Heinrich Lhotzky
Das Buch der Ehe
Heinrich Lhotzky

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Vor der Ehe

Das Du

Viele Welten durchwandelt der Mensch zu seiner Läuterung und Vorwärtsbildung. Es ist gar nicht undenkbar, daß er nach dieser Welt der groben Sinnlichkeit noch eine andere der feineren Sinnlichkeit durchlaufen müßte, denn schon hier liegen Welten an seinem Pfad.

Eine große unübersehbare Welt ist die Welt des Ich. Drei Jahre bedarf der Neugeborene, in sie einzutreten. So lange beschäftigt ihn unausgesetzt die sinnliche Erscheinung so gewaltig, daß er seines Ichs nicht bewußt wird, obgleich es immer da ist.

Zehn Jahre und mehr beherrscht ihn das Ich ausschließlich. Dann kommt ein Tag, an dem leuchtet blitzartig das Vorhandensein einer neuen, weit umfassenderen Welt auf. Das ist die unbeschreiblich große und herrliche Welt des Du.

Manchem offenbart sich nur ein Spältchen, das sich schnell wieder schließt. Er bleibt lebenslang in der Welt des Ich. Aber dem andern geht sie weit auf, eine neue Welt von unbeschreiblichem Glanze, von der er sich nimmer trennen kann.

Er darf das Du schauen, wie es Gott schaut, von der liebenswerten Seite. Ein anderes, ein schöneres Ich tritt ihm entgegen, und staunend betrachtet er das neue Wunder.

Bisher kannte er das Du nur als Nicht-Ich. Es kam als Mutter, als Vater, Bruder, Schwester oder sonst wer. Aber nun naht es ihm als etwas ganz Neues, unaussprechlich Großes.

Wer das Du gesehen hat, der hat endgültig die Schwelle der Kindheit überschritten. Ihm dämmert ein Wert, der dem Ich gleich ist, der wertvoller und liebenswerter ist als das Ich, dem das Ich dienen möchte und alle Kraft zu eigen geben.

Es ist ein Gottesblick, der dem Menschen aufgeht, den wir Liebe nennen. Wer überall in der Welt das Du sehen könnte, der würde ihm alle Kraft zu Füßen legen und ihm dienen, auch unter äußersten Schmerzen. Der wäre ein Gott. Mensch sein heißt, das Du beschränkt sehen, Gott sein, das Du unbeschränkt sehen. Sie sind beide wesensgleich, nur unterschieden in Größe.

Es hat sehr lange Zeit bedurft, bis in der Menschheit der Liebesblick für das Du aufging. Der junge Mensch muß auch diese Entwicklungsstufen der Menschheit für seine Person durchlaufen und in seinem Sein nachbilden. Er braucht rund anderthalb Jahrzehnte dazu. Wie lange mag die Menschheit dazu bedurft haben!

Noch sehen wir als Menschheit das Du nicht richtig, wenigstens nicht in seinem vollen Umfange. Aber unser Blick hat sich im Laufe der Jahrtausende erweitert und erweitert sich immer noch. Daß der Andere als Mensch liebenswert ist, und daß wir erst richtig Menschen werden, wenn wir lieben lernen, das wissen heute noch längst nicht alle. Aber kein Zweifel ist, daß wir dieser Wahrheit entgegenreifen, und daß sich mit ihrem Besitz ungeahnte Herrlichkeit ausbreiten wird überall, wo Menschen sind.

Aber so viel ist heute erreicht, daß die Menschheit eine Ahnung hat von dem, was Liebe ist, und daß sie als Ganzes eingetreten ist in die Welt des Du.

Demnach muß jedes einzelne ihrer Glieder diesen Weg nachgehen, wir können heute nicht mehr von Ehe sprechen, wenn wir nicht ausgehen von der Liebe.

Lange hat die Ehe bestanden ohne Liebe, denn das Erleben der Liebe ist erst spät gekommen. Schon die Ehe selbst war ein großer Fortschritt. Zur Fortpflanzung bedarf die Menschheit der Ehe nicht. Es gibt heute noch Völker auf Erden, die die Ehe nicht kennen, ungezählte Millionen, die die Liebe nicht kennen. Aber dem Menschen, der unter uns die Schwelle der Kindheit überschritten hat, darf man von Ehe nicht sprechen ohne einzugehen auf die Welt des Du, der Liebe.

Das Du kommt zum ersten Male durchaus nicht jedem im andern Geschlecht entgegen. Vielleicht ist die Regel, daß es zuerst in Form der Freundschaft naht. Aber wem es aufgeht, dem ist's, als sähe er auf einmal etwas, was er vorher nie bemerkt hatte, etwas unbeschreiblich Reizvolles, ein anderes Ich, das ebenso wichtig und jedenfalls wertvoller ist als das eigene Ich, um das sich bisher alles Denken gesammelt hatte. Bei dem Schmelzen edlen Metalls kündet der sogenannte Silberblick das Ziel des Vorganges, bei dem jungen Menschen bekundet dieser Gottesblick auf das erste andere Ich die Reife zum Vollmenschen, der auf die Höhe der Zeit zu kommen hoffen darf.

Das Gute, Liebenswerte, Schätzenswerte im andern sehen, ist der Eintritt in die unendliche Gotteswelt des Du. Je weiter jemand darin fortschreitet, desto herrlicher wird sein Leben, desto größere Fortschritte macht sein Ich. Unser Lebensglück, unsere Freude hängt ausschließlich davon ab, wieviel wir von der Welt des Du sahen.

Diese neue Welt ist nicht leichter als die erste. Sie bringt die schwersten Enttäuschungen auf Schritt und Tritt mit sich. Viele werden dadurch so verschüchtert, daß sie ihren Eintritt verwünschen möchten und gehen an Verbitterung zugrunde. Aber wer sich nicht irre machen läßt durch das Bittre und Unzulängliche und immer weiter in die Welt des Du hineinschreitet, der kommt von Herrlichkeit zu Herrlichkeit. Die Liebe trägt in sich selbst ihren Gotteslohn.

Es ist gut, daß erst eine gewisse Reife dazu gehört, ehe der Mensch des Du gewahr werden darf, denn alle Herrlichkeit ist nur erträglich für den, der Schweres auf sich nehmen kann. Aber wenn wir von der Ehe heute reden wollen, dürfen wir von beidem nicht schweigen, weder von der Herrlichkeit noch von der Enttäuschung.

Unsere heutige Ehe ist als eine Frucht herausgewachsen aus der Erkenntnis des Du. Sie führt tief hinein in alle Herrlichkeit und alle Bitterkeit dieser Welt. Sie wird folglich alle diejenigen schwer unglücklich machen, die Enttäuschungen nicht zu tragen vermögen, und alle die unendlich beglücken, die den Gottesblick festhalten, der auf das Gute gerichtet ist und den Menschen daran erkennt, daß er seiner besten Seite inne wird.

Wer den Menschen zu kennen meint, wenn er seine Fehler erkannt, wird weder den Menschen noch die Ehe heute begreifen, aber wer das Gute sieht und das Böse übersieht, der ist fähig, das Du zu beurteilen und der Ehe heute gerecht zu werden.

