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II. Eine japanische Mysterie.

Von dem bleigrauen Himmel, welcher an einem Wintermorgen über London hing, fiel ein feiner, kalter Regen herab, aber er vermochte nicht die Tausende und Abertausende von Menschen zu zerstreuen, welche sich in den engen Straßen der City um ein altes, finsteres Gebäude zusammendrängten.

Dieses, von hohen Mauern umringt, schon mehr eine kleine Stadt für sich, ist das sogenannte Newgate, die uralte Hinrichtungsstätte der englischen Hauptstadt.

»Jetzt wird er gehenkt, Keigo Kiyotaki, der freche Japaner, der den alten Loftus Deacon ermordet hat!«

So geht es murmelnd durch die ungeheure Menge, und aller Augen sind starr auf die Flaggenstange gerichtet, welche, in der Mitte des Häuserkomplexes stehend, über den Mauern noch allen sichtbar ist.

Und plötzlich verstummt in der tausendköpfigen Menge auch das Flüstern und Murmeln, es ist, als ob sich der Flügel des stummen Todes auf die ganze Riesenstadt herabsenke – denn jetzt steigt an der Flaggenstange eine kleine, schwarze Fahne empor, und in demselben Augenblicke, da sie die Spitze erreicht hat, ertönt ein durchdringender Glockenton.

Es ist das Armesünderglöcklein, bei dessen zwölftem Tone das Fallbrett unter den Füßen des am Galgen Stehenden weicht. So war es schon vor hundert, vielleicht vor Hunderten von Jahren, so wird es noch heute in England gehandhabt.

Diesmal ist es ein brauner, schlitzäugiger Sohn aus dem Reiche der aufgehenden Sonne, welcher jetzt unter dem Galgen, den Strick um den Hals, mit festgeschnallten Armen auf dem Fallbrett steht. Fern von seiner schönen Heimat, hier in London ist er zum Mörder geworden. Nicht um sich zu bereichern, nicht aus Rachsucht hat er die wohlüberlegte Tat begangen, sondern aus einem für uns Europäer schier unbegreiflichen Grunde, aus Aberglauben, aus treuer Anhänglichkeit an eine ihm heilige Sitte seiner Väter.

Aber die englischen Richter konnten auf die religiösen Ansichten eines heidnischen Volkes im fernen Osten keine Rücksicht nehmen – jetzt läutet das Armesünderglöcklein für diesen jungen, vornehmen Japaner, für den letzten Sproß eines edlen Geschlechtes.

»Bim!!« erschallt es zum zweiten Male, und es ist, als ob das Sterbeglöcklein für jeden einzelnen dieser zahllosen Menschen bestimmt sei, so zucken stets alle bei dem durch Mark und Bein gehenden Tone zusammen.

Drei Sekunden liegen zwischen jedem Glockenschlage. Für die atemlos Wartenden erscheinen sie stets eine Ewigkeit.

Fürwahr, dieses Warten innerhalb der 36 Sekunden auf die 12 Glockenschläge, das muß für den zum Tode Verurteilten die furchtbarste Strafe sein!

Da endlich, endlich zum dritten Male: bim!!

Und wieder bricht eine neue Ewigkeit an.

Jetzt, jetzt ...aber jetzt muß doch der vierte Schlag kommen ...

Nein, immer noch nicht.

Aber jetzt ...

Jetzt wird wahrhaftig eine Ewigkeit daraus!

»Es muß doch schon eine halbe Minute vergangen sein?«

»Die Glocke wird nicht funktionieren.«

Dieses Warten auf den vierten Glockenschlag ist so gräßlich, daß in der zusammengepreßten Menge schon überall Ohnmachtsanfälle vorkommen.

Und da plötzlich schrickt alles tödlich zusammen, denn mit einem Male erfüllt ein gellendes Geheul die Luft, die ganze Hölle scheint entfesselt zu sein, und wirklich sind es kleine Teufel, welche sich rücksichtslos mit den Ellenbogen zwischen den Menschen Bahn zu machen wissen, unter dem einen Arm hat jeder einen großen Pack Papier, in der anderen Hand schwingt er ein einzelnes Blatt Papier, und dabei heult diese kleine Teufelsbande abwechselnd in allen Tonarten:

»Worlds Magazine, drei Pence die Nummer!!! – Keigu Kiyotaki ist unschuldig!!! – Worlds Magazine, sechs Pence die Nummer!!! – Der amerikanische Detektiv Nobody hat den wahren Mörder von Loftus Deacon gefaßt!!! – Worlds Magazine, einen Schilling die Nummer!!!«

Wie? Was? Hört man denn recht? Ist das nicht nur ein Trug der Hölle? Wie soll denn eine schon gedruckte Zeitung, noch dazu diese amerikanische Schwindelzeitung ...

»Die weiße Flagge! Die weiße Flagge!!!« erschallt da der Ruf, und aller Blicke wenden sich wieder der Flaggenstange zu.

Und da klettert an dieser schnell ein weißes Tuch empor, und wie die Flagge der Unschuld die Spitze erreicht hat, wird die schwarze der Schuld und des Todes herabgerissen – und da brach der Tumult los!!

Wollte man sagen, die Nummern dieser amerikanischen Zeitschrift wären wie warme Semmeln abgegangen, so würde das noch gar nichts andeuten. Man balgte sich darum, und glücklich der, welcher für solch ein Blättchen Papier nur einen Schilling zu bezahlen brauchte, der las es und konnte es eine Viertelstunde später für ein Goldstück weiterverkaufen.

Und dabei konnte sich noch kein einziger erklären, wie dieses Blatt, welches doch in New-York erschien und gedruckt wurde, plötzlich hierher kam. –

Und die Nummer trug doch das heutige Datum! ... und überhaupt, das war ja gerade, als ob dieses Blatt allwissend sei! ... hier las man schon klipp und klar, wer der Mörder und daß er festgenommen sei! ... und dort oben auf dem Galgenbrett stand noch der wegen dieses Mordes Verurteilte ...

Kurz und gut, hier lag ein so großes Rätsel vor, daß sie alle im Augenblick gar kein Rätsel sahen, ungefähr so, wie mancher vor lauter Bäumen den Wald nicht sieht.

Dann freilich, als man darüber nachdachte und die Lösung des Rätsels erfuhr, da brummte mancher John Bull mit neidischer Bewunderung:

»Diese verdammten Yankees! Das war wieder so ein echt amerikanischer Trick! Ja, so etwas können wir ihnen doch nicht nachmachen!«

 

Ehe wir uns hinter die Mauern in das Innere von Newgate versetzen, um zu sehen, weshalb die Hinrichtung unterbrochen wurde, und was sich dort sonst noch zutrug, müssen wir erst den Kriminalfall und seine Vorgeschichte kennen lernen.

Loftus Deacon war schon mit jungen Jahren als Vertreter des väterlichen Geschäftes nach Japan gegangen, er verbrachte fast ein Menschenalter dort. Wohl kam er ab und zu einmal nach England, aber erst nach dem Tode seines Vaters kehrte er, selbst schon vorgerückten Alters, für immer zurück, ließ sich in London nieder.

Das väterliche Geschäft verkaufte er. Er hatte aus dem fernen Osten eine große Sammlung von indischen und japanischen Raritäten mitgebracht, und nun war sein ganzes Leben ausschließlich dem Zwecke gewidmet, diese Sammlung ständig zu vermehren. Er war ein schwerreicher Mann, was am besten daraus erhellt, daß er für solche Antiquitäten im Durchschnitt jährlich 15 000 Pfund Sterling, das sind 300 000 Mark, ausgab.

Loftus Deacon war Junggeselle geblieben. Er bewohnte im Westend ein sehr großes, vierstöckiges Haus, richtiger gleich drei – Bedford Mansions, Nummer 1, 2 und 3, das Gebäude steht noch heute, ist aber jetzt ein Lagerhaus – in diesem hauste er ganz allein mit nur fünf männlichen Dienern.

Er war, wenn nicht ein ängstlicher, so doch ein sehr vorsichtiger und sogar mißtrauischer Mensch, und man konnte ihm auch nicht verdenken, wenn er sich gegen einen Einbruch möglichst zu schützen suchte. Denn in seinem Hause waren Millionen angehäuft, und zwar nicht nur an wissenschaftlichem und Liebhaberwert, sondern auch an direktem, an Gold und an Juwelen, nicht zum mindesten auch an kostbarem Porzellan und asiatischen Seidenstoffen. Sämtliche Fenster waren stark vergittert, alle Türen von Eisen oder doch eisenbeschlagen und mit den besten Sicherheitsschlössern versehen, Tag und Nacht mußte in der Hausflur ein Portier sitzen.

Deacon allein hatte in der Tasche einen Schlüssel von kompliziertester Konstruktion, welcher von den Korridoren aus sämtliche Türen der Schatzkammern öffnete. Außerdem gab es noch einen zweiten ebensolchen Schlüssel, welcher an einem Orte hing, der nur den Dienern bekannt war, und zwar in einem Glaskasten, und um ihn vom Nagel zu nehmen, mußte die Glasscheibe eingeschlagen und eine Plombe entfernt werden.

So ging das ganze Leben des alten Herrn in diesen Raritäten auf. Da gab es immer zu putzen, Staub zu wischen, auszuklopfen und wieder zu ordnen, wobei ihm besonders ein Diener, Namens Jensy behilflich war, der Katalog war zu führen, Loftus Deacon hatte auch eine große Korrespondenz mit den Agenten, welche er zum Ankauf von solchen ethnographischen Gegenständen in aller Welt unterhielt.

Gern empfing er Besuch, Gelehrte und Sammler, denen er mit stolzer Freude seine Schätze zeigte und erklärte. Außerdem ging er manchmal auch selbst auf Entdeckungen von Antiquitäten aus, schnüffelte in dem großen London bei den Raritätenhändlern und Trödlern herum und hatte auf diese Weise schon manche Seltenheit billig erstanden.

Auf einer solchen Entdeckungsreise sollte Loftus Deacon etwas finden, was ihn zum glücklichsten Menschen machte und ... ihm das Leben kostete.

Im Fenster eines kleinen Trödlerladens sieht er ein altes, unscheinbares Schwert liegen. Der Waffenkenner stutzt sofort, tritt ein, läßt sich das Schwert zeigen, der Trödler schwatzt ihm, der seine Aufregung zu bemeistern weiß, etwas von einer arabischen Klinge vor, sie werden handelseinig, und während der Trödler glaubt, er habe den Mann mit einem wertlosen Stahl angeschmiert, hat Deacon für zwei Goldstücke ein echtes japanisches Katana von dem berühmten Schwertfeger Masamune erstanden! –

Hier muß eine Erläuterung eingeschaltet werden, wie sie auch in Nobodys Tagebuch enthalten ist.

