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Catherine Lescombat im Kerker.

Catherine Lescombat im Kerker.
Quelle: fr.wikipedia.org

Nachwort.

Was wollen wir aber singen,
Was wollt ihr für ein Lied,
Ein Lied von der Frauen von Weißenburg,
Wie sie ihren Herrn verriet …

Das uralte, wehmütige und leidenschaftliche Lied von Verrat und Mord aus sündiger Liebe, das allüberall und zu allen Zeiten erklang, seit den Tagen Klytaemnestras, – es erklingt auch in den Briefen der Dame Lescombat und des Sieur Mongeot. Sie wurden aus langer Vergessenheit gezogen, nicht weil »der Fall« Lescombat vielleicht ein kriminalistisch besonders interessanter Fall aus dem ancien régime wäre, die »causes célèbres et intéressantes« Pitavals enthalten viele, die weit spannender und interessanter sind. Stendhal schrieb einmal »Ich habe das gesucht, was das menschliche Herz schildert«, wahre Begebenheiten, und in diesem Sinne, als Beiträge zur Kenntnis des menschlichen Herzens, nicht als kriminalistisches Lesefutter, mögen diese Briefe genommen werden. Nur einige knappen Angaben über die Schreiber der Briefe.

Marie Catherine Taperet, geboren 1728 zu Paris, war mit dem Architekten Lescombat verheiratet. Mongeot, »un aimable garçon«, wohnte bei ihr als Pensionär. Lescombat ahnte von dem Verhältnis, das sich zwischen Mongeot und seiner schönen und koketten Frau entspann, lange nichts; als man ihn darauf aufmerksam machte, jagte er Mongeot aus dem Hause. Das Weitere geben die Briefe – – Kurz nach Verlassen des Luxembourg, wo Mongeot und Lescombat gespeist hatten, erstach Mongeot den Ahnungslosen und warf eine Pistole neben ihn. Verhaftet, gibt er an, er habe in Notwehr gehandelt. Die Lescombat, die man auch eingezogen hatte, wurde wieder freigelassen, bis man die Briefe entdeckte. Nach der einen Version fand man Briefe und Konzepte im Schlafzimmer des Lescombat, nach der anderen lieferte sie Mongeot selbst. Das tollkühne Weib hatte ihn bis zuletzt im Gefängnis besucht und zur Standhaftigkeit ermahnt. Am 9. Januar 1755 wurde Mongeot zum Tode verurteilt und lebendig gerädert, der Dame Lescombat wurde der Galgen zuerkannt. Sie erlitt aber ihre Strafe erst fünf Monate später, nach der Geburt ihres Kindes. Der Prozeß erregte in ganz Frankreich großes Aufsehen und die vom Gericht entdeckten Briefe wurden rasch und wiederholt gedruckt und gehörten zu den begehrtesten Büchelchen des Kolporteurs. Noch 1761 spukte der Prozeß in den Köpfen. In einer damals erschienenen Novellensammlung Honny soit, qui mal y pense, ou histoires des filles célèbres du XVIIIe siècle. A Londres MDCCLXI. t. II, p. 94., die dem Klatsch und dem Unterhaltungsbedürfnis Rechnung trug, trifft der Held im Gefängnis den Liebhaber der »berüchtigten Lescombat«, der als erster der Inhaftierten gerädert wird. Bald aber kamen neue Sensationsgeschichten und die alten wurden vergessen. Und auch die mürben Kolportagebändchen wurden seltener und seltener. In den vierziger Jahren eröffnete der Vielschreiber Roger de Beauvoir mit einem Romane »La Lescombat« die Reihe der Kriminalromane in Frankreich. Erst Nisard, dem ein zu Troyes bei Garnier oder Oudot erschienenes undatiertes Exemplar der Briefe vorlag Das dieser Übersetzung zugrunde liegende Exemplar führt den Titel: Lettres amoureures (sic) de la dame Lescombat et du sieur Mongeot, ou l'histoire de leurs criminels amours … la mollesse est douce et sa suite est cruelle. Voltaire. A la Haye. Et se trouvant à Paris chez Cailleau, libraire, Quay des Augustins, près le pont S. Michel, à Saint André. MDCCLV. 8° 4 + 79 + 1 pp., machte wieder auf sie aufmerksam und druckte drei davon ab Histoire des livres populaires. Paris 1859. II. édit. 1869. t. II. p. 348 ff.. Er schreibt: »Mit fieberhafter Bangigkeit folgt man den verschiedenen Phasen ihrer wahnsinnigen Leidenschaft in ihrem raschen Wege bis zu dem schrecklichen Plane, der sie beide vernichtet. Ängstlich und schamhaft tritt er zuerst auf, dann frech und offen betrieben, besonders von ihm mit wilder Freude und unermüdlicher Beharrlichkeit. Zuerst fühlt man Mitleid mit dem Unglücklichen, den ein solcher Dämon verblendet, und dann verachtet und haßt man ihn, wenn man sieht, wie er seine ganz vernünftigen Einwände sogleich wieder zurücknimmt, wie er den Drohungen und Aufreizungen seiner Helfershelferin nachgibt, wie er schließlich noch grausamer und ebenso verderbt wie sie selbst wird«. Er fährt fort, er drucke die Briefe nicht alle ab, denn er halte es nicht für klug, die darin enthaltenen Gedanken in die Öffentlichkeit zu bringen, selbst wenn man die Absicht habe sie zu verdammen. Wir glauben, die Briefe seien zu wahr und zu rückhaltslos, als daß sie mit dem Prozesse vermodern dürften. Unsere Absicht ist, um nochmals Stendhal zu zitieren, »wahre und unbestreitbare Fakta über das menschliche Herz« zu liefern »solche, denen man gerne nachsinnt, wenn man des Nachts mit der Post fährt«.

 

Gedruckt in Leipzig bei Poeschel & Trepte

 


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