die Schrift der Schlange der Ewigkeit; eine in sich selbst zurückkehrende Linie, Zaruana akarana, die Schrift Ormuzds. Die oberen Tierkreiszeichen sind dem Ormuzd, die unteren dem Ahriman zugeordnet, als Diener und Hilfskräfte, Amshaspands genannt, deren sieben dem Ormuzd, fünf dem Ahriman dienen. Mit den Amshaspands ist übrigens die Reihe der Hilfsgenien keineswegs abgeschlossen: die Izeds, 28 bis 31 an der Zahl, die Frawashars, die bis in die Übergründe des Tierreiches eindringen, bis zu den Gruppenseelen der Tiere. So umfaßt die geistige Lehre des Zarathustra den ganzen Umkreis des physisch-sinnlichen und geistig-seelischen Lebens: den Makrokosmos; sie wäre unvollkommen geblieben, hätte sie nicht verstanden, den Entsprechungen zwischen Makro- und Mikrokosmos nachzugehen. Auch in das menschliche Haupt strömen zwölf Kräfte, sieben gute, fünf böse Amshaspandsgenien, entsprechend den zwölf Hauptpaaren von Gehirnnerven, die vom Gehirn aus in den Leib hinabreichen. In gleicher Weise entsprechen die 28 bis 31 Izeds den 28 Nerven des Rückenmarks, den Frawashars aber die Gedanken, die über das Denken und über das Gehirn emporheben.

VII.
Die Lehren Zarathustras

Die Impulse, die der Zarathustra der altpersischen Kultur der Menschheit gegeben hat, lassen sich auch in den anderen Kulturen bis in die Zeiten des ersten Christentums verfolgen. Sie empfangen ihr besonderes Merkmal durch die ausgeprägte Abgrenzung des Guten gegen das Böse, des Lichtes im Leiblichen und der Wahrheit im Geistigen gegen das Dunkel und die Lüge. In der altvedischen Kultur ruht der Ton darauf, daß der Adept, losgelöst von der Sinneswelt und dem Reiche der Farben und Töne, die ihn zu verführen imstande sind, nach der Vereinigung mit Brahma trachte, der im Reiche der Devas zu finden ist. Alles, was der Magie, der Welt der Erscheinungen, zugehört, bleibe dem Schüler ferne, denn er hat es hier einzig und allein mit Täuschungen zu tun, die ihm die Magie vorspiegelt, damit er den Weg zu Brahman nicht finde. Anders Zaratas (Zarathustra, Zoroaster), der Führer der altpersischen Kultur. Sein Pfad führt nicht in das Innere der Menschennatur, sondern in die Welt der Asuras, der äußeren Dinge, die alles enthalten und gewähren, was der Mensch zum Leben braucht. Für Zaratas ist die Frage der Urkultur eine Menschheitsfrage ersten Ranges: er lehrt den Ackerbau, er lehrt die Beschäftigung mit den äußeren Dingen, die dem Menschen dienen. Durch die Schicht der unteren Asuras, der Diener Ahrimans, zu den höheren, die der Welt des Ahura Mazdao angehören, muß der Schüler des Zaratas den Weg zur Läuterung und zum Lichte finden, zur Erlösung, die hier zum ersten Male in voller Klarheit in den Bereich des menschlichen Bewußtseins tritt. In Ahriman ruht das Prinzip des Dunkels; er ist der Vater der Verwirrung, der Lüge und der Verleumdung. »Nicht mehr besiegen soll er, der böse Feind und Irrlehrer, den Geist des Guten, der mit seinem schlimmen Hauch des Menschen Stimme und Rede schon seit so langer Zeit durchdringt.« Zarathustra dient dem Lichtprinzip Ahura Mazdao, auf dessen Wort der Mensch achten muß, soll er nicht »Schlimmes erfahren«, ehe noch der Erdenzyklus zu seinem Ende gekommen ist. Die im Zend Avesta erhaltenen Zarathustradokumente gehen, wie Beckh überzeugend dartut, wohl auf einen späteren Nachfolger des Urzarathustra hin, der im zweiten oder ersten Jahrtausend vor Christus wirkte, Zarathustras Namen wieder aufnahm und seine Impulse erneuerte, sie enthalten aber ohne Zweifel Weisheiten des »Magiers Zoroaster«, von dem Plutarch erzählt und der als um 5000 Jahre älter denn der trojanische Krieg bezeichnet wird. Im Hamunsee, im Gebiete des persisch-afghanischen Grenzlandes, ruht nach iranischer Sage der heilige Same Zarathustras, aus dem die künftigen Heilande der Welt hervorgehen sollen. Das vedische Sanskrit und das ihm nahestehende Avesta waren keine Gebrauchssprachen im Alltagssinne, sondern heilige Sprachen, Priestersprachen, die die Kraft des Wortes, des Mantrams, noch in sich bargen. Das Avesta klingt wie Zauber, ein mächtiger Gefühlsstrom belebt seinen Laut; es gehört zu dem heiligen Gute im Hamunsee und ist Wort vom heiligen Samen Zarathustras. Ahuro Mazdao ist der Herr der ewigen Weltenordnung und des Menschenschicksals; er ist der große Weltenkünstler. Darum ruht im Schoße des Zarathustrawortes zugleich der Ursprung des Feuerkultus, der ein Abbild des kosmischen Opferfeuers vor Augen nimmt. Zarathustra lehrt die Heiligkeit des Feuers: keine andere Religion hat den Feuerimpuls reiner und klarer ausgeprägt. Auch die irdische Flamme ist darin wohl eingeschlossen, aber der Myste, der vom Feuer spricht, hat ein höheres, ein ätherisches Feuer im Sinn. Im Avesta heißt das Feuer athar, das dem griechischen aither (Äther) verwandt ist. Am Tage des großen Feuerordals, des jüngsten Gerichtes, der großen Entscheidung am Ende der Erdentwicklung, wird sich das heilige, reinigende, läuternde Wesen des Feuers bewähren, dessen säubernde Gluten die Guten wie die Bösen durchschreiten müssen; allerdings werden die Guten, der Natur des heiligen Feuers verwandt, dieses wie einen labenden Milchstrom empfinden, der für die Bösen nur Qual und versehrende Wirkung bedeutet. Da wird nun, am Tage dieses großen Feuerordals, die Sache zwischen Gut und Böse, zwischen Drug (Trug, Lüge) und Asha, der heiligen Wahrheit, entschieden werden. Auch im sogenannten jüngeren Avesta aber sind noch die Impulse des Urzarathustra lebendig. Es gibt nach dem Avesta sechs, wenn man ihnen den Ahura Mazdao selbst zurechnet, sieben Amshaspands, zwölf aber, wenn man ihnen ihre Gegenfüßler, die dunklen Engel, beigibt, die, gleich den hellen, unsterblichen Heiligen, ihre bestimmten Namen im Avesta tragen. Über den Amshaspands stehen nach dem Avesta die Jzeds (Yazatos), die Erzengel des Zarathustrakults; darunter der Sonnenerzengel Mithra, an dessen Namen in einem späteren Zeitpunkt die Mithrasmysterien anknüpften. Der Mithra, dessen Name übrigens auch im Rigveda vorkommt, ist die Gottheit des lichten Tageshimmels, der Sonnengott, der über dem Kaukasus emporsteigt und von dessen herrlichen Höhen er das ganze Land der Arier überschaut. Eine dritte Gruppe endlich, die Fravashi (Engel, Schutzengel), umfaßt die »gewaltigen, überkräftigen« Schutzengel der Frommen, der Menschen, die eines guten Willens sind. So entrollt sich im Spiegel der alten Zarathustrakultur das gigantische und strahlende Gemälde der Schöpfung des Gottes, der den Menschen auf Erden durch Zaratas den »Sinn der Erde« verkünden ließ!

