Richard Kralik
Die Argonauten an der Donau
Richard Kralik

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Zweiter Akt.

Saal in der Burg auf dem Kahlenberg.

Markgraf Nero. Markgräfin Limma.

Limma. Also erzähl mir, lieber Mann, wie hast du dich denn den vornehmen fremden Griechen und Kolchiern gegenüber benommen als schlichter, deutscher Markgraf über unsere bescheidene Ostmark?

Nero. O meine liebe Gattin, holde Limma, ich habe mich eben, wie es uns österreichischen Phäaken zukommt, ganz schlicht, ganz einfach, ganz gemütlich benommen, bescheiden in dem stolzen Bewußtsein, doch auch wer zu sein und ein Land zu vertreten, das einst die Göttin Ostara, die Göttin des Frühlings und des Sonnenaufgangs, die Göttin des lenzlichen Osterfestes sich zum Eigen erwählt und nach sich benannt hat, ebenso wie etwa die griechische Göttin Athene ihr griechisches Athen. Auch unser Land ist voll göttlichen und heroischen Adels, seit der edelste Stamm der Menschheit, der Deutsche, aus der Verwirrung vom babylonischen Turmbau hierher gezogen ist, wie unsere Chroniken künden.

Limma. Ich habe doch eine gewisse Angst vor dem Ausgang dieser Sache. Beide Teile verlangen ihr Recht, beide Teile glauben im Recht zu sein; wie werden wir uns da ohne Schaden heraushelfen können?

Nero. Sei nur ganz ruhig, meine liebe Gemahlin! Es gibt sich alles auf dieser Welt ganz von selbst, das ist die höchste Regierungsweisheit. Sieh, unser Leben verläuft so, wie wenn es bereits in einem Buch von Anfang bis zu Ende aufgeschrieben wäre. Wir glauben es zu erleben und blättern doch nur ein Blatt nach dem andern in diesem Lebensbuche um. Auch der Leser eines Buches regt sich darüber auf, wie die Sache ausgehen wird, ob der Held den Schwierigkeiten entgehen, ob er seine Braut doch noch erringen wird; man möchte ihm helfen, die Gegner unschädlich machen, und man bedenkt nicht, daß ja alle Sorge nichts hilft, denn der Ausgang aller Ereignisse ist ja schon aufgeschrieben und kann nicht geändert werden. Man kann nur gefaßt und ergeben mit den Ereignissen mitgehen bis ans Ende des Buches, bis ans Ende des Lebens. – Aber wo die vorgeladenen Parteien so lange verziehen?

Limma. Da kommt Kaspar mit seiner Meldung. Nun was gibts?

Kaspar kommt. Herr Markgraf und Frau Markgräfin, ich habe pünktlich meine Vorladung an die Griechen wie an die Kolchier ausgerichtet. Die Griechen, die Argonauten haben sie sehr höflich angenommen, und Jason hat sogleich seine Medea bei der Hand genommen, um sich auf den Weg hierher zu machen, obwohl die Medea noch ihren Putz und Schmuck hat zurecht richten wollen, um anständig vor der Frau Markgräfin zu erscheinen. Da ist es dann fast zu einer Zankerei zwischen beiden bekommen; der Jason hat sie gescholten, daß sie nie nit fertig wird, sie aber wär ihm vor Zorn fast ins Gesicht gesprungen, so hat sie sich über ihn gegift. Ich glaub, der gute Jason hat kein gutes Leben mit ihr.

Limma. Und doch will er sie nicht den Ihrigen zurückgeben.

Kaspar. Ich glaub, sie will nicht von ihm lassen und übt auf ihn eine hexenmäßige Zaubergewalt aus.

Nero. Und was ist es mit den Kolchiern?

Kaspar. Die haben meine Botschaft ziemlich brutal aufgenommen, und gedroht, wenn ihnen nit Recht wurd, sich das Recht mit Gewalt zu nehmen.

Limma. O, ich habe wohl so Schlimmes von jenen Barbaren geahnt.

Kaspar. Aber horch, da kommt schon das Argonautenpaarl! Mir scheint, sie streiten noch im Vorzimmer miteinander.

Man hört beide hinter der Szene.