Das japanische Volk ist in Kasten eingeteilt. Die erste Kaste wird von den Prinzen gebildet, von den Daimios, die zweite von den Adligen, den Sio-Mios, die dritte von den Samurais, das sind diejenigen, welche aus den ersten beiden Kasten stammen, aber ihr Leben speziell dem Kriegshandwerke gewidmet haben, also die Offiziere.

Von den Mitgliedern der acht existierenden Kasten haben nur die von jenen drei genannten das Recht, jederzeit Waffen tragen zu dürfen, und zwar besteht das Ehrenzeichen in dem großen Schwert links, welches Katana heißt, in einem viel kleineren, dem Wakizashi, rechts.

So wenigstens war es früher, als die japanischen Soldaten noch in langen Schlafröcken und Strohsandalen herumliefen. So ist es aber auch noch heute bei jeder nationalen und religiösen Festlichkeit. Da hat jeder Samurai seine beiden Schwerter im Gürtel stecken.

Samurai heißt wörtlich übersetzt ›Fechter‹, und wenn man den Berichten derer Glauben schenkt, welche das asiatische Inselreich kennen, so müssen die Japaner und speziell die Offiziere ausgezeichnete Fechter sein, sie betreiben den Fechtsport mit Leidenschaft und mit den dazu nötigen Waffen selbst einen wahren Religionskultus, so wie sie ihren alten, berühmten Waffenschmieden eine fast göttliche Verehrung zollen.

Yukiyasu, Monikono, Masamune – das sind die Namen der drei berühmtesten Schwertfeger aus alter Zeit, welche jedes japanische Kind kennt – und unzertrennlich von diesen dreien ist der Kriegsgott Hachiman.

Der Indier ist Buddhist, der Tibetaner ist Buddhist, der Japaner ist ebenfalls Buddhist – und schließlich wird doch jeder nach seiner eigenen Fasson selig. Der Indier hat in den Buddhaismus seine alten, brahmanischen Götter mit hinübergenommen, der Tibetaner seine schamanischen, und der Japaner hat noch immer nicht seine ursprüngliche Religion vergessen, den Sinsyn, in welcher Tensis Dai Dsin, Kami und Hachiman die Hauptgötter sind, und wenn diese auch nicht mehr in den buddhistischen Tempeln oder Pagoden stehen, ihre Bildnisse existieren noch, und zwar nicht nur im Herzen des Japaners, und sie werden noch immer verehrt.

Und die alten japanischen Waffenschmiede fertigten nicht nur Schwerter, dazu bestimmt, des Feindes Leben zu nehmen, sondern sie hämmerten in das Schwert selbst eine lebendige Seele hinein.

Wenn das Katana seiner Vollendung nahe ging, so wurde der Amboß vor das riesige Standbild des vierarmigen Kriegsgottes getragen, hier tat der Schmied unter feierlichen Zeremonien seine letzten Schläge, und Hachiman stieß durch Nase und Mund Feuer aus und hatte so dem Schwerte eine lebendige Seele eingeblasen, eng verknüpft mit der seines Besitzers, oder vielmehr mit der der ganzen Generation.

Denn solch ein Schwert vererbt sich natürlich vom Vater auf den Sohn, und eine Veräußerung desselben ist ganz und gar undenkbar, selbst in der tiefsten Armut! Und wehe dem, der solch ein geheiligtes Schwert entwendet! Einem Japaner, welcher weiß, daß er es mit solch einem Katana zu tun hat, fällt so ein Frevel überhaupt gar nicht ein. Aber vielleicht stiehlt er ein Schwert, ohne zu wissen, daß es ein Katana ist. Dann wird ihm das bald klargemacht werden. Das Unglück heftet sich an seine Fersen und schlägt auch seine Familie, und Hachiman flüstert ihm im Traume zu, daß er ein Katana gestohlen hat, und wehe ihm, wenn er es nicht sofort dem rechtmäßigen Besitzer zurückbringt! Dasselbe gilt auch vom Feinde, der dem im Kampfe gefallenen Samurai die Waffen abgenommen hat. Auch er wird durch Unglück und durch Hachiman zahm gemacht, bis er die Beute den Erben des Getöteten ausliefert – selbst wenn der Mann bisher noch gar nichts von einem Katana, einem Wakizashi und einem Hachiman gehört hat. Der Kriegsgott macht es ihm schon begreiflich, um was es sich handelt, und zur Aufklärung schickt er dem Betreffenden erst sieben Plagen über den Hals.

Hat aber der Samurai durch eigene Unachtsamkeit sein Katana verloren, so muß er Himmel und Hölle in Bewegung setzen, es wiederzubekommen, das ist er nicht nur sich selbst und seinen Brüdern schuldig, sondern auch vor allen Dingen seinem toten Vater, denn jetzt ist es dieser, welcher dem leichtsinnigen Sohne im Traume die Ohren vollwimmert, das heilige Erbstück wieder herbeizuschaffen.

Und stirbt das männliche Geschlecht einer Samurai-Familie aus, dann stirbt auch das Katana, seine Seele kehrt zu Hachiman zurück, und sein toter Leib, jetzt nur noch eine Stahlklinge wie jede andere, wird dem letzten Besitzer mit ins Grab gelegt. –

Dem Mr. Loftus Deacon, der so lange in Japan gewesen, war dies alles natürlich wohlbekannt. Und nun hatte er für so billiges Geld ein echtes Masamune-Schwert erstanden, wie ein solches nur noch in einem einzigen Exemplar in Europa vorhanden war, nämlich im Museum zu Petersburg!

Deacon verkehrte viel mit dem Direktor des britischen Museums, durch diesen kam die Sache zuerst an die Öffentlichkeit – und das war ja auch der heiße Wunsch des alten Mannes, der auf seine Schätze so stolz war – er wurde von Gelehrten und Japankennern besucht, sie alle bestätigten aus einem in der Klinge eingravierten Zeichen, daß es ein echtes Katana des berühmten Schwertfegers Masamune sei, welcher im vierten Jahrhundert nach Christi lebte, andere Raritätensammler gratulierten mit neidischem Herzen dem glücklichen Deacon, jetzt kamen auch Journalisten, und in einer großen Zeitung erschien aus berufener Feder ein langer Artikel, in dem die eben geschilderten, mit Aberglauben gepaarten Waffenverhältnisse der Japaner erläutert und auf die Wichtigkeit des neuen Erwerbs, den der einfache Privatmann für seine Sammlung gemacht, hingewiesen wurde.

So interessierten sich einige Zeit die weitesten Kreise für Loftus Deacon und sein Masamune-Katana, die Sache wurde sensationell. Lange konnte das natürlich nicht anhalten. Aber man bekam doch hin und wieder etwas davon zu hören, die Sache war noch nicht zu Ende, und der alte Einsiedler sorgte immer dafür, daß alles an die Oeffentlichkeit kam.

Wie war denn nun der Trödler zu der kostbaren Waffe gekommen, wenn diese von dem Japaner wie sein Augapfel behütet wird? Der alte Mann konnte sich selbst kaum noch darauf besinnen. Das unscheinbare Schwert hatte schon lange Zeit in der Rumpelkammer gelegen, ehe er es für würdig fand, es im Schaufenster auszustellen. Er glaubte nur, es sei ein Matrose gewesen, der ihm einst die alte Klinge zum Kauf angeboten, er hatte ihm drei Schillinge dafür gegeben. Jetzt natürlich, da der Trödler den fast unschätzbaren Wert der Waffe erfuhr, hätte er sich am liebsten alle Haare aus dem Kopfe reißen mögen, denn eine nachträgliche Bezahlung gab es bei Loftus Deacon freilich nicht.

Und was das Katana für einen definitiven Wert besaß, nicht nur in den Augen von europäischen Altertümssammlern, das sollte sich bald zeigen.

Eines Tages erschien bei Deacon ein japanischer Diplomat, welcher sich gerade in London aufhielt. Er besichtigte das Schwert, prüfte das Siegel des Waffenschmieds und einige Eingravierungen in dem bronzenen Griff mit der Lupe.

»Wahrhaftig, es ist das Schwert!« rief er erstaunt. »Dieses Katana gehört dem hochedlen Fürstengeschlechte der Gotos. Vor etwa zwanzig Jahren verlor es der alte Fürst bei einem Ritt, es wurde nicht wiedergefunden. Der Fürst starb vor Gram. Er hinterließ drei Söhne. Als die beiden ersten erwachsen waren, gingen sie auf die Suche nach dem Heiligtum, ein Orakel wies nach der Mandschurei hin. Beide Prinzen verloren dabei ihr Leben. Jetzt lebt von dem Gotogeschlechte nur Keigo Kiyotaki, der letzte Sohn, welcher in einem Kloster zum Priester erzogen wird.«

»Das ist sehr interessant,« sagte Deacon trocken.

»Keigo wird sich sehr freuen, daß man das Heiligtum seiner Väter endlich gefunden hat.«

»Ja, ich freue mich auch sehr, daß ich diesen Schatz bei einem Trödler entdeckt habe.«

»Dem letzten Sproß des Gotogeschlechtes muß sehr viel an dem Familienschwerte gelegen sein, Sie werden doch bereit sein, es ihm zurückzuerstatten? Natürlich gegen ...«

 

»I, fällt mir ja gar nicht ein!!« rief Deacon von vornherein in heller Entrüstung. »Das Schwert ist rechtmäßig in meinen Besitz gekommen, und damit basta!«

Der schon ältliche Sohn des Reiches der aufgehenden Sonne empfahl sich mit japanischer Höflichkeit.

Kaum zwei Monate waren verflossen, als er schon wieder da war.

»Ich komme als Stellvertreter des Keigo Kiyotaki, hier meine Vollmacht.«

Damit präsentierte er ein japanisches Schreiben mit vielen Siegeln, kurios genug aussehend.

»Das ist sehr interessant, das möchte ich Ihnen für meine Sammlung abkaufen.«

»Keigo Kiyotaki bietet Ihnen für Zurückgabe seines Schwertes 1000 Pfund Sterling.«

»Das ist nicht sein Schwert, sondern mein Schwert, und ich verkaufe es nicht.«

»2000 Pfund – – 5000 Pfund – – 10 000 Pfund ...«

»Nicht für eine Million Pfund Sterling.«

»Wieviel verlangen Sie sonst?« fragte der alte Japaner kaltblütig.

»Es ist mir nicht feil, nicht für alle Schätze der Welt!!!« rief der leidenschaftliche Sammler.