VIII.
Die Tauruskulturen

Die dritte der alten Kulturen, die das ägyptisch-jüdisch-babylonisch-chaldäische Zeitalter in sich begreift, umfaßt einen Zeitraum von ungefähr 3000 bis 747 vor Christus und steht im Zeichen des Stieres. Sie birgt eine große Wandlung des menschlichen Bewußtseins: man tritt in das heilige Dunkel des Hermes und des Moses als eines Eingeweihten in die ägyptischen Mysterien. Wenn davon die Rede ist, daß dieser gewaltige Zeitraum die Jahre 2907 vor Christus bis 747 vor Christus umfaßt, so darf der Leser nicht etwa denken, es träten für den Adepten der Geheimwissenschaft die ägyptische Kultur und die ihr gleichzeitigen Kulturen mit dem Glockenschlage des Jahres 2907 vor Christus in die Erscheinung. Das ägyptische Bewußtsein beginnt mit einer Fixsternweisheit, die ungefähr von 5702 bis 4242 v. Chr. reicht und umfaßt, von 4242 bis 2782, eine Periode der Planeten-, von 2782 bis 1322 v. Chr. eine der Elementen-Weisheit und von 1322 v. Chr. bis 138 n. Chr. ein »Sinneswissen«. Es handelt sich hier um die sogenannten Sothisperioden, deren eine mit dem Jahre 1322 v. Chr. abschließt. Wenn nun davon gesprochen wird, daß die eigentliche ägyptische Kulturperiode von 2907 bis 747 v. Chr. reicht, so ergibt sich daraus von selbst, daß diese Periode schon den Abklang der sogenannten Elementenweisheit bringt und daß das niedere Sinneswissen, gekennzeichnet durch das Erlöschen des Elementenbewußtseins, innerhalb dieser Periode merklich einsetzt. So ragt die Hermeskultur, der Impuls des altägyptischen Kulturkreises, noch tief hinein in die altpersische Zarathustrakultur. Die dritte Epoche der nachatlantischen Zeit beginnt bei den Völkern, die durch Wanderzüge in Vorderasien und Nordafrika zusammenströmten. Hatte der nachatlantische Mensch im allgemeinen die Sendung, das Sinneswissen zu entwickeln und den versiegten Mysterienstrom darin neu aufleuchten zu lassen, so spielt diese dritte Kulturepoche eine bedeutsame Rolle in der Geschichte der Besitzergreifung der Erde durch den Menschen. Richtet schon der alte Inder seine Seelenverfassung auf die physische Welt, die er allerdings als eine Täuschung ansieht und der er die übersinnliche Welt vorzieht, so zeigt sich in der urpersischen Epoche das Bestreben der nachatlantischen Menschen, von der physisch sinnlichen Welt Besitz zu ergreifen, weit deutlicher; allerdings versucht er das noch mit den Resten jener alten hellseherischen Kräfte, die ihm geblieben sind. Ein anderes Profil zeigt der nachatlantische Mensch der dritten alten Kultur. Die Völker dieses Zeitkreises haben ihre übersinnlichen Fähigkeiten zum großen Teile schon eingebüßt, aber indem sie ihre Verstandeskräfte und ihr Denkvermögen darauf anwenden, die geistigen Gesetze zu erforschen, die hinter der physisch sinnlichen Welt wirksam sind, entstehen bei ihnen, keimhaft, schon die ersten Anzeichen dessen, was man menschliches Wissen und menschliches Forschen nennen kann: Sinn für Kultur und Technik, für Kunst und Arbeit, für Werkzeug und Mittel. Der alte Ägypter fühlt sich der Erde durch seine Arbeit verbunden. Das geheime Wissen, erworben durch Merkur- und Venusorakel, sammelt sich in den Mysterienstätten, von denen die Keime zur Gesamtkultur des ägyptischen Kreises gepflegt und entwickelt werden. Mit diesem Komplex ist der Name Hermes als der eines Eingeweihten aus dem altpersischen Kulturkreis verbunden, der auch in die Zarathustrageheimnisse Einblick besaß. Im altägyptischen Volke lebt eine starke, auf das Wesen des Todes gerichtete Strömung. Wohl erscheinen ihm die Dinge der Außenwelt als Ergebnisse der Arbeit geistiger Wesenheiten, die sein profanes Auge nicht mehr schauen kann, aber er sammelt ein bestimmtes Wissen um die Verhältnisse nach dem Tode, um das Leben und Wirken mit denselben geistigen Wesenheiten, deren Wirken in der physisch sinnlichen Welt er bei Lebzeiten erkannte. Der ägyptische Mensch muß auf Erden so wirken, daß er sich nach dem Tode mit diesen Mächten vereinigen kann, mit der obersten dieser Mächte vor allem: mit der Osiriswesenheit. Stärker wohl als die Ägypter empfinden die Chaldäer und Babylonier den Reiz der physisch sinnlichen Welt. Ihr übersinnliches Bewußtsein verdunkelt sich rascher und gründlicher. Wohl erforschen auch ihre Eingeweihten die Welt der geistigen Urbilder, aber das Volk frönt seinem Hange, an die Stelle des Sternengeistes die Sterne selbst zu setzen und physisch sinnliche Kräfte durch Götzenbilder zu materialisieren. Zwischen den babylonischen und assyrischen Priestern, soweit sie in die Mysterien eingeweiht sind, und dem profanen Volk entwickeln sich tiefe Gegensätze, denen man oft genug, ja fast durchgehends, in der Geschichte des Hebräervolkes und seines Kampfes mit den Eingeweihten und Propheten jener Zeit begegnet. Von diesem Aspekt des dritten Kulturkreises muß noch gesondert gesprochen werden; das Volk Moses' und der Propheten nimmt durch seine Wesensverbindung mit dem Christusereignis eine ganz eigenartige Stellung in der Geschichte der Menschheit ein. Wichtig bleibt hier die Feststellung, daß Moses ein Adept der hermetischen Weisheit war, ein Umstand, den man in der exakten Geschichte unserer hervorragenden Altertumshistoriker vergeblich sucht. Für diese guten Leute hat es einen Hermes (nicht einmal den geschichtlichen) niemals gegeben, zweifeln sie doch heute auch schon an der geschichtlichen Realität des Moses, und Kroll hat viel Fleiß in seinem Buche daran gewendet, nachzuweisen, daß alles, was hermetisch genannt wird, nichts ist als ein Niederschlag griechischer Philosophie. Um so wichtiger erscheint es, sich hier mit Hermes, dem dreimalgrößten, zu befassen.

IX.
Hermes trismegistos

Der aufmerksame Leser okkulter Bücher begegnet dem Namen des Hermes am häufigsten in der alchimistischen Literatur, die die erhabene königliche Kunst der Verwandlung ohne Umschweife eine hermetische Kunst, geübt von den Rosenkreuzern, nennt und deren oberste Grundsätze in der sogenannten Tabula smaragdina enthalten sind. Da es sich in diesem Abschnitt zunächst um den Hermes als Initiator der altägyptischen Kultur handelt und der Alchimie im Lichte unserer Zeit ein besonderer Abschnitt dieses Buches gewidmet ist, erübrigt hier, bloß von der Wesenheit des Hermes in historischem Sinne zu sprechen. Die Verwirrung, die um das Wesen Hermes' herrscht, wird in erster Reihe dadurch vermehrt, daß er allenthalben auch unter anderen Namen auftaucht, von denen Tot, Thod, Tehu und Tehuti (auch Tech und Techuti) die gebräuchlichsten sind. In den ägyptischen Überlieferungen erscheint Thot = Hermes häufig als Mondgott, in Verbindung mit dem Mondgott Xunsu und dem Hundskopfaffen(auch von der Hieroglyphe des Mondes begleitet), dem, zur Entsprechung, im 15. unterägyptischen Nomos eine Göttin Thot, als Beschützerin der »Liebeslust bis zur Sättigung«, zugeordnet wird; er ist, nach den ägyptischen Quellen, ein »Teiler der Zeit, Bewohner des Himmels und Zähler der Sterne«, auch Bewohner der Welt und Zähler alles dessen, was in ihr ist, Herrscher über Maß und Zahl überhaupt, dem die Elle als Maß zugeschrieben wird, Urheber alles Gesetzmäßigen und Geregelten in der Natur, innerer Sinn aller Dinge, Schützer aller irdischen Gesetze, und, als Hüter der heiligen Sprache, die Zunge des Râ und Verkünder seines Willens; was aus der Öffnung seines Mundes hervorquillt, geschieht; was er ausspricht, wird Befehl; Hermes-Thot ist der Träger der Erkenntnis und der Eröffner des Verborgenen; als »Schreiber der neun Götter«, des »Königs der Götter und Menschen« ist er, ein Gott der Schrift und aller bildlichen Darstellung, Verbreiter der göttlichen Wahrheit, Gott der Bibliotheken, des »großen Hauses des Lebens«, und es gibt überhaupt »keinen Gott, der Hermes gleicht«. In einem Hymnus auf Thot wird er als Der gepriesen, der die Regeln dessen macht, was da ist und was nicht ist; im 64. Kapitel des Totenbuches ist Thot ein Gott der Intelligenz, ein Arzt und Magier zugleich, der Gesundheit und Leben gibt, aber nach dem Tode des Menschen beginnt seine Tätigkeit erst recht; dem Toten gibt man »das Buch vom Odem des Thot« als Führer bei der Reise in das »Land« mit, wo das Schweigen wohnt. Dem christlichen Vorstellungskreise nähert sich die Behauptung, daß Hermes-Thot ein menschgewordener Gott ist. In seiner ersten Inkarnation wird er ein (jetzt längst verstorbener) König; ein Buch, das er mit eigener Hand angefertigt hat, stiehlt, im demotischen Roman des Setnau zu Bulak, der Prinz Ptahneferku und »verzaubert«, auf diese Weise in den Besitz der hermetischen Geheimnisse gelangt, »Himmel und Erde, Meer und Berge«; hat man das zweite Blatt dieses Buches gelesen, so kann man die Unterwelt in derselben Gestalt verlassen, die man auf Erden besaß, »um die Götter im Himmel und die Sterne zu schauen«. Thot meldet den Frevel dem Gotte Râ, der den Prinzen und dessen Helfer umkommen läßt. Von Thot als Theut erzählt Platon im »Philebos« und »Phaidros«, von Hermes im »Kratylos«, im »Protagoras« und in den »Nomoi«, vom »Hermuaster«, vom Stern des Hermes, im »Timaios«; Platons Nachfolger verehren in ihm den Logios und Träger der Hermeneia als Vertreter des Nus im Weltall. Ovid preist ihn als Erfinder der Sprache. Bei den Neuplatonikern spielt er eine große Rolle. Plutarch nennt Isis eine Tochter des Hermes; er hat fünf Tage, als Gewinn im Brettspiel mit Selene, den 360 Tagen des Jahres hinzugefügt. Aus allen diesen Aussagen ist zu ersehen, wie fest sich die Gestalt des Hermes als eines großen Eingeweihten dem Bewußtsein des Altertums eingeprägt hat. Hermes hat nicht nur das Geistige gelehrt, sondern auch in dessen Betätigung unterwiesen. Da er die ganze physische Welt für eine Schrift der Götter erklärt, verstand sich von selbst, daß er auch mit der Kunst vertraut machte, diese Götterschrift zu lesen. In den Geheimschulen aber lehrt er die Wahrheit über das Geheimnis des Todes, den Durchgang durch die elementarische Welt: das Schauen der Sonne um Mitternacht und die Begegnung mit den unteren und oberen Göttern. Mit dem Schauen der Sonne um Mitternacht beginnt die eigentliche hermetische Einweihung. Durch diesen Hinweis ergibt sich zugleich Gelegenheit, sich mit der ägyptischen Geheimlehre zu befassen, die in der Dreiheit Osiris (Sonne), Isis (Mond) und Horuskind, geboren aus Typhon, dem Lufthauch, gipfelt.