Es ist ein sehr großer Augenblick, wenn der Mensch zum ersten Male den hohen Wert des andern Geistes liebend erfaßt. Mit solchen soll die Ehe heute besprochen werden, gleichviel ob sie in ihr oder vor ihr oder noch sehr fern von ihr stehen. Schon unsere heranwachsende Jugend hat Anspruch darauf, daß ihr kein Geheimnis unserer Zeit vorenthalten wird. Sie ist berufen, die Zeit einmal leitend vorwärts zu führen.

Das Ungleiche

Sehr oft habe ich aus Frauenmunde gehört, daß sie sich nicht genug wundern können, wie die Männer im allgemeinen ungeschickt seien in der Wahl ihrer Gattinnen. Sie haben recht. Wer richtig gewählt hat, verdankt das nicht seinem Scharfsinn und seiner Menschenkenntnis, sondern gewöhnlich einem wohlwollenden Zufall, der ihn freundlich leitete.

Wir sehen gerade, daß die wählerischsten Männer in der Regel die unglücklichste Wahl treffen. Würde es aber umgekehrt sein, wie manche Leute es auch wünschen, würden die Frauen wählen, so würden sie dieselben unbegreiflichen Fehler begehen.

Das hat seine tiefen Gründe. In der ganzen Natur zieht sich nicht das Gleiche, sondern das Ungleiche an. Es walten auch da bestimmte, wenn auch nicht fest geformte Gesetze. Nicht das Ungleiche an sich – denn es gibt Ungleichheiten, die sich in Ewigkeit nicht anziehen – sondern das Ungleiche, das im andern seine Ergänzung ahnt.

Alle Stoffe, bis ins kleinste Ur-Teilchen hinein, erscheinen wie auseinander getrieben durch eine Kraft und müssen sich nun anscheinend so lange suchen, bis sie einander wiedergefunden haben.

Den Gesetzen des Stoffes kann sich auch der Mensch nicht entziehen, denn er ist der königliche Vertreter des Stoffs auf diesem Stern. Daher sehen wir, wie Gegensätze gern zu ehelicher Gemeinschaft zusammentreten. Die allergrößte Ungleichheit aber ist Mann und Weib an sich.

Der Unterschied von Mann und Weib ist weit entfernt, nur ein geschlechtlicher zu sein. Bis in das letzte Denken hinein macht er sich bemerkbar. Je höher entwickelt die Geister sind, um so tiefgreifender wird der Unterschied zwischen männlich und weiblich.

Das Ungleiche strebt zu einander. Das ist ein wahrhaft göttliches Gesetz. Warum strebt es zu einander? Durch seine Vereinigung wird die Mannigfaltigkeit größer und wirkungsvoller. Denkbar größte Mannigfaltigkeit ist aber ein Grundgesetz der Natur. Darauf ruht die Vielheit der Erscheinung.

Andererseits bekunden die einander zustrebenden Gegensätze in geheimnisvoller Weisheit die innere Einheit des Ganzen. Die Einheit besteht darin, daß sich alle Gegensätze zum Zusammenklang vereinigen können und werden.

Die Ehe ist also in jeder Beziehung Auswirkung eines Naturgesetzes. Das Zusammenklingen zweier Gegensätze ist zugleich die unterste Stufe der Vereinheitlichung aller, des Alls.

Darum sollen wir wissen, daß die Ehe im allgemeinen kein Ausruhen sein wird und keine Behaglichkeit schlechthin. Bequemer lebt man ohne Ehe, und ohne sich viel um die Umwelt zu kümmern. Bequemer, aber auch unnützer. Nur wer mitarbeitet, kann sich auch mitfreuen.

Also wer in der goldenen Jugend steht, der soll nicht zur Ehe drängen. Sie bringt eine schwere Kette von Enttäuschungen. Enttäuschungen sind seelische Arbeitsleistungen. Sie müssen sein. Aber man sollte sie erst auf sich nehmen, wenn man ihnen voll gewachsen ist und seine größte körperliche Kraft gefunden hat. Dann aber auch mutig. Wer später nicht hindurchkommt, geht der Menschheit und oft genug sich selbst verloren.

Die Ehe bereitet sich vor in der jugendlichen Freundschaft innerhalb und außerhalb des gleichen Geschlechts. Fast alle Freundschaften verlaufen in Enttäuschungen, oft recht schwerer Art. Auch die Freundschaften unterliegen dem Gesetz, daß die Gegensätze zu einander streben, die wenigsten sind nur stark genug, sie zu überwinden. Daher zerbrechen die Freundschaften mit Durchschnittsmenschen.

Das schadet nichts. Wer sich durch Enttäuschungen entmutigen lassen wollte und mit Verbitterung auf die Menschheit blicken lernte, der würde unfähig, ein nützliches Glied der Menschenwelt zu sein. Sie sollen gerade anreizen, dem Rätsel Menschheit auf immer neue Weise zu begegnen, immer mehr die Fehler in der Annäherung zu vermeiden und sich immer aufs neue hineinzulieben in das große Ganze, das nur einen einzigen Weg der Rettung, der Erlösung, der Befreiung, des Vorwärts – nennt's wie ihr wollt – kennt, den Weg der selbstlosen Hingabe.

Man muß aus vielen verkrachten Freundschaften gelernt haben, eine Ehe in's Auge zu fassen und eine Ehe zu führen. Das schwere Lebenswerk geratet dann leichter.

Eine rechte Ehe ist das Schwerste, was im Leben gelingt. Alle anderen Arbeiten sind nicht so schwierig. Wir sehen viele Menschen Großes vollbringen und Erstaunliches leisten, nur rechte Ehen bringen wenige zustande. Sie bleiben meist in den Gegensätzen stecken.

Wenn es aber gelingt, so ist etwas unberechenbar Großes gelungen, ein größerer Menschheitsfortschritt erreicht, als die meisten sich nur vorzustellen vermögen.

Eine rechte Ehe ist ein wahrer Lebenshort und Lebensquell, der weithin seine Segensströme ausgießt. Sie ist eine Ahnung von der Erfüllung des rätselhaften Wortes: Friede auf Erden, ein Anfang von dem großen Lebensfrühling, auf den das All bewußt oder unbewußt wartet, ein Anfang der Lösung der schmerzlichen Spannung, in der alle Gegensätze auf Erden ihrer endlichen Befreiung entgegenharren.

Die Werbung

Einer der kühnsten Gedanken unserer Zeit ist, die Gleichstellung der Geschlechter in jeder Beziehung anzustreben. An sich gibt es keine größere Ungleichheit als Mann und Weib. Diese Ungleichheit hat die Natur gepflanzt. Nicht wir, nicht die Geschichte.

Wenn wir den Geschlechtern genau die gleiche Stellung, Berechtigung und Entwicklungsmöglichkeit einräumen, so wird die Wirkung sein, daß ihre Verschiedenheit um so größer wird. Unter gleichen Bedingungen die größte Mannigfaltigkeit zu erzeugen, ist das Bestreben der Natur, in der wir leben.

Wir können auch überall im Leben und in der Geschichte beobachten, daß die Ungleichheit der Geschlechter mit der steigenden Kultur immer größer wird. Niedrig stehende Völker gleichen sich innerhalb der Geschlechter weit mehr, als höher stehende. Die Körperformen, die Kraftleistungen, die Geschmacksrichtung, alles steht sich nahe. Mit der steigenden Entwickelung werden die Geschlechter in jeder Beziehung schärfer unterschieden.