»Ich empfehle mich Ihrem geneigten Wohlwollen,« sagte der japanische Diplomat und entfernte sich.

Dies alles kam immer in die Zeitungen, dafür sorgte schon der auf sein Katana stolze Loftus Deacon. Daß freilich der Japaner bereit gewesen wäre, für die alte Klinge noch mehr als eine Million Pfund Sterling, das sind zwanzig Millionen Mark, zu bieten, das fand man etwas gar zu sehr übertrieben.

Diesmal verging ein Vierteljahr, bis eines Tages an dem großen Hause ein junger Gentleman im tadellosen Gehrockanzuge die Klingel zog.

Dem jungen Manne konnte man kaum ansehen, daß er ein Japaner war, er hatte wenig Aehnlichkeit mit den sonst so charakteristischen Gestalten. Er hatte nicht solch kurze Beine und einen plumpen Oberkörper, sondern war von vollendetem Ebenmaß, und man mußte ihm schon scharf in die nur leicht gebräunten, hübschen, tiefernsten Züge blicken, um dann den malaiisch-japanischen Typus zu erkennen. Derjenige aber, welcher sich lange Zeit in Japan aufgehalten und in den höchsten Kreisen verkehrt hatte, erkannte sofort, mit wem er es hier zu tun hatte: mit einem Samurai aus der ersten Kaste, den man sonst freilich nicht in Europa auf der Straße herumlaufen sieht.

Der alte Jensy öffnete.

»Ist Mr. Deacon zu sprechen? Bitte, hier ist meine Karte, hier ein Empfehlungsschreiben von der japanischen Gesandtschaft.«

Er sprach ein perfektes Englisch, der leise Anflug eines fremdländischen Akzentes war kaum zu merken.

Deacon empfing ihn.

»Keigo Kiyotaki ist mein Name.«

»Sehr angenehm. Nicht wahr, Ihr Titel ist ... Mylord ... oder Durchlaucht?«

»Mein einfacher Name ist Kiyotaki. Ich bin zum geistlichen Stand bestimmt und habe mit dem Austritt aus meiner Kaste alle früheren Titel abgelegt. Ich komme direkt von Tokio ... Sie wissen, weshalb.«

»Ja, mein lieber Herr, ist Ihnen aber nicht schon deutlich gesagt worden, daß mir das Katana um keinen Preis feil ist? Sie haben die weite Reise umsonst gemacht.«

»Mr. Deacon,« fängt jetzt der junge, sympathische Mann in bittendem Tone an, »es ist ein uraltes Erbstück meiner Familie, es ist das Heiligste, was ich besitze, ich kann ohne dieses Schwert nicht leben.«

»Ich will Ihnen gern das Schwert nochmals abkaufen, nennen Sie eine Summe, aber aus meiner Sammlung kommt ein Katana des Schwertfegers Masamune nicht.«

»Mr. Deacon, was frage ich nach Geld? Ich bin ein bedürfnisloser Mönch, der das Gelübde der Armut abgelegt hat. Das Schwert meiner Väter muß ich unbedingt haben.«

»Aber wenn Sie ein Priester und aus der Kaste der Samurais getreten sind, so brauchen Sie doch keine Waffe, können Sie doch gar keine mehr tragen, es hat für Sie doch gar keinen Wert mehr.«

»Nicht für mich, aber für meinen Vater. Ich als sein letzter Sohn, der einst kinderlos sterben wird, habe die heilige Verpflichtung, ihm sein Katana, nachdem dasselbe einmal wiedergefunden worden ist, in sein Grab zu legen.«

»Bei mir liegt es genau so sicher, wie in Ihres Vaters Grab,« entgegnet der alte, reiche Junggeselle, der niemandem Rücksichten schuldig ist.

»Mr. Deacon,« fährt der junge Japaner mit melodischer Stimme fort, und plötzlich treten ihm die Tränen in die Augen, »die Engländer haben ihre Religion, und wir Japaner haben unsere Religion. Und ich kann nicht an etwas anderes glauben, als was meine heilige Ueberzeugung ist. Seit zwanzig Jahren muß mein armer Vater wandern den dunklen Pfad des Todes, und er kann den Gotoberg des Himmels nicht erreichen, weil ihm sein Katana fehlt, und seitdem ich weiß, wo sich sein Katana befindet, kommt mein armer Vater jede Nacht zu mir im Traume und weint mir in den Ohren. – Mr Deacon, auch Sie haben einen Vater gehabt – ich bitte Sie!«

Der junge, gebildete Japaner wußte in einer Weise zu sprechen, nun noch dazu in einem Tone – schriftlich läßt sich das nicht wiedergeben – daß es einen Stein erweicht hätte, nur nicht den alten Raritätensammler.

Und immer noch einmal versuchte es der gehorsame Sohn, jetzt aber begann er geheimnisvoll zu flüstern:

»Noch habe ich nicht die Priesterweihe empfangen, noch gehört mir, was ich besitze, und ich bin der Erbe einer ganzen Reihe von Geschlechtern, und die Gotos zählten sämtlich zu den reichsten Fürsten von Dai Nipon, und ... haben Sie, der Sie so lange in Japan gewesen sind, schon von dem Goto-Schatze gehört?«

Mochte Deacon schon von dem fabelhaften Goto-Schatze, der von einem Drachen behütet wird, übrigens ganz unserem Nibelungenhorte entsprechend, gehört haben oder nicht – ihn ließen alle Schatze kalt, sein Masamune-Schwert war ihm lieber.

Schließlich aber verließ auch den Japaner die Geduld, er stand auf, um kurzerhand zu gehen, und er war ein ganz anderer, als er mit drohender Stimme und blitzenden Augen rief:

» Well! Die Engländer haben ihre Religion, und wir Japaner haben unsere Religion. Das Katana gehört in das Grab seines letzten Besitzers, es ist zu den Füßen Hachimans geschmiedet worden, und wenn Sie das Katana mir nicht geben wollen, so wird der schreckliche Hachiman selbst kommen, um es von Ihnen zu fordern, und dann ... wehe Ihnen!«

Damit ging Keigo Kiyotaki, um nicht wieder zurückzukehren. Der arme Kerl hatte die weite Reise umsonst gemacht.

Auch dieses Gespräch kam in die Zeitungen und wurde vom Publikum besprochen, überdies waren Jensy und noch ein anderer Diener Zeuge desselben geworden. –

 

Wieder verging ungefähr ein Vierteljahr. Da erfuhr Loftus Deacon von einem seiner nach Raritäten spähenden Agenten, in einem Lagerhause, gar nicht weit von der Bedfordftreet, stünde ein japanischer Götze, er sei schon vor einigen Tagen von einem aus Rangun kommenden Schiffe dort ausgeladen worden, er gehöre einem Franzosen Delcassé, der ebenfalls mit diesem Schiffe gekommen sei, aber dieser Herr sei verschwunden und lasse nichts mehr von sich hören. Man sage, es sei der vierarmige Kriegsgott Hachiman.

Loftus Deacon [ging] sofort hin. Das Lagerhaus des Expeditionsgeschäftes Costenoble war ihm sogar sehr gut bekannt, diese Firma besorgte immer seine überseeischen Transporte, er hatte oft große und kleine Gegenstände dort abholen lassen. (Dies ist für später von Wichtigkeit!)

Richtig, da saß der schreckliche Hachiman, genau so, wie er noch heute im japanischen Saale des britischen Museums zu London zu sehen ist, und zwar ist es genau dieselbe Figur, welche in unserer Erzählung die Hauptrolle spielt.

Der ganz aus Bronze gegossene Götze, in zweifach menschlicher Größe ausgeführt, also eine Kolossalstatue, hockt mit untergeschlagenen Beinen auf einem meterhohen, ehernen Gestelle. Daß wir es mit einem Kriegsgott zu tun haben, erkennen wir mehr aus der Bekleidung – aber auch diese ist aus Bronze gegossen – und aus seinen Attributen, als aus seinen Gesichtszügen. Denn der japanische Gott der Schlachten schaut gar nicht so furchtbar drein, im Gegenteil, sein schnurrbärtiges Gesicht mit den Schlitzaugen hat einen recht gemütlichen Ausdruck, er schmunzelt sogar recht vergnügt, und es fehlte nur noch, daß er sich vor Lachen den dicken Bauch hält. Aber er ist vom Kopf bis zu den Füßen in einen Panzer gehüllt, und in der einen seiner vier Hände, was sehr an die indischen Gottheiten erinnert, hält er aufrecht ein mächtiges Schwert, in der zweiten eine Keule, in der dritten eine Schlange, in der vierten eine kleine menschliche Figur. Alles ist aus einem Guß, nur das Schwert ist eine wirkliche Stahlklinge, in die eherne Faust eingeschraubt oder eingenietet.

Genau so saß er auch damals in einer Ecke des Lagerschuppens von Costenoble auf seinem Postament und schmunzelte mit etwas geöffnetem Munde den Besucher vergnügt an.

Während der Reise war er in Kokosmatten eingehüllt gewesen, diese waren jetzt abgefallen, nur das Schwert war noch mit einem öligen Lappen umwickelt. Der Franzose hatte die Figur hier untergestellt, sie solle hier stehen bleiben, bis er wiederkomme und sie abhole.

Mr. Deacon zitterte vor Aufregung. Wer war dieser Monsieur Delcassé? Wo befand er sich jetzt? War er ein Sammler? Oder wollte er die Figur verkaufen? An wen? War er jetzt schon in Paris, um sie dem dortigen Museum anzubieten?

Wir wollen es kurz machen, obgleich fast vier Wochen vergingen, ehe Deacon, der sich unterdessen vor Spannung und Angst fast verzehrte, den Franzosen endlich gefunden hatte. Der Mann hatte es nicht eilig gehabt, war verreist gewesen, und über seinen Götzen hatte er auch noch nicht disponiert. Ja, er wollte ihn verkaufen, und Deacon erstand ihn gegen eine enorme Summe. Einen Konkurrenten hätte der reiche Kauz, der für den japanischen Kriegsgott sein halbes Vermögen zu opfern bereit war, auch nur in dem britischen Museum gehabt, aber dieses brauchte er nicht zu fürchten, er hatte dem Museum nach seinem Tode sowieso alle seine Sammlungen vermacht.

Der überglückliche Deacon traf Vorbereitungen, den kostbaren Erwerb in seine Wohnung überzuführen.

War das nicht ein merkwürdiger Zufall? Oder war das nicht bloß ein Zufall? War das nicht vielleicht etwas von ... einer höheren Fügung? Wie hatte Keigo Kiyotaki damals drohend gerufen?