X.
Das Totenbuch

Nicht ohne Lächeln und Staunen sieht man den Bemühungen zu, die gewisse Herausgeber okkulter Dokumente immer wieder darauf verwenden, die Meinung zu zerstören oder doch herabzusetzen, daß diese Dokumente auf übersinnliche Zusammenhänge, Erfahrungen und Erkenntnisse hindeuten. Das gilt sowohl für die Erneuerer indischer Literatur wie für die Versuche des Diederichsverlages, zu behaupten, das ägyptische Totenbuch beruhe ebenso auf »abergläubischen Vorstellungen« wie die »Bhagavadghita«. Wohl geben sie zu, daß Ägypten sozusagen die Wiege aller Wissenschaft und Religion darstelle, aber ihr profanes Auge ist gänzlich außerstande, Pyramiden, Sphinx und Symbol der geflügelten Sonne anders als mit nüchternen und phantasielosen Gefühlen zu schauen. Welch armseliges Bild des alten Ägypten kommt zum Vorschein, zwingt man sich, Eduard Meyers ägyptische Darstellungen für das Letzte zu nehmen, was die »exakte« historische Wissenschaft über dieses uralte Wunderland zu sagen weiß! Das Geheimnis, das dem alten Ägypter mit dem Tode entgegentrat und das im Totenbuch in seiner ganzen erhabenen Schönheit verborgen liegt, ist ihm ein Buch mit sieben Siegeln. Der schlechte Führer im Totenbuch, der den Kopf nach rückwärts wendet, weil er den materiellen Instinkten dienen will, der gute, der vorn am Bug des Totenschiffes steht und ins Dunkel vor sich blickt, wo die göttliche Welt als Reiseziel liegen muß, sie bleiben für den stumpfen Intellekt des wissenschaftlichen Betrachters ewig stumm. Vor der Mauer des Totenbuches stehen die Herren ohne Erlebnis, der »Saal der Wahrheit«, darin Osiris Gericht hält und Hermes als Zeuge auftritt, sagt ihnen nichts, der Habicht mit dem Menschenkopf, der über der Mumie schwebt, ist ein mystisches Geschöpf des unsterblichen »Aberglaubens«, der alle »primitiven« Völker erfüllte. Worum es ging, als die Hyksos in Ägypten einbrachen und die Priester Ägyptens in die Tiefe ihrer Tempel flüchteten, um dort die Seele des Volkes und das alte Wissen des ägyptischen Kulturkreises rein zu bewahren, ahnen sie nicht; wie sollte ihnen auch einleuchten, daß die Kraft, die der Befreier nach vier Jahrhunderten Knechtschaft brauchte, um das Joch des Fremdvolkes abzuschütteln, aus diesen heiligen Quellen empfangen ward? Woher sollen sie die Erleuchtung nehmen, die nötig ist, um das ungeheure Drama vom zerstückelten Osiris und der Isis, die seine Teile sammelt, in seine tiefsten Tiefen hinein zu verstehen? Der Name Hermes, des dreimal Größten, ist Schall und Rauch für sie, und keiner weiß, was er mit dieser »mythologischen Figur« beginnen soll. Welchen Scharfsinn bringen sie nicht auf, um zu beweisen, daß es mit dem Geheimnis der Cheopspyramide nichts ist und daß nur Schwärmer sind, die annehmen, es gebe geheime Dinge auf dem Boden der sakralen Bauten des alten Ägypten. Dabei genügt es, den einfachen, klaren, unverdorbenen, durch Vorurteile nicht vergifteten Verstand zu gebrauchen, soll sich das Dunkel, das Hermes und die ägyptische Welt vom großen Chorus des »Intellekts« abschließt, erhellen. Der Leser kann in den Büchern Eduard Schures mehr Exaktes über Hermes und das alte Ägypten finden als in allen wissenschaftlichen Schmökern der Historiker zusammen. Es ist allerdings nicht leicht, sich in diesem Dunkel zurechtzufinden. Dem Durchschnittsmenschen unserer Zeit kann man schwer begreiflich machen, daß der Name Hermes nicht etwa nur eine Persönlichkeit deckt. Der erste Hermes, der Initiator der altägyptischen Hellseherkultur, der dreimal Große genannt, ist nicht jener spätere Hermes, der die Impulse des großen Hermes wieder aufnahm und erneuerte, und doch geht nicht fehl, wer die Namen Hermes, auf zwei verschiedene Gestalten verteilt, im Sinne der Einweihung für Eines nimmt! Die moderne Wissenschaft, die manchmal, in lichten Augenblicken, die Stimme ihres besseren Gewissens rufen hört, ist in einer Anwandlung von Schwäche des öfteren bereit, mit sich reden zu lassen; sie willigt, um ein Beispiel anzuführen, gern darein, mit den »Begriffen« Osiris und Isis gewisse astronomische Vorstellungen zu verbinden und Osiris der Sonne, Isis aber dem Monde zuzuordnen. Dieses unschuldige Spiel mit Symbolen hat aber natürlich mit tieferem Wissen um Seele und Kultur des alten Ägyptens nicht: das geringste zu tun. Aus den bloßen »astronomischen Auslegungen« und Zuordnungen entspringt nicht ein Tropfen lebendige Einsicht in den wahren Stand der Dinge. Etwas näher kommt die Wissenschaft schon der Wahrheit, wenn sie sich entschließen kann, unter Osiris und Isis »Kräfte« zu verstehen. Selbst der trockenste Gelehrte wird die Vorstellung, der alte Ägypter habe etwas wie Osiriskraft in sich gefühlt, nicht zurückweisen und sogar gewissermaßen einräumen, es habe einen Zusammenhang zwischen jener Osiriskraft und der Sternenschrift am Firmament gegeben, so daß das Sonnenlicht, das den Raum durchwebt, die tätige Lichtkraft, jener Osiriskraft verwandt ist. Gedankengänge dieser Art weiterspinnend, wird ein Gelehrter dieses Schlages vielleicht sogar bald dazukommen, so wie der Mond, kalt und dunkel, das Licht der Sonne verwertet, um es zurückzuwerfen, die Isiskraft als eine Mondkraft anzusehen. Mit Betrachtungen dieser Art betritt der Wissenschafter solcher Art allerdings schon das große Gebiet der Entsprechungen und Parallelen, das sozusagen einen der Hauptschlüssel zum Verständnis okkulter Probleme in sich birgt. In Wahrheit handelt es sich um ein tief ausgebildetes Wissen um Gang und Ziel der altägyptischen Einweihung, um den Weg zu Osiris durch den Tod oder durch die Einweihung und Durchdringung mit der Isiskraft.

