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Lorenz Eschenheimers empfindsame Reise nach Laputa

Schreiben
des Herrn x 3   dx 5 ddy Trullrub,
Ältesten der Akademie zu Lagado,
das Empfindsame im Reisen zu Wasser und zu Lande
und im zu Hause Sitzen betreffend.
Aus dem Hochbalnibarbischen übersetzt von
M.S.

 

Vorrede des Übersetzers

Die gelehrte Welt hat es bekanntermaßen schon längst und mit Recht bedauert, daß der berühmte Lemuel Gulliver bei seinem Aufenthalt in Laputa und Lagado sich nicht mehr bemüht hat, eine genauere Verbindung zwischen der dasigen Akademie und irgend einer europäischen zu stiften, da er die vortrefflichste Gelegenheit dazu hatte. Anderer Vorteile zu geschweigen, will ich jetzt nur die einzige Universalkurbelmethode erwähnen, die durch die neuern Bemühungen einiger deutschen Gelehrten viel geschwinder zur Vollkommenheit hätte gebracht werden können, dahingegen unser bereits eingeführter Insularuniversalismus wieder durch jene gewonnen haben würde. Desto größer ist, glaube ich, also der Dienst, den ich der gelehrten Welt erzeige, indem ich ihr die Nachricht erteilen kann, daß wirklich unlängst etliche Exemplare Transaktionen der Akademie zu Laputa von dem Heringsfischer Hans Puyt in Amsterdam, der dahin verschlagen worden, aufgekauft und nach Europa gebracht worden sind, wovon ich mir mit vieler Mühe endlich eines verschafft habe. Der Leser wird kaum glauben, was für Mühe es mich gekostet hat, alle die Sachen zu entziffern, da mir außer den wenigen Worten, die uns Gulliver erklärt hat, und einiger andern, die eine Ähnlichkeit mit dem Japanischen haben, welche Sprache ich verstehe, sonst nichts bekannt war. Unterdessen sind nunmehr alle Schwierigkeiten gehoben, und ich werde nächste Jubilatemesse im Stande sein, einen Band davon in deutscher Sprache zu liefern. Ich habe hier eine Probe mit folgender Abhandlung machen wollen, nicht weil sie mir vorzüglich gefallen hat, sondern weil sie noch vor Michaelis abgedruckt werden konnte, und außerdem zeigt, wie jene Männer auch in einer Sache schon vor einigen Jahren gedacht haben, wovon die Engländer sich für die Erfinder, und die Deutschen für die Verbesserer ausgeben.

Ehe ich schließe, muß ich mich noch über die vielleicht zu freie Übersetzung einiger Wörter erklären. Hauptsächlich habe ich die Worte vtzocknu lomnar 2 immer durch empfindsame Reise übersetzt. Das Wort tzoc heißt eigentlich: sich mit Gewalt zum Brechen zwingen oder mit Gewalt und auf eine unnatürliche Weise etwas von sich gehen. Wenn es aber mit dem Wurzelzeichen steht, so wird es allezeit im moralischen Verstande genommen. So heißt zef ein kühler Wind, und vzef ein Schmeichler; lull ein Chamäleon, vlull Lebensart; zomn ein Bär, vzomn ein Kritikus, viele andere zu geschweigen. Ich kehre nun wieder zu meinem Wort vtZocknu zurück: knu heißt überhaupt alles, was eine Wirkung der Seele ist, als Betrachtungen und dergleichen. Lomnar bedeuten Reisen, und die Bedeutung des kleinen Exponenten am Ende wird folgendes erläutern können. Es ist bekannt, daß der balnibarbische Hof nicht eigentlich in Balnibarbi, sondern auf Laputa (der fliegenden Insel) ist. Die Sprache der Insel stimmt mit der Sprache in Balnibarbi meistenteils überein, nur daß jene feiner ist. Ich habe sie deswegen auf dem Titel zum Unterschiede die hochbalnibarbische genannt. Etliche Wörter aber haben demungeachtet am Hofe und auf der Insel eine andere Bedeutung als in Balnibarbi. Daher pflegt man eine kleine 2 an das Ende des Worts zu setzen, wenn man zwar hochbalnibarbisch schreibt, aber ein gewisses Wort in der niederländischen Bedeutung des gemeinen Volks genommen haben will. Es ist zum Erstaunen, wie verschieden zuweilen die Bedeutungen der Wörter sind. Z. B. zorr heißt ein artiges Frauenzimmer, und zorr 2 eine Hure; molom ein Gelehrter, molom 2 ein Schwätzer.


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