Jason. So komm doch weiter, Medea! Man wartet auf uns! Wozu die Tändelei? O, über diese Unpünktlichkeit der Weiber!

Medea. Kannst du denn nicht warten, mein lieber Jason, bis ich meinen Schleier zurecht gesteckt habe? Es ist wichtiger, anständig bei Hof zu erscheinen als pünktlich.

Beide treten auf.

Nero. Seid uns gegrüßt, edle Gastfreunde, Jason und Medea! Ihr seht, daß eure Gegner sich noch verzögert haben.

Medea. Das dacht ich wohl, denn ich kenne meinen Bruder Absyrtos, der ebenso lässig wie losfahrend ist.

Limma. Ich heiße euch als die Hausfrau dieser Burg willkommen. Wir wollen Freundschaft miteinander schließen, Medea!

Medea. Wie sehr weiß ich als Schutzflehende deine Güte zu würdigen.

Jason. Warum zögert der Kolchier, sich vor Gericht zu stellen? Hat er vielleicht schon den Mut verloren, und die Zuversicht auf sein Recht? Ist er mit den Seinen schon zurückgefahren, indem er auf seinen ungerechten Anspruch verzichtet?

Nero. Das wäre wohl das Vorteilhafteste für uns alle. Wir wären des leidigen Streites los und könnten euch Argonauten das Recht zuweisen und euch friedlich nach Hause entsenden. Aber ich höre Lärm im Vorraum? Sind das die Kolchier?

Kaspar. Meiner Seel, das sind sie in der Tat!

Nero. Kommen sie denn in so großer Zahl, daß sie solchen Lärm machen?

Kaspar. Keine Spur! Sie kommen nur paarweis, wie die Würsteln oder die Ohrfeigen. Es ist der junge Herr Absyrtos mit einem Begleiter.

Absyrtos kommt. Nur mit Widerwillen erscheine ich, der Königssohn Absyrtos, vor einem Gericht eines bloßen Markgrafen; denn bei uns Kolchiern ist es der Gebrauch, daß der Starke und Mächtige sich sein Recht selber nimmt, und durch seinen Mut sein Recht erweist.

Nero. Dennoch aber kommst du hierher, mein Prinz, und ehrst so unser Recht, da dir dein Rechtsgefühl eingibt, daß wir hier nicht nach kolchischem Recht, sondern nach österreichischem vorgehen. Ihr habt alle über dem Eingang unseres Burgtores den Spruch gelesen: Gerechtigkeit ist das Fundament aller Herrschaft. Das heißt, daß nicht bei uns Gewalt vor Recht geht, wie vielleicht bei euch.

Absyrtos. Nun meinetwegen mag das hier so gelten; dann gelte aber auch nicht der Grundsatz jener Griechen, daß List vor Recht geht, denn nur mit List haben sie sich des Raubes bemächtigt.

Nero. Laßt uns das in der Ordnung des Rechtes betrachten. Es rede zuerst der Kläger, dann antworte der Beklagte.

Absyrtos. Der Kläger bin ich als Vertreter der beraubten Kolchier. Jener Jason ist mit seinen Argonauten bei uns eingebrochen, hat sich beim König und bei seiner Tochter listig eingeschlichen und hat nicht durch Recht, nicht durch Mut, sondern nur durch List, durch Verführung meine Schwester Medea und durch sie das goldene Vlies errungen.

Jason. O nein, der Kläger bin vielmehr und eigentlich ich. Nicht um das goldene Vlies zu stehlen, bin ich so weit nach Kolchis gefahren, sondern um den uns Griechen von Anfang an als Recht zustehenden Schatz zurückzufordern. Denn der goldenfellige Widder war ein Geschenk des Meergottes Poseidon an den Griechen Phrixos, der auf dem Rücken des göttlichen Widders hin nach Kolchis flüchtete, um den Nachstellungen seiner Stiefmutter zu entgehen. In Kolchis aber wurde sowohl Phrixos wie sein goldener Widder vom wütigen König erschlagen und das goldene Fell wurde in einem Hain der Bewachung eines nie schlafenden Drachen anvertraut.

Absyrtos. Das sind Fabeln; wir wissen die Sache anders!