XI.
Der Tote als Osiris und die Begegnung mit Isis

Auf zweifachem Wege begegnet der Mensch der altägyptischen Kultur, dem Osiris: durch den Tod und durch die Einweihung; vom Leibe befreit, erwacht das Bewußtsein seiner Wesensverwandtschaft mit dem Osiris, der Tote wird Eins mit Osiris, er selbst ist Osiris. Auf dem anderen Wege, auf dem Pfade der Einweihung, lernt er das Unsichtbare, das Übersinnliche der menschlichen Natur erkennen, er begegnet Isis, erfüllt sich mit der Isiskraft. Im eigenen Innern entdeckt er sein Ich; er stirbt auch auf diesem Wege, aber es ist ein Tod, durch den er hindurchgeht. dem Erlebnis des Todes, das der Eingeweihte hat, folgt seine Wanderschaft, sein Durchgang durch die elementarische Welt. In sein Inneres absteigend bis in das Geheimnis des Blutes, darin das Ich lebt, kommt er an ein offenes und ein geschlossenes Tor und geht nun an die Feuer-, Luft- und Wasserprobe, zu den drei Hauptaspekten der elementarischen Welt; er schaut die geistigen Wesen von Angesicht zu Angesicht: die Sonne um Mitternacht geht für ihn auf; außerhalb des physischen und ätherischen Leibes bei seiner Wanderung, betritt er damit die heilige Stätte, mit dem Wesenhaften vereinigt, das von Inkarnation zu Inkarnation geht und am astralischen Leibe arbeitet; aus dieser Wesenhaftigkeit strömen Licht und Kraft, aber sie selbst bleibt stumm und die Seele wird von einer gewaltigen Sehnsucht ergriffen, das Rätsel des Daseins zu durchdringen. Aus der Wesenheit, mit der er nun vereinigt ist, wird seit uralten Zeiten immer wieder eine neue Wesenheit gestaltet, und das Wesen, das da entsteht, aus dem Wesen geboren und selbst Wesenheit, schaut nun Isis: die stumme, die schweigsame Göttin; Sphärenmusik durchzieht den Bewußtseinsraum, Osiris ist es, Sohn und Gemahl der Isis, dessen Weltenwort ertönt, und die nun zurückkommen von diesem Lande, fühlen sich, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt der ägyptischen Einweihung wenigstens, als »Söhne der Witwe«, im Räume zwischen der Osiris- und Isiseinweihung, dort, wo die Einweihung des Moses einsetzt. Moses fügt der Isiseinweihung die Osiriseinweihung hinzu; das ist der wahre Sinn der ägyptischen »Knechtschaft« und von hier führen erhabene Wege bis hinauf ins neunte Jahrhundert nach Christus, bis zum Geheimnis des Grals. Das Land des Nils las Menschen- und Schicksalsgeheimnis aus der Schrift der Sterne. Aus der Sternenschrift empfing Hermes-Thot sein Wissen. Mit jedem großen Sonnenjahr aber nahm die hellseherische Kraft um eine ganze Stufe ab. Der Sternenhimmel spiegelt sich allerdings auch im menschlichen Organismus; so kam der alte Ägypter zu seinem Wissen um den Organismus des Menschen, zu einer Organwissenschaft von besonderer, exakter Anschaulichkeit. Ich kann mir beim Abschluß dieses ganz flüchtigen und die erhabensten Punkte der ägyptischen Einweihung berührenden Bildes nicht versagen, diesem ein erquickend frohes Nachspiel folgen zu lassen. Eine schier unerschöpfliche Quelle der Heiterkeit wird die Vorrede, die der Diederichsverlag seinen »Urkunden zur Religion des alten Ägypten« vorangeschickt. Roeders und Völlers sind darin einig, daß die alten Ägypter ein »barbarisches Volk ohne höhere Kultur« gewesen sind; daß ihr Glaube »primitiv« und »ohne viel Reflexion« war; daß sie eine »Kinderpuppe« von »rohem Götzenbild, namens Ptah« anbeteten; daß sie die Bilderschrift benützten, um »Rechnungen und Nachrichten« zu Papyrus zu bringen; daß die ägyptische Religion »in der Hand der Landeskirche« war; daß die »Sonnenlieder« des Ägypters nicht ohne »poetischen Reiz« gewesen sind; daß der alte Ägypter ein »starkes Gottesbedürfnis« besaß; daß der Tod dem Ägypter alle Zeit hindurch »etwas nicht Unsympathisches« schien; daß die »Ernennung« des Toten zum Osiris »nicht viel mehr als die Verleihung eines schönen Titels« bedeutete; daß die »Abschließung des Tempels gegen die Außenwelt« und die »Heranbildung eines besonderen Priesterstandes« eine Erfindung »priesterlicher Betrüger« gewesen ist; daß die ägyptischen »Vorstellungen« später »verarmten« und ganz verlorengingen; daß »Plutarch den ägyptischen Pantheon verfälschte und verzeichnete«; daß Goethe, Herder, Heine und die Romantiker leider alle »im Banne der Mystik« standen, wenn sie vom alten Ägypten redeten; daß Hegel die ägyptische Religion unbegreiflicherweise eine »Religion der Rätsel« nannte, daß aber die »neuere Ägyptologie« der ganzen Sache einen »anderen« Anstrich gebe! Nach der neueren Ägyptologie hätten sich die Ägypter der Urzeit in einem »Zustande« befunden, der sich nicht viel von dem heutigen Afrikaner mit unentwickelter Kultur unterscheidet«; der Untertan der Pharaonen erscheine »uns« nicht mehr als ein »von mystischen Ideen erfüllter Denker«, sondern als ein »schlichter, realer Mensch und sorgloser Genießer irdischer Freuden«; »Gefühle« wären durchaus nicht des Ägypters Sache; »Poesie« ersetze er durch »Pathos«, und »so komme es«, daß »wir« trotz der »übergroßen Fülle religiöser Texte, vom Glauben des alten Ägypters so wenig wissen«! Dieses kindische, dilettantische Gestammel, diese ungeheure Blamage der Ägyptologie, dieses kopflose Herumraten und Herumtasten an den alten Dingen ist wahrhaftig lange genug als Wissenschaft gepriesen worden! Diese absolute Unfähigkeit, verschärft durch die Dreistigkeit hohlköpfiger Rechthaber, ist ein europäischer Skandal, an dem leider wir Deutsche mit einem großen Prozentsatz beteiligt sind. Nichts kann den falschen Gang, den unsere Intellektkultur genommen hat, besser illustrieren als dieses dünkelhafte Getue, das vor Freud, Einstein und Shaw auf dem Bauche liegt und dabei blind und taub vor den erhabenen Denkmälern der alten Gotteskulturen steht, die es weder zu deuten noch zu fassen vermag! Dieses ganze Gelehrtenpack, das Goethe »mystischer Neigungen« bezichtigt und dank der »neueren Ägyptologie« zu einem Dummkopf machen möchte, ist, so hoffe ich, am Ende seines Unfugs angelangt. Der Materialismus und seine letzten Ausläufer liegen in den letzten Zügen; er verdient, mit seinen Büchern und seiner Wissenschaft aus der Erinnerung der Menschen für immer zu verschwinden, ausradiert und vertilgt für alle Zeiten ...