Das zeigt schon die Entstehung des Körpers. Das letzte, was am ungeborenen Körper gebildet wird, ist der Geschlechtsunterschied. Ebenso sehen wir in den niedersten Naturformen noch Geschlechtslosigkeit, höhere Formen zeigen oft eine Doppelgeschlechtigkeit, noch höhere die scharfe Unterscheidung zwischen nur männlich und nur weiblich. Daraus folgt, daß mit der Weiterbildung der Unterschied immer größer werden muß.

Es ist auch sonst einzusehen. Je höher Geister stehen, desto stärker ist ihre Sonderheit ausgeprägt, je niederer, desto mehr Gleichheiten haben sie. Man denke sich beispielsweise die fünf Geister seines Volkes, die man für die größten hält, und stelle daneben fünf Papuas. Letztere wird man kaum von einander unterscheiden, erstere nie mit einander verwechseln. Das ist naturgemäß. Sollte die Natur jemals den einmal gebildeten und immer weiter unterschiedenen Geschlechtsunterschied beseitigen wollen?

Gleiche Rechte bedingen noch lange nicht gleiche Pflichten. Man wird nie einem Manne die Pflicht des Gebärens, noch einem Weibe die Pflicht des Zeugens zumuten können. Wenn wir also den Geschlechtern gleiche Rechte zubilligen, so werden sie einen ganz ungleichen Gebrauch davon machen. Es mag sein, daß sie anfangs miteinander in allerlei wirtschaftlichen Wettbewerb treten, der vielleicht recht lästig empfunden wird, aber im Laufe der Zeit wird eine freiwillige scharfe Arbeitsteilung eintreten in dem Sinne, daß die Auswirkungen der Geschlechter einander prachtvoll ergänzen.

Gleich sind die Geschlechter als gleichartige freie Geister. Man darf also für sie anstreben gleiche Freiheit, gleiche Wertschätzung, auch gleiche Besitzrechte und sonstige staatsbürgerliche Rechte. Sie werden sie aber ungleich ausüben und verwerten. Es wird sich ganz ohne gesetzliche Eingriffe eine Verteilung der Arbeit herausbilden, wo gleiche Erwerbsmöglichkeiten geboten werden.

Die auffallendste Ungleichheit der Geschlechter tritt ein im Zeichen der Liebe. Der Mann wird immer der werbende Teil sein müssen, das Weib der gewährende.

Damit ist das Weib nicht schlechter gestellt. Auch dem gewährenden Teil stehen genug Mittel zu Gebote, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und den werbenden Teil zu leiten und zu beeinflussen.

Die Frau wirbt auch, aber anders. Am meisten zieht sie an durch ihre Zurückhaltung. Sie begibt sich ihrer wahren, geheimnisvollen Anziehungskraft, wenn sie sich vordrängen wollte. Je zurückhaltender ein Mädchen ist, desto eifriger wird der Mann werben.

Man soll immerhin den Geschlechtern freiesten, harmlosesten Verkehr zubilligen, man mag sie auch zusammen erziehen in öffentlichen Schulen oder Universitäten, es können ganz getrost altväterische Sitten einer heutigen freieren Regung Platz machen, aber auch in den letzten und freiesten Formen des Verkehrs der Geschlechter wird die Anziehungskraft für einander nur dann die gleiche bleiben, wenn der Mann wirbt, das Weib die Umworbene bleibt. Sobald dieses Verhältnis in falsch verstandenem Freiheitsdrange ins Schwanken kommt, wird die Anziehungskraft ungleich. Meistens zu Ungunsten der Frau.

Oder was klingt einem Weibe angenehmer in einer späteren Ehe, ob der Mann sagt: Du bist mir so lange nachgelaufen, daß mir nichts übrig blieb, als dich zu heiraten, oder: Ich habe dich errungen und ich bin stolz darauf.

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Natürlich kommen viele Ehen nur durch das Vordrängen der Frau zustande. Viele werden auch anscheinend ganz glücklich. Aber etwas fehlt in ihnen allen, das rechte Verhältnis der beiden Geschlechter. Sie leiden alle an einer gewissen Naturwidrigkeit. Wenn sie glücklich werden, ruht das Glück nur darauf, daß dem Manne niemals die Augen aufgehen. Aber das Weib wird stets empfinden, daß ihm der eigentliche Mann fehlt.

Damit fehlt dem Glück aber sehr vieles. Denn das Weib verlangt nach einem rechten Manne. Schwäche widersteht dem Weibe von Grund der Seele, während sie den Mann oft gerade anzieht. Eine solche Frau muß dann ihrem Manne lebenslang mit mütterlichen Gefühlen nahen. Solche Ehen sind vielleicht sehr friedlich, aber das eigentliche menschliche Glück, die rechte Würze bleibt ihnen vorenthalten.

Eine Frau, die das alles auf sich nehmen will, mag's immerhin tun. Es gibt einmal Männer, die geheiratet werden müssen, wenn sie überhaupt zu einer Ehe gelangen sollen. Warum sollten sie nicht heiraten? Vielleicht wird in der Ehe noch etwas aus ihnen und werden allerhand verborgene Schönheiten ihres Lebens entdeckt.

Aber jede Frau, die einen solchen Mann heiratet, soll es auf eigene Verantwortung tun und wissen, daß sie die Zügel allein in die Hände zu nehmen und alle Verantwortung des Lebens allein zu tragen hat. Sie mag's tun, aber ohne jemanden zu fragen und ohne zu klagen, wenn sie's nicht hinausbringen kann. Ich habe solche Frauen kennen gelernt in allen Schichten der Bevölkerung und keine ohne Hochachtung ansehen können.

Aber etwas Herbes und etwas Wehmütiges liegt auf solchen Ehen. Männer ohne rechte Männlichkeit können nur geheiratet werden von Frauen ohne echte Weiblichkeit. Diese würden aber in vielen Fällen allein glücklicher werden.

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Wie jemand wirbt, so ist er. Ein rechtes Werben muß unwiderstehlich sein für das Weib, eine Eroberung, der sie nicht ausweichen kann. Ich würde als Weib nie einem Manne gehören wollen, der erst lange herumfragt bei Schwestern und Basen oder auch Eltern, ob es ihm wohl gestattet werden würde, seine Werbung bei Fräulein Tochter zu beginnen.

Die Werbekraft der Frau ist nicht schwächer als die des Mannes, aber sie wirkt sich grundanders aus. Ihre Kraft liegt in Bewahrung der Sitte. Im ganzen ist der Mann der vorwärtsdrängende, das Weib der bewahrende und erhaltende Teil der Menschheit. Die Kraft des Mannes liegt darin, daß er neue Wege geht, die des Weibes, daß sie Erprobtes verteidigt.

Männern eignet eine überaus rohe Art, ein nicht ganz taktfestes Mädchen zu zertreten. Wo ihnen der Sieg leicht wird, sind sie stets zur Verachtung geneigt.

Der wahre Fortschritt der Menschen kann nur so zustande kommen, wenn diese beiden Urkräfte, Mann und Weib, sich ihrer Eigenart nach auswirken, der Mann vorwärtsdrängend und werbend, das Weib zurückhaltend und die Sitte bewahrend. Welches die Sitte ist, ist nicht so wichtig. Sie ändert sich mit den Zeiten.

Die Sitte ist ein stillschweigendes Übereinkommen der Völker und Zeiten, das durch wirtschaftliche Vorteile bedingt ist. Ihre Form wechselt mannigfach, sie selbst aber ist immer eine Großmacht, die niemand ungestraft verletzt, und die nur sehr schwer und nie ohne Schmerz zu verursachen in neue Bahnen gelenkt werden kann.

Wo Sittenlosigkeit wird, ist die Frau verantwortlich vor dem Manne. Es ist aber nicht alles Sittenlosigkeit, was gewisse Leute so heißen. Unsere Zeit, die ich für sittenreiner halte, als irgendeine vorher, wird deshalb sittenlos gescholten, weil sich offenbar eine neue Sitte bilden will, und ein großer Teil der verständigen Frauenwelt arbeitet gerade heute an ihrer Festigung.

Wenn ein Teil der Frauenwelt sich aufmacht, an neuer Sitte mitzuschaffen, dann ist's das sicherste Zeichen, daß alte Sitten sich überlebt haben und unaufhaltsam in neue Bahnen drängen. Daher haben wir heute die bemerkenswerte Erscheinung einer sogenannten modernen Frau, die im Gegensatz zur großen Menge der Frauenwelt, die die alte Sitte zu erhalten sucht, mit hellen Augen Neues und Vorteilhaftes anstrebt.

Diese weiterblickenden Frauen darf man nicht ohne weiteres der Verletzung der Weiblichkeit bezichtigen. Was sie innerlich drängt, ist gerade ihre Weiblichkeit, der sie neue Betätigungsmöglichkeiten schaffen wollen. Wären es allein Männer, die neue Sitten herausarbeiten wollen, so dürfte man diesen Erscheinungen sehr mißtrauisch gegenüberstehen. Je mehr das Weib sich beteiligt, auf desto größere innere Notwendigkeit des Neuen darf man schließen. Natürlich fehlt es nicht an allerlei Überstiegenheiten, wie alle Übergangszeiten sie zeitigen, aber diese verschwinden wunderbar schnell, sobald die neue Sitte herausgearbeitet ist. Durch unliebsame Nebenerscheinungen läßt der Weise sich nicht beirren.

Aber das ist ganz gewiß. Das große Vorwärts der Menschheit wird nicht dadurch gewährleistet, daß der Unterschied von Mann und Weib tunlichst vernichtet, sondern im Gegenteil vertieft wird, daß jeder Teil seine Eigenart zu höchster Vollendung ausbildet.

Dadurch allein legen wir auch den Grund zur wahren Ehe, die wir noch keineswegs haben. Aber was wir haben, wollen wir erhalten und weiterbilden. Dazu müssen beide Geschlechter, die gleich wertvoll und gleich beteiligt sind, in ihrer verschiedenen Weise mithelfen.

Wer soll heiraten?

Am besten ist's, wenn nur Männer heiraten und Frauen geheiratet werden. So wird's immer bleiben müssen. So will es die Natur, und die Natur ist Gottes.

Aber der Mann hat die Verpflichtung, nur dann zu werben, wenn er ernsthaft die Ehe will und die nötige körperliche Gesundheit und wirtschaftliche Kraft dazu hat. Also zunächst nur in den Jahren seiner körperlichen und wirtschaftlichen Vollreife.

Damit beginnt eine neue Zeit des Lebens. Die Jugend umwarb einander im Spiel. Die Geschlechter lernten sich kennen und werten. Aber dann folgt die Zeit der ernsten Entscheidung.

Es gehört die ganze Ehrenhaftigkeit des Mannes dazu, sie nicht früher durch sein Werben herbeiführen zu wollen, als bis er sie mit vollem Nachdruck verantworten kann. Ein Mädchen kann meist nicht die Lage des Werbers übersehen und beurteilen. Sie gewinnen und festlegen zu wollen, ehe die Lebensverhältnisse geordnet sind, ist frevelhafter Leichtsinn. Es gibt kaum etwas traurigeres als alternde Bräute.

Das Spiel der Jugend hat sein volles Recht. Aber nach dem Spiel muß ebenso der Ernst des Lebens zu seinem Rechte kommen, und man kann von jedem Manne verlangen, daß er diesen findet.

Man darf auch erwarten, daß jeder Mann selbst die Frau sucht, deren er bedarf. Nichts schrecklicher, als wenn man für einen Mann nach einer Frau die Welt aussuchen soll.

Es gibt zwar Leute, deren unausgesetztes Trachten ist, die ganze Welt mit einander zu verheiraten. Um jedes Mädchen und jeden Mann steht eine ganze Wolke von Vetteln beiderlei Geschlechts, die ihre Heiratsmöglichkeiten erwägen und ihre Blicke und Mienen belauern.

Manches ausgekernte Leben sucht sich dadurch Inhalt zu schaffen, daß es die blühende Jugend umschleicht und belauert, Fäden spinnt und Liebe stiftet. Die Kosten trägt die Jugend.

Gelegenheitsmacherei ist stets der Ausdruck einer schweren geistigen Dürftigkeit. Rechte Leute sind viel zu sehr durchdrungen vom Ernste und der Heiligkeit der Ehe und des Lebens. Sie fühlen die ganze Schwere der Verantwortung und werden die Heiratsfähige Jugend eher zurückhalten, als aufreizen. Rechte Leute werden verlangsamen, überlegen und nicht beschleunigen helfen, was ein Leben beseligen oder verderben kann.

Selbst ist der Mann. Er soll vor allem er selbst sein, wenn er die Gefährtin seines Lebens sucht.

Wen soll er suchen? Nur den Menschen im Weibe. Der Mensch ist nicht die Summe seiner Eigenschaften oder die Summe seiner Anschauungen, sondern das andere Ich, das ganze tiefste, innerste Sein des Andern. Nur der Mensch überdauert den Wechsel der Zeiten, alles andere ist nur sein Behang und Gewand und veraltet wie ein Gewand.

Wer den Menschen sucht, den wird weder ein Geldsack noch eine gepflegte Persönlichkeit reizen.

Geldbesitz ist namentlich heute eine der unsichersten Eigenschaften, und die anempfundene Gemütssteigerung und seelische Erhitzung, wie sie gepflegten Persönlichkeiten zu eignen pflegt, muß eigentlich über kurz oder lang einer gefunden Ernüchterung Platz machen, die um so kühler wird, je mehr ihre Überhitzung Kräfte verbraucht hat. Das gesteigerte Gefühlsleben ist so wenig der Mensch selbst, wie sein gesteigerter Geldbesitz. Wir wollen uns aber nicht mit Vergänglichkeiten belasten, sondern mit Unvergänglichem unser Vorwärts stärken.

Es ist die köstlichste und befreiendste Pflicht eines Mannes, sein Lebensgebäude selbst zu errichten. Er bedarf ein Weib, das es wohnlich gestaltet. Das kann sie nur, wenn sie ihn im Grunde versteht und als freier Mensch dem Menschen gegenübertritt.

Alles andere, was ein Mädchen mitbringt an körperlichen, wirtschaftlichen, schöngeistigen Vorzügen, ist so vollständig Nebensache, und etwas so unsicheres, daß es gegenüber dem Menschen gar nicht in Betracht kommt. Der Mensch und sein Wert ganz allein muß erwogen werden bei einer ernsthaften Werbung.

Wer Eigenschaften heiraten will, verheiratet sich ganz gewiß, denn der unerwünschten sind in der Regel mehr, als der erwünschten, und je verborgener sie sind, desto schwerer fallen sie später ins Gewicht.

Wer den Menschen zu ehelichen sucht, wird vor zwei Abwegen bewahrt bleiben, auf denen viele unglücklich werden, vor der Geldheirat und der sogenannten Liebesheirat, die eigentlich nur eine Verliebtenheirat ist. Beide bergen in sich ein fast sicheres Unglück. Denn die erste ist ein Verbrechen, die zweite eine Torheit.

Es gibt zwar eine Geldheirat, die von vornherein von beiden Teilen als reine Geschäftssache aufgefaßt und behandelt wird, und die keineswegs immer übel ausläuft. Sie ruht auf einer ehrlichen Wahrhaftigkeit, und es ist gar nicht unmöglich, daß solche aufrichtige Menschen, die von einander selbst eigentlich nichts erwarten, die angenehme Entdeckung machen, daß sie auch als Menschen wertvoll sind und in sich noch einen größeren Wert darstellen, als eine lange Ziffer.

Aber wo man nicht so ehrlich ist, begeht man ein Verbrechen.

Sobald ein Weib merkt, daß nicht der Eigenwert des Menschen in ihr, sondern nur ihr Besitz gemeint war, weiß sie sich zertreten, und ein enttäuschtes Weib neben sich zu haben, ist Hölle auf Erden. Die verdiente Hölle des Verbrechers. Oder, wenn umgekehrt einem alten Geldsack ein blühendes Mädchen geopfert wird, bleibt die Hölle für beide Teile auch nicht aus. Sie ist um so wehtuender, je heimlicher ihr Brennen gehalten werden muß.

*

Die Ehe ist ein gegenseitig dargebrachtes unbegrenztes Vertrauen in die Zuverlässigkeit des andern. Da wir nun alle mannigfachem Wechsel der Entwicklung in unserem Erdenleben unterliegen, so muß das Vertrauen nicht nur unserem augenblicklichen Sein entgegengebracht werden, sondern es ist auch ein Vertrauen in die Fähigkeit des andern, sich gleichmäßig mit uns weiterzubilden. Er soll nicht nur heute unser Freund und Genosse sein, sondern wir vertrauen ihm auch, daß er die Fähigkeit und Möglichkeit in sich birgt, es im Wechsel und Fortschritt des Lebens zu bleiben.

Daher muß der werbende Mann zwei ruhige, kühle Fragen über ein Mädchen stellen, ehe er sein Werben ernsthaft treibt.

Die erste Frage ist: passest du in meine Verhältnisse, vermagst du überhaupt mein Haus auszugestalten?

Nach einem alten weisen Spruche soll das Weib die Gehilfin des Mannes sein. Folglich muß sie fähig sein, sich seiner Arbeit und Lebensstellung so anzupassen, daß sie ihn fördert. Dann finden beide befriedigende Arbeit, und dann wird's recht, mag das Leben noch so viel Wechselfälle bringen. Ein gebildeter Mann kann ein ungebildetes Mädchen schlechthin nicht brauchen, auch wenn es noch so hübsch ist oder gar Geld mitbringt, und ein Bauer darf kein Stadtfräulein heiraten.

In diese Frage hat die sogenannte Liebe kein Wort hineinzusprechen. Denn die Liebe ist blind und macht blind, aber hier heißt es gerade die Augen recht weit öffnen.

Daß sich zwei junge Menschen wahnsinnig in einander verlieben, ist verständlich und verzeihlich, aber wenn sie heiraten wollen, ohne diese Frage gründlich erwogen zu haben, so ist's unverzeihlich. Denn diese Jugendliebe ist im Grunde kaum mehr als überhitztes Blut, das sich bald genug abkühlt, aber die Verhältnisse des Lebens bleiben und machen jeden unglücklich, der ihnen nicht gerecht wird.

Mag also die Verliebtheit noch so groß sein, kann man diese Frage nicht einfach bejahen, so muß die Heirat unterbleiben.

Oft genug hat man volles Vertrauen in das Einpassen des andern und irrt sich trotzdem. Das ist dann ein Unglück, wie es das Leben bringen kann. Aber, wenn man die Frage überhaupt nicht gestellt hat, ist's eine Torheit, die man mit einem verkrachten Leben bezahlen wird.

Wenn sich zwei einmal unglücklich verliebt haben, so schadet das gar nichts, falls sie nicht heiraten. Wer sich verliebt, der kann doch wenigstens lieben und ist starker Gefühle fähig. Das tut wohl. Niemand schäme sich einer starken Liebe. Ist sie aber übermächtig geworden, und darf man ihr nicht nachgeben, so reise man oder suche sich eine schwere Arbeit. Am besten beides.

Heil den heißen Herzen, die stark lieben können! Sie müssen aber noch stärker werden, als ihre Liebe und dürfen sie nicht durch eine unpassende Heirat verderben. Sie soll ausklingen in einem ernsten und entschiedenen Auseinandergehen und verklärt werden durch die Erinnerung, die schließlich zu der Einsicht kommt: Es war gut so, wenn es auch schwer war. Es ist, als wenn das Leben bersten wollte und nie mehr Freude bei uns wohnen sollte, aber gerade durch solche schmerzliche Wahrhaftigkeit wird ihr neuer Grund gelegt.

Es ist daher ganz erklärlich und richtig, daß die gleichen Stände wesentlich auf einander angewiesen sind bei der Eheschließung, weil die jungen Leute durch ihren Lebensgang für einander vorbereitet sind. Wem diese Grenzen aber zu eng gezogen erscheinen, der mag sich erinnern, daß wir in einer großen Zeit leben, in der die Standesgrenzen ungeheuer weite und außerordentlich fließende sind. Heute kann sich kaum jemand durch sie beengt fühlen.

*

Die zweite Frage, die der werbende Teil mit viel erbarmungsloserer Kühle zu überlegen hat, ist diese, die viel zu wenig bedacht wird. Sie ist weit ernster als die erste und lautet: Kann ich's einmal vor meinen Kindern verantworten, daß ich dich zu ihrer Mutter machte?

Es ist geschichtliche Tatsache, daß unsere heutige Ehe, – ob mit Recht oder Unrecht bleibe hier unerörtert – die einzige Möglichkeit bietet, ebenbürtige Nachkommen zu gewinnen. Die Sehnsucht nach Kindern gehört zu den tiefsten Eigentümlichkeiten jedes Lebewesens.

Wenige Jahre nach der Eheschließung sieht der Mensch im allgemeinen das Werden seiner Kinder, nach etwa zwanzig Jahren steht er ihnen als wissenden gegenüber, nach dreißig Jahren werden sie ihn gerecht und unnachsichtig beurteilen. Kann ein Mann dieses doppelte Urteil, das schärfer ist als jedes weltliche Gericht, die Verantwortung vor sich selbst und vor seinen Kindern ertragen, dann mag er eine Ehe eingehen. Wenn nicht, muß er verzichten, mag die Liebe noch so groß sein. Die Heiraten bloß Verliebter sind eben Torheiten.

Man denkt gewöhnlich, eine Ehe betreffe zweier Menschen Wohl und Wehe. Das ist nicht wahr und ein verhängnisvoller Irrtum. Sie betrifft Wohl und Wehe aller folgenden Geschlechter bis ins dritte und vierte Glied. Wenn es für den kleinen Standesherrn eine Torheit ist, in eine bittere Armut hineinzuheiraten, so ist's für die große Majestät Mensch eine Torheit und Schlechtigkeit, ein Familienelend zu erheiraten, für das ihn noch die Enkel im Grabe verfluchen. Wer ein elendes Geschlecht erzeugt, richtet Unheil an bis ins dritte und vierte Glied.

Die gleiche Frage hat natürlich ebenso die Frau zu stellen betreffs des werbenden Mannes: Soll dieser der Vater werden für meine Kinder?

Ein erwachsenes Mädchen soll durchaus ein wissendes sein. Es muß alles wissen, was zur Mutterschaft gehört. Die gute alte Zeit war gewissenlos genug, Töchter zu verheiraten, die auch keinen Schimmer von geschlechtlichen Verhältnissen hatten. Es ist gut, daß sie der besseren neuen Zeit Platz macht.

Die zweite Frage ist vielfach eine Gesundheitsfrage. Wer Kindern das Leben geben will, muß vor allem sehen, daß es gesundes Leben sein kann. Es ist daher dringend zu wünschen, daß keine Ehe geschlossen wird, ohne daß von beiden Seiten der Arzt gefragt wird.

Wenn es Eltern von Töchtern namentlich schwer wird, dergleichen Gespräche zu beginnen und diese Forderung auszusprechen, so bietet sich ungezwungen als Anlaß der Vorschlag an den künftigen Schwiegersohn, eine Lebensversicherung abzuschließen und ihnen Einblick in den Befund des Arztes zu gestatten. Für den Mann ist es leichter, sich Einblick in den Zustand der Braut und ihrer Voreltern zu schaffen. Damit soll natürlich nicht gesagt sein, daß von dem Urteil einer Lebensversicherung eine Ehe abhängig gemacht werden soll. Aber sie dient dazu, die Sprache auf diese ernste Sache zu bringen.

Dem heutigen Menschen ist viel gegeben, also kann man auch viel fordern. Man kann fordern, daß er eine Ehe unterläßt, die vor diesen zwei Fragen nicht bestehen kann. Der Staat kann sie nicht stellen. Das ist gut. Aber um so schärfer soll das Gewissen des einzelnen die Fragen stellen. Vom Gewissen werden wir nie frei werden, im Gegenteil wird es immer empfindlicher werden, je mehr die Menschheit vorwärts schreitet. Es ist das Geistesgericht, dem allein der Mensch wirklich unterliegt.

Diese zwei Fragen, sie sind klar und so einfach, daß jeder heutige Mensch sie versteht, müssen entschieden sein vor dem Verlöbnis. Dann mag die Verlobungszeit beginnen.

Der Elternsegen.

Frühere Zeiten legten großen Wert darauf, daß die Eltern der jungen Leute ihre Verbindung segnen möchten. War das nur irgendein frommer Glaube, oder barg sich hinter dem Wort und Brauch etwas wirklich Wertvolles?

Was heißt Segen? Segen ist eine Gedankengröße. Wer mit all seinen guten Gedanken, seinem ganzen Ja hinter dem Tun eines andern steht, der segnet ihn, gleichviel, ob er Worte und Gebärden dafür findet oder nicht. Segnen ist kein Wortemachen, sondern ein Sein. Handelt sich's aber um eine Gedankenmacht, so ist's auch eine Großmacht, denn die Gedanken sind die beherrschende Macht dieser Welt. Es gibt nichts, von Menschen Erzeugtes schon gar nicht, aber überhaupt nichts, das nicht die Verkörperung eines Gedankens wäre. Gedanken sind die leitenden Mächte der Welt.

Also ist's nicht gleichgültig, ob fördernde, gütige, freundliche Gedanken um eine Sache herstehen, oder übelwollende und gleichgültige.

Die Alten hatten mit dem Betonen des Elternsegens mehr Recht, als ihnen vielleicht selbst deutlich war.

Eine Ehe ist das Erzeugnis eines doppelten Willens zweier Menschen. Es gäbe keine Ehe, wenn die zwei sie nicht vorher bedacht und beschlossen hätten. Diese Gedanken aber bedeuten eine entscheidende, tiefgreifende Gewalt über das ganze Leben zum Guten oder zum Bösen. So wichtig sind Gedanken.

Wenn nun die beiderseitigen Eltern segnend dazu stimmen, so sind vier Kräfte mehr vorhanden, die das Wagnis fördern und stützen. In solchem Falle kann's kaum fehlgehen. Der Segen der Eltern ist eine Lebensmacht um das kommende Geschlecht. Die Eheschließenden haben natürlich keine Ahnung, was ihr Entschluß für Eltern bedeutet. Das werden sie erst verstehen, wenn sie selbst Eltern sind. Ein erwachsenes Kind stellt in sich eine gewaltige Summe von Liebe und mühevoller Sorge und Arbeit dar, es ist die Verkörperung eines wichtigen Teils unserer Lebensarbeit. In dem Augenblick aber, wo es eine Ehe eingeht, tritt es aus unserem Leben heraus, um eine selbständige Abzweigung des Daseins zu sein.

Gibt man einen Sohn her, so hat man ihn ganz verloren. Er gehört fortan mehr zu der Familie der Frau als zu den eigenen Eltern. Der Mann verläßt Vater und Mutter und wird seinem Weibe anhangen. Man hat ihn also erzogen für fremde Leute.

Verheiratet man eine Tochter, so gewinnt man ja unter Umständen einen Sohn, aber das ganze Sein der Tochter gehört doch so dem Manne, daß die Eltern erst sehr in zweiter Linie kommen. So soll es sein.

Aber uns stand das Kind in erster Linie. Wir haben es mehr geliebt, als es uns je lieben wird. Ganz leicht ist's nicht, sich den Ordnungen der Natur und Gottes zu beugen.

Sieht man dann mit dem klareren Auge des Alters das unpassende und gefährliche einer Verbindung, so ist's gerade kein Wunder, wenn Eltern unter Umständen mit aller Gewalt dagegen sind und nicht segnen. Dann wäre sehr zu erwägen, ob die Heirat nicht besser unterbleibt.

Andrerseits, wenn die Eltern von beiden Seiten mit Freudigkeit dem werdenden Bunde zustimmen können, ist's für die jungen Leute eine sehr wesentliche Erleichterung. Es wird ein gewaltiger Kraftunterschied sein, ob eine Verbindung unter dem Elternsegen geschlossen wird oder nicht.

Ich habe in meinem ganzen Leben in allen Stücken das segnende Einvernehmen mit den Eltern, besonders der Mutter, als wesentliche Macht empfunden, deren Wert mir im Laufe der Jahre immer deutlicher wurde. Ich würde es nicht aussprechen, wenn es nicht vielleicht dazu dienen könnte, junge Leute auf den Wert solchen Segens, zumal in der entscheidungsvollsten Zeit des Lebens, hinzuweisen. Es kommt hier kein Aberglaube, sondern sehr einfache Naturgesetzlichkeit zur Geltung.

Wenn Eltern mit ihrem vollen Ja dahinterstehen, so hat das Wagnis den prüfenden kühlen Blicken des Alters standgehalten und schließt schon eine gewisse Vertrauenswürdigkeit ein.

Freilich muß andrerseits auch gesagt werden: um segnen zu können, muß man einen Segen haben. Nicht alle Eltern können segnen. Es gibt Häuser, deren ganzer Bereich so durchsetzt ist von Unstimmigkeit, Ärgerlichkeit und Übelwollen, daß sie wirklich wie ein Vorwerk der Hölle aussehen. Wenn in solchem Durcheinander Kinder aufwachsen – und wie viele müssen es tun! – so ist jede Lösung von solchem Elternhause ein erleichterndes Aufatmen. Die gründlichste Lösung ist aber eine Eheschließung, weil sie allein dem elterlichen Bannkreise entzieht.

Dazu gibts Eltern, die noch im Unverstande der alten Zeit stehen und die Kinder als ihr unbestrittenes Eigentum betrachten, die jede selbständige Regung der Kinder in kleinlichster Weise zu hintertreiben suchen und namentlich geneigt sind, durch Vermögensentziehung und ähnliche Mittel den Kindern in ihren selbständigen Schritten Schwierigkeiten zu bereiten.

Segnen ist eine Macht im Geiste. Wer aber mit Geld und ähnlichen Schwierigkeiten zu wirken trachtet, bezeugt, daß er keine Kraft im Geiste hat, also auch keinen Segen vergeben kann. Ob solche minderwertigen Leute zustimmend oder ablehnend hinter Kindern stehen, dürfte für das Leben der Kinder belanglos sein.

Elternsegen ist keine Zaubermacht, die als solche wirken könnte. Sie wird zunehmen, im Maße, als Kinder in der Freiheit und Achtung ihres Eigenseins mit selbstloser Liebe erzogen werden. In diesem Falle dürfte allerdings auch die Verweigerung des Elternsegens einen Fluch bedeuten. Eltern, die trotz ihrer Ehrfurcht vor der Freiheit der Kinder Ursache finden, sich einem Vornehmen zu widersetzen, dürften ein sicheres Urteil haben, daß die Kinder im Begriff sind, eine zerstörende Torheit zu beginnen. Solchen Eltern sollte man lieber nachgeben.

Junge Leute werden sehr ernst zu erwägen haben, was in ihrem Sonderfalle der Elternsegen zu bedeuten hat. Sie sind reif genug, seinen Wert oder Unwert zu ermessen, und Eltern werden bei der Eheschließung ihrer Kinder im allgemeinen ernten, was sie in mehr als zwei Jahrzehnten gesät haben.

Kirche oder Standesamt?

Natürlich Standesamt. Das verlangt der Staat so und weiß seinem Verlangen Nachdruck zu verleihen. Wir haben heute keine Idealehe, sondern eine Zwangsehe. Es ist gut, daß jeder sich das deutlich macht.

Eine andere Frage ist die, ob die staatliche Zwangsehe auch noch religiös verfestigt werden soll.

Es gibt Menschen, die protzen mit religiöser Widerspenstigkeit und meinen, sie müßten bei jeder Gelegenheit, besonders auch bei der Trauung, ihre Mißachtung geistlicher Gewalt an den Tag legen. Alle diese verstehen die Sachen nur halb, sind auch meistens nur halb gebildet. Über dieses Gebaren können die Religionen getrost lächeln.

Religionen werden nur auf eine Weise wirksam lahmgelegt, daß man etwas besseres an ihre Stelle setzt. Das merkwürdigste Beispiel im rechten Verhalten zu Religionen hat Jesus gegeben. Er stand himmelhoch über ihnen und sah ihre ganze Gottlosigkeit klar und deutlich. Er lehrte, daß der Mensch als Mensch sich ohne weiteres überall erheben und in der Unmittelbarkeit Gottes sprechen dürfe: »Lieber Vater im Himmel.« Das sei der wahre Gottesdienst. Oder das Brot gebrochen vom Hausvater im Namen Gottes und der Wein gesegnet und getrunken zur Ehre des Vaters, mit einem Worte, den Leib erbaut durch Essen und Trinken für Gott, das sei der höchste Gottesdienst.

Aber so sehr er sich mit dieser heiligen Einfachheit über all das religiöse Drum und Dran seiner Zeit erhob, nahm doch derselbe Jesus an den Opferfesten teil, predigte in ihren Kirchen, erfüllte ihre Gesetze, soweit sie nicht gar zu unvernünftig waren, und pflanzte nur durch sein ganzes Sein das Bessere dahin, wo äußerlicher Religionsdienst bisher unbeschränkt regiert hatte.

Dieses Andere, Neue, wahrhaft Wertvolle nannte er Reich Gottes. Da verging freilich den Religionen das Lächeln. Nicht weil Jesus sie abschaffte, sondern weil er sie erfüllte, weil sie fühlten, daß er sie in all seiner Schlichtheit weit überbot. Wir haben auch heute keinen anderen Weg gegenüber geistlichen Gewalten, als den Jesusweg.

Es handelt sich hier nicht um ein Glaubensbekenntnis, sondern um eine sehr einfache Erwägung des wirklichen heutigen Lebens. Die Leute mögen über Jesus selbst denken, wie sie wollen, in einem Stücke sind heute alle Parteien und Richtungen, sogar alle Gottesleugner einig, daß Jesus eine Erscheinung in der Menschenwelt war, die durch ihre geradezu überwältigende Einfachheit uns gezeigt hat, was ein richtiger Mensch ist. Er dachte ja nicht daran, Religionsstifter zu sein, war's auch nie, sondern er war die Darstellung des wahren Menschen, und da man einen wahren Menschen sowohl unter den Zeitgenossen, als in der Geschichte der Vorfahren so schwer findet, darum ist er so auffallend und ansprechend zugleich. Denn der wahre Mensch ist zugleich der Herrschaftsbereich Gottes.

Namentlich dem heutigen Menschen dämmert diese Erkenntnis auf. Wir können uns innerlich mit allen religiösen Erscheinungen unserer Zeit unverworren halten und uns als Menschen frei halten für Gott, den Vater aller Menschen. Um so leichter wird es uns, uns auch kirchlich trauen zu lassen, auch wenn wir religiös auf keine Zeiterscheinung festgelegt sind.

Indem wir überhaupt Ehen eingehen, gehorchen wir der Sitte, der geschichtlich gewordenen. Also ist es recht und billig, daß wir auch bei der Eheschließung die Sitte wahren, die uns neben dem Standesamt an irgendeine Religionsgesellschaft weist.

Etwas anderes ist's natürlich, wenn die religiösen Gewalten unberechtigte Schwierigkeiten und Umstände machen. Geht das Widerstreben von ihnen aus, so sind wir die Lächelnden und werden auch ohne sie gut fertig. Aber von uns, den Kindern der neuen Zeit, soll es nicht ausgehen.

Widerspenstigkeit bekundet immer eine gewisse Dürftigkeit. Wer reich ist im Geiste, hat's leicht nachzugeben. Darum wird vorläufig die Regel sein: Standesamt und Kirche.

Wird es einmal Sitte werden, ohne Kirche auszukommen, so wird's auch ohne Standesamt zu einer rechten Eheschließung kommen. Bis dahin ist aber noch ein weiter Weg.

Die Verlobungszeit.

Hauptsache an der Verlobungszeit ist, daß sie so kurz wie möglich bemessen sei. Es gibt kaum eine schwerere Zeit im Leben, denn es ist eine Zeit unendlichen, unbefriedigten Entbehrens. Die oft unverstandene, aber um so tiefere Sehnsucht nach einander wirkt außerordentlich schädigend auf das ganze Leibes- und Gemütsleben der Menschen.

Wozu besteht überhaupt die Verlobungszeit? Viele können nicht heiraten, weil sie noch keine Lebensstellung haben. Ja aber dann verlobt euch nicht. Es ist Unrecht, wenn ein Mann wirbt, ehe er das Recht erworben hat, ein Weib heimzuführen.

Viele junge Männer sagen, sie könnten treuer arbeiten und würden vor Abwegen bewahrt durch die Liebe zu einer Braut.

Wenn ihr solche Schwächlinge seid, daß ihr euch nicht selber halten könnt, welches Mädchen soll sich euch dann einmal anvertrauen? Ihr sollt einmal leiten, führen, schützen, wie könnt ihr das, wenn ihr ohne ein führendes Mädchen nicht auskommt? Die sich durch Bräute vor Abwegen bewahren lassen, tun es in der Regel nicht durch ihre Ehefrauen. Und mit euren vorzeitigen Verlobungen dachtet ihr nur an euch selbst.

Es hat niemand das Recht, ein Mädchen für sich festlegen zu wollen, bis er gelegene Zeit hat, zu heiraten. Ein solcher denkt nur an sich. Liebe heißt, das Gute des andern suchen. Ein Mädchen soll frei sein und sich als freies Weib geben, wem sie will, und wann sie will. Es ist schweres Unrecht, ihre Freiheit zu beschneiden.

Und merket eines. Es ist selten ein Glück, wenn eine Ehe zustande kommt, aber fast nie ein Unglück, wenn sie unterbleibt.

Also wer nicht schnell heiraten kann, soll sich auch nicht verloben. Aber es gibt besondere Zustände. Junge Menschen fangen leicht Feuer. Allen Menschen mit heißen Trieben geht's so. Oft, ehe sie nur denken konnten, haben sie sich geküßt und waren »ewig Dein«. Sie erlebten auch eine selige Ewigkeit. Ewigkeit kennt keine Zeit. Da gibt's kein lang, kein kurz, nur ein seliges Sein, das unvergeßlich und unverwelklich ist.

Solche Erlebnisse bringen etwas Befreiendes, Klärendes in's Leben, auch wenn sie nicht nach dem Uhrwerk einer kühlen Sitte schlagen. Man soll sie nicht suchen, aber noch weniger verachten und verfolgen.

Wer aber in solches Erleben kommt, soll keine Knechtschaft dran schließen. Könnt ihr euch nicht ohne weiteres heiraten, dann verlobt euch auch nicht, sondern gebt euch ganz frei und trennt euch zugleich mit dem Dank der Liebe und tragt das Erlebnis als Erinnerung weiter, über die zu reden jedes Wort unheilig ist.

Es ist sehr gut möglich, daß in eurer Freiheit das Erlebnis so nachwirkt, daß ihr beide von dem Großen nicht loskommt. Heil euch, wenn es sich so fügt, daß ihr euch später für's ganze Leben findet! Fügt sich's aber nicht, mag jedes seinen Weg gehen, aber frei in allen seinen Entschließungen. Wenn Liebe etwas Göttliches ist, muß sie befreiend, nicht bindend wirken.

*

Es ist wirklich keine Ursache zu einer langen Verlobungszeit. Sie hindert namentlich den jungen Mann in seinem Werden. Bei jeder Entschließung muß Rücksicht genommen werden auf die Familie der Braut. Eine lange Verlobung aufrecht zu halten, erfordert allein eine Manneskraft. Diese braucht er aber sehr nötig zum Werden.

Manche Leute behaupten heute noch, die Verlobungszeit sei doch recht gut, daß sich die Jugend besser kennen lerne und nochmals überlege. Das ist Geschwätz, das nicht mehr in unsere Zeit paßt.

Überlegen sollen sie gerade vorher, und kennen lernt man sich doch nicht als Braut und Bräutigam! Woher denn? Aus dem Briefeschreiben etwa? Nichts ist so unwahr, wie ein Briefwechsel, bei dem das Gemüt beteiligt ist. Es gibt sich jedes ganz und ehrlich, aber wer beherrscht so das Wort und den Wechsel von Stunde und Stimmung, daß er sich so geben kann, daß der Andere seine Wirklichkeit versteht! Oder lernt man sich etwa kennen aus Küssen und Umarmungen? –

Ich schlage vor, man sollte sich vorher kennen lernen, ehe man sich verlobt. Wir müssen der Jugend einen freien, ungezwungenen Verkehr zubilligen, der bei Wahrung aller guten Sitte eingehend genug sein darf, ohne daß eine Verlobung darauf zu folgen brauchte. Gemeinsame Erziehung, gemeinsame Spiele haben darin schon viel gebessert und werden weiter helfen, daß die Jugend sich unbefangen und frei kennen lernen kann.

Würde sich doch an solchen Verkehr üble Nachrede und Schwatzhaftigkeit verständnisloser Leute hängen, so würde ich als Jugend lieber diese Unbequemlichkeit auf mich nehmen, die ohnehin jeden ordentlichen Menschen verfolgt, als eine vorzeitige Verlobung. Sie ist eine Gebundenheit, die nur berechtigt ist, wenn sie bald in eine Eheschließung übergehen kann.

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Ein wichtiger Grund für die Ausdehnung der Verlobungszeit, für viele wahrscheinlich der wichtigste, ist die Aussteuer der Braut. Aber wir leben in einer Zeit, wo man an Dinge nicht viel persönliches Leben hängen darf. Es mag sein, daß damit viel Duft des Lebens abgewischt ist, aber wir haben auch höhere Aufgaben, als bloß solchen Kleinkram zu besorgen, und ihre Erfüllung entschädigt uns reichlich für manches verloren gegangene Gefühlswerk.

Die Verlobungszeit sollte sein ein letztes Besinnen und Atemholen vor dem großen Naturgeschehen, das unser ganzes Sein umgestaltet. Darum muß es ein Kräftesammeln, nicht ein Kräftezerstreuen sein. Und kurz! Es ist der letzte Stillstand vor einem Vorwärts, von dem es kein Zurück gibt.

Ein heutiges Mädchen, das sich verlobt, also sehr bald heiraten wird, muß eigentlich so weit sein, daß man ihr statt der Aussteuer einen Scheck einhändigt, mit dem sie dann alles besorgen kann, was sie für nötig hält. Sie mag dabei zu Rate ziehen, wen sie für nötig befindet.


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