Jason. Wir wissen die Wahrheit von Argos, dem Sohne des Phrixos, der uns das nach ihm benannte Schiff Argo erbauen half. Dies Schiff führte uns, die Argonauten, nach Kolchis, wo wir vom König die Rückgabe des goldenen Felles forderten. Er sagte es nur unter der Bedingung zu, daß ich zwei feuerschnaubende Stiere vor den Pflug spanne und jene Drachenzähne aussäe, aus denen Krieger erwuchsen, die mich töten sollten, die ich aber überwand.

Absyrtos. Nicht durch eigene Kraft erfülltest du die Bedingung, sondern mit Hilfe meiner Schwester Medea, die dir eine Zaubersalbe gegen Feuer und Waffen gab und dich belehrte, durch einen Steinwurf die aus den Drachenzähnen erwachsenen Krieger zu entzweien und also zu überwältigen. Darum hat dir der König, mein Vater, mit Recht die Herausgabe des goldenen Vlieses abgeschlagen. Aber wieder war es Medea, meine pflichtvergessene Schwester –

Medea. Halt ein, Bruder, mich und Jason so zu beschimpfen, da doch wir beide viel mehr Grund haben, euch anzuklagen. Ich gesteh es, mich hat der verzweifelte Mut Jasons zur Bewunderung, zur Liebe hingezogen. Ich sah sein Recht, ich sah das Unrecht unseres Vaters, der das goldene Vließ bedingungslos herausgeben mußte. Aber er hat grausamerweise Bedingungen gestellt, die ohne meine Hilfe notwendig zum Untergang Jasons führen mußten. Es war meine Pflicht, den Helden vor der ungerechten Grausamkeit meines Vaters zu beschützen, ihm zu helfen, ihm sein Recht zu verschaffen. Darum hab ich ihm die Zaubermittel gegen Feuer und Waffen, den klugen Rat gegen die Drachensaat gegeben. Und als meine Bitten und Vorstellungen beim Vater auch weiter nichts fruchteten, als ich vielmehr erfuhr, daß der König dem Helden nach dem Leben strebe, verhalf ich ihm zum goldenen Vlies, indem ich den Drachen einschläferte, und begleitete ihn auf der heimlichen Flucht aus dem Kolcherland.

Jason. So ist es, o Markgraf; du siehst, daß ich, Jason, das Recht habe zu klagen, nicht aber ein anderer. Ich klage den König an, sich nach der Ermordung des Phrixos des goldenen Widderfelles bemächtigt zu haben; ich klage ihn an, daß er das unrechtmäßige Gut uns, den berechtigten Griechen, nicht ausgeliefert, daß er vielmehr mir und uns allen Argonauten tückisch nach dem Leben gestrebt hat, daß er seine eigenen Bedingungen nicht festhielt! Ich habe nur unser Recht zurückgenommen, als ich das Vlies auf meiner Flucht mitnahm. –

Absyrtos. Und die Entführung der Medea, meiner Schwester?

Medea. Ich bin dem Helden freiwillig gefolgt, und ich bin ihm nur dankbar dafür, daß er mich so Verhältnissen im Kolcherland entzogen hat, die mir bereits unerträglich geworden sind.

Jason. Ich Jason will dem allen nichts mehr hinzufügen. Entscheide du, Markgraf, über die Sache! Ich nehme deinen Urteilsspruch an, wie er auch ausfallen mag, denn ich habe das Zutrauen in deine gerühmte Gerechtigkeit. Auch mein Gegner Absyrtos hat durch sein Herkommen sich deinem Spruch unterworfen.

Absyrtos. Ho, nur unter der Bedingung, daß mir der Spruch günstig ist! Von deinem Richterstuhl gibt es noch eine Berufung an höhere Gerichte, an die Macht, an den Mut, ans Schwert!

Nero. Nein, Absyrtos, das ist hier ausgeschlossen! Das werden wir Ostmänner zu verhindern wissen. Aber allerdings steht über dem Rechtsspruch noch etwas anderes: ein friedlicher Vergleich. Es ist unser Rechtsgebrauch, daß wir erst dann ein richterliches Urteil sprechen, wenn es uns nicht gelingt, einen Ausgleich in gutem Einvernehmen zwischen den streitenden Parteien herbeizuführen. Ich glaube, gerade in diesem Falle läge ein Vergleich sehr nahe. Könnte sich Jason nicht mit dem goldenen Vlies begnügen und die Königstochter dem Bruder zurückstellen? Oder umgekehrt: das Vlies zurückgeben, um Medea zu behalten? Was würdest du, Absyrtos, als Vertreter des kolchischen Standpunktes, dazu sagen? Ich befrage dich zuerst.

Absyrtos. Das Vlies und die Königstochter lassen sich in keinem Fall trennen. Denn nur durch Medea hat Jason das goldene Vlies. Ohne Medea wäre sein freches Unternehmen nicht geglückt. So gut aber das Vlies uns, den Kolchern, zu eigen ist, so gut auch die kolchische Prinzessin. Sie gehört unter die Gewalt des Vaters, unter meine, des Erbprinzen, Gewalt. Sie hat zudem nicht freiwillig gehandelt, sondern verwirrt von den Lockungen des Fremdlings. Sie gehört schon darum unter unsere männliche Vormundschaft. Sie geht mit Jason, ohne es zu wissen, in ihren Untergang. Sie glaubt ihn zu lieben, sie hält sich von ihm geliebt. Beides ist Täuschung. Nein, ich gehe nicht von hier, ohne Medea, meine verwirrte Schwester, und ohne das goldene Vlies, den Raub der Argonauten. Das schwör ich bei meinem Schwert!

Nero. Diesen Schwur kann ich nicht anerkennen. Aber nun äußere dich, o Jason, über meinen Vorschlag!

Jason. Das goldene Vlies ist für uns Griechen und durch uns für die ganze Welt das Symbol des höchsten Ruhmes geworden, und uns ist der Ruhm, die Ehre, das höchste Ideal des Lebens. Davon ist aber auch die weibliche Hand unzertrennlich, die uns dies Symbol des Ruhmes und der Ehre gereicht hat. Ich darf nicht nach Griechenland zurückkehren ohne Medea; ich würde sonst ruhmlos und als Ehrloser, als Schurke dastehen vor dem ganzen Volk, vor der ganzen Zukunft.

Limma. Laßt auch mich, die Markgräfin, die zumeist betroffene Medea fragen, ob sie sich nicht davor scheut, einem fremden Manne in ein fremdes Land, in ein ungewisses Schicksal zu folgen, ob sie der Treue dieses Mannes sicher ist, ob sie sich nicht doch schon nach Heimat und Sippe zurücksehnt, wo sie im höchsten Aufsehen der zauberkundigen Weisen stand?

Medea. Nein, o edle Frau, wie es auch ausgehe, Medea muß bei ihrem Schicksal beharren. Ich wäre nicht ich, nicht Medea, wenn ich schwankte. Wohl war ich zuhause zaubermächtig als Schülerin meiner Vaterschwester Kirke, aber allen Zauber hab ich für die Liebe hingegeben. Mag auch meine Liebe ein Wahn sein; der Wahn ist das einzig Wirkliche in dieser Welt des Grauens; ich bin selig in diesem Wahn und werde diese Seligkeit nie mehr verlieren können. Ich gehöre zu Jason so unbedingt, wie denn auch das goldene Vlies ebenso untrennbar bei uns bleiben muß.

Nero. Somit hab' ich eure Reden und Gegenreden angehört, und es liegt mir als Richter des Landes ob, auf Grund aller vorgebrachten Rechtsgründe mein Urteil zu fällen. Ich hebe demnach die heutige Tagung auf, da ich nach altem Recht die Urteilfällung erst beschlafen muß, und lade euch also alle für morgen mit Tagesanbruch vor mein Tribunal, die Entscheidung, die ich bis dahin gefällt haben werde, zu vernehmen. Kehrt jeder an eure Lagerstätten zurück! Es ist für Ordnung, Frieden und Ruhe durch die Meinen wohlgesorgt. Auf Wiedersehen allerseits!

Jason, Medea, Absyrtos und Kolchier ab.

Ein peinlicher Fall!

Limma. Äußerst peinlich.

Kaspar. Hoffnungslos!

Nero. Völlig verwirrt!

Limma. Unauflösbar.

Kaspar. Zum Kopfzerbrechen! Mir tut schon jetzt der Schädel weh. Herr Markgraf, wißt ihr, was ich euch raten würde? Da gibt's kein anderes Mittel, als die beiden streitenden Parteien zipfeln zu lassen, wer von ihnen das Lampelfell, wer das umstrittene Frauenzimmer mitnehmen därf.

Nero. Ha, ich habe einen Einfall!

Limma. Das wäre ja herrlich.

Kaspar. Ein Einfall? Wenn nur nicht die ganze Burg darüber einfallt!

Nero. Das allein kann uns retten!

Limma. So sprich, was ist es?

Kaspar. Heraus damit, geschwind, eh' Sie's wieder vergessen!

Nero. Das Entscheidende, woran wir gar nicht gedacht haben, ist doch das, ob Medea mit Jason in rechter, heiliger, feierlicher, priesterlicher Ehe vermählt ist. Denn dann kann die Verbindung nicht mehr gestört werden, dann darf Medea dem rechten Gatten nicht mehr entrissen werden. Ist aber das Paar noch unvermählt oder nicht rechtmäßig vermählt, dann ist die Verbindung unerlaubt und muß getrennt werden.

Limma. Aber Gemahl, ich fürchte –

Nero. Halt, keine Widerrede! Es bleibt dabei! Ich ziehe mich zurück, um diesen meinen Entscheidungsspruch noch richtig zu formulieren. Man störe mich nicht mehr! Ich will bis zur Tagung niemand mehr sehen. Ab.

Kaspar. In den seinen Schädel hats wirklich wie der Blitz eingeschlagen, so daß man sich völlig fürchten muß, man bekommt auch noch einen Streifer, wenn man ihm zu nah kommt. No, wir wollen halt sehen!

Limma. Ach, ich zweifle sehr, daß das Paar auf seiner raschen Flucht schon daran gedacht hat, sich ordentlich trauen zu lassen.

Kaspar. Freilich, wo sollten sie in der Geschwindigkeit einen Pfarrer aufgetrieben haben; nicht einmal zu einer Zwifelehe oder Zuvielehe wird die Zeit gelangt haben.

Limma. Aber weißt du was, Kaspar, du mußt mir einen Gefallen tun, denn mir liegt sehr daran, der armen Medea nach Kräften zu helfen. Wir Frauen müssen wenigstens zusammenhalten. Du mußt, sobald die Nacht hereinbricht, ganz heimlich, so daß es weder der Markgraf noch etwa ein Kolchier merkt, den Berg hinunter gehen ins Lager der Argonauten und ihnen die Absicht meines Gatten verraten. Dann ist es noch immer Zeit, vor Tagesanbruch die feierliche Eheschließung vorzunehmen, so daß die Kolchier das Nachsehen haben.

Kaspar. Gilt schon, Frau Markgräfin, da bin ich dabei! Solche Sachen mach ich selber für mein Leben gern. Ja, der Kaspar kann da auch ein bisserl Weltgeschichte spielen. Also, Sie können sich darauf verlassen. Ich zieh mich jetzt noch zurück, zieh mich um, um mich zu vermummen und geh dann noch vor Mitternacht als leibhaftes Schicksal auf. Ich küß derweil die Hand. Ab.

Limma allein. Ja, ja, so kann der Mensch doch das Schicksal leiten. Es ist nicht ganz so, wie mein allzu weiser Gemahl meint, daß alles so geschieht, wie's geschehn muß, und daß alles vorbestimmt und unausweichlich sei. O nein, wir können doch mit unsern zarten Fingern ein bißchen drein pantschen und die Dinge so lenken, wie wir wollen. Man muß nur wollen! Denn wozu hat man denn seinen Willen? Besonders wir Frauen? Sie singt.

Was auch der Weisen Meinung sei,
Der Mensch hat seinen Willen frei
Zum Guten oder Schlechten,
Zum Bösen und zum Rechten,
So wie's ihm sein Gewissen kündet
Und sein Gefühl den Geist entzündet.
Des Menschen Wille lenkt die Tat
Und Gottes Rat.

Sie spricht. Hahaha, wie freu ich mich schon im voraus, daß ich meinem Mann das Steuerruder des Staates ein wenig aus der Hand geliftet hab, ohne daß er's merkt.


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