XII.
Moses als ägyptischer Eingeweihter

Im Jahre 1322 v. Chr. führt Moses, eingeweiht in das »Elementenwissen« der ägyptischen Geheimlehre, sein Volk aus Ägypten. In den Wundern, die von ihm. erzählt werden, spielen die Elemente Wasser, Feuer und Luft eine große Rolle. Er schlägt mit dem Stab gegen einen Felsen und schafft Wasser für sein dürstendes Volk, im brennenden Dornbusch erscheint ihm der Herr, der »Ich-bin« als »der Ichbin« (die Aussage »Ich bin« wird zum Namen »der Ichbin«), aus der Luft unter Donner und Blitz empfängt er die zehn Gebote (sie sind im erhabensten Sinne: aus der Luft gegriffen) und die Wunder, die er wirkt, um das Herz des Pharao zu erschüttern, geschehen mit Hilfe der Elemente. Beherrscht sein Bruder Aaron Erde und Wasser, so sind Feuer und Luft die Elemente des Moses. Vor das Rote Meer hingestellt, führt er das auserwählte Volk, der elementaren Zusammenhänge kundig, vertraut mit Ostwind und Ebbe und Flut, zu günstiger Stunde und gelegenen Aspekten durch die Wogen. Die Ägypter ertrinken darin; ihre hellseherische Erkenntnis der; Elementenweisheit verdämmert langsam, ihr Wissen um die Naturkräfte und elementaren Zusammenhänge ist verlorengegangen, sie gehen irre und schreiten dem Untergang ihrer Kultur zu. Auf das Sinnenwissen angewiesen, erwerben sie das Ich-Erlebnis, das Elementenwissen für die vier Gruppenseelen der Sphinx preisgebend. Sucht man nach »evidenten« Belegen für diese Wandlung in der ägyptischen Geschichte selbst, so finden Sie sich reichlich genug in der Geschichte Amenophis, des Vierten, der als Eingeweihter des »Ich« den alten Göttern den Bücken kehrt, an die Stelle des Ammon den Aton setzt und seinen Namen Amenophis in Echnaton ändert. Im Sonnenhymnus des Echnaton wird schon die physisch-sinnlich wahrnehmbare Sonnenscheibe gepriesen. Von Buddha, Zarathustra und Hermes unterscheidet sich die Gestalt des Moses für uns in mancherlei Hinsicht. Der Eingeweihte, der Führer des jüdischen Volkes, steht unserem Erlebnis weit näher, seine Impulse wirken noch auf die heutige Menschheit. Seine überragende Gestalt erscheint gleichsam am ersten Tore, das zu unserer Zeit führt. Er ist noch heute populär in gewissem Sinne, und die Bibel des alten Bundes, das unsterblichste aller vorchristlichen Bücher, erscheint unserem Bewußtsein in heller Erinnerung als etwas Bekanntes, ins Wesen Aufgenommenes. Rudolf Steiner hat zum erstenmal auf die tragische Situation der offiziellen Bibelforschung hingewiesen. Eine Unsumme von Gelehrsamkeit, ein Übermaß von eisernem Fleiß ist darauf verwendet worden, zu beweisen, daß die Geschichte des sogenannten alten Testamentes, Stück für Stück, die Überlieferung aus verschiedenen Zeitabschnitten zusammengesetzt hat. Die Bibelforschung, unermüdlich in ihrer Kunst der Synthese und der Analyse, erreicht ihr höchstes Ziel in der Erkenntnis des Ursprungs der heiligen Schrift. Heiliger als die Schrift selbst ist ihr die Wissenschaft um deren Herkunft. Die Bibel des alten Testamentes ist ein Geschichtsbuch und zugleich eine grandiose Psychologie und Geistgeschichte. Mitten unter den granitenen Quadern des Geschehens in Zeit und Raum finden sich, wesensgleich, ganze Partien symbolischer Art und übersinnlicher Schauungs- und Denkweise. Die Genesis ist ein Bericht und ein Einweihungsdokument zugleich, und nirgends wird dieser erhabene Umstand klarer als dort, wo von Moses selbst die Rede ist. Philo, der die althebräische Geschichte mehr von der symbolischen und seelischen Seite nahm, war außerstande, die Trennung zwischen äußerem Geschehen und innerer Erlebnisfolge deutlich zu ziehen. Erst die moderne, von Rudolf Steiner begründete Geisteswissenschaft darf mit Fug und Recht davon sprechen, daß sie volles Licht auf die Sendung des Moses im Rahmen der alten Kulturen wirft. Hat sich Laistner in seinem Buch vom »Rätsel der Sphinx« verhältnismäßig am weitesten vorgewagt, indem er den »Mythus« als die Fortsetzung der Träume eines Volkes und einer Kultur ansah, so setzt die Geisteswissenschaft ganz klar und präzise die Forschung über Mythen auf eine Wirklichkeitsgrundlage, nämlich darauf, daß die alten Kulturen, Religionen und Einweihungen einzig und allein aus dem Bewußtseinszustand ihrer Zeit zu erklären sind. Wohl stellen sie in den Hauptwahrheiten gemeinsames Gut dar, aber nichts ist unwissenschaftlicher, als anzunehmen, die Verschiedenheiten der Anschauung wären bloß zufällige und stammten nicht etwa aus dem besonderen Bild besonderer Sendungen, die eben den alten Kulturen eigen waren. Die alten Völker hatten alle eine bestimmte, zeitlich und räumlich begrenzte Sendung zum Gesamtbild der menschlichen Entwicklung. Jedem Volk schlug seine erhabene Stunde, jede der alten Kulturen weist Jugend, Höhepunkt und Verfall auf. Mußte sie fort, so war eben ihre Uhr abgelaufen. Was die eine Kultur, das eine Volk, nicht mehr vermögen, geht an eine andere Kultur und auf andere Völker über. Was in der Sendung der altägyptischen Epoche lag, wirkte auch im seelischen und geistigen Wesen des Moses, aber nichts wäre ihm unmöglicher gewesen, als die ägyptischen Impulse einfach fortzusetzen. Auf den alten Stamm pfropft der Eingeweihte der althebräischen Kultur ein neues Reis, aus den Ruinen der altägyptischen Kultur läßt er neues Leben ersprießen, und von diesem erhabenen Standpunkt erhält auch die Erzählung der ägyptischen Königstochter, sie habe das Knäblein »aus dem Wasser gezogen« und Moses genannt, ihren tiefen esoterischen Sinn. Die Vertreterin der alten ägyptischen Kultur fand auf ihrem Wege eine »Seele«, die »mit (neuen) Ewigkeitsgehalten« erfüllt war. Die Geschichte des Lebens, das Moses geführt hat, verläuft in der Bibel zunächst als ein Bericht über äußere Geschehnisse, aber schon die Zusammenkunft mit dem midianitischen Priester Jethro oder Reguel führt, wie Steiner gezeigt hat, tief in das esoterische Dunkel. Hier schwimmen äußerer Bericht über Moses und Darstellung innerer Erlebnisse merkwürdig durcheinander. Jethro ist als nichts anderes, denn als ein Führer der Lehrer der Menschheit anzusehen. Moses begegnet in Jethros Töchtern den 7 menschlichen Seelenkräften ...

XIII.
Moses und Josua

Rudolf Steiner faßt die Sendung des Mose in den Satz zusammen, es habe sich um Ablösung des alten Hellsehens durch das intellektuelle Verstandesbewußtsein gehandelt. Diese Feststellung hängt mit der Einteilung Steiners zusammen, der Empfindungs-, Verstandes- und Bewußtseinsseele unterscheidet. Es möchte nun, auf den ersten Blick, manchem Unbefangenen scheinen, als wären diese der modernen anthroposophischen Ausdrucks weise zugehörigen Bezeichnungen zu Unrecht dem Vorstellungskreise der althebräischen Kultur eingebaut. Man muß aber wohl bedenken, daß schon die mosaische Schöpfungsgeschichte in ganz exakter Weise die großen kosmischen Entwicklungsperioden schildert, daß der siebente Schöpfungstag dieser Urkunde zum Beispiel dem lemurischen Zeitalter entspricht, daß die »Nebel« der biblischen Kosmogonie mit den Nebeln der Atlantis zusammenfallen, und daß die in der Kabbala zum System vereinigten Ausdrücke Nephesch, Ruach und Neschuma nichts anderes sind als eben jene drei Seelenglieder, Empfindungs-, Verstandes- und Bewußtseinsseele. Moses' göttliches Wissen ruht zur Gänze auf dem alten Hellsehen, wie denn auch seine Erfassung des Intellektualen als eines Zukunftszustandes noch durchaus von hellseherischen Kräften rührte. Eben aus diesem Grunde aber war die Sendung des Moses durchaus begrenzt; er konnte sein Volk nur bis zu einem bestimmten Punkte führen, was in der mosaischen Überlieferung darin zum Ausdrucke kommt, daß er selbst Palästina nicht mehr schauen kann, sondern knapp vor dem Einzug in die höheren Welten abberufen wird, denen er entstammte. Gerade diese grandiose Andeutung des Begrenzten in der mosaischen Mission ist aber zugleich ein lebendiger und schlagender Beweis für diese Sendung selbst, als eine Impulsgebung, die dem Nachfolger Josua Durchführung und Vollendung überließ und überlassen mußte. Moses' erhabene Schritte führen bis zur Begründung der Ichkultur, darin der »Ich-bin« eine zentrale Rolle spielt; Moses gab das köstliche Gefäß, das den neuen Inhalt aufzunehmen bestimmt war. Man wird später sehen, was das bedeutet, nämlich nichts Geringeres als eine Vorbereitung des Geheimnisses von Golgatha, aber schon in der Bibel des alten Testamentes ist ein Beleg für diesen Zusammenhang zu finden, lenkt man das Auge auf die höchst merkwürdige und erschütternde Erzählung vom armen Dulder Hiob, den Unglück über Unglück ereilt, ohne daß sein Vertrauen in Gott auch nur im geringsten erschüttert worden wäre. Leuchtet aus dem Drama des Hiob nicht die große Lehre auf, daß, wer sich von Gott lossagt, austritt aus dem Kreise der lebendigen Wesen? Läßt sich diese wahrhaft große Lehre überhaupt anders verstehen als aus dem Christusimpulse? Oder, wie es Steiner ausführt: »Willst du das Ewige in dein Ich aufnehmen, so mußt du nicht bloß die Zusammenfassung des Zeitlichen, nicht bloß die Jahveeinheit hinter allem im Raum und Zeit Ausgebreiteten erkennen, sondern auch den konzentrisch hinter aller Einheit selbst gegebenen Christusquell.« Darum ist Moses überhaupt nichts anderes als der große Wegbereiter des Christus Jesus in der menschlichen Entwicklung. Man kann aber, nach Festlegung dieser erhabenen Tatbestände, von der Gestalt des Moses nicht Abschied nehmen, ohne auf zwei wichtige Momente des Mosesproblems hinzuweisen: auf die Empfängnis der zehn Gebote und auf die esoterische Bedeutung der fünf Bücher des Moses. Die unerhört dramatische Szene des Erlebnisses auf dem Sinai birgt nichts Geringeres als eine fundamentale Setzung der Kardinalpunkte dessen, was den Menschen zum Menschen macht, als eine lapidare Zusammenfassung der göttlichen Minimalforderungen an die Menschheit. Daß es Gebote sind, daß sie Gesetzescharakter haben, beweist, wie aus dem alten Hellsehen in die aufkeimende Ichkultur Impulse einströmen, die in Befehlsform eingebaut werden müssen, weil sie das noch schwache Ich noch nicht aus sich selbst erleben und erfassen kann. Der Befehlscharakter der zehn Gebote kennzeichnet die Bewußtseinsstufe der althebräischen Kultur in vollkommener Weise. Was aber die fünf Bücher des Moses betrifft, so kann an dieser Stelle nicht unterlassen werden, auf Fabre d'Olivets großartige Arbeit über die Wiederherstellung der hebräischen Sprache nach ihrem Geiste und esoterischen Gehalt hinzuweisen. Man verdankt Fabre d'Olivet nichts Geringeres als die erste, den esoterischen Sinn der Mosaischen Kosmogonie wiedergebende Übertragung des Offenbarungstextes, die zugleich den lebendigen Hinweis auf die Elohim als Helfer des Weltenschöpfers enthalten und die Lehre von den Hierarchien der Engel in sich bergen, die später bei Dionysios, dem Areopagiten, und im ehrfurchtgebietenden Riesengebäude der Kabbalah ihre glorreiche Auferstehung feiern. Über die Kabbalah selbst wird in einem späteren Abschnitt noch zu sprechen sein. Hier sei nur eine Bemerkung gestattet, die das wunderliche Treiben des Antisemitismus und der Zionisten betrifft. Beweisen die Antisemiten von heute, daß sie unwissend bis auf die Knochen sind und keinen Zusammenhang mit dem innersten Heiligtum des Menschengeheimnisses haben, so beeilen sich die nationalen Juden bei jedem Anlaß, zu betonen, daß sie Freigeister und voraussetzungslose Skeptiker sein wollen, die ihr eigenes Nest beschmutzen, indem sie ihren ungeheuren Besitz an esoterischer Kultur geringschätzig beiseite schieben ...

