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Über die Weise, wie sie jede Art von Krankheit anhexen können; und zwar im allgemeinen von den schwereren.

Kapitel 11.

Aber auch dies, daß es keine Krankheit des Körpers gibt, welche von den Hexen mit Zulassung Gottes nicht angetan werden könne, auch wenn es bis zu Aussatz und Epilepsie gehen soll, kann dadurch bewiesen werden, daß von den Gelehrten keine Art von Krankheit ausgenommen wird. Denn wenn man das, was weiter oben sowohl über die Kraft der Dämonen als auch mit Bezug auf die Bosheit der Hexen berührt worden ist, fleißig erwägt, so erleidet das keine Schwierigkeit. Denn auch Nider, sowohl in seinem Praeceptorium als in seinem Forraicarius, wo er fragt, ob die Hexer wirklich mit ihren Hexenkünsten den Menschen verletzen können – und zwar wird die Frage gestellt, ohne irgend eine, wenn auch noch so unheilbare Krankheit auszunehmen – und da er mit ja antwortet, fragt er folgerichtig, auf welche Weisen und mit was für Mitteln. Bezüglich des ersteren antwortet er so, wie es sich oben aus der ersten Frage des ersten Teiles dieser Abhandlung ergeben hat. Es wird auch durch Isidorus bewiesen, der die Betätigungen der Hexen Etym. VIII, 9, beschreibt: Hexer heißen sie wegen der Größe ihrer Verbrechen. Sie verwirren nämlich die Elemente mit Hilfe der Dämonen zur Erregung von Stürmen und stören den Geist der Menschen, indem sie auf die oben berührten Weisen den Gebrauch der Vernunft entweder völlig hemmen oder doch schwer verdunkeln. Er fügt hinzu: und ohne einen Tropfen Gift, bloß durch die Stärke des Zauberspruches vernichten sie die Seelen«, indem sie nämlich das Leben rauben. Es wird auch durch S. Thomas, Sent. II, di. 7 und 8 und IV, di. 34 bewiesen, und gemeinsam durch alle Theologen, die ebendort schreiben, daß die Hexer auf alle Arten Schädigungen an den Menschen und ihren Sachen mit Beihilfe des Dämons bewirken können, an denen der Dämon allein schädigen und täuschen kann; nämlich an den Sachen, dem Rufe, dem Gebrauch der Vernunft und dem Leben, das will sagen, daß der Dämon in den Fällen, wo er für sich, ohne Hexe, schädigen kann, es auch mit der Hexe kann; im Gegenteil: mit noch größerer Leichtigkeit, wegen der größeren Beleidigung der göttlichen Majestät, wie oben berührt worden ist.

Bezüglich der Sachen ist es klar aus Job I und II, wie oben klar geworden ist. Bezüglich des Rufes ist es klar aus der Legende vom seligen Hieronymus, wie Joannes Andreä in seinem Hieronymianum berichtet, daß der Teufel sich in die Gestalt des heiligen Silvanus, des Bischofs in Nazareth, des Freundes des Hieronymus, verwandelte. Dieser Dämon begann zuerst eine edle Frau nachts im Bette zur Üppigkeit mit Worten zu reizen und zu locken, und dann erregte er sie mit Taten zum Bösen. Als sie schrie, verbarg sich der Dämon in der Gestalt des heiligen Bischofs unter dem Bette der Frau. Dort gesucht und gefunden log er mit üppigen Worten, er sei der Bischof Silvanus. Am Morgen kam daher der heilige Mann in den schlimmsten Leumund, während der Teufel verschwand. Diese Verleumdung ward endlich abgewaschen, als der Teufel in einem besessenen Körper am Grabe des heiligen Hieronymus ein Geständnis ablegte.

Bezüglich des Körpers ist es klar, am seligen Job, der vom Dämon mit sehr bösen Geschwüren geschlagen ward, was als Aussatz ausgelegt wird. Es berichtet auch Sigibertus und Vincentius im Spec. hist. XXI, 37, daß zur Zeit des Kaisers Ludwigs II., in der Parochie Mainz ein gewisser Dämon erst häufig Steine warf und Diebereien verriet und Zwietracht säte. Dann reizte er alle gegen einen auf, dessen Herberge er ansteckte, wo immer er blieb; und um dessen Sünden willen, versicherte er, litten alle. Daher mußte man schließlich die Äcker als Herberge benutzen. Als deshalb die Presbyter Litaneien abhielten, verwundete der Dämon viele mit Steinwürfen, daß sie bluteten. Bald verhielt er sich ruhig, bald wütete er, und das setzte er drei Jahre hindurch fort, bis alle Gebäude dort durch Feuer verbrannt waren.

Ebenso wird es bezüglich der Schädigung des Gebrauches der Vernunft und der Beunruhigung der inneren Sinne bewiesen an den Besessenen und Ergriffenen; auch durch Geschichten aus den Evangelien. Ebenso bezüglich des Todes, und daß er auch manche des Lebens beraubt. Es ist klar aus Tobias VI, bezüglich der getöteten sieben Männer der Jungfrau Sara, die wegen ihrer üppigen Neigung und ihres zügellosen Verlangens nach der Jungfrau Sara der Ehe mit ihr nicht würdig waren.

Daher wird geschlossen, daß sie, wie für sich, so und noch mehr durch Hexen den Menschen in allem ohne Ausnahme schaden können.

Wenn aber gefragt wird, ob derartige Schädigungen lieber den Dämonen oder den Hexen zugeschrieben werden müßten, so wird geantwortet, daß, wie die Dämonen, wenn sie Krankheiten antun, in eigener und unmittelbarer Tätigkeit wirken, sie ihnen auch prinzipiell zugeschrieben werden müssen. Aber weil sie zugleich zur Verachtung und Beleidigung des Schöpfers und zur Vernichtung der Seelen derartiges durch die Hexen auszuführen suchen, indem sie wissen, daß, wie Gott durch solche Art mehr gereizt wird, er ihnen ebenso auch mehr Macht zu wüten gestattet, und weil tatsächlich unzählige Hexentaten ausgeführt werden, die den Menschen anzutun, dem Teufel nicht gestattet werden würde, wenn er für sich allein strebte, die Menschen zu schädigen; die jedoch nach dem gerechten und verborgenen Ratschlüsse Gottes durch die Hexen wegen deren Perfidie und Ableugnung des katholischen Glaubens zugelassen werden –: daher werden ihnen auch nach gerechtem Urteil solche Hexentaten (erst) in zweiter Linie zugeschrieben, insofern der Teufel der prinzipielle Urheber ist. Mag also der Zweig, den ein Weib ins Wasser taucht, damit es regnet, wobei sie das Wasser hoch in die Luft spritzt, an sich den Regen nicht verursachen und die Frau deshalb nicht getadelt werden können, so wird sie doch, weil sie auf Grund eines mit dem Dämon eingegangenen Paktes schon als Hexe derlei tut, wenn es auch der Dämon ist, der den Regen verursacht, deshalb mit Recht in Anklage versetzt, weil sie mit einem schlechten Glauben und Werke dem Teufel dient, indem sie sich seiner Botmäßigkeit überliefert.

So wird auch, wenn ein Zauberer zu jemandes Behexung ein wächsernes Bildnis oder etwas Ähnliches macht, oder wenn durch jemandes Hexerei in Wasser oder Blei ein Bild erscheint, jedwede Belästigung, die einem solchen Bildnis zugefügt wird – und die Erfahrung lehrt, daß derlei an einem bildlichen, d. h. behexten Menschen geschieht – nämlich ein Stich oder jedwede andere Verletzung, wiewohl die Verletzung tatsächlich (nur) dem Bildnisse durch die Hexe oder einem anderen Menschen beigebracht wird, und der Dämon unsichtbar den behexten Menschen in derselben Weise verletzt, dennoch nach Verdienst der Hexe zugeschrieben, weil Gott dem Teufel niemals gestatten würde, ohne sie eine Verletzung anzutun und der Teufel für sich selbst nicht versuchen würde, jemand zu verletzen.

Aber weil vom Rufe die Rede gewesen ist, woran die Dämonen für sich, ohne die Mitwirkung von Hexen, die Menschen schädigen können, so könnte das in die Zweifelfrage verkehrt werden: ob auch die Dämonen für sich ehrbare Frauen in üblen Ruf bringen könnten, daß sie gleich wie Hexen erachtet würden, wenn sie in ihrer Gestalt zu jemandes Behexung erschienen, woher es geschehen könnte, daß eine solche Unschuld in üblen Ruf käme? Antwort. Es ist einiges vorauszuschicken: Erstens, daß gesagt ist, der Dämon könne nichts bewirken ohne die göttliche Zulassung, wie im ersten Teile des Werkes in der letzten Frage klar geworden ist. Auch ist berührt worden, daß die Zulassung betreffs der Gerechten und in der Gnade Befindlichen nicht so groß ist, als betreffs der Sünder, gegen welche er durchaus ebenso größere Macht hat, nach dem Worte: »Wenn ein starker Gewappneter« etc., wie zu deren Peinigung von Gott durchaus mehr zugelassen wird, als betreffs der Gerechten. Mögen sie schließlich die Gerechten in äußeren Dingen, wie Ruf und Gesundheit des Körpers, mit Gottes Zulassung schädigen können, so lieben sie es doch um so weniger, als sie wissen, daß jenen dies zur Mehrung der verdienstlichen Werke gereicht.

Danach kann man sagen, daß in dieser Schwierigkeit Verschiedenes beachtet werden kann: erstens bezüglich der göttlichen Zulassung, zweitens bezüglich des Menschen, der für ehrbar gilt, während solche nicht immer in der Gnade befindlich sind, wie sie als ehrbar gelten; drittens bezüglich des Verbrechens, an welchem ein Unschuldiger in üblen Ruf gebracht werden soll, weil dies von seiner Wurzel an alle Schandtaten der Welt übersteigt. Daher muß man sagen: mag auch nach göttlicher Zulassung jeder Unschuldige, sei er in der Gnade gefestigt oder nicht, an den Glücksgütern und am Rufe geschädigt werden können, so kann man doch mit Rücksicht auf das Verbrechen selbst und die Schwere der Tat – da nach dem oft beigebrachten Ausspruch des Isidorus die Hexer so bezeichnet werden wegen der Größe ihrer Taten – dies sagen: daß ein Unschuldiger auf die vorerwähnte Art vom Dämon in üblen Ruf gebracht werde, ist nicht gut möglich; abermals in vielen Hinsichten: erstens, weil wegen solcher Laster, die ohne ausdrücklichen oder schweigenden, mit dem Dämon eingegangenen Pakt begangen werden, wie Diebstahl, Raub und fleischliche Akte, verleumden, etwas anderes ist, als wie Verleumdung wegen solcher Laster, die auf keine Weise dem Menschen zugeschrieben oder von ihm begangen werden können, außer auf Grund eines ausdrücklichen, mit dem Dämon eingegangenen Paktes, wie es die Werke der Hexen sind, die nur durch die Kraft eines Dämons von den Hexen begangen werden, wie z. B. wenn Menschen, Tiere oder Feldfrüchte behext werden, daher sie ihnen anders auch nicht zugeschrieben werden können. Mag also der Dämon einen Menschen wegen anderer Laster in üblen Ruf bringen können – ihn jedoch wegen eines solchen Lasters in üblen Ruf bringen, was ohne ihn nicht begangen werden kann, scheint nicht gut möglich zu sein. Außerdem ist es bis heute nirgends geschehen noch gefunden worden, daß ein Unschuldiger durch den Dämon in dieser Weise in üblen Ruf gebracht und so wegen einer solchen Verleumdung dem Tode überantwortet sei. Im Gegenteil, wo ein solcher nur unter einer Verleumdung zu leiden hat, wird er mit keiner Strafe gestraft, außer daß ihm die kanonische Reinigung zuerkannt wird, wie im dritten Teile des Werkes bei der zweiten Weise, über die Hexen das Urteil zu fällen, klar werden wird. Und wiewohl dort enthalten ist, daß er in dem Falle, er versagte bei der Reinigung, als Angeklagter zu halten sei, so würde ihm doch noch der Eid zugeschoben werden, bevor man weiter zu der Rückfälligen gebührenden Strafe vorschritte.

Aber weil wir mit Ereignissen zu tun haben, die tatsächlich niemals ausgeführt worden sind, so ist es niemandem zweifelhaft, daß auch in Zukunft die göttliche Zulassung sie nicht geschehen lassen wird; außerdem und a fortiori, wegen der Engelswache, die nicht zuläßt, daß Unschuldige wegen anderer, geringerer Verbrechen entehrt werden: wie sie es bezüglich der Räuberei und derlei weniger zugeben wird, so wird sie im Gegenteil um so kräftiger den zur Bewachung Anvertrauten vor der Schmach solcher Schandtaten bewahren.

Es gilt auch nicht, wenn jemand einwenden wollte, was der heilige Germanus getan hat, als die Dämonen in angenommenen Körpern den am Tische Sitzenden andere Weiber zeigten, während deren Männer schliefen, und den Gastfreund täuschten, als ob diese Weiber in ihren eigenen Körpern immer essend und trinkend dabei wären. Davon ist auch schon oben Meldung geschehen. Nicht daß dort jene Frauen als gänzlich unschuldig entschuldigt würden; aber es geschieht derlei den Frauen oft, wie es nach dem Canon Episcopi XXVI, 5 angemerkt wird, wo diejenigen getadelt werden, welche, während sie nur in eingebildeter Illusion ausfahren, meinen, sie führen wirklich und körperlich aus; mögen sie auch, wie oben berührt worden ist, bisweilen körperlich von den Dämonen fortgetragen werden.

Daß sie aber alle anderen körperlichen Krankheiten ohne Ausnahme mit göttlicher Zulassung antun können, darauf bezieht sich die gegenwärtige Untersuchung, und zwar ist aus dem vorher Bemerkten eine Bejahung zu erschließen, da von den Gelehrten keine Ausnahme gemacht wird. Dem muß auch der Grund zustimmen, indem ja die Dämonen auch sonst durch ihre natürliche Kraft, wie oft berührt worden ist, alles Körperliche übertreffen.

Schließlich bestätigen das Taten und Geschehnisse, die wir gefunden haben. Denn mag vielleicht eine größere Schwierigkeit betreffs des Aussatzes und der Epilepsie entstehen können, ob sie nämlich derlei antun können, darum daß derartiges nur aus tagtäglichen vorausgehenden Veranlagen und Defekten der inneren (Organe) zu entstehen pflegt, so haben wir doch gefunden, daß derlei bisweilen durch Hexenwerk angetan worden war. Nämlich als in der Diözese Basel im Grenzgebiete von Elsaß und Lothringen ein gewisser ehrbarer Arbeiter gewisse harte Worte gegen ein gewisses zänkisches Weib ausgestoßen hatte, fügte jene unwillig Drohungen hinzu: sie wollte sich in kurzem an ihm rächen. Wiewohl er nun die Drohung gering angeschlagen hatte, fühlte er doch in derselben Nacht, daß ihm am Halse eine Pustel gewachsen war; als er aber ein wenig rieb und hinfaßte, fühlte er, daß das ganze Gesicht samt dem Halse aufgedunsen und geschwollen war, so sehr, daß eine schauerliche Art von Aussatz auch am ganzen (übrigen) Körper erschien. Er zögerte nicht, sondern erzählte nach möglichst schneller Herbeirufung von Freunden und Ratsherren die Geschichte mit den drohenden Worten des Weibes, und daß er mit dem Glauben und dem Verdachte auf der Stelle sterben wolle, daß sie ihm das durch magische Kunst als Hexe angetan hätte. Kurz, das Weib wird gefangen, den peinlichen Fragen ausgesetzt und gesteht das Verbrechen. Als aber der Richter eifriger nach der Weise und Ursache forschte, antwortete sie: »Als dieser Mensch mich mit vorwurfsvollen Worten angelassen hatte, und ich von Zorn glühend nach Hause gekommen war, begann der böse Geist nach dem Grunde meiner Traurigkeit zu forschen. Als ich ihm die Einzelheiten erzählt hatte und dabei verweilte, ihm nahezulegen, daß ich mich rächen könnte, fragte jener: »Was willst du also, das ich ihm tue?« Ich antwortete: »Ich möchte, daß er immer ein aufgedunsenes Gesicht hätte«. Da entfernte er sich und tat dem Menschen jene Krankheit an, mehr als ich gefordert hatte: denn ich hätte niemals gehofft, daß er ihn mit solchem Aussatz schlagen würde.« – Daher ward sie auch eingeäschert.

In der Diözese Konstanz endlich, zwischen Breisach und Freiburg, pflegte eine gewisse aussätzige Frau – nur daß sie schon vor zwei Jahren die Schuld alles Fleisches eingelöst hat – vielen zu erzählen, daß sie aus einem ähnlichen Grunde, nämlich infolge einer Meinungsverschiedenheit, die sich zwischen ihr und einem gewissen anderen Weibe erhoben hatte, (den Aussatz bekommen habe). Als sie nämlich bei Nacht aus dem Hause vor die Tür gegangen sei und eine Arbeit zu verrichten gesucht hätte, hauchte ihr plötzlich ein warmer Wind aus dem Hause des anderen Weibes, welches dem ihrigen gegenüber war, in das Gesicht, woher sie nach ihrer Versicherung plötzlich zu dem Aussatz gekommen war, den sie an sich hatte.

Als in derselben Diözese endlich, und zwar im Gebiete des Schwarzwaldes, eine Hexe durch den Henker zur Strafe für einen von ihr angestifteten Brand von dem Fußboden auf den Holzstoß gehoben wurde, sagte sie: »Ich werde dir eine Belohnung geben«, wobei sie ihm in das Gesicht hauchte: sofort war er am ganzen Körper mit schauerlichem Aussatz geschlagen und überlebte sie danach um nur wenige Tage. Ihre schauderhaften Schandtaten werden der Kürze wegen weggelassen; und so könnten darüber noch andere, schier unzählige aufgezählt werden. Denn wir haben öfters gefunden, daß sie Epilepsie oder fallende Krankheit gewissen Leuten vermittels Eiern angetan haben, die mit den Körpern von Verstorbenen in die Gräber getan worden waren, besonders mit solchen Beerdigten, die aus ihrer Sekte stammen, und die sie unter anderen Zeremonien, die nicht aufgezählt zu werden brauchen, jemandem im Tranke oder im Essen reichen.


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