»Und wenn Sie das Katana mir nicht geben wollen, so wird der schreckliche Hachiman selbst kommen, um es von Ihnen zu fordern, und dann ... wehe Ihnen!!«

Wahrhaftig, da kam ja der Hachiman, kam in Deakons[Deacons] eigenes Haus!

Die in London weilenden Japaner wurden mit geheimnisvollen Fragen gequält, wie sie darüber dächten, ob wohl wirklich etwas daran sein könne usw.

Es muß bemerkt werden, daß nämlich der sonst so praktische und nüchterne Engländer, selbst der aus den gebildetsten Kreisen, überaus abergläubisch ist, was sich am besten daraus erkennen läßt, daß gerade in England der Spiritismus die üppigsten Blüten treibt, nicht minder in Amerika unter den noch nüchternen Yankees. Extreme berühren sich eben.

Aber seltsam, es war geradezu, als ob sich die kleinen braunen Burschen mit Keigo Kiyotaki verabredet hätten, denn sie gebrauchten genau dieselbe Redensart, welche jener schon zweimal angewendet hatte, nur daß sie noch etwas hinzusetzten. Sie sagten nämlich nichts weiter als:

» Well, die Engländer haben ihre Religion, und wir Japaner haben unsere Religion – und es ist nicht gut, über Religion zu sprechen.«

Wenn man aber die überaus zurückhaltenden Japaner kennt, so findet man dabei gar nichts Merkwürdiges.

Und Loftus Deacon? Mochte dieser über den Zufall denken, wie er wollte, jedenfalls war er über Aberglauben erhaben.

Die Bronzefigur, welche sechs Zentner wog, wurde auf einen Frachtwagen geladen und nach Deacons Hause transportiert, wo schon im Parterre ein Ehrenzimmer für Hachiman eingerichtet worden war. Noch während der Kriegsgott am bezeichneten Platze aufgestellt wurde, ließ Deacon vor der Figur ein Tischchen zu einem Altar drapieren, auf welchem fortan das Katana liegen sollte, also zu Füßen dessen, der dem Schwerte eine unsterbliche Seele eingehaucht hatte.

Es war spät abends geworden, und zwar an einem Wintertage, ehe alles fertig war und die vielen Leute, welche heute die unteren Räume des sonst so einsamen Hauses belebt hatten, entlassen wurden.

Die letzte Stunde verbrachte Deacon in seinem neuesten Heiligtume, sich am Anblicke seines Götzen meidend, immer noch an dem Altar mit dem Schwerte drapierend, bis er als englischer Hausvater Punkt zehn Uhr der Dienerschaft den Befehl gab, schlafen zu gehen. Er selbst zog sich in sein Kabinett zurück.

 

Die tiefste Stille herrschte in dem geräumigen Hause. Nur unten im Portal brannte noch Licht, und Jensy hatte die erste Wache. Lesend saß er in der kleinen Portiersloge.

Doch bald überwältigte den alten Mann ein tiefer Schlaf.

Es war gegen Mitternacht, als Jensy tödlich erschrocken emporfuhr. Ein gellender Schrei hatte sein Ohr getroffen, und gleich darauf erscholl es wie ein dumpfer Fall. Es war unverkennbar Mr. Deacons Stimme gewesen. Dessen Schlafkabinett lag im ersten Stock, der Schrei aber konnte nur im Parterre

ausgestoßen worden sein, und nun brachte es auch noch der Gedankengang und die ganze Stimmung mit sich, daß Jensy sofort an das neue japanische Zimmer mit dem Kriegsgott dachte, daß er sofort, wenn auch mit gesträubtem Haar, nach dieser Tür sprang und daran pochte.

»Mr. Deacon, waren Sie das?«

Keine Antwort. Wohl aber vernahm Jensy jetzt ein Röcheln und Stöhnen.

Jetzt fing Jensy zu schreien an, um die anderen Diener herbeizurufen, eilte dorthin, wo der zweite Schlüssel hing, zerschlug mit dem Holzhammer die Scheibe, zerriß die Plombe, und wie er mit dem Schlüssel zurückrannte, kamen auch schon die anderen Diener herbeigestürzt.

Die Tür wurde geöffnet, das Zimmer wurde durch eine auf einem Tischchen stehende Lampe erleuchtet – und da saß der lachende Kriegsgott auf seinem Postament, über und über mit Blut bespritzt, das Schwert in seiner Faust ebenfalls von Blut triefend – und zu seinen Füßen lag der mit einem Schlafrock bekleidete Loftus Deacon in einer großen, rauchenden Blutlache.

Man kann sich denken, wie es den Dienern bei diesem Anblicke zumute war! Bewundernswert ist es, daß sie alle Gespenster- oder Götzenfurcht vergaßen und, ohne sich um Hachimans blutiges Schwert zu kümmern, sofort ihrem Herrn zu Hilfe sprangen, allerdings, um ihn zuerst aus der gefährlichen Nähe dieses japanischen Kriegsgottes zu bringen.

Loftus Deacon lebte noch, aber er lag im Sterben. Sein Kopf wies eine klaffende Wunde auf, ein zweiter Schwerthieb hatte den Hals getroffen, ihm eine Arterie durchschlagen. Waren die Wunden an sich nicht tödlich, so mußte er sich doch verbluten, hier gab es keine Rettung mehr.

Noch einmal kamen röchelnde Laute über seine Lippen.

»Hachiman – Hachiman hat mich ermordet!«

Es waren seine letzten Worte gewesen. Der alte Mann war tot. Und dort saß der japanische Kriegsgott mit blutigem Panzer und blutigem Schwerte und lachte.

Die Polizei wurde gerufen, den ersten Konstablern folgten schnell Kriminalbeamte und Detektivs.

Noch stand alles unter dem ersten Eindruck des Geschehenen. Niemand wußte, was hier eigentlich vorlag, wo die Untersuchung zu beginnen sei, als Jensy einen Schrei ausstieß und mit der Hand auf das vor dem Kriegsgott stehende Tischchen deutete:

»Das Masamune-Schwert ist weg!!!«

 

Wir geben kurz wieder, was am anderen Morgen die Zeitungen über diesen mysteriösen Fall berichteten, wie die Untersuchungsbeamten noch in derselben Nacht gearbeitet hatten.

Man muß den englischen Beamten die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß sie sich durch keinen japanischen Götzenaberglauben beirren ließen, sondern daß sie als nüchtern denkende Menschen zunächst nach einem lebendigen, einem menschlichen Mörder suchten.

Hier aber scheiterten alle aufklärenden Bemühungen.

Die Untersuchung ergab, daß alle Fenster innen verriegelt waren, ebenso war ausgeschlossen, daß der Mörder inzwischen aus der Haustür entwischt sein könnte, also mußte er sich noch im Hause befinden.

Alle Räume wurden durchsucht, jeder Winkel, alles wurde umgekehrt, allein kein fremder Mensch war zu finden.

Ein Verdacht gegen einen der fünf Diener kam gar nicht auf.

Jetzt mußte man seine Aufmerksamkeit wieder dem ehernen Kriegsgott zulenken.

Wie hatte der Ermordete gelegen, bevor die Diener ihn von dieser Stelle trugen?

Gerade unter dem Schwerte – ja, so, wie es die Diener beschrieben, hatte er von dem Schwerte des Götzen an Kopf und Hals getroffen werden können.

Gerichtsärzte und andere anatomische Sachverständige waren zur Stelle, wie z. B. auch Deacons Hausarzt, und aller Urteil lautete dahin: Jawohl, das Schwert, welches der Kriegsgott in seiner Faust hielt, paßt in die Wunden des Ermordeten, die Wunden können mit demselben geschlagen sein.

Jetzt folgt der dritte Teil der Untersuchung: Ist dieses Schwert in der Faust dieses Götzen beweglich? Nein, es ist eingenietet, es läßt sich nicht bewegen, so wenig wie der ganze Arm, so wenig wie irgend etwas an dem ehernen Götzen, alles ist aus einem einzigen Guß.

Trotzdem, wenn das Schwert zugeschlagen haben soll, dann muß es auch beweglich sein. Da ist einfach ein geheimnisvoller Mechanismus in dem hohlen Leibe des Götzen vorhanden.

Die Detektivs machten sich gleich an die Untersuchung, wozu die Figur dann von dem Postament herabgehoben wurde, sie tasteten, und klopften und drückten an dem Götzen herum, es kamen auch Ingenieure, darunter ein ganz ingeniöser, dieser tastete und klopfte und drückte gleichfalls an dem grinsenden Hachiman herum, allein der verriet nicht, was er in seinem Innern barg, da wollte kein geheimes Türchen aufspringen, noch sonst etwas Außergewöhnliches passieren.

Alles war eben aus einem Gnß und unverrückbar, nur der Mund etwas geöffnet, etwa so weit, daß man einen Finger hineinzwängen konnte. Man versuchte hineinzuleuchten – es war absolut nichts zu sehen.

Dann mußte morgen der Götze angebohrt, ein Stück aus seinem Leibe geschnitten werden, um in das Innere blicken zu können, wozu man aber erst noch eine besondere Erlaubnis brauchte. Denn der Direktor des britischen Museums war auch schon herbeigeeilt und erklärte den Götzen wie die ganze Sammlung als unverletzliches Eigentum dieses Staatsinstitutes.

So begnügte man sich vorläufig, auf Hachimans feixendes Maul ein großes Amtssiegel zu klatschen.

Jetzt folgte die Kalkulation des Untersuchungsrichters mit logischen Schlußfolgerungen:

Gegen zehn Uhr war Loftus Deacon in sein in der ersten Etage gelegenes Schlafzimmer gegangen und hatte sich tatsächlich ins Bett gelegt, wie der Zustand desselben ergab. Er hatte vor Erregung nicht schlafen können, mußte erst noch einmal dem kostbaren Götzen einen Besuch abstatten. Gegen zwölf Uhr stand er wieder auf, zündete eine Lampe an, bekleidete sich mit einem Schlafrock und begab sich noch einmal hinab. Welchen Weg er dabei genommen, konnte man nicht bestimmen, das war auch ganz gleichgültig.

Er betrat das Zimmer des Götzen, setzte die brennende Lampe dort auf den Tisch, ging an die Figur, tastete an ihr herum, mochte sie liebkosend streicheln, wie es der alte Sonderling auch mit seinen anderen Raritäten tat – plötzlich löste sich unter seinen Händen ein Mechanismus aus, er hatte zufällig auf eine verborgene, bis jetzt noch nicht entdeckte Feder gedrückt, das Schwert der Figur sauste zweimal auf ihn herab, der eine Hieb traf den Kopf des Stehenden, der zweite den Hals des Fallenden. Dann hatte der Mechanismus ausgewirkt, das Schwert oder der Arm war wieder unbeweglich.