XIV.
Die griechisch-lateinische Zeit

Die gedrängte Schilderung der alten Kulturen und der esoterischen Impulse, die sich darin offenbaren, wäre nunmehr bis zur griechisch-lateinischen Zeit vorgeschritten, die von 747 v. Chr. bis ungefähr 1413 n. Chr. anzusetzen ist und im Zeichen des Widders steht. Sie enthält, als in die Mitte der sieben Entwicklungen der nachatlantischen Entwicklungsperioden gelagert und schon darum für die Geschichte der Menschheit entscheidend und bedeutungsvoll, das Christusereignis, den großen Wendepunkt im Leben der Erde und die Vorbereitung unserer Kultur, die im Zeichen der Fische zu denken ist. Nicht die Geschichte des Griechen- und Römertums bis zum Zeitpunkt des Ereignisses von Palästina, sondern die Bewußtseinslage der griechisch-lateinischen Zeit ist hier zu berühren; zu zeigen ist, wie gerade sie den Nährboden für dieses Erlösungs- und Überwinderdrama abgibt und wie sie, nach seiner Zusammenfassung aller alten Einweihungen und alten Geheimwissens, die esoterische Erkenntnis und Lebenshaltung auf vollkommen neue Grundlagen stellt, indem sie das »Ichbin« der vorangehenden Kultur in die andere heilige Grundformel »nicht ich, sondern der Christus in mir« verwandelt. Es kann sich an dieser Stelle nicht darum handeln, ein geschichtliches Bild der griechisch-lateinischen Entwicklung zu geben, noch darum, das Erlöschen des alten Hellsehens, schon in den Ausläufern des ägyptisch-hebräisch-chaldäischen Kreises deutlich wahrnehmbar, an der Hand einer Betrachtung über die griechische Philosophie und die Ausbildung des römischen Staats- und Rechtsgedankens zu zeigen. Mit den Griechen und Römern treten zwei ganz neue Kulturimpulse in die Geschichte der Menschheit. Ein oberflächlicher Blick auf das Gesamtbild zunächst des griechischen Wesens ergibt zwei Extreme, in offenkundigem Zwiespalt: auf der einen Seite das heitere, lebenslustige, bukolische Hellas mit seiner reichen Schar an Göttern und Göttinnen, stark sexuell betont, aber immer froh und schönheitstrunken, auf der anderen das düstere, in furchtbarer Schicksale und Verhängnisse Blut und Dunkel getaucht, einsam, traurig und hoffnungslos, dabei national zerworfen und unglücklich in seinen kriegerischen Unternehmungen. Dort ein Bild des Lichtes, der Kunst und des fröhlichen Lebensgenusses, hier ein Tableau des Jammers, wenn auch in der trübsten Tiefe nicht ohne heroische und wahrhaft imposante Züge. Dabei eine hohe Kultur und bewunderungswürdige Kunst, die als beider Wesenheiten Mischung erscheint, gekrönt und umschlossen von den Höhenzügen des griechischen Gedankens, der nach und nach an die Stelle des alten noch in »Ilias« und »Odyssee« wirksamen Bilderbewußtseins tritt. Vor dem Griechentum gibt es keine Philosophie in der menschlichen Geschichte, denn im strengen Sinne lassen sich weder die Veden noch die Dokumente der Ägypter und Hebräer als Belege für den Bestand einer Philosophie werten. Um so verborgener blüht die Geheimwissenschaft der Griechen, im Wesen stark mit ägyptischen Zügen durchsetzt, sprachlich obendrein durch merkwürdige Parallelen zwischen dem Griechischen und Hebräischen bemerkenswert. Im alten Griechenland blüht das Orakelwesen und Priestertum (von Delphi, Dodona u. a.), die streng genommen, in die Geschichte des Spiritismus gehören. Auf den Urgrund der griechischen Seele reichen das heilige Drama von Eleusis, die orphischen Mysterien, die Geheimnisse des Dionysos, Pythagoras und die Mysterien von Delphi mit ihren Prüfungen, ihrem Neophytentum und den Vorbereitungen für ein geläutertes pythagoräisches Leben, mit ihren Zahlenwundern, ihrem kosmischen Wissen, ihrer großen Lehre von der Wiedergeburt bis zur völligen Tilgung des Karmas, ihrem Magiertum, ihrer erhabenen Verbindung zwischen Mann und Frau und mit dem tragischen Ende der pythagoräischen Schule; auf den Urgrund der griechischen Seele reichen, desgleichen, die Mysterien von Eleusis, denen der himmlische Platon nahesteht. Wer sich neben diesen schier unerschöpflichen Gebieten für die Magie der Griechen und den griechisch-ägyptischen Offenbarungszauber interessiert, findet bei Dr. Theodor Hopfner mit erstaunlichem Bienenfleiß und vorbildlicher Gelehrsamkeit alles, was vom Zwischenreich, von den Dämonen, Heroen und Seelen und ihrem Verhältnis zu Göttern und Menschen, von der Usia der Toten, der Lebendigen und der Götter, vom wahren Namen, von Zaubergebeten und Zauberformeln, von Beschwörungen, Anrufungen und Amuletten, von Gnosis, Theurgie, Magie und Goetie, kurz von Geheimwissenschaften und dunklen Praktiken zu wissen frommt. Demselben Autor verdankt man auch kürzere, nicht minder wertvolle Darstellungen der griechischen Mystik und der griechisch-orientalischen Mysterien. Manch einem von der offiziellen Philologie und Philosophie verächtlich beiseite geschobenen Forscher (Creuzer, Gladisch, Roth, Wolfgang Schultz bis hinauf zu Joël) ist inzwischen zum Teile volle Gerechtigkeit widerfahren, zum Teile aber verschwinden unberufene rationalistische Einmenger in das antike Mysterienwesen, wie de Jong, heute schon lautlos in wohlverdienter Vergessenheit. Die Geisteswissenschaft Steiners hat inzwischen volles Licht auch in diesen dunklen Winkel getragen, darin sich die Entfaltung der menschlichen Verstandes- oder Gemütsseele zu vollziehen begann.

XV.
Griechische Mysterien

Die Orphiker waren, so scheint es, die Stifter und Begründer der griechischen Mysterien; Eumolpos, der von vielen als ihr Stifter und Begründer bezeichnet wird, gehörte dem orphischen Kreise an; er und seine Schule, die Wohlsingenden, Eumolpiden, genannt, hatten als Sänger und Tänzer starken Anteil an den Geheimkulten. Eine sehr klare und anschauliche Schilderung der kleinen wie der großen eleusinischen Mysterien entwirft, als einen Versuch zur Rekonstruktion, Uexküll, dem man auch eine ähnliche Skizze von der ägyptischen Einweihung verdankt. Gewisse Parallelen zwischen den griechischen und den orientalischen Mysterien haben Charles Hünerberg, Konrad Schmidt und Oskar Fischer mit mehr oder weniger Glück zu ziehen versucht, Ita Wegmann ist den medizinischen Zusammenhängen mit den Mysterien von Samothrake an der Hand Rudolf Steiners nachgegangen. Die griechische Philosophie, mit Pherekydes auf Syros einsetzend, ergibt, wie Steiner gezeigt hat, ein getreues Bild vom allmählichen Erlöschen des alten Hellsehens und mit diesem der Fähigkeit, die Dinge der übersinnlichen Welten als Bilder zu schauen. Auf drei Gebieten hat das Griechentum durch Jahrtausende die Führung behalten: im Drama, in der bildenden Kunst und in der Philosophie. Bis ins 13. Jahrhundert n. Chr. hat Plato das Geistesleben beherrscht, indes von dieser Zeit ab Aristoteles und die aristotelische Schule in den Vordergrund treten, und erst mit dem Ausklang der Scholastik reißt der Faden ab, die das Mittelalter unmittelbar mit den Griechen verband. Parallel mit der Philosophie, denen der Wind noch so manches fruchtbare Körnlein aus dem mystischen Bewußtseinskreise zutrug, hörten die Hüter der Mysterien nicht auf, das Geheimnis, abgeschieden von der Welt, rein zu bewahren. Hopfner zählt folgende neun Gruppen auf: 1. Die Mysterien der Demeter (Kore und Jakchos), die zugleich die ältesten, uns bekannten Mysterien darstellen; 2. die der Demeter Thesmophoros, der Gesetzesstifterin und Göttin der Ehe, nur für Frauen zugänglich; 3. die des Dionysos-Bakchos, des thrakischen Gottes Zagreus, von Orpheus angeblich um 600 v. Chr. gestiftet; 4. die von Samothrake, gleich den übrigen hier aufgezählten, orientalischen Ursprungs; 5. die des Sabazios, ungefähr um das 5. Jahrhundert v. Chr. nach Griechenland verpflanzt; 6. die des syrischen Adonis, von Sappho und Xenophonos schon für das 7. und 6. Jahrhundert v. Chr. bezeugt; 7. die der Rhea-Kybele, die schon Pindaros im 5. Jahrhundert kennt; 8. die der Isis und Osiris, mit denen des Serapis von Alexandria verschmolzen, die schon, ägyptisches Gut, getränkt mit dem griechischen Naturell, im 4. Jahrhundert nach Griechenland eindrangen, und endlich 9. die Mithrasmysterien, persischen Ursprungs, im alten Griechenland nicht recht gangbar, obgleich schon vorhanden, aber doch erst im 1. Jahrhundert n. Chr. in Rom zur Geltung gelangt. Noch durch nahezu vier Jahrhunderte nach Christus lassen sich die Spuren der griechisch-orientalischen Mysterien verfolgen; als Wahrzeichen ihres endgültigen Unterganges mag mit Hopfner stichhältig die Zerstörung des Serapistempels in Alexandria angesehen werden; ungefähr zwanzig Jahre früher machte Valentinian den Mysterien von Eleusis ein Ende. Erhabene Abschiedsworte für die Eleusinier sprach Sophokles, der dreimal selig jene Sterblichen nennt, die solche Weihen einst geschaut und dann hinab zum Hades stiegen, wofür ihnen jetzt dort (im Zwischenreich) Leben zuteil wird, indes die anderen nur Drangsal und Not im Jenseits finden. Philosophie, Dichtkunst und Malerei waren Geschenke und Schöpfungen des Sohnes der Persephone, des Dionysos, als des Initiators der griechischen Kultur; das Mysterium der Geburt des Dionysos aus dem Schoße der Persephone ersteht in »begrifflichem Gewand« in der Philosophie Platons aufs neue, der eine Wiederholung des Dionysos in historischer Zeit darstellt: die große, erhabene Lehre vom Eros gilt für Körper und Geist; für den Körper als Umarmung im Zeichen der Sinne, für den Geist als Umfängnis der Seele durch den Weltengeist. Nur wer Blick für das Wesen der Dionysosmysterien hat, kann den wahren Sinn des platonischen Eros verstehen, der sich in dem entzückenden Märchen von Amor und Psyche wiederholt. Noch in unserem Weihnachtsmysterium endlich leuchtet hell die Flamme der alten Erosweisheit auf. Es wird sich später, bei der Betrachtung des Dramas von Golgatha, auch zeigen, welche Bedeutung im Vergleiche zur römischen Übersetzung des neuen Testamentes die griechische Sprache für das Christuswesen und das Christentum gehabt hat. In Steiners grundlegender Schrift vom Christentum als einer »mystischen Tatsache« wird klar und lichtvoll ausgeführt, welche Kraft die griechische Philosophie aus dem Dämmer der Mysterien bezog; Herakleitos, der »Dunkle«, wird hell und durchsichtig, wenn man ihn durch die Schauer der Mysterien anblickt, und als gewaltiges Dokument der Mysterienweisheit ragt Platons »Timaios« in einsamer Größe zum Firmament empor, das »Drama des Weltenwerdens« mit der Ahnung der Urkraft im Schoße. Hier findet sich das große Geheimnis der Weltseele, die auf das Kreuz des Weltenleibes gespannt ist, hier die unerhörte Vieldeutigkeit des Logos, der gleichzeitig als Weltvernunft und Riesenchronik aller Geschehnisse zu nehmen ist, aus der, »auf die Urbilder schauend«, der Demiurgos alle Dinge erschuf. Bei Philo endlich, der als Wiedergeburt des Platon gilt, taucht der Name »Sohn Gottes« für den Logos auf, bei demselben Philo, für den es zwei Wege gibt: die Sinnenwelt mit ihrer Beschränkung auf Wahrnehmung und Verstand, oder das Bewußtsein einer kosmischen Allkraft, die das Persönliche im Menschen die Ewigkeit erleben läßt.

XVI.
Der ewige Dionysos

Mit Friedrich Nietzsches Unterscheidung des Dionysischen vom Apollinischen, mit der Neubelebung der Schriften Bachofens spielt das Grundproblem der griechischen Einweihung in unsere Zeit hinein. Rudolf Steiner erfaßte das vorsokratische Seelenbewußtsein, anders als der feinfühlige Philologe Bachofen und der Künstler Nietzsche, vom Geistigen. Seine geisteswissenschaftliche Methode führt ihr zur Erkenntnis, daß der Mythos ein Dokument und Ergebnis des alten Hellsehens darstellt, einer Seelenverfassung, die heute noch zumeist in ungeordneter und ungepflegter Weise, bei medial veranlagten Personen anzutreffen ist. Wo Bachofen von einer gynaikokratischen Epoche, einem Zeitabschnitt des »Mutterrechtes« spricht, meint er die Ära der Demeter und des Demeterkults, deren Menschen wesentlich anders organisiert waren als der historische Grieche; Denken, Fühlen und Wollen des »mystischen« Menschen stehen noch in voller Harmonie, ihre Zusammenhänge sind von kosmischgeistigen Kräften geregelt. Der Mensch des demetrischen Zeitalters, Körper und Geist zugleich, steht der Umwelt nicht als Außenwelt gegenüber; er sieht die Natur bildhaft als ein mütterliches Wesen, die chthonische Urmutter, die ihm das durch Generationen vererbte Hellsehen bildhaft als Persephone schenkt. Bei Pherekydes auf Syros, mit dessen eigentümlicher Kosmogonie die Philosophie der Griechen einsetzt, wird aus Zeus, der im Räume wirkenden Weisheitsmacht, und aus Persephone, dem »im Zeitlichen wirksamen Bildschauen«, das Ichbewußtsein des Menschen geboren, schmerzhaft zunächst, als etwas, was unter Leiden geschieht. Aus Zeus und Persephone kam der ältere Dionysos, der, dem Osiris gleich, von unterirdischen Kräften zerstückelt und zerrissen (die Titanen besorgen dieses Geschäft), doch mit seinem von Pallas Athene geretteten Herzen neuerlich mit Zeus vereint wird. Der schöpferische Weltverstand des Zeus (Nus) und der Pulsschlag des Ichs verschmelzen zur »kulturbildenden Intelligenz«, zur »selbstbewußten Macht des Wissens«; sie auf Erden heimisch zu machen, war des jüngeren Dionysos Aufgabe; oberflächlicher als die des Dionysos des älteren, des Dionysos Zagreus, begründet er, mit seinen Faunen und Silenen und seinem Wein, den Hauch einer neuen Lebensweise auf der Erde, zu der er als Mensch, als entgötterter freilich, herabsteigt. Das Weltbild der Wissenschaft wird durch ihn geboren. Der ewige Dionysos, sein himmlischer Lehrer, tritt ins Land der Vergessenheit zurück. Als letzter Ausläufer des Faunischen und Silenhaften, sucht er, berauscht von der neuen »Wahrheit«, die aus seinem Wein aufsteigt, seine Herkunft hei den Affen. Den ewigen Dionysos suchend, begegnete Nietzsche dem Zarathustra, einem von der Phantasie erzeugten Untergott und Übermenschen, einem Zerrbild des großen Initiators der persischen Kulturepoche. Versucht man Menschen unserer Zeit den Unterschied des Dionysischen und Apollinischen zu erklären, so wird gewöhnlich die vulgäre Formel gebraucht, das Apollinische habe mehr Objektives, das Dionysische mehr Subjektives zum Wesensbestandteil, der apollinische Künstler, kühl und rein, hebe sich vom Dionysischen ab, der sich im Feuer seiner eigenen Leidenschaft verbraucht. Die Philologie Nietzsches und Erwin Rohdes erschien der Generation dieser bedeutenden Männer begreiflicherweise als eine befreiende Deutungsart. Steiner hat den richtigen Erkenntnisweg auch hier gewiesen: durch die dunklen Untergründe der Seele, die er überwindet und hinter sich läßt, steigt Dionysos zur Welt des Lichtes auf, Apollo aber vom Himmel zur Erde; ward Dionysos zum Menschen, so blieb Apollo ein Gott, ein reines Lichtwesen, das seinen Sitz auf der Sonne hat; er wandelt von Stern zu Stern, nähert sich aber der Erde, und Jupiter, Mars, Merkur und Venus sind Abwandlungen des apollinischen Prinzips; Apollo tötet den Drachen Python, der in der Nebelregion der Erde haust, sein Sonnenpfeil trifft die erdgeborene Schlange, deren dampfender Atem aus dem Schlund einer Schlucht emporsteigt. Über dieser Schlucht, der der Odem der erdgeborenen Schlange entsteigt, steht später der Tempel des Gottes Apollon, darin die Pythia wohnt, die Erbin der Demeterzeit, Prophetin und Heilerin zugleich. Auch der Gott selbst, gleich der Pythia, ist Arzt, und sein schwerster Patient wird Dionysos, dessen innere Kräfte in immerwährendem Aufruhr sind und ihn zum »rasenden Gotte« machen. Sobald aber die Zeit erfüllt ist, erscheint Apollo selbst auf der Erde, der Gott des Lichtes, der »milde, schuldlose, Heilige und Heilende«, der Erlöser! Himmel und Erde reichen sich, wie Apollo und Zarathustra, die Hände. Apollo und Dionysos sind erhabene Verwandte, so wie Licht und Liebe miteinander verwandt sind. Vergeistigt sich die Dionysosliebe zum Licht, verwandelt sich apollinisches Licht in Liebe, so daß beide Eins werden, dann ist die Stunde der Erlösung gekommen, Himmel und Erde empfehlen sich als Vermählte. In wundervoller Klarheit hat Rudolf Steiner gezeigt, wie der einseitige Dionysos zum Übermenschen Nietzsches, der einseitige Apollo aber zum katholischen Gottesstaat führt; sucht jener nur die Erde als letztes Ziel, so dieser nur den Himmel. Das Dritte, Große, Erlösende, tritt im Christusprinzip auf, im Geheimnis der Überwindung des Todes. Von ihm zu sprechen, ist die Aufgabe des dritten Hauptabschnittes, der vom Christus Jesus handelt. Es bleibt nur noch ein Blick auf den römischen Teil der griechisch-lateinischen Epoche zu werden übrig.

XVII.
Das Rätsel Roms

Die landläufige Geschichtswissenschaft setzt die Gründung Roms ungefähr in das Jahr 753 v. Chr., also ungefähr in die athenische Archontenzeit und den nahen Untergang Israels. Die Geisteswissenschaft Rudolf Steiners nennt exakt und präzis das Jahr 747 v. Chr. als Gründungsjahr Roms, und sie verweist auf den mehr als 22 Jahrzehnte dauernden Zustand der Königsherrschaft über Rom als eine Zeit mystischer Begebenheiten. Die Schulbücher unserer Kinder, vom Hauche moderner Sachlichkeit vergiftet, die alle mystischen Tatbestände geringschätzig belächelt, enthalten die »Sage« von den sieben römischen Königen als »unhistorisch« längst nicht mehr; man hat sie als Ballast ausgemerzt, obschon Titus Livius, der sie ausführlich behandelt, keinen Zweifel an der Realität dieses Geschehens aufkommen läßt. Der große römische Geschichtschreiber bringt die Gründung Roms mit Wanderungen in Zusammenhang, die nach der Zerstörung Trojas einsetzten, und nennt bei diesem Anlaß zunächst den Namen des Romulus, der, im Gegensatz zu Aeneas, einem Sohne der Venus, als ein Sohn des Mars bezeichnet wird. W. J. Stein, dem man eine wertvolle Studie über das Wesen der »römischen Apokalypse« verdankt, bemerkt treffend, der Gegensatz zwischen trojanischer Priesterkultur und römischer Kriegskultur, die gänzlich nach weltlicher Geltung strebt, lasse sich kaum schärfer kennzeichnen als durch die Gegenüberstellung von Venus und Mars. Titus Livius gibt freimütig zu, daß es sich so verhält, ohne »großes Gewicht« darauf zu legen. Schon der Name Romulus, der mit der griechischen Bezeichnung der Stärke und Kraft (Rome) zu tun hat, deutet auf ein Wesen von außerordentlichen physischen Kräften; Romulus huldigte dem Gotte Herkules. Der Zwilling Remus anderseits, kein Herkules und bestimmt, zu sterben, stellt wohl, wie W. J. Stein hinzufügt, bloß eine Wesensseite des Marssohnes Romulus dar, der dem Jupiter durch seinen Tod zugetan war. Jupiter verkündet durch sein Vogelzeichen, daß Romulus und nicht Remus über Rom herrschen soll. So ersteht Rom aus zwei Grundkräften: aus der Marskraft der nur von den Sinnen bezogenen Wahrnehmungen und aus der Jupiterkraft des reinen, gegenständlichen Denkens, und die Mauern, die es umschließen, deuten auf den Wunsch der lateinischen Rasse, die im Sinnessein begrenzt sein will. Da nun Romulus seine vom Gotte geweissagte Herrschaft über Rom antrat, bezog die Sonne das Sternbild des Widders, des Lammes. Nicht Amor begründete Roma: so stand es in der erhabenen Schrift der Sterne. Romulus war der erste, Numa Pompilius, der Sabiner, aus dem Volke, dem man die Frauen raubte, weil die Römer aus eigener Kraft nicht imstande waren, die Zeit dem Raume hinzuzufügen, der Pythagoräer, der zweite König Roms. Unter dem dritten, Hostilius, dem feindlichen, nahmen Licht, Gewalt und Krankheit zu, unter dem vierten, Gaius Martius, dem ordnenden, die Naturen des Romulus und des Numa vereinigenden, blüht die Gesetzgebung, unter dem fünften, Lucius Tarquinius Priscus, der eine etruskische Frau hat, die Technik und die Kunst, unter dem sechsten, Servius Tullius, dem Erleuchteten, der der Diana einen Tempel errichtete, die Begründung des Unterschiedes der Sünde. Der siebente endlich, Superbus, kommt durch Frevel auf den Thron; in diesem siebenten Zeitraum wird der Tempel der menschlichen Gesellschaftsordnung vollendet. So ergibt die »Sage« von den sieben römischen Königen ein grandioses apokalyptisches Bild der Entwicklung. Das Römer- und das byzantinische Romäerreich hat eine Gesamtdauer von rund 2200 Jahren. Gestützt wird die griechisch-lateinische Zeit durch zwei Grundkräfte: durch die staatbildenden Impulse des römischen Elements und die Durchgeistigung mit dem Griechentum, das dieser Epoche die »spirituelle Substanz« gibt. Sie offenbart ein doppelt Gesicht, einen Januskopf; der griechisch-lateinische Mensch hält die Waage zwischen Geist und Materie, zumindest bis 1000 oder 1100, das die Begründung des neuen Rom, Konstantinopels, bringt. Schwingt Rom das Schwert des Kriegsgottes Mars, so bleibt das edle alte Griechenland die köstliche Quelle aller Geistesimpulse, mit ihren Mysterien, ihrer Kunst, ihrer Dichtung und Musik, ihrem Lebensgefühl und Gottesbewußtsein, ihrer Philosophie, die aus den Inspirationen des griechischen Volksgeistes gespeist wird. Um die Zeit, da der Christus-Jesus in die Erscheinung tritt, vollzieht sich allerdings schon der Abstieg dieser Philosophie durch den Übergang in das Epikuräertum, durch den Niedergang der alten (Platonischen) Akademie und der aristotelisch-peripatetischen Schule, durch den Abglanz in der Advokatenphilosophie Ciceros; doch weist diese Epoche, rund um Christi Geburt, auch neue Antriebe auf. In Nigidius Figulus und Apollonius v. Thyana erreichen die Neupythagoräer und die judaisierenden Platoniker in Philon v. Alexandrien ihren Höhepunkt, und der große Name Plutarch folgt ihnen in kurzem Abstand. Die Darstellung der nachatlantischen Kulturen ist hier absichtlich nur bis zu dem Zeitpunkte, da der Christus in die Erscheinung tritt, geführt worden. Das Mysterium von Golgatha steht als gigantisches, für die Geschichte der Erde entscheidendes Ereignis mitten in der griechisch-lateinischen Zeit, die selbst wieder die Mitte in den sieben Entwicklungen dieses Schöpferzyklus einnimmt und auch keine vorangehende Epoche wiederholt. Der Erlöser der Welt tritt auf!


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