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Oliver Cromwell und Walter Noble

Cromwell. Was hat dich von Staffordshire hierher zurückgetrieben, Freund Walter?

Noble. Ich hoffe Euch davon zu überzeugen, General Cromwell, daß ganz Europa Karls Tod als eine höchst abscheuliche Tat ansehen wird.

Cromwell. Du hast mich schon davon überzeugt; was weiter?

Noble. Dann werdet Ihr seinen Tod natürlich verhindern, denn Eure Macht ist groß. Selbst die, welche ihn ihrem Gewissen nach schuldig befanden, möchten ihm die Todesstrafe erlassen, die einen aus Politik, die anderen aus Barmherzigkeit. Ich habe mit Hutchinson, mit Budlow, Eurem und meinem Freund, mit Henry Nevile und Walter Long gesprochen; Ihr werdet Euch diese ausgezeichneten Freunde verpflichten und die Stimmen der treusten und zuverlässigsten Männer unserer Zeit zu Euren Gunsten vereinen. Von vielen anderen, mit denen ich nicht im Verkehr stehe, weiß man, daß sie dieselben Gefühle hegen. Auch sie gehören zu den Gutsbesitzern, denen unser Parlament einen guten Teil seines Rufes verdankt.

Cromwell. Ihr Herren vom Lande bringt in das Unterhaus eine Lebendigkeit und einen Erdgeruch, an denen es unseren Städtern mächtig gebricht. Ich möchte mir gern Eure Achtung verdienen und mich um die fettleibigen Burschen aus den Kaufläden nicht kümmern, deren eines Ohr herunterhängt, weil sie die Feder dahinter stecken haben, und deren anderes Ohr ein Erbstück aus den Zeiten der Sternkammer ist, wo sie gespitzelt haben. Oh, es sind stolze, blutige Männer. Mein Herz schmilzt, aber, ach! meine Macht ist nichtig; ich bin der Diener der Republik. Ich will sie nicht verraten; ich wage es nicht. Wenn Karl Stuart in dem Brief, den wir aus seinem Sattel heraustrennten, nur mir mit dem Tode gedroht hätte, so würde ich ihn männlich zur Rede gezogen und außer Landes geschickt haben; aber es sind noch andere betroffen; er hat Männer umbringen wollen, die kostbarer sind als ich, der ich von Fasten, Beten und langen Diensten erschöpft bin und von schleichender Krankheit verzehrt werde. Der Herr hat den Stuart in die Schlingen fallen lassen, die er den Unschuldigen gelegt hatte. Törichter Mann! Er konnte es nie lassen, auf schlechten Rat zu hören.

Noble. Mit Euch verglichen, ist er eine Zinne neben einem Strebepfeiler. Ich bin nicht blind gegen seine Schwächen und kann seine Verbrechen nicht übersehen; aber die Tat, welche Ihr am strengsten beurteilt, war vielleicht nicht sein schwerstes Vergehen, wenn sie auch für beide Parteien die verhängnisvollsten Folgen hatte – ich meine, daß er gegen sein Volk die Waffen erhob. Er glaubte für sein ererbtes Eigentum zu kämpfen; wir tun dasselbe: Würde man uns hängen, wenn wir einen Prozeß verlören?

Cromwell. Du sprichst schlau und dumm, Walter, du, ein Mann von so ruhigem Urteil. Wenn ein Schurke mir die Pistole auf die Brust setzt, frage ich dann danach, wer er ist? Kümmere ich mich darum, ob er ein Wams aus Katzen- oder Hundefell trägt? Pfui über so gottlose Haarspaltereien! Wunderbar, was der Teufel über die Seelen guter Männer vermag! Freund! Freund! Hast du dein Gedächtnis verloren? Am dritten Juni des Jahres 1628 stand eine Wache an der Tür des Unterhauses, um den Mitgliedern den Ausweg zu versperren. Denen, die das Haus verließen, drohte Gefangenschaft im Tower. Am fünften desselben Monats verkündete der Sprecher, er habe den Befehl vom König bekommen, jeden zu unterbrechen, der ein Wort gegen seine Minister zu sagen wage. Im Jahr darauf hätten wir ihn gerechtermaßen wegen Fälschung hängen können; denn am einundzwanzigsten Januar befahl er seinem Drucker Norton, den Text seiner eigenen Erklärung zu fälschen, in welcher er unsere Rechte anerkannte; eine Erklärung, für die er anständig bezahlt worden war. Ich fürchte sehr, daß der Januar vom Finger des Allmächtigen gekennzeichnet ist als der Monat, in dem schwere Züchtigung diese Missetat treffen soll. Wir müssen auf unsere Wege achten und dürfen uns niemals wieder verlocken lassen, den Falschen und Verworfenen zu trauen. Wir könnten von dem Verräter billigerweise noch mehr fordern, als sein wertloses, verderbliches Leben. Wir könnten ihm vergelten, was Eliot und andere höchst unschuldige und tugendhafte Männer gelitten haben; verpestetes Gefängnis, schleichende, schmerzvolle, unheilbare Krankheit, Fesseln und Daumenschrauben, Folterbank und Verstümmelungen. Warum soll der Unschuldige solches leiden und der Schuldige nicht? – Warum der Verteidiger seines Hauses und Eigentums, und der Räuber nicht, der in dieses Haus einbrach? Wenn durch das Auslöschen eines Funkens der Brand von zwanzig Städten verhütet werden kann oder die Ausbreitung von Untugenden, die seit undenklichen Zeiten als schädlich bekannt sind, wie Verweichlichung und sklavische Unterwürfigkeit, so würde ich niemals den beim Kragen nehmen, der entschlossen seinen Fuß darauf setzt. Was hat es zu bedeuten, ob ein Staubkorn am Morgen, am Mittag oder gegen Abend weggeblasen wird? Von sehr ernster Bedeutung aber ist es, wenn es einem Volk in die Augen geblasen wird und ihm den Blick verdunkelt. Das ist der Unterschied zwischen dem, der in der Einsamkeit seines Zimmers stirbt, und dem, welcher nach Gottes Ratschluß zwischen Hellebarden das Schafott besteigt.

Noble. Laßt mich hoffen, daß unser unglücklicher König vor so grausamer Strafe bewahrt bleibe. Er war seinen Freunden immer gefährlicher als seinen Feinden, und jetzt brauchen ihn beide nicht mehr zu fürchten.

Cromwell. Gott verhüte, daß sich Engländer vor Engländern fürchten! Aber vor dem Schwächsten in Schrecken leben, vor dem Schlechtesten sich beugen – ich sage dir, Walter Noble, wenn Moses und die Propheten eine solche Niederträchtigkeit von mir forderten, ich würde mich von ihnen wenden und mein Pferd besteigen.

Noble. Ich wünschte, daß unsere Geschichte, deren Buch schon allzu stark mit Blut besudelt ist, uns ein paar unbefleckte Seiten verdanken könnte.

Cromwell. Das wäre freilich besser, viel besser. Ich werde niemand Gelegenheit geben, mich einen willkürlichen Blutvergießer zu nennen, das gelobe ich dir. Denke daran, mein guter, kluger Freund, aus welchem Stoffe unsere Sektierer gemacht sind. Welche Feindseligkeit gegen alle Größe, welcher Groll gegen allen Ruhm! Nicht nur königliche Macht, jegliche Macht beleidigt sie. »Dem Schwert überliefern,« das sind Worte, die sie so ruhig und milde aussprechen, als handle es sich um die gebräuchlichste Sache der Welt. Die Buben machen von ihren Stühlen und Bänken aus sogar geharnischten Männern Vorschriften, die zerschlagen und blutig vor ihnen stehen, und wie Schullehrerinnen mit der Rute in der Faust geben sie denen Ratschläge, die sie vor dem Galgen beschützen. Bei Gott, ich muß gehörig auf diese prasselnden, kecken Feuerbrände spucken, um sie fügsam zu machen.

Noble. Ich beklage ihre Verblendung; aber Torheiten erschöpfen sich um so schneller, je toller sie betrieben werden. Diese gärende Säure wird alsbald schal werden, und das Volk wird sie von sich stoßen. Ich bin nicht überrascht, daß Ihr unwillig und verstimmt seid über die, welche sich Eurer höheren Natur widersetzen. Aber laßt mit Euch reden, Cromwell; überseht sie, verachtet sie und bedeckt Euren Namen mit Ruhm durch die Gnade, die Ihr einem tödlichen Feinde erweist.

Cromwell. Meinen Namen will ich mit Ruhm bedecken, so Gott mir seinen Segen gibt, und alle unsere Mitstreiter sollen sich daran erfreuen; aber ich sehe den Schlag, der ihnen droht, besser als sie, und mein Arm kann ihn besser abwehren, als der ihre. Noble, dein Herz ist voll von Mitleid für Karl Stuart. Wäre er morgen frei, dank deiner Fürsprache, so würde er einen Tag später dein Todesurteil unterschreiben, weil du der Republik gedient hast. Ein Geschlecht von Nattern! Keine Spur von Aufrichtigkeit oder Dankbarkeit ist in ihnen; kein Tropfen schottischen Blutes fließt in ihren Adern. Die Strickleiter, auf welcher die Liebhaber ins Schlafzimmer stiegen, hängt noch am Fenster, und ich vermute, daß mancher italienische Musikant und mancher französische Kammerdiener die Linie gekreuzt hat.

Noble. Das mag sein; überhaupt ist es kaum glaublich, daß irgendeine königliche oder höfische Familie sich drei Generationen hindurch von Eindringlingen rein gehalten hat. Seht Frankreich an! Ein wackerer Pariser Heiliger hat dort das letzte Wunder vollbracht.

Cromwell. Jetzt redest du ernst und vernünftig; so könnte ich dir stundenlang zuhören.

Noble. Hört mich mit gleicher Geduld bei wichtigeren Dingen an, Cromwell. Wir haben jeder unsere Leiden zu tragen; warum eines anderen Leiden mutwillig vergrößern? Sei das Blut nun schottisch oder englisch, französisch oder italienisch, komme es von einem Trommler oder einem Possenreißer, es trägt eine Seele auf seinem Strom; und jede Seele muß an vielen Stellen anlegen und viele Geschäfte erledigen, ehe sie ihren letzten Bestimmungsort erreicht. Nehmt Karl seine Macht; löscht nicht seine Tugenden aus. Was um irgendeines Grundes willen liebenswert ist, ist auch wert, daß man es erhält. Ein weiser, gelassener Gesetzgeber, wenn ein solcher unter den Menschen auferstehen sollte, würde einen Mann, welcher der Gesellschaft mehr Nutzen als Schaden erwiesen hat und ihr in Zukunft noch nützen kann, niemals zum Tode verdammen. Unseren Gesetzgebern liegt Block und Galgen immer am nächsten; mit Tugenden und Hoffnungen haben sie es nie zu tun. Die Rechtsprechung auf Erden hat die eine Hälfte ihrer Lektion vergessen, und die andere Hälfte sagt sie schlecht auf. Gott befahl ihr, zu strafen und zu belohnen. Sie wird dir erklären, daß Strafe der Lohn der Gottlosen sei; die Belohnung der Guten aber stehe dem zu, der seine Freuden in einer anderen Welt austeilt. Justitia ist weder blind, wie manche sie darstellen, noch hellsichtig; sie ist einäugig und schaut mit ihrem einen Auge vernarrt und unverwandt auf Stricke und Aexte. Die besten Handlungen werden niemals belohnt, die schlechtesten selten bestraft. Der tugendhafte Mann geht an uns vorüber, und wir haben keinen Gruß für ihn; dem Missetäter stehen alle Wege offen, wenn er nur unseren Leidenschaften und ihrem Spielzeug nicht zu nahe tritt. Laß uns, Cromwell, in Gottes Namen die Gesetze wieder zu dem machen, wozu sie bestimmt waren, so daß es allen zum besten dient, sie zu lieben und heilig zu halten. So, wie sie jetzt beschaffen sind, in Form und Inhalt, sind sie der größte Fluch, der auf der menschlichen Gesellschaft lastet, der Spott der Bösen, das Leid der Guten, die Zuflucht der Gewalttätigen und das Verderben derer, die sie um Recht anrufen.

Cromwell. Ich merke, daß du Gerichtssporteln bezahlt hast, Walter.

Noble. Dann würde ich bezahlt haben, was nicht nur ungeheuerlich, sondern durchaus ungebührlich ist. Wenn wir einen Richter in irgendeinem Gerichtshof bezahlen, so bezahlen wir zum zweiten Mal, was wir schon längst zuvor bezahlten. Wenn die Regierung versäumt hat, uns unsere Pflichten zu lehren, unser Leben und Eigentum, unsere Stellung in der Gesellschaft zu schützen, welches Recht hat sie dann, auch nur einen Heller von uns zu fordern? Wofür haben unsere Väter und wir selbst Steuern bezahlt? Wozu werden Obrigkeiten aller Art ernannt? Ordnung hat eine Ehrwürdigkeit an sich, die selbst die Wildesten bändigt, Unordnung verbreitet einen Schrecken, der sie zu Auflehnung und Flucht treibt. So steht es auch mit den Gesetzen. Wir sollten uns bedenken, ehe wir einen Fürsten richten, und noch ernster bedenken, ehe wir ihn strafen. Das Königtum ist ein Beruf, der wenig außerordentliche und sehr viel verächtliche Vertreter des Menschengeschlechts hervorgebracht hat. Bei der Erziehung und Behandlung, die sie heutzutage genießen, kann man einen Fürsten nur höchlich loben, der es an sittlicher Tüchtigkeit seinem niedrigsten Untertanen gleich tut; so mannigfaltig und groß sind die Versuchungen, denen sie unterworfen sind.

Was den besonderen Fall des Stuart anbetrifft, so ist es meine Meinung, daß weder Politik noch Moral Euch berechtigen, ihn peinlich zu bestrafen. Die Vertreter des Volkes sollten die Erziehung ihrer Fürsten beaufsichtigen; haben sie es versäumt, so mögen sie selbst die Verantwortung für den Uebelstand tragen, der daraus entsteht. Da Könige die Verwalter des Volkseigentums sind, so müssen sie ihre ganze Haushaltung der Aufsicht des Volkes unterwerfen; diesen Grundsätzen gemäß sollten die Erzieher ihrer Kinder vom Parlament ernannt werden, und die Schüler sollten bis zu ihrer Mündigkeit zweimal jährlich in Gegenwart von wenigstens sieben Männern, die durch geheime Wahl aus den Mitgliedern des Unterhauses hervorgegangen sind, geprüft werden, um von ihren Kenntnissen und vom Gang ihrer Studien Rechenschaft abzulegen. Da nichts der Art geschehen ist, und dieser unglückliche König durch falsche Erziehung zu verkehrten Grundsätzen gekommen und durch schlechte Ratgeber darin bestärkt worden ist, würde ich es jetzt, sowohl aus Großmut als aus Gerechtigkeit, mit Milde versuchen. Schlägt der Versuch fehl, so werden sich seine Anhänger von ihm wenden; denn seine Treulosigkeit wird sie verstören, und sie werden fürchten, für ihre Dienste gleichen Undank zu ernten.

Cromwell. Mag seine Erziehung gewesen sein, wie sie will, glaubst du, er sei nicht weise genug, um sich bei seinem Entschlusse, ohne Parlament zu regieren, über seine Schlechtigkeit, Unrechtmäßigkeit und Willkür klar gewesen zu sein? Glaubst du, er wußte nicht, was er tat, als er Abgaben erhob, Gewissenszwang übte und nach eigenem Ermessen und Gefallen gefangen setzte und tötete? War ihm nicht kurz vor einer seiner schreiendsten Gewalttätigkeiten Geld von uns bewilligt worden unter Bedingungen, die er nicht hielt? Er hat sich gewaltsam angeeignet, was dem Volke gehörte; er hat uns als Aufrührer verfolgt, als wir gegen diesen Betrug und Diebstahl Einspruch erhoben. Wenn aber der König selbst gegen oder ohne die Gesetze handelt, so kann es nur einen Aufrührer im Königreich geben. Er mag Mitschuldige haben; die können wir milde behandeln, so sie unsere Milde nicht übel vergelten und die niederwerfen, welche ihnen aufgeholfen haben. Wenn der Hirsch einer solchen Herde nicht zu bändigen ist und sich seinen Wärtern hartnäckig widersetzt, so bleibt nichts anderes übrig, als ihm die Flechsen zu durchschneiden und ihn über den Zaun zu werfen, sobald man ihn erwischt. Was! Ihm das Fell streicheln! Ihm den Nacken liebkosen, sein Geweih bekränzen, ihm die Schalmei blasen, freundlich sein, milde sein! Walter, Walter! Ueber Theoretiker lacht man.

Noble. Ueber Theoretiker sind viele nur allzu bereit zu lachen, denn es gibt deren viele, die aus eingefressenen und weiter fressenden Mißbräuchen Vorteil ziehen oder Vorteil zu ziehen hoffen. Theorien, die aufs Böse zielen, werden Tatsachen, weil man sie annimmt. Solche, die aufs Gute zielen, bleiben ewig Theorien, und der, welcher sie vorgebracht hat, ist ein phantastischer Narr. Unter den Ansichten, die man so bezeichnet, ist mir nie ein grausamer oder ungerechter Gedanke begegnet; wie mag das zugehen?

Cromwell. Alle Dinge sollten im rechten Verhältnis zueinander stehen. Herrscher werden höher bezahlt als andere Beamte; sie sollten darum strenger bestraft werden, wenn sie ihr Amt mißbrauchen, auch wenn die Folgen dieses Mißbrauchs nicht verhängnisvoller oder einschneidender sind, als der Mißbrauch anderer Aemter. Wir können sie nicht gut an den Pranger stellen; wir können sie nicht auf öffentlichem Markte peitschen lassen. Wo eine Krone ist, da muß eine Axt sein; ich würde die Axt nur gekrönten Häuptern vorbehalten.

Noble. Schneidet das Verdorbene ab, drückt das Giftige heraus, erhaltet was übrigbleibt; laßt es Euch genügen, dieses denkwürdige Beispiel nationaler Macht und Gerechtigkeit gegeben zu haben.

Cromwell. Gerechtigkeit ist vollkommen; sie ist ein Attribut Gottes; wir dürfen nicht mit ihr spaßen.

Noble. Sollen wir unseren Mitmenschen weniger Barmherzigkeit erweisen, als unseren Haustieren? Ehe wir sie dem Tode überliefern, überlegen wir uns, was schwerer wiegt, ihre Dienste oder die Unbequemlichkeiten, die sie uns bereiten. Laßt uns auf den Grundmauern der Politik, wenn wir keine besseren haben, die Siegeszeichen der Menschlichkeit aufrichten; laßt uns bedenken, daß wir selbst mit solcher Erziehung und in solcher Stellung vielleicht ebenso tadelnswert gehandelt hätten. Schafft Einrichtungen für immer aus der Welt, die ewig Mißbrauch erzeugen werden, und schreibt die Fehler des Mannes dem Amte zu, und nicht die Fehler des Amtes dem Manne.

Cromwell. Ich habe kein Mitleid mit Heuchelei, und ich hasse und verabscheue das Königtum.

Noble. Ich hasse und verabscheue das Henkertum; aber auf gewissen Stufen der staatlichen Entwicklung sind Könige und Henker unentbehrlich. Kündige beiden den Dienst; wir brauchen sie beide nicht mehr.

Cromwell. Menschen werden gleich den Nägeln nutzlos, wenn sie ihre Richtung verlieren und sich krümmen; krumme Nägel aber wirft man in den Staub oder in den Ofen. Ich muß meine Pflicht tun, muß vollbringen, was mir auferlegt ist, und darf nicht aus der Richtung kommen. Ich bin nicht willens, mich in den Staub oder in den Ofen werfen zu lassen; aber Gottes Wille geschehe! Ich merke, Walter, daß du dich dem Lesen philosophischer Bücher ergeben hast; hörtest du je etwas von Digbys sympathetischen Heilmitteln?

Noble. Ja, früher.

Cromwell. Nun gut, ich bin der Ueberzeugung, daß etwas an ihnen ist. Um von meinen Kopfschmerzen zu genesen, muß ich eine Ader an Karls Halse öffnen.

Noble. Oliver, Oliver! andere werden witzig beim Weine, du beim Blut, kaltherziger, grausamer Mann.

Cromwell. Was, Walter, hältst du mich wirklich für grausam? Vielleicht hast du im wesentlichen recht; aber das weiß nur Er allein, der mich im Schoß meiner Mutter formte, und der tiefer in das Wesen der Dinge schaut als wir.


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