So war es gewesen, Loftus Deacon hatte es ja überhaupt selbst gesagt:

»Hachiman ... Hachiman hat mich ermordet!« –

Ja, zum Teufel – hieß es aber jetzt – wo ist denn nun das Katana hin?!

Jensy und noch ein anderer Diener sagten aus, daß sie das Schwert kurz vor zehn Uhr durch die offene Tür auf dem neu hergerichteten Altar zu Füßen des Gottes hatten liegen sehen.

Es konnte ja sein, Deacon hatte es beim Fortgehen mitgenommen. Aber dann mußte es doch irgend wo im Hause sein. Und nun herrschte hier eine so peinliche Ordnung, der kleinste Gegenstand war nach dem Katalog so genau nummeriert, und die Diener waren überall so vertraut, daß dieses Schwert, wenn es sich wirklich noch in dem Hause befunden hätte, trotz aller Geräumigkeit des Gebäudes sofort gefunden worden wäre.

Kurz, für diejenigen, welche alle Gewohnheiten Deacons und die ganze Einrichtung dieses Hauses kannten, war das spurlose Verschwinden des Katana ein viel geheimnisvolleres Rätsel als der vermutliche Mechanismus des ehernen Götzen!

 

Auch Journalisten waren zugegen gewesen, sie arbeiteten mit Volldampf, früh um acht Uhr erschienen die Zeitungen, alles brühwarm erzählend, und nun wollen wir uns gar nicht des längeren dabei aufhalten, wie der Fall vom Publikum aufgefaßt wurde. Die Erregung war furchtbar.

Denn jetzt erinnerte man sich doch an alles, was damals über das Katana und über die japanischen Götter so ausführlich berichtet worden war, wie Keigo Kiyotaki so gedroht hatte, usw. usw.

Da plötzlich erscholl der Ruf durch die Straßen:

»Der Mörder ist bereits gefaßt! Keigo Kiyotaki ist es gewesen, welcher heute nacht Loftus Deacon ermordet hat! Alles ist erklärt!«

Am Morgen nach der Mordnacht, früh um sechs Uhr, noch bei völliger Dunkelheit, beobachtete ein Detektiv die Passagiere, welche sich im East-India Dock an Bord eines nach Singapore gehenden Dampfers begaben.

Da fielen diesem Detektiv die Gesichtszüge eines Mannes auf, der soeben die Laufbrücke betreten wollte. Er war in einen langen Mantel gehüllt, der Kragen hochgeschlagen, der Schlapphut tief in die Augen gezogen. Aber ganz war das Gesicht doch nicht verhüllt, und das scharfe Auge des Detektivs war gerade darauf gefallen, als es in das Licht einer Gaslaterne kam.

»Hallo, wer ist denn das? Wo habe ich denn diese gelbbraunen Züge schon einmal gesehen? Himmel, das ist ja ...«

Dem Publikum ist noch nicht bekannt, was heute nacht in Deacons Hause passiert ist, die Zeitungen sind ja noch nicht heraus, wohl aber weiß der Detektiv schon darum, und blitzschnell wickelt sich in seinem Kopfe eine Kette von Gedanken ab, er eilt dem Wanne nach und vertritt ihm auf der Brücke den Weg.

»Ka ... Ke ... Ki ... Ko ... Ku ... wie ist Ihr Name, mein Herr? Ich bin staatlicher Detektiv, hier meine Marke. Also wie heißen Sie, mein Herr?«

Der Angeredete muß wohl oder übel stehen bleiben, er blickt den Fragenden ruhig an.

»Nix Englisch,« meint er dann kopfschüttelnd und will seitwärts ausweichen, der Detektiv vertritt ihm abermals den Weg, faßt ihn an.

»Halt! Ich habe das Recht, mir Ihr Gesicht genauer zu besehen.«

Damit zieht er dem Manne den Mantelkragen herab und schiebt den Hut hoch.

»Ah, jetzt fällt mir auch Ihr Name ein, wenigstens der eine: Keigo!«

Der andere bleibt noch immer ruhig.

»Nix Keigo, ich heiße Kanamuro.«

»Ich irre mich nicht. Folgen Sie mir zur Wache.«

Die Dampfpfeife gibt das Zeichen zur Abfahrt des Schiffes, der Japaner will sich schnell zur Seite drängen, aber der Detektiv packt zu.

»Im Namen der Königin, Sie sind verhaftet! Sie wehren sich?«

Der Detektiv läßt seine Notpfeife erschallen, im Augenblick sind Konstabler da, der Dampfer fährt davon, der Festgenommene wird nach der nächsten Polizeiwache geführt. Gepäck hat er nicht bei sich.

»Ich halte diesen Mann für verdächtig, mit der Ermordung des Loftus Deacon in Verbindung zu stehen,« erklärt der Detektiv dem Polizeiwachtmeister.

Der Mann hat einen auf den Namen Kanamuro lautenden japanischen Paß bei sich, vom englischen Konsul in Tokio beglaubigt für die Reise nach England, und beharrt dabei, nicht Englisch sprechen zu können.

Aber der Detektiv ist sich seiner Sache sicher. Es ist ein Zufall, daß er damals, wie sich Keigo Kiyotaki einige Tage in London aufhielt, diesen mehrmals gesehen hat, und der Detektiv besitzt ein vorzügliches Gedächtnis für Physiognomien, er hat ihn sofort wiedererkannt.

Er macht dem Wachtmeister seine vertraulichen Mitteilungen, und die Sache liegt so, daß der Mann, welcher sich Kanamuro nennt, sofort ins Untersuchungsgefängnis überführt wird.

Kaum ist er dort eingetroffen, erscheinen auch schon der bestellte Jensy und noch ein anderer Diener, um mit dem verdächtigen Manne konfrontiert zu werden.

»Keigo Kiyotaki!!« rufen beide wie aus einem Munde.

Da gibt der Japaner in fließendem Englisch zu, daß er es ist, er erzählt – viel ist es freilich nicht.

Gestern früh ist er aus Singapore mit einem Dampfer in London eingetroffen, hat die Nacht in einem Hotel geschlafen, heute früh wollte er sich schon wieder nach Singapore einschiffen.

Der junge Japaner ist völlig ruhig, er braucht nicht erst gefragt zu werden, in welchem Hotel er logiert habe, mit dem größten Gleichmut belastet er sich selbst, indem er das Hotel angibt, welches in der Bedfordstreet ist, ganz nahe an Deacons Haus.

Aber der Untersuchungsrichter läßt sich nicht beirren, er kennt bereits den japanischen Gleichmut.

»Was haben Sie an diesem einen Tage in London getan?«

»Ein Geschäft abgewickelt.«

»Was für ein Geschäft?«

»Dieses Geschäft ist mein Geschäft und nicht Ihres,« erwidert der junge Japaner jetzt trotzig.

»Das heißt, Sie wollen es nicht sagen?«

»Nein, das brauche ich nicht.«

»Das werden wir sehen. Sie sind vor etwa einem Vierteljahr in London gewesen, um von Mr. Loftus Deacon, den Sie doch kennen, ein sogenanntes Katana-Schwert, welches einst Ihrer Familie gehörte, zurückzufordern oder es ihm abzukaufen. Stimmt das?«

»Ja,« gibt Keigo jetzt offen zu.

»Sie erreichten Ihren Zweck nicht?«

»Nein.«

»Haben Sie gestern oder diese Nacht Mr. Loftus Deacon gesehen und gesprochen?«

»Nein.«

»Wozu begaben Sie sich nochmals nach London?«

»Das ist meine Sache.«

»Um abermals zu versuchen, in den Besitz des Ihnen so überaus wertvollen Schwertes zu gelangen.«

»Nein.«

»Sie haben sich gestern oder heute nacht in Mr. Deacons Haus geschlichen und Mr. Deacon ermordet.«

Allerdings macht diese direkte Beschuldigung auf den jungen Japaner einen großen Eindruck, aber doch nicht den, den man eigentlich erwartet hätte. Weder schlägt die Anklage ihn nieder, noch stellt er sich teilnahmlos, er fährt nur etwas zusammen und starrt mit großen Augen den Untersuchungsrichter an.

»Er-mor-det?« wiederholt er mit Bestürzung. »Ist denn – Mr. Deacon – tot?«

Wie gesagt, der Untersuchungsrichter hat in dieser internationalen Riesenstadt, in der sich die Völker aller Zonen und die Verbrecher aller Menschenrassen ein Rendezvous geben, auch schon mit Japanern seine Erfahrungen gemacht, er läßt sich durch nichts beirren.

Solch ein verstockter und verschmitzter Bursche muß klipp und klar überführt werden, sonst ist ihm gar nicht beizukommen.

Keigo wird vorläufig in seine Zelle zurückgeführt.

Unterdessen ist die ganze Maschinerie Londoner Polizei in Bewegung gesetzt worden, der Telegraph spielt nach allen Richtungen, um Erkundigungen über den mutmaßlichen Mörder einzuziehen, der noch auf der Themse befindliche Dampfer wird in Tilbury angehalten, es wird nach dem Gepäck eines Passagiers Namens Kanamuro gefragt – jawohl, das liegt in der von ihm belegten Kabine, ein dicker Lederkoffer und ein ganz flacher, aber sehr lang und breit, so eine Art von Musterkoffer – alles wandert nach dem Untersuchungsgefängnis.

Keigo Kiyotaki wird wieder vorgeführt.

»Kennen Sie dieses sogenannte Katana, welches in Ihrem Koffer gefunden worden ist?« fragt der Richter, greift hinter sich und halt dem Japaner ein Schwert entgegen.

Wie Keigo dieses Schwert sieht, da ist es mit ihm vorbei. Mit einem unartikulierten Schrei prallt er zurück.

Gleich darauf aber hat er sich wieder gefaßt, richtet sich auf, nimmt eine würdevolle Stellung ein und sagt mit ruhiger, lauter Stimme:

»Ich spreche hiermit mein letztes Wort: wenn Loftus Deacon wirklich ermordet worden ist, so schwöre ich bei Tensis Dai Dsin, bei Kami und Hachiman, daß ich an seinem Tode unschuldig bin!«

»Wie ist denn dieses Schwert, welches sich bis heute nacht im Besitz von Mr. Loftus Deacon befand, plötzlich in Ihren Koffer gekommen?«

Vergebliche Frage. Der junge Japaner hielt sein Versprechen, nie mehr kam ein Wort über seine Lippen. Teilnahmlos saß er in seiner Zelle, teilnahmlos stand er vor seinen Richtern, er sah und hörte nichts mehr.

Doch einen freiwilligen Tod suchte dieser junge Japaner nicht, er aß, wenn man ihm etwas vorsetzte, nur daß er eben sonst ganz teilnahmlos war und nicht mehr sprach.

Wenn man nicht an Formalitäten gebunden gewesen wäre, hätte man über Keigo noch an demselben Tage den Stab brechen können. Mit dem Auffinden des vermißten Schwertes in seinem Koffer war seine Schuld völlig und vollständig bewiesen! Weil die Fenster von innen verriegelt gewesen waren und man behauptete, kein Mensch hätte sich unbemerkt aus dem Hause entfernen können? Nun, das war eben eine vorschnelle Behauptung gewesen.

Keigo hatte sich nochmals nach London begeben, um das Schwert seiner Väter auf irgend eine Weise zu erlangen, jedenfalls schon zu allem entschlossen. Sein Hiersein mit dem ehernen Kriegsgötzen in Verbindung zu bringen, von so etwas schwatzten nur die Sensationsblättchen, die auf die Dummheit des abergläubischen Volkes spekulieren, und dieses, welches in allem und jedem etwas Wunderbares sucht, mochte derartiges denn auch glauben. Die aufgeklärten Leute dachten anders. Daß an diesem Tage gerade der von Deacon gekaufte Hachiman in die Wohnung transportiert wurde, war einfach ein Zufall, und der kluge Japaner machte sich diesen sofort zunutze.

Bei der Menge der heute im Hause beschäftigten Arbeitsleute war es dem Japaner, der sehr wenig Mongolisches an sich hatte, so leicht gemacht worden, unbemerkt hineinzugelangen. Ein Versteck fand der geschmeidige Japaner schon, vielleicht verbarg er sich in einer der riesigen Vasen seiner Heimat. Hier wollte er warten, bis im Hause alles still war, dann nahm er das Katana und sprang durch das Fenster auf die Straße.

So tat er denn auch. Aber nur der erste Teil des Programms kam zur Ausführung. Gegen Mitternacht verließ er sein Versteck. In diesem Augenblick – daß sind natürlich alles nur Vermutungen – als er an seinem Ziele war, trat der Hausherr, welcher seinen Götzen noch einmal sehen wollte, mit der brennenden Lampe ein.

Schnell warf sich Keigo hinter das mit einem roten Tuche verhangene Piedestal der Figur. Deacon setzte die Lampe auf den Tisch und trat an den Götzen. Da fiel sein Blick auf den Eindringling, der sah sich verraten, nun war ihm alles gleichgültig, blitzschnell sprang er auf, ergriff das ihm auf dem Altar handbereit liegende Katana und führte die zwei mörderischen Schläge nach dem Alten.

Hochauf spritzte das Blut, es benetzte den Kriegsgott, auch dessen Schwert. Der Mörder selbst mochte von dem Blutstrahl nicht getroffen worden sein.

Da erscholl Jensys Klopfen und Frage, Keigo sprang in sein Versteck zurück. Und es sollte so ganz unmöglich gewesen sein, daß der Mörder unbemerkt den Ausgang gewann? Durch die geöffnete Haustür strömten doch Polizisten, Detektivs, Aerzte und Journalisten herein, sie kamen und gingen, dem geschmeidigen Japaner war es vielmehr sehr leicht geworden, sich unbemerkt wieder zu entfernen, ehe das Suchen nach dem Mörder begann, und sein Taschentuch mochte genügt haben, um das Blut von dem Katana, welches er natürlich mitnahm, abzuwischen, so daß er nicht die geringste Spur hinterließ.

Ja, so war es gewesen, nicht anders; Keigo Kiyotaki brauchte gar nicht zu sprechen, der ganze Vorgang sprach für sich selbst. Man hatte dem so gemütlich lachenden Kriegsgott bitteres Unrecht zugefügt, als man ihn im Verdachte der Täterschaft gehabt, die eherne Figur hatte gar keinen Mechanismus im Leibe, deshalb brauchte sie auch nicht erst angebohrt zu werden – was übrigens seine Schwierigkeiten gehabt hätte, das heißt eine Verletzung des kostbaren Götzen wäre so ohne weiteres gar nicht erlaubt worden, aus einem Grunde, den wir gleich erfahren werden.

Doch hatte der Sterbende nicht selbst gesagt, daß Hachiman ihn ermordet habe?

Das war natürlich nichts weiter als eine Ideenverbindung im Todeskampfe gewesen. Denn den Japaner hatte Deacon natürlich gesehen, im Todeskampfe hatte er nur noch daran gedacht, wie ihm Keigo mit des Kriegsgottes Rache gedroht, und diesen Gedankengang hatte er mit seinen letzten Worten ausgedrückt.

Während die in London weilenden Japaner durchaus nichts von ihrem des Mordes angeklagten Landsmann wissen wollten, die japanische Gesandtschaft sich ängstlich hütete, sich in den Prozeß zu mischen, fehlte es nicht an hochherzigen Engländern, welche für den jungen Japaner Mitleid empfanden und offen Partei für ihn ergriffen, und es war kein anderer als der berühmte Sir Edward Clane, der wegen seiner juristischen Verdienste von der Königin zum englischen Baronet erhobene Rechtsanwalt, welcher freiwillig Keigos Verteidigung übernahm.

Sir Edward Clane! Wenn es je einen wahrhaft edlen Menschen gegeben hat, wenn je ein Bürgerlicher den Adelstitel als Auszeichnung vor anderen verdient hat, so ist es dieser englische Rechtsanwalt, der Sohn eines armen Bauern. Er übernahm von jeher die Verteidigung der schwierigsten Fälle, von Raubmördern und anderen Verbrechern, welche die Todesstrafe oder die schwersten Zuchthausstrafen verdienten. Aber nicht etwa, daß er mit juristischen Spitzfindigkeiten aus Schwarz Weiß, aus einem Teufel einen Engel zu machen suchte – nein, vielleicht im Gegenteil.

»Herr, allgnädiger Gott, führe uns nicht in Versuchung, denn wir sind allzumal schwache Menschen und zur Sünde geneigt.«

Mit diesen Worten begann er jede seiner Verteidigungsreden, und dann verwandelte sich jedesmal der weite Gerichtssaal in eine Kirche, und die Zuhörer lauschten mit angehaltenem Atem diesem gottbegnadeten juristischen Prediger, der mit der Allmacht seiner Rede auch die steinernsten Herzen zermalmte, bis sie von Tränen überflossen.

Auf diese Weise hat er nicht weniger als vierzehn Menschen, welche den Strang, verdienten, das Leben geschenkt, sie wurden nur zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt, und der zu lebenslänglichem Zuchthaus Verurteilte wird in England bei guter Führung regelmäßig nach zehn bis spätestens fünfzehn Jahren begnadigt, und zahllos sind die Fälle, in denen er die vorgeschlagene Zuchthausstrafe bis zur Hälfte herabdrückte, eben nur durch die Gewalt seiner Rede, welche allein an die Herzen der Menschheit appellierte.

Zahllos sind die Anekdoten, welche in England über diesen Mann zirkulieren, so z. B., wie einmal in seiner Villa eingebrochen wurde, und wie am anderen Tage der Einbrecher zu ihm kam, um ihm persönlich den Raub zurückzubringen und ihn um Entschuldigung zu bitten, er habe nicht gewußt, daß diese Villa dem ›Freund der Verbrecher‹ gehöre, und wie Sir Clane im Jahre 1887 starb, da sah man ein Begräbnis, wie es die Welt noch nicht erlebt hatte. Ehemalige Sträflinge und die Weiber und Kinder von Zuchthäuslern folgten seinem Sarge und weinten an seinem Grabe, schmückten es mit Blumen, und in den Verbrecherspelunken von Whitechapel wurden Gedächtnisfeiern abgehalten, aber keine Orgien, sondern Andachten. –

Für solch einen Mann verzeiht der Leser wohl diese kleine Abschweifung.

Er also übernahm die Verteidigung des jungen Japaners aus freien Stücken. Als Thema für dieselbe hatte er das vierte Gebot gewählt. Es war ein gewagtes Unternehmen. Der Angeklagte sei ein gehorsamer Sohn, der seinen Vater ehre, und er gehöre einer fremden Nation, einer fremden Rasse an, in deren religiöse Ansichten wir Europäer uns gar nicht hineindenken könnten, jener aber sei nach japanischen Begriffen ein frommer, gerechter Mann, das müsse man bedenken, und wenn seine Tat für uns nicht völlig entschuldbar sei, so müsse man ihm doch die weitestgehenden mildernden Umstände zubilligen. Er habe Loftus Deacon ja nicht ermorden, sondern habe ihm das Schwert seiner Väter abkaufen wollen, hatte jedenfalls alles, was er besaß, dafür geopfert, und Loftus Deacon hätte seinen Tod durch engherzigen Starrsinn selbst verschuldet.

Wie gesagt, es war ein starkes Stück, hier das vierte Gebot anzuwenden, und vielleicht mehr noch, den Ermordeten, einen christlichen Engländer, gegen den Mörder, einen heidnischen Japaner, als den eigentlichen Schuldigen hinzustellen. Das hätte kein anderer Verteidiger tun dürfen, das wäre ihm schlecht bekommen. Aber Sir Edward Clane durfte es wagen, und wieder wußte dieser Mann zu sprechen, daß auf den Galerien kein Auge trocken blieb, wenigstens kein Frauenauge, und wenn es nach diesen leicht zu bewegenden Frauenherzen gegangen wäre, so wäre Keigo Kiyotaki augenblicklich freigesprochen und als Muster eines gehorsamen Sohnes unter die Heiligen versetzt worden.

Es gab aber Männer unter den Richtern, welche sich nicht so leicht durch Worte beeinflussen ließen. Nein, diesmal würde es dem Verteidiger schwerlich gelingen, den Angeklagten vor dem Tode durch den Strang zu retten, und Sir Clane hatte, wie er vertrauten Freunden offenbarte, selbst wenig Hoffnung. Die größte Schwierigkeit dabei bereitete ihm, der natürlich nicht nur ein Prediger, sondern auch ein ausgezeichneter Jurist war, das Verhalten seines Klienten, welcher auch seinem Verteidiger gegenüber sein absolutes Schweigen durchaus nicht brechen wollte.

 

Wir versetzen uns in das bescheidene Empfangszimmer der Villa des Sir Edward Clane – wenigstens bescheiden eingerichtet für einen Mann, der so große Einkünfte bezog. Denn wenn er es konnte, dann ließ sich dieser Rechtsanwalt sehr gut für seine Verteidigung bezahlen, aber nicht für sich, sondern er übergab alles einer Arbeitsanstalt für entlassene Sträflinge, er selbst war völlig anspruchslos, hatte in seinem Berufe nicht einmal Zeit zum Heiraten gehabt, eine alte Köchin und ein Diener genügten ihm, und die große Villa hatte er nur wegen seiner reichen Büchersammlung nötig.

»Fred M.Beken, Philadelphia,« stand auf der Visitenkarte, welche der Gentleman abgegeben hatte, der in einer Vormittagsstunde in diesem Empfangszimmer auf die Rückkehr des Dieners oder auf den Eintritt des Hausherrn wartete.

Es war ein schon alter Herr, das glattrasierte Gesicht voller Falten. Das stark hervortretende Kinn und die eckigen Züge charakterisierten ihn unverkennbar als echten Yankee, der Diener hatte das auch sofort aus den Nasallauten seines englischen Dialektes herausgehört.

Kalt und starr blickte das kluge Auge, aber seltsam war es, wie sofort, als die Tür sich hinter ihm geschlossen hatte, diese selben sonst so starren Augen blitzschnell durch das ganze Zimmer wanderten, es war, als wollten sie jeden Gegenstand umfassen und seine Form unauslöschlich dem Gedächtnis einprägen.

Noch seltsamer war, was der Herr in der nächsten Minute tat.

Als die Musterung des Zimmers beendet, warf er noch einen Blick nach der Türe, hinter welcher der anmeldende Diener verschwunden war, beugte wie lauschend den Oberkörper vor, trat dann schnell vor einen Wandspiegel, nahm den goldenen Klemmer ab, legte beide Handflächen auf sein Gesicht, es sah aus, als wolle er die Falten glätten, nahm die Hände weg – – und wirklich, der Spiegel zeigte ihm das faltenlose Antlitz eines noch jungen Mannes, welches mit dem vorigen auch nicht die geringste Aehnlichkeit mehr besaß. Doch es war nur wie ein Phantom. Mit den Fingerspitzen tupfte und zog er im Gesicht herum, die hervorgebrachten Falten blieben stehen, er drückte mit der Hand sein Kinn hervor, und es war, als ob dieses aus Gummi oder, besser noch, aus Wachs gewesen wäre, denn es verharrte ebenfalls in seiner Lage, nun die Nase noch etwas zugequetscht ... und wie der Diener wieder hereintrat, sah er ganz genau denselben alten Herrn mit dem charakteristischen Yankeegesicht.

»Sir Clane ist sehr stark beschäftigt und läßt erst um Angabe bitten, in welcher Angelegenheit ihn der Herr zu sprechen wünscht.«

»In Sachen des Keigo Kiyotaki,« war die kurze Antwort des fremden Besuchers, welcher keinen in England unentbehrlichen Empfehlungsbrief abgegeben hatte.

Diesmal blieb der Diener keine zehn Sekunden aus.

»Sir Clane läßt bitten.«

Mr. Beken betrat das mit Büchern vollgestopfte Arbeitszimmer und stand vor der ehrwürdigen Gestalt des alten Rechtsanwaltes.

»Verzeihen Sie, wenn ich Sie störe ...«

»Wenn Ihr werter Besuch meinen Klienten betrifft, so habe ich stets Zeit. Bitte, nehmen Sie Platz.«

»Habe in Philadelphia Agentur für Tee, China-und Japanwaren,« begann der Amerikaner mit präziser Kürze. »Halte mich hier geschäftlich auf. Bin viele Jahre in Japan gewesen. Keigo Kiyotaki selbst kenne ich nicht, aber seinen Vater habe ich persönlich gekannt, auch den einen Bruder, Dai Oky Goto. Mir geht die ganze Geschichte durch den Kopf. Mir ist etwas nicht klar dabei. Warum will der Junge nicht sprechen?«

»Weil es ein Japaner ist, der sich mit orientalischem Phlegma in das Unvermeidliche schickt.«

»Nein. Ich kenne die Japaner. Hier liegt etwas anderes vor, irgend ein Rätsel. Keigo Kiyotaki kann den Mord gar nicht begangen haben ...«

»Was sagen Sie da?!« rief der Rechtsanwalt mit leicht begreiflicher Ueberraschung.

»Nein, kann nicht, weil er ein Sintus ist.«

»Was ist er?«

»Ein Sintus. So heißen die Bekenner des alten Sinsyn-Glaubens. Der Sintus darf kein Blut vergießen, nicht töten, nicht einmal eine Fliege.«

»Mr. Beken, wir sind allzumal schwache Menschen ...«

» I beg your pardon. Wenn Keigo einmal Blut vergossen oder einen anderen dazu verleitet hätte, es für ihn zu vergießen, dann würde er selbst, anstatt sich hängen zu lassen, Harakiri begehen ...kchkchkch.«

Mit einem nicht wiederzugebenden Laute machte der Amerikaner die Bewegung des Bauchaufschlitzens.

»Oder, wenn er kein Messer hat,« setzte er noch hinzu, »sich in seiner Zelle aufhängen oder seine Zunge verschlucken oder sich sonst auf irgend eine Weise vom Leben zum Tode befördern. Ich kenne den Japaner, der findet immer ein Mittel dazu.«

Erregt war Sir Clane aufgestanden, um einen Gang durch das Zimmer zu machen. Wahrhaftig, dieser Mann brachte ihn auf einen Gedanken, auf den noch kein Mensch in London gekommen, und da leben doch auch gründliche Japankenner.

»Ja, aber ...das bei ihm gefundene Schwert ...«

»Das hat er von Mr. Deacon auf ganz ehrliche Weise bekommen.«

Der Rechtsanwalt blieb gleich erstarrt stehen.

»Das heißt,« fuhr der Yankee durch die Nase fort, »auf eine für uns christliche Europäer ganz ehrliche Weise. In den Augen eines Japaners mag er ein großes Verbrechen begangen haben, vielleicht hat er für das ihm so wertvolle Schwert dem Mr. Deacon, der sich doch überhaupt für alles Japanische interessierte, ein wichtiges Geheimnis aus seiner Priesterkaste verraten, aber das darf kein Japaner erfahren, deshalb schweigt der Junge, da will er lieber sterben, als von seinem Volke verdammt werden, und weil er sich nicht selbst töten darf, verteidigt er sich nicht, er will von anderer Hand gehangen werden. – Sir Clane, ich möchte diesen Keigo Kiyotaki gern einmal sehen, vielleicht, daß ich ihn zum Sprechen bringe. Könnten Sie mir die Gelegenheit dazu nicht verschaffen?«

»Aber sofort! Sofort!!!« rief der Rechtsanwalt, dem als Verteidiger jederzeit eine Unterredung unter vier Augen mit dem Angeklagten gewährt werden mußte. –

Fünf Minuten später befanden sich die beiden schon im Wagen. Der Weg nach dem Untersuchungsgefängnis führte sie auch durch die Bedfordstreet an dem Hause des Mr. Deacon vorüber.

»Nicht wahr, das Haus ist von dem Erbschaftsgericht versiegelt worden?« fragte Mr. Beken.

Sir Clane bestätigte es und erläuterte näher, wie das gekommen war.

Gleich am Tage nach der Mordnacht war Loftus Deacons Testament eröffnet worden, der Erbe seiner kostbaren Raritäten war das britische Museum. Aber dieses Testament war sofort von den eigentlich Erbberechtigten angefochten worden, denn es enthielt Unklarheiten. Einmal behaupteten die anderen Erben, die Schenkung erstrecke sich nur auf die Sachen, welche Mr. Deacon bis zu dem Zeitpunkt angeschafft habe, da er dieses Testament unterzeichnete, und dann vor allen Dingen habe das britische Museum kein Recht, das ganze Haus als Museum zu beanspruchen.

Nun gibt es in England ein eigentümliches Gesetz. Sobald es zweifelhaft ist, wer der rechtmäßige Besitzer eines Hauses ist, wird dieses Haus unter Siegel genommen, solange der Prozeß schwebt. Ein Zinshaus muß augenblicklich – oder doch innerhalb 12 Stunden – von sämtlichen Mietern geräumt werden, die Türen und Fenster werden versiegelt, kein Handwerker, kein Gerichtsbeamter, niemand darf es mehr betreten, bis die Sache entschieden ist.

So war es auch mit Deacons Haus. Die gerichtliche Untersuchung war am zweiten Tage nach der Mordnacht bereits erledigt gewesen, die Diener hatten es sofort verlassen müssen, kein Mensch hatte Zutritt, Ausnahmen gibt es freilich immer. Die Staatsanwaltschaft hätte es wohl noch betreten können, aber die hatte die richterliche Untersuchung bereits für beendet erklärt.

»Schade,« meinte Mr. Beken, »ich hätte die japanischen Altertümer gern einmal besichtigt. Sollte es nicht eine Möglichkeit geben, noch einmal Hineinzugelangen?«

»Nein, das ist ganz ausgeschlossen,« erklärte der kundige Rechtsanwalt, »und so bald wird dieser Prozeß nicht entschieden sein, da kann ein Jahr vergehen.«

Der Wagen hielt vor dem Untersuchungsgefängnis, der Verteidiger des Angeklagten stellte an vorschriftsmäßiger Stelle sein Verlangen.

»Können wir mit dem Gefangenen allein und ungestört sprechen?« fragte der Amerikaner, als sie etwas warten mußten.

»Selbstverständlich,« entgegnete der Rechtsanwalt.

»Wir werden auch nicht belauscht?«

»O nein, mein Herr, was meinen Sie wohl!! Das würde ich mir sehr stark verbitten!«

Die beiden betraten die Zelle. Teilnahmlos saß der junge Japaner da, wandte nicht einmal den Kopf nach den Eintretenden. Mr. Beken redete ihn erst in fließendem Japanisch an, dann, mit Rücksicht auf den Rechtsanwalt, sprach er auf englisch zu ihm, sagte, daß er seinen Vater, seinen einen Bruder gekannt habe. Keine Antwort, keinen Blick. Dann setzte sich ihm der Amerikaner gegenüber und ...

Doch jetzt müssen wir die beiden aus einem besonderen Grunde allein lassen.

»Dieses hartnäckige Schweigen ist mir unbegreiflich,« sagte Sir Clane, als sie nach einer Viertelstunde die Zelle wieder verließen.

»Ja, ich hatte gehofft, ihn zum Sprechen bringen zu können,« entgegnete der Amerikaner.

Der Besuch war also erfolglos gewesen, Keigo Kiyotaki hatte kein Wort über seine Lippen kommen lassen.

Aus welchem besonderen Grunde dann der geneigte Leser nicht weiter in der Zelle bleiben durfte?

Das soll später bei Gelegenheit erläutert werden, jetzt ist es noch nicht Zeit dazu.

 

Dann noch etwas anderes, was dem Leser ebenfalls nur angedeutet werden kann.

In derselben Nacht, welche diesem Tage folgte, öffnete sich in der dritten Etage eines Hauses, dessen Eingang in der Bedfordstreet lag, das Fenster eines Hinterzimmers. Ein Mensch bog sich heraus, blickte in den dunklen Hof hinab und sah zu dem finsteren Himmel hinauf, und dann kam eine Hand zum Vorschein und tastete seitwärts nach dem Blitzableiter, und im nächsten Augenblick hing an diesem Blitzableiter zwischen Himmel und Erde die Gestalt eines dunkel gekleideten Mannes, der wieder im nächsten Moment mit der Gewandtheit eines Affen den Blitzableiter emporkletterte, und als er das Dach erreicht hatte, verwandelte sich der Affe in eine Katze, denn mit der Geschicklichkeit einer solchen setzte er seinen Weg auf dem Dache fort, und da gab es kein Hindernis, welches er nicht durch Springen oder Kriechen zu überwinden gewußt hätte.

Der Mann zeigte ein außerordentliches Interesse für Schornsteine, besonders aus dem einen Hause, und mit einem Male war er in demselben spurlos verschwunden. Und der gehörte gerade dem Hause an, in welchem Loftus Deacon ermordet worden war. –

 

Der Tag, an welchem der Amerikaner den Untersuchungsgefangenen erfolglos besucht hatte, war seit jener Mordnacht der neunte gewesen. Vier Tage später sprachen die Geschworenen über den des überlegten Mordes schuldig Befundenen das Urteil aus, welches diesmal Sir Edward Clane nicht hatte mildern können. Es lautete auf den Tod durch den Strang. Und wiederum vier Tage später mußte dieses Urteil vollstreckt sein.

Die Hinrichtung sollte auf der üblichen Stätte vollzogen werden. Es ist dies in Newgate ein unbedeckter Hof, welcher nichts weiter als den hohen Galgen enthält. Die Flaggenstange steht daneben auf dem Dache eines Hauses, es weht ständig eine weiße Fahne daran, nur bei einer Hinrichtung wird sie durch eine schwarze ersetzt, und an demselben Hause ist auch die elektrisch funktionierende Sünderglocke angebracht.

Sitzplätze für die Zuschauer gibt es nicht, alles muß stehen, ohne Schutz vor der Witterung. Oeffentlich sind diese Hinrichtungen natürlich nicht mehr, Billetts kann man sich nicht kaufen. Es sind aber außer den Richtern und Beamten doch immer noch Zuschauer vorhanden: die Geschworenen, die Zeugen, welche in dem Prozeß mitgewirkt haben, die Berichterstatter der großen Zeitungen, und auch sonst können einzelne Personen Zutritt erhalten, wenn sie sich darum bemühen und Protektion haben.

So war auch Mr. Beken zugegen, um den Japaner sterben zu sehen, dessen Vater er gekannt. Sir Edward Clane hatte ihm auf seine Bitte eine Karte verschafft.

Die letzte Minute war da. Aus dem Portal jenes Hauses kam Keigo Kiyotaki in Begleitung zweier Wächter, in einem grauen Anzug, den Oberkörper in einer Art von Zwangsjacke, an der die Hände und Arme festgeschnallt sind.

Es war ihm nichts anzumerken. Gelassen schritt er über den Hofraum und stieg die breite Treppe zum Galgen hinauf. Auf dem Forum angelangt, mußte er stehen bleiben, die weiße Flagge wurde mit der schwarzen vertauscht, der Richter verlas nochmals das Urteil, der als Gentleman gekleidete Henker sprach seine Formel, legte dem Delinquenten die Schlinge um den entblößten Hals, trat zurück, und alles war fertig, der dem Tode Geweihte stand bereits auf dem Fallbrett.

Bim ...bim ...bim ...

»Haltet ein!!!« donnerte da plötzlich eine Stimme. »Keigo Kiyotaki ist unschuldig!!!«

Mr. Beken war es, der es mit machtvoller Stimme gerufen hatte und dabei mit ausgestrecktem Arm weit vorgetreten war.

Es läßt sich denken, was für eine Bestürzung diese Worte hervorriefen. Selbst das Armesünderglöcklein konnte vor Schreck nicht den vierten Ton hervorbringen – der den Apparat bedienende Beamte hatte den Mechanismus ausgeschaltet.

»Was sagen Sie da?! Mann, wer sind Sie?« erklang es von berufener Seite.

»Keigo Kiyotaki ist unschuldig! Mein Name ist Nobody! Ich bin Berichterstatter von der in New-York und London erscheinenden Zeitung ›Worlds Magazine[‹]!«

Wiederum eine furchtbare Erregung und überall die zweifelndsten Gesichter.

Wie, das war dieser vielgenannte Nobody, der sich hier hereinmischte, das war der Privat-Detektiv von jener amerikanischen Schwindelzeitung?

Wir werden noch später sehen, weshalb diese Namen in England einen so schlechten Klang hatten.

»Und Sie behaupten, der Verurteilte sei an der Ermordung von Loftus Deacon unschuldig?!«

»Ich behaupte es nicht, sondern ich weiß es! Ich verlange, sofort als Zeuge vernommen zu werden! Keigo Kiyotaki ist völlig unschuldig! Ich habe den wahren Mörder gefunden!!«

Man reißt und schleppt sie vor den Richter,

Daß eine Hinrichtung unterbrochen wurde, ist nur zweimal passiert, so lange Newgate steht. Dies hier war also der zweite Fall.

Die Wiederaufnahme des Prozesses vor den Richtern geschah sofort – sofort! Freilich nicht auf der Hinrichtungsstätte.

Unterdessen aber hatten auch schon die Richter die Nummer von ‹Worlds Magazine‹ in die Hände bekommen, beim dritten Glockenzeichen ausgerufen, in dem Augenblick, als jener Nobody mit seiner Behauptung aufgetreten war, und was man da zu lesen bekam, das war unerhört! Alles war wie vor den Kopf geschlagen, am allermeisten die Richter.

Aber wehe, wehe, wenn dieser Mann, der sich Nobody nannte, hier einen seiner genialen Yankeestreiche zum besten geben wollte!!!

»Ihr Name?«

»Nobody.«

»Vorname?«

»Habe keinen.«

»Wann sind Sie geboren?«

»Ich spreche nicht über meine Vergangenheit, ich verlange, mit Keigo Kiyotaki konfrontiert zu werden, um hier öffentlich seine Unschuld zu beweisen, um einen Justizmord zu verhüten.«

Es lag hier ein solch außergewöhnlicher Fall vor, daß alles andere als Nebensache betrachtet wurde.

Keigo Kiyotaki ward nun wieder als Untersuchungsgefangener vorgeführt. Man sah ihm an, wie unwirsch er war, wie er seine alte Gleichgültigkeit gegen alles zwar noch zu heucheln suchte, aber mit wenig Glück. Mit geheimer Angst blickte er auf den alten Herrn, welche Maske Nobody beibehielt.

»Keigo Kiyotaki,« redete ihn dieser, dazu aufgefordert, jetzt an, »hast du an jenem Tage, an welchem du dich in London aufhieltest und an welchem Loftus Deacon ermordet worden ist, mit diesem gesprochen?«

»Nein.«

Es war das erste Wort, welches man wieder von dem jungen Japaner hörte, und es war so unsicher herausgekommen.

»Du hast ihn gesprochen! Ich weiß es bestimmt!« rief Nobody in fast drohendem Tone. »Wo hast du ihn gesprochen?«

Keine Antwort. Der Japaner bereute schon sein erstes Wort. Er wollte wieder stumm werden.

»Am Abend in der sechsten Stunde, gerade, als die Figur in das Haus geschafft wurde und die Hausflur voller Menschen war, hast du dich zu ihm begeben, in sein Haus, hast mit ihm unter vier Augen gesprochen. Stimmt das nicht?«

Der Japaner riß nur die Augen weit auf und starrte den Sprecher an.

»Dann müßte er doch gesehen worden sein,« meinte einer am Richtertisch.

»So? Dann müßte er auch gesehen worden sein?« wiederholte Nobody spöttisch. »Ich denke, es sei so einfach für den Mörder gewesen, sich in dem Hause, in dem es damals so lebhaft zuging, ein- und auszuschleichen? – Keigo Kiyotaki, hat dir Loftus Deacon das Masamune-Schwert nicht freiwillig ausgehändigt?«

»Ja,« erklang es wieder gepreßt.

»Ach, daran ist ja gar nicht zu denken,« wurde abermals am grünen Tisch gesagt. »Mr Deacon hätte nicht für alle Schätze der Welt ...«

»Bitte, so unterbrechen Sie meine Beweisführung doch nicht immer!« rief Nobody ungeduldig. »Ich habe Ihnen doch soeben gezeigt, daß Sie sich selbst widersprechen. – Keigo Kiyotaki, was hast du ihm für dieses Masamune-Schwert gegeben?«

Lange blieb die Antwort aus, mit fest zusammengepreßten Lippen stierte der Japaner auf den ihm unbekannten Mann, und unverkennbare Angst sprach aus seinen Augen.

»Nichts,« erklang es dann heiser, und jetzt wurden auch die Richter stutzig.

Nobody streckte den Arm gegen ihn aus.

»Keigo Kiyotaki,« sagte er, jedes Wort betonend, »du – hast – ihm – ein – ›Monikono‹ dafür gegeben!!«

Es war nicht anders, als ob der Japaner plötzlich vom Blitze getroffen worden wäre. Einen gellenden Schrei ausstoßend schlug er die Hände vor das Gesicht und stürzte rücklings zu Boden. Die herbeispringenden Konstabler fanden ihn zwar nicht tot, aber er war nicht zum Aufstehen zu bewegen, er mußte hinausgetragen werden.

In dem Gerichtssaale war ein kleiner Tumult entstanden. Erklären konnte sich das hier vorliegende Rätsel niemand.

»Armer Kerl,« ließ sich Nobody vernehmen, als die Ruhe wiederhergestellt war, »ich mußte ihn vernichten, um ihn retten zu können.«

»Aber so erklären Sie doch! Was ist das eigentlich, ein Monikono? Mr. Scott, wissen Sie das?«

Der Gefragte, welcher bei den Gerichtsverhandlungen als Sachverständiger über japanische Verhältnisse fungiert hatte, gab eine Erklärung.

Monikono war gleichfalls ein japanischer Waffenschmied, welcher Katanas fertigte. Aber während Masamune im vierten Jahrhundert nach Christi lebte, hat Monikono seinen Beruf noch vor Beginn unserer Zeitrechnung ausