Hermann Kurz
Gesammelte kleinere Erzählungen, 3. Teil
Hermann Kurz

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Das gepaarte Heiratsgesuch.

Unsere Zeitungen hatten noch sehr kleines Format, sehr graues Papier und sehr stumpfe Lettern, unserer bürgerlichen Welt war der politische Zahn der Zeit noch nicht einmal durchgeschweige angebrochen, und der männliche Teil derselben starb noch vor Schüchternheit gegen den weiblichen, – da stand einmal eine niedliche Nähterin oder Putzmacherin, denn noch gab es keine strenge Arbeitsteilung zwischen diesen beiden Industriezweigen, im vormaligen Zilockengäßchen, das kaum erst seinen Namen abgelegt hatte, eines Abends am Fenster, und sah nachdenklich auf die Vorübergehenden hinab. Die Glocke hatte Feierabend verkündigt, die Arbeiter ließen ihre Geschäfte liegen, und jung und alt, vornehm und gering, eilte zur Stadt hinaus, um im Freien den schönen Sommerabend zu genießen oder sich in den Biergärten draußen, die auch im Stande der Unschuld schon blühten, gütlich zu tun.

Auch Hannchen hatte Feierabend. Auf dem Tische neben ihr lag ein feingearbeitetes Hemd, an dem sie eben den letzten Stich getan hatte, und nun atmete sie durchs offene Fenster die erquickende Kühlung ein, und dachte an ihre Lage, deren Einsamkeit ihr immer fühlbarer wurde. Schon wollte sie traurig werden, als sie ihren Vetter Gottlob in der Straße erblickte. Ihre Miene belebte sich, sie lächelte schelmisch, als er heraufsah, und winkte ihm zu ihr zu kommen.

Hannchen war vor einigen Jahren mit ihrer Mutter aus einer Landstadt in die Residenz gezogen, wo sie ein besseres Fortkommen zu hoffen hatten. Sie täuschten sich auch nicht; der Fleiß und die Fertigkeit der geschickten Tochter fanden allenthalben die beste Aufnahme, die seine Arbeit, mit der sie in ihrem Städtchen bei niemand hatte ankommen können, wurde gesucht, und sie hatte bald alle Hände voll zu tun. Die Mutter führte die Haushaltung und genoß das reichliche Auskommen, das die Tochter freudig mit ihr teilte. So lebten sie miteinander in der Stille hin und fühlten sich wohl in ihrer Genügsamkeit. Aber ein neuer Stern ging dem guten Mädchen auf, als Gottlob, ihr Vetter und Jugendgespiele aus demselben Städtchen nach Stuttgart kam, um daselbst an seine Ausbildung die letzte Hand anzulegen.

Derselbe war nicht mehr und nicht weniger als ein Schneider, also, was auch das Sprichwort dagegen sagen möge, einer, der da Männer macht. Selbstvertrauen besaß er indessen nicht im Überfluß, sonst würde er langst gemerkt haben, daß sein Bäschen gründlich in ihn verliebt sei. Er hatte es jedoch in seinen Entdeckungen bloß so weit gebracht, dieses Gefühl in umgekehrter Richtung an sich selbst wahrzunehmen, daher er in Hannchens Nähe nur zitternd und mit unterwürfiger Demut zu treten wagte, Ihre Mutter hatte mit Lächeln zugesehen und im stillen gedacht, es sei besser, wenn sich, die beiden nicht gar zu frühe gegeneinander aufschlössen; ihren Gesinnungen würden sie wohl getreu bleiben, und wenn Gottlob dereinst aus der Fremde zurückkomme, so werde sich alles von selber geben.

Aber die gute Frau sollte das nicht erleben. Sie starb vor der Zeit und ließ ihre Tochter allein in dieser Welt zurück. Nicht allein, denn der treuherzige Vetter war ihr ja geblieben, und er sparte keinen Eifer, sich hilfreich und aufmerksam zu erweisen. Die neugierigen Nachbarinnen machten jedoch zweideutige Gesichter zu den Besuchen des schüchternen Beschützers, und das Mädchen merkte bald, daß, solang' er nicht erklärtermaßen der Ihrige sei, es nicht in die Länge so fortgehen könne. Da es ihr auch sonst nicht an Anfechtungen fehlte, sofern verschiedene junge Herren in zweierlei und einerlei Tuch sich das Wort gegeben zu haben schienen, die Putzmacherei zu unterstützen, so hatte sie Ursache genug, ihren Stummen von diesem seinem Fehler geheilt zu wünschen.

Hannchen war schlauer als Gottlob und hatte längst sein Herz ergründet. Sie hielt es deshalb in ihrer Lage für wohlgetan, ihn zu einer Erklärung zu veranlassen. Unverhohlen zeigte sie ihm ihr hübsches Gesicht in seiner vollsten Freundlichkeit, aber ach, der blöde Vetter wagte sich das nicht zu seinen Gunsten zu deuten, er glaubte eben auch sein Scherflein von ihrer Gutherzigkeit gegen die ganze Welt einzunehmen.

Nun ging sie einen Schritt weiter: sie klagte um ihre Mutter, schilderte ihm ihre Verlassenheit, die Gefahren, denen sie ausgesetzt sei, und schloß damit, daß sie unmöglich länger allein in dieser großen Stadt bleiben, sondern entweder irgendwo einen Dienst suchen oder aber sich verheiraten müsse. Dann bat sie ihn um seinen Rat und fragte namentlich mit blutrotem Gesichte, was er von dem letzteren Entschlüsse halte. Der gute Gottlob überlegte nicht, daß ein Mädchen nicht nur so geradezu vom Heiraten sprechen kann, wie die Männer, sondern er nahm es für ausgemacht an, daß er sie nun bald in den Armen eines anderen werde sehen müssen, und sagte mit niedergeschlagener Miene: Ja, Hannchen, ich denke, das wird das beste sein.

Wenn sie ihn aber fragte: Was meinst du, Gottlob, wen soll ich heiraten? so seufzte er und erwiderte, das sei schwer zu sagen und man sollte nie bei so etwas raten, denn wenn's nachher schief gehe, so habe es immer der Ratgeber zu verantworten. Nannte sie ihm dann diesen oder jenen, auf den sie etwa ein Auge werfen könnte, so antwortete er mit fast brechender Stimme: Ja, Hannchen, ich meine, der würde recht für dich sein, – und ging, um die Tränen, die ihm in die Augen traten, zu verbergen.

Wie oft hatte Hannchen über seine hartnäckige Blödigkeit geseufzt und gescholten! Oft glaubte sie einen Augenblick, er verstelle sich absichtlich und freue sich im stillen seines Triumphs; aber sobald sie sein gutmütiges, schüchternes Gesicht erblickte, gab sie alle solche Gedanken sogleich wieder auf. Destoweniger aber ihren Plan. Es war in den letzten Tagen manches vorgefallen, was sie bestimmte, die Ausführung desselben zu beschleunigen, und sie hatte auf heute, was man zu sagen pflegt, einen Hauptschlag vorbereitet. Das Mittel, das sie ausgesonnen, war freilich etwas verzweifelt, aber es schien seinen Mann kaum verfehlen zu können, und da hoffentlich ein bloßer Versuch genügte, den Zweck zu erreichen, so sah sie keine Gefahr dabei.

Fast sollte ich mich schämen, sagte sie zu sich, während sie den Vetter die Treppe heraufkommen hörte. Meine arme Mutter würde tüchtig mit mir zanken. Aber was soll ich machen? der Gottlob tut den Mund nicht auf und wagt nichts, als daß er mich immer mit herzbrechenden Blicken ansieht, Was ist's auch weiter? ich mache ihn ja unglücklich, wenn ich ihm nicht auf die Spur helfe; denn er hat mich doch gar zu lieb. Und ich? –

Sie unterbrach sich in ihrem Selbstgespräch und rief: Herein!

Guten Abend, Hannchen! sagte Gottlob, indem er eintrat.

Guten Abend, Gottlob! wie geht's?

O, so ziemlich.

Hast du schon Feierabend?

Ja, Hannchen.

Nun trat eine Pause ein, in welcher Gottlob sich ans Fenster stellte und von Zeit zu Zeit einen verstohlenen Blick auf Hannchen warf.

Sieh, Gottlob, sagte Hannchen, da habe ich eben etwas für die Regierungsrätin fertig gemacht.

Er betrachtete das Hemd sorgfältig und schien es nicht ungern in den Händen zu halten. Feine Arbeit, sagte er endlich: man sieht keinen Stich.

Langsam legte er es wieder weg, Hannchen nahm einen Stuhl und setzte sich neben ihn.

Da hab' ich nun den ganzen Tag gearbeitet, sagte sie. Du weißt, die Regierungsrätin ist streng, wenn man ihr etwas versprochen hat, und ich muß morgen noch einmal den ganzen Tag dransetzen, um das Dutzend fertig zu bringen.

Dann trägt es aber auch was ein, sagte Gottlob freundlich.

Ein schön Stück Geld, erwiderte Hannchen seufzend.

Gottlob sah sie fragend an.

Ja, fuhr sie fort, ich sehe zwar wohl, daß ich mich durchbringen kann, aber damit ist's nicht getan. Ich habe dir schon oft gesagt, daß es nicht länger so geht. Meine Mutter ist tot, und es will sich nicht schicken, daß ich so allein lebe. Du weißt ja, ich will die alte Litanei nicht wiederholen. Aber jetzt ist mein Entschluß gefaßt, und du, Gottlob, mußt mir dabei behilflich sein.

Ja, Hannchen. Was soll ich tun?

Du mußt aber nicht lachen und auch nicht bös werden.

Nein, Hannchen, aber was willst du denn?

Heiraten.

Das hast du freilich schon oft gesagt.

Ja, aber wie greifen wir's an?

Du mußt doch zuerst wissen, wen du heiraten willst, sagte Gottlob mit beklemmter Stimme.

Das weiß ich selbst nicht, sagte Hannchen.

Dann ist guter Rat teuer.

Wenn du mich nicht auslachst, Gottlob, so will ich dir's sagen.

Nun?

Sie wandte sich verschämt auf die Seite und sagte: Man muß es in die Zeitung setzen.

Gottlob starrte sie an. Er mochte bis jetzt geglaubt haben, daß die Zeitungen, wie andere nützliche oder schädliche Pflanzen, von selbst wachsen. Hannchen aber belehrte ihn aus einer Nummer des Schwäbischen Merkur, die sie ihm vor die Augen hielt, daß diese Blätter, eigener Aussage zufolge, erst verfaßt, gedruckt und verlegt werden müssen, um als fertige Produkte ins Publikum hervorzugehen, und durch eine genaue Zergliederung der mit zarter Schrift gegebenen Anzeigen machte sie ihm begreiflich, wie dieses Publikum selbst daran mitarbeite, so jedoch, daß niemand erwarten dürfe, seine Willensmeinung gedruckt zu lesen, wenn er sie nicht vorher habe einrücken lassen.

Hierauf las sie ihm einen Heiratsantrag vor, der in dem Blatte stand. Es ist die neuste Mode, sagte sie, auf diesem Wege kann man sich viel gegenseitige Verlegenheit ersparen. Du kannst mit dem Schreiben besser umgehen als ich, – fuhr sie fort, nachdem sie ihm die Form einer solchen Anzeige einzuprägen gesucht, – und zudem hätte ich nicht das Herz, einen Heiratsantrag mit eigener Hand abzufassen und an den Merkur zu schicken. Deshalb bitte ich dich inständig, lieber Gottlob, tu du's für mich, denn du weißt ja jetzt, wie man's machen muß.

Hannchen hatte darauf gerechnet, diese ausgesuchte Tortur müsse ihm endlich die Lippen gewaltsam öffnen. Hatte er doch vor jedem andern das erste Recht auf sie, und wie hätte sie glauben können, daß er sie einem Fremden überlassen würde! Höchstens war zu vermuten, daß er sagen werde: Wenn dir's eins ist, wen du zum Mann bekommst, so kannst du im Notfall auch mit mir vorlieb nehmen. Aber ob nun Demut oder Bitterkeit diese Worte eingab, die Demut ließ sich aufrichten, die Bitterkeit war zu versüßen.

Allein wie sehr hatte sie sich getäuscht! Der arglose Jüngling glaubte ihr alles aufs Wort. Er schwieg und hielt die Augen auf den Boden geheftet. Ihr Herz klopfte laut, sie sah ihn immer ängstlicher an. Ja, Hannchen, ich will's besorgen! sagte er endlich. Mit diesen Worten rannte er zur Türe hinaus, eh' sie noch den Mund auftun konnte, und mit einem Satz war er die Treppe hinab.

Wer könnte Hannchens Schrecken beschreiben? Sie war ratlos, als sie ihren Vetter die Treppe hinunterstürzen hörte. Vater im Himmel, rief sie, was soll ich anfangen? Ich darf ihn wahrhaftig nicht fortlassen! Sie sprang zur Türe und rief ihm nach, er gab keine Antwort; sie eilte zurück und riß das Fenster auf, er war nirgends mehr zu erblicken. Halb von Sinnen warf sie sich in einen Stuhl. Er ist fort, rief sie. Da hab' ich mir einen schönen Zwirn eingefädelt. Aber es geschieht mir recht! warum hab' ich den armen Schelm so geplagt! Es wäre gescheiter gewesen, wenn ich ganz aufrichtig und ehrlich mit ihm gesprochen hätte. Winkelzüge führen zu nichts Gutem. Jetzt hab' ich nichts als das gute Herz betrübt, und obendrein komm' ich in den Merkur! Nein, dieses Unglück, es darf nicht sein, eher spring' ich in den Feuersee!

Sie schickte eine Wasserträgerin, die sie in ihrem Dienste hatte, um Gottlob in seiner Wohnung aufzusuchen und zu ihr zu bringen, aber diese kam mit der Nachricht zurück, daß er nicht zu finden gewesen sei. Hannchen kam auf den Gedanken, selbst zum Merkur hinzulaufen, um ihn zu bitten, daß er die Anzeige nicht aufnehmen möchte, aber ihre Scheu vor den Gewalten der Öffentlichkeit, mit welchen sie doch so verwegen gespielt hatte, war zu groß für diesen Schritt. Verzweiflung trieb sie in ihrem Stübchen umher, aus welchem sie sich nicht mehr herausgetraute, und spät erst fand sie einige Beruhigung in dem Gedanken, daß der Vetter doch keinenfalls seinen unseligen Diensteifer so weit treiben werde, ihren Namen in die Anzeige zu setzen.

Gottlob war in seinem Schmerz durch mehrere Straßen gerannt; noch nie hatte er sich in einer solchen Aufregung befunden. Das Leid, das ihm so lange gedroht hatte, jetzt stürmte es mit vollen Schlägen auf ihn ein. Und doch beugte er sich geduldig unter seine Last, die Aufregung ging vorüber und machte einem stillen Grame Platz. An mich denkt sie nicht, sagte er, ich bin ihr noch zu jung. Aber ich will ihren Willen tun, alles, alles!

Er hatte eine Brieftasche bei sich, die zur Aufbewahrung der Kleidermaße diente, und mit Bleistift und Papier versehen war. Seufzend riß er ein Blatt heraus und schrieb die Anzeige an der nächsten Straßenecke. Nun werden sie kommen, murmelte er, in Scharen werden sie kommen und sich melden. Ich sollte ihr's nur zum Trotze tun und auch anklopfen, aber mich will sie nicht, mir hätte sie es ja mündlich sagen können. Übrigens, fuhr er fort und legte den Finger nachdenklich an die Nase, das hatte sich eigentlich doch nicht geschickt. Und vielleicht ist's ihr auch so gewesen, sie war so verschämt. Wie, wenn sie –? Antragen konnte sie sich doch nicht wohl, auch wenn sie einen Gusto an mir hätte. Das wäre im Gegenteil meine Sache, weil es doch so passender ist. Ach, ich bin recht einfältig gewesen! Ich will gleich zu ihr zurück und sie fragen! – Nein, Gottlob, nein! wenn sie dich nun auslachte, wie würdest du vor ihr stehen? – Auslachen? das würde sie mich nicht, gewiß nicht, aber abweisen? Nein, ich kann ihr's nicht selber sagen.

Er bedachte sich lange. Da kam ihm auf einmal ein großer Gedanke und triumphierend rief er aus: Dummkopf, du hast ja den Vorsprung vor allen andern, du kannst dich ja gleich beim Merkur um sie melden! – Gesagt, getan! er zog das Blättchen noch einmal heraus, fügte eine Nachschrift hinzu und eilte davon.

Das Haus des Schwäbischen Merkurs hatte er bald erfragt. Unter der Haustüre begegnete ihm ein junger Herr, der vom Zeitungsgeschäfte kam und sich ebenfalls des Feierabends erfreuen wollte.

Gottlob trat ihn an. Um Vergebung, sagte er respektvoll, sind Sie vielleicht der Schwäbische Merkur?

Ein Stück von ihm, erwiderte der Herr, welcher am vorigen Abend den Hamlet gesehen hatte.

Gottlob zog sein Blättchen hervor, wußte aber nicht, was er sagen sollte. So stand er eine Zeitlang vor dem Herrn und blickte bald auf ihn, bald auf das Papier, bis der Herr endlich fragte: Ist das ein Artikel?

Ja, sagte Gottlob, drückte ihm das Papier in die Hand und wollte davoneilen.

Halt! rief jener. Anonyme Artikel werden nicht aufgenommen.

Er entfaltete das Blatt, während der Verfasser wie ein armer Sünder vor ihm stand. Das ist ja bloß eine Annonce, sagte er, die ist bei der Expedition abzugeben.

Damit deutete er mit dem Daumen über die Schulter und wollte das Papier zurückgeben. Schon aber hatte er etwas von dem Inhalt ins Auge gefaßt, und begann neugierig zu lesen, wobei er anhaltend lächelte und sich ein paarmal stark räusperte.

Ein kleiner Liebesroman? sagte er endlich, nachdem er gelesen hatte. Dieses zweistimmige Anliegen könnte mündlich billiger abgemacht werden. Wie?

Es geht nicht an, Herr, antwortete Gottlob verlegen.

Warum denn nicht?

Gottlob schwieg.

Nun, sagte der Herr sichtlich ergötzt, was mich nicht brennt, das will ich auch nicht blasen. Die Herzensangelegenheit wird Eile haben? setzte er hinzu. Ich will sie an das Kontor besorgen, das jetzt wohl schon geschlossen ist.

Gottlob stammelte einige Worte, verbeugte sich und wollte abermals die Flucht ergreifen.

Halt, guter Freund! noch einmal Halt! rief der Herr. Das geht nicht so geschwind. Sie müssen mir vorher noch Ihre Adresse aufschreiben.

Er reichte ihm das Blatt wieder hin.

Wozu denn? fragte Gottlob.

Ei, sagte der Herr lachend, man muß doch wissen, wo die Einrückungsgebühr abzuholen ist.

Gottlob sah ihn mit offenem Munde an. Er hatte nicht gedacht, daß man die Zeitungen für Beiträge, die man ihnen bringt, auch noch bezahlen müsse.

Kann ich es nicht gleich entrichten? fragte er nach einigem Zögern. Was ist meine Schuldigkeit?

Der junge Herr lachte laut. Das gehört nicht in mein Departement, sagte er. Wenn Sie die Rechnung gleich haben wollen, so tragen Sie das Blatt morgen in die Expedition.

Nein, nein! rief Gottlob ängstlich. Er wollte nicht zweimal Spießruten laufen. Schnell zog er den Bleistift heraus, um die Adresse zu schreiben. Aber da fiel es ihm siedheiß ein, daß die Rechnung, bei ihm abgegeben, Meister und Gesellen zu Mitwissern des Geheimnisses machen würde. Vor diesen wollte er sich nicht mit seinem zunftfremden Meisterstücke sehen lassen. Was tun? Nirgends ein näherer Bekannter, ein Vertrauter, den er vorschieben konnte! Und der Herr schien über sein Zögern ungeduldig oder gar mißtrauisch zu werden. In dieser brennenden Not schwebten ihm einzig und allein die vier Wände vor, die er soeben verlassen, aber nicht als der Ort, wo sein Liebstes lebte und webte, sondern als ein Mietstübchen, das, mochte er oder ein anderer der Glückliche sein, in kurzem leer und fremd werden mußte, und so schrieb er Hannchens Wohnung auf, wie wenn das Geschäft, das er durch diese Bezeichnung dorthin verlegte, bereits ein Teil des bevorstehenden Auszugs wäre.

Der Herr steckte das Blättchen zu sich und bewegte sich, die Straße entlang, um seiner Abendgesellschaft von der spaßhaften Begebenheit vierundzwanzig Stunden früher zu erzählen, als der minder glücklich situierte Teil des Publikums sie durch den Druck erfahren sollte. Gottlob aber wurde, während jener sich entfernte, von allen Furien der Hölle angefallen. Er hatte in einer Art von Taumel gehandelt, aus dem er plötzlich erwachte. Die unerhörte Keckheit, mit Überschreitung seines Auftrags als Selbstfreier aufzutreten, und die noch unerhörtere Schandtat, sein ehrfurchtsvoll geliebtes Hannchen an den Merkur zu verraten – erst jetzt wurde es ihm klar, was er getan hatte! Er wollte nacheilen, um des Papiers wieder habhaft zu werden, aber der Mut hatte ihn gänzlich verlassen, seine Beine trugen ihn nicht, und als er sich endlich aufraffte, war es zu spät. Die Angst trieb ihn vor die Stadt hinaus, und er schweifte in Feld und Wald umher, vor seiner Anzeige wie vor einem Steckbriefe fliehend.

Hannchen verbrachte den folgenden Tag nicht sehr gleichmütig. Sie sandte ihre Wasserträgerin einmal um das andere nach dem Hause von Gottlobs Meister, um den Vetter heimlich zu beschicken. Vergebens, er war nicht zu sehen. Da jene endlich geradezu nach ihm fragte, gab ihr der Meister den Bescheid, er sei heute zum erstenmal ausgeblieben und scheine sich auf eigene Füße stellen zu wollen.

Der Tag wurde dem armen Mädchen schrecklich lang, das Nähen wollte nicht vonstatten gehen, und als sie am Morgen nach der zweiten schlaflosen Nacht der Regierungsrätin die bestellte Arbeit brachte, sagte ihr diese, so sehr sie die übrigen Hemden loben müsse, so sehr mißfalle ihr das zwölfte, das ihr wegen des krummen Schnitts und der groben Stiche fast unbrauchbar scheine.

Das gute Hannchen kann ihre Gedanken auch nicht immer bei der Nadel haben, unterbrach sie der Rat, ihr Gemahl, der eben zum Frühstück die Zeitung las.

Auf einmal lachte er laut auf, las und lachte und las wieder und wußte sich kaum zu fassen. Höre nur, Frau, rief er, was der Merkur bringt! Zwei Heiratsgesuche, die einander gefunden haben!

Hannchen horchte hoch auf.

Da höre nur einmal, fuhr er fort, und las wie folgt:

»Ein schönes, junges Frauenzimmer, das von Herkunft sehr wohl erzogen ist und eine äußerst feine Nadel führt, wünscht sich aus verschiedenen Gründen zu verheiraten. Sie sieht vor allem auf ein gutes Herz und daß der Mann etwas in seinem Fach versteht. Gefälligen Anfragen wird auf diesem Wege entgegengesehen.«

Und nun gleich darunter:

»Wofern obbelobtes Frauenzimmer Liebhaber wäre zu einem gewissen Menschen, den sie hieraus erraten kann, so wird, sie gebeten, ein weißes Taschentuch unter ihr Fenster zu hängen.«

Die Rätin lachte hell auf. Wenn das Ernst ist, sagte sie, so weiß ich nicht was ich mehr bewundern soll, die Vorsicht in der weiblichen Anzeige oder die Courage in der männlichen, und auf was man begieriger sein muß, auf die Anträge die im Merkur, oder auf die Liebesflaggen, die unter den Fenstern erscheinen werden.

Was meinen Sie, Hannchen, rief der Rat, hätten Sie nicht auch Lust, sich auf diese Art an den Mann zu bringen?

Hannchen war froh über diese Frage; sie hatte nun doch einen Grund für die Purpurröte, die ihre Wangen überzog. Dringende Geschäfte vorschützend, entzog sie sich schnell ihren Gönnern, die ihr noch ein Frühstück vorsetzen wollten, und eilte, mehr hüpfend als gehend, nach Hause, wo sie sich der ausgelassensten Lustigkeit überließ.

Das heiß' ich mir einen Freier! rief sie aus. Nun hat er doch endlich Mut bekommen, sich anzutragen. Jetzt bin ich erst froh, daß ich auf dieses Mittel geriet! Aber das Zeichen kann ich ihm nicht geben: heut' wird sich jedes Mädchen wohl hüten, ein Taschentuch zum Fenster heraushängen zu lassen. Nun geht er am Ende vorbei, und meint es sei nichts, wenn er die Fahne nicht sieht. Ich muß den ganzen Tag am Fenster bleiben und auf ihn warten.

Gottlob hatte die erste der beiden Schmerzensnächte im Wirtshause eines benachbarten Dorfes, wo eine Hochzeit mit Tanz gehalten wurde, halbschlafend in einer Ecke zugebracht. Diese ungewohnte Lebensweise war gar nicht geeignet, ihn aus seiner Mutlosigkeit zu einer zuversichtlicheren Lebensanschauung zu erheben. Doch sah er, als er sich am andern Morgen die Haare zurechtstrich, seine Lage von einer neuen Seite an, die ihm bis jetzt zwar nicht ganz unbewußt geblieben, aber doch auch nicht klar genug vor die Seele getreten war. Wenn er nämlich fortfuhr in der Welt umherzuschwärmen, so kam es nicht bloß dahin, daß die verwünschte Rechnung für die Annonce bei Hannchen abgegeben wurde – das war ohnehin nicht zu vermeiden, da er sich um keinen Preis mehr zum Merkur zurück getraute – sondern sie mußte dieselbe auch bezahlen.

Dieser Gedanke rührte sein bürgerliches Ehrgefühl in allen Tiefen auf. Wenig fehlte, so zählte er sich jenen Charakteren bei, die sich im Biergarten von der Geliebten freihalten ließen. Er brach auf und rannte spornstreichs nach Stuttgart zurück, um diesem Schlage zuvorzukommen. Welch ein Glück für Hannchen und ihn! Sein guter Genius hatte, nicht in der glorreichsten Form zwar, dafür gesorgt, daß er ihr nicht ganz verloren gehen konnte.

Doch flatterte er noch an einem langen Faden. Er mäßigte unterwegs seinen Schritt und erwog, daß die Gebühr doch wohl nicht eher eingezogen werden würde, als bis, wie ihm der junge Herr auseinandergesetzt hatte, die gedruckten Zeilen berechnet werden könnten. Es handelte sich also vor allem darum, zu erforschen, ob die Anzeige in der Zeitung stand. Er atmete auf, als ob er eine Galgenfrist gewonnen hätte, und obendrein beschlich ihn die Hoffnung, der Herr, dem die Sache so schnurrig vorgekommen war, werde ihr keine weitere Folge gegeben und das Papier in der Tasche behalten haben.

Statt unter die Augen zu treten, vor welchen er zitterte, verfügte er sich in ein Weinhaus. Dies war, wie zu seiner Ehre gesagt werden muß, sonst nicht seine Gewohnheit, aber er wußte kein anderes Mittel, dem Merkur beizukommen. Schüchtern, wie einer der nichts Gutes vorhat, trat er in die volle Stube und setzte sich an ein Nebentischchen, von den strengen Blicken der Trinker gemustert, die, auf dem noch gediegen goldenen Boden des zünftigen Handwerks der »Frühmesse« obliegend, seine Berechtigung zum Hiersein in stille Frage zogen. Eine Begegnung mit seinem Meister hatte er nicht zu fürchten, denn derselbe zechte erst abends, noch weniger mit den Gesellen, denn diesen lag die Anmaßung ferne, sich in die Gesellschaft von Zunfthäuptern einzudrängen, aber eben aus diesem letzteren Grunde war es ihm für sich selbst gar nicht wohl zumute. Er konnte an dem dichtbesetzten Tische den Merkur nicht erspähen, wagte nicht darnach zu fragen und wünschte sich weit hinweg. Unterdessen drangen Bemerkungen an sein Ohr, sehr hörbar gemurmelte, über die bei der Jugend einreißende Verderbnis, über Leute, die, noch nicht hinter den Ohren trocken, schon am frühen Morgen ins Wirtshaus gehen, und dergleichen mehr. Da erhob er sich schnell und ging um ein Haus weiter.

Seinen zweiten Versuch unternahm er mit mehr Umsicht. Er sah erst, wie im Vorübergehen, durch die Fenster eines zur ebenen Erde gelegenen Wirtszimmers, und als er einen einzigen Gast darin gewahrte, so kehrte er um und wagte einzutreten. Ein dicker Mann saß am Tische; er hatte den Merkur vor sich liegen, aber ohne darin zu lesen. Gottlob setzte sich weit unten an den Tisch und wartete geduldig eine lange Zeit. Da jedoch der andere keine Miene machte, sich des Blattes zu bemächtigen, so stand er auf, trat nach und nach näher, und streckte zögernd die Hand aus, mit einer wohlgesetzten Bitte um Entschuldigung, die da zeigte, wie viel er auf gute Erziehung hielt. Jener aber schlug mit der breiten, fleischigen Hand auf das Blatt, daß es klatschte, und sah ihn knurrend an. Gottlob zog sich erschrocken zurück, und setzte sich wieder auf seinen Platz, um abermals zu warten. Allein vergebens hoffte er, daß die Reihe des Lesens an ihn kommen werde; der Gewaltige hielt die Hand beständig auf den Merkur gedeckt und gab das Blatt nicht eher frei, als bis er den Aspiranten hoffnungslos abziehen sah.

Gottlob betrat eine dritte Wirtschaft, nachdem er sich überzeugt hatte, daß gar niemand in der Stube war. Es dauerte lang' bis die Wirtin kam. Der Wein war schlecht; er segnete ihn, als eine Vogelscheuche, die das Feld rein erhielt. Indessen, wie scharf er auch umherblicken mochte, die ersehnte Zeitung war nicht vorhanden. Sollte er sich erkundigen? sollte er's mit einem weiteren Wirtshause wagen, mit dem vierten in einem Vormittag? Er schwankte noch, da ging die Tür auf, ein Kind sprang herein und legte den Merkur auf den Tisch. Er brauchte nur darnach zu greifen, und war beinahe bestürzt über sein Glück. Lässig, als gelte es bloß einen müßigen Augenblick auszufüllen, zog er das Blatt an sich, und während die Wirtin ihm auf eine gleichgültige Bemerkung umständlich mit den Namen sämtlicher Mitleser aus der Nachbarschaft diente, begann er sich mit klopfendem Herzen über den Inhalt herzumachen.

Mit großer Ausdauer, als ob er die Geschicke der Welt zu überwachen hatte, verweilte er bei den politischen Artikeln, und nur verstohlen, aber um so aufmerksamer, ließ er die Augen über die Anzeigen hingleiten. Die Vorsicht war überflüssig, denn keine Beobachtung kümmerte sich um sein Tun, und wäre er mit den Einrichtungen des Zeitungswesens bekannt gewesen, so würde er sich die fruchtlose Mühe an diesem Tage erspart haben, denn als er seine beiden Anzeigen abgegeben, war die heutige Nummer schon fertig gewesen. Er fand daher seinen Beitrag nicht, obgleich er das Blatt scheinbar spielend wohl ein dutzendmal hin und her wendete.

In seiner Herzklemme zum Trunkenbold und Vagabunden zu werden bedroht, machte er sich mit schwerem Kopfe von dannen, und zerbrach sich denselben, was er jetzt tun solle. Es war ihm unmöglich, in dieser ungewissen Lage sein altes Geleise wieder aufzusuchen, und da er keinen anderen Ausweg fand, so kehrte er zu dem gestrigen Lebenswandel zurück, um abzuwarten, bis wenigstens eine zweite Sonne über dem Merkur aufgegangen wäre. Die Nacht fand ihn in der alten Ecke der Dorfherberge, die glücklicherweise von der Nachhochzeit belebt war, und den anderen Vormittag saß er abermals hinter dem geschwefelten Weine, der ihm den unbestrittenen Besitz der Zeitung sicherte. Sie lag schon auf dem Tische, die Wirtin aber tat zuvorkommend ein Übriges und schob ihm daß Blatt vollends hin.

Er wurde feuerrot und ließ es eine Weile liegen, wagte aber doch das Schicksal nicht allzulange auf die Probe zu stellen, sondern vertiefte sich allmählich in die spanischen Angelegenheiten, worauf es nicht lang' anstand, bis ihm bei heimlichem Dazwischenblättern seine beiden Anzeigen in die Augen stachen. Die abgenutzten Lettern auf dem grauen Papiere sahen ihn durchbohrend an. Er hatte Mühe seine Fassung zu behaupten, und hielt, wie im Eifer des Lesens, den Merkur vor das Gesicht, damit die Wirtin in diesem nichts zu lesen bekäme. Sie aber, von der vermeinten Anhänglichkeit des beharrlichen Gastes gerührt, knüpfte ein Gespräch mit ihm an und suchte ihm bestens die Zeit zu vertreiben, so daß er froh war, als er sich endlich aus den Maschen ihrer Unterhaltung herausgezogen hatte.

Jetzt galt es vor allem, die Rechnung ins reine zu bringen. An das andere dachte er nur nebenher und mit Zittern. Er wollte unter dem Vorwand, daß Hannchen Geld für ihn ausgelegt habe, ihrer Hauswirtin den etwa zutreffenden Betrag übergeben und unter dem weiteren Vorwande, daß er sehr pressiert sei, auf flüchtigen Socken wieder hinwegeilen. Als er an ihr Gäßchen kam, konnte er sich nicht enthalten, von ferne einen Blick nach ihrem Fenster zu werfen. Ach, da hing kein weißes Taschentuch. Zwar konnte er nicht wissen, ob ihr der Merkur schon zu Gesicht gekommen, aber seine Angst ließ ihn das Schlimmste fürchten.

Leise drückte er sich auf der Seite, wo Hannchen wohnte, an den Häusern hin, um nicht von ihr gesehen zu werden, und wollte eben in die Haustüre schlüpfen, da fiel ihm etwas Weiches auf den Kopf und legte sich wie ein Schleier über sein Gesicht. Er schlug die Augen auf: sie stand am Fenster und lächelte pfiffig bedeutungsvoll. Er blieb verdutzt stehen, sie gab ihm einen Wink und er sprang mit dem Tuch die Treppe hinauf, nicht ohne unterwegs einige Male stehen zu bleiben und dann wieder pfeilschnell vorwärts zu eilen.

Hannchen wollte sich vor Lachen ausschütten, als er zur Türe eintrat. Auf einmal aber erschrak sie. Wie siehst du aus? rief sie, du bist ja ganz verwahrlost. Was ist dir denn geschehen?

Er antwortete betreten, er habe eine dringende Reise machen müssen.

Seine Verlegenheit ließ sie erraten, was er verschwieg, und gab ihr schnell ihre fröhliche Laune zurück. Du hast mir einen schönen Streich gespielt! rief sie.

Hast du's denn gelesen? fragte er furchtsam.

Freilich, rief sie: wer ist denn mit der zweiten Anzeige gemeint?

Gottlob schwieg; er wagte nicht sie anzusehen.

Vetter Gottlob, Vetter Gottlob, du gehst auf Schleichwegen, das erwirbt dir kein groß Vertrauen bei mir. Aber ich bitte dich, hättest du mir's denn nicht selber sagen können?

Ich hatte nicht das Herz, sagte er leise, die Augen noch immer niedergeschlagen. Ich glaubte nicht –

Du blinder Maulwurf, unterbrach sie ihn, du glaubtest nicht, du sähest nicht, du hörtest nicht, du merktest nicht! Sag' mir nur, hat dir denn nie etwas geschwant?

Mir? fragte Gottlob und sah sie erstaunt an. Die freudigste Hoffnung leuchtete ihm aus den Augen.

Freilich! muß man's dem verstockten Menschen noch sagen, daß man ihn von Anbeginn hat leiden können, daß man –

Hannchen! rief er und flog ihr an den Hals.

Daß all das Gerede die Zeit her nur darauf angelegt war, ihm das Maul aufzubrechen, daß ich ihn vorgestern mit aller Gewalt zum Reden bringen wollte und nur darum den Schnaken mit dem Merkur ersann! Und er geht hin und spielt mir den feinen Possen, und dann meint er noch, ich werde die weiße Fahne aufpflanzen, damit alle Leute, die die Zeitung gelesen haben, mit Fingern auf mich deuten!

O Hannchen, rief er, vergib mir! sieh, ich hatte immer einen Respekt vor dir, daß ich dir's nicht beschreiben kann.

Das ist mir im Grunde lieb, lachte das fröhliche Mädchen: behalt nur immer deinen Respekt und sei hübsch artig und folgsam gegen mich. Aber wenn du mir in Zukunft etwas zu sagen hast so setz' es nur nicht in die Zeitung, ich bitte dich schön; du kannst mir alles ins Gesicht sagen, denn du bist jetzt mein Schatz und mein Beschützer.

Während er nun seinem Bräutchen, fast verschämter und schüchterner als sie selbst, den ersten Kuß auf ihre Lippen drückte, wurde an die Türe geklopft; erschrocken ließ er sie aus den Armen und wandte sich um. Ein Knabe trat herein, einen Zettel in der Hand.

Was ist's? fragte Gottlob und trat ihm entgegen.

Ich soll hier eine Rechnung abgeben, erwiderte der Junge und reichte ihm das Papier.

Was bedeutet das? sagte Hannchen und sah über seine Schultern.

Es ist ein prompter Mann, der Merkur, versetzte der Bräutigam lachend, indem er die Rechnung berichtigte. Er hatte jetzt bedeutend an Mut gewonnen. Dein Kaufpreis ist's, fügte er hinzu, als der Knabe gegangen war. So, das wär' im reinen. Nun aber auf und in unsere Heimat zurück, wo keine Seele erfahren soll, daß der neue Schneidermeister und seine Frau Meisterin miteinander durch den Merkur gesprungen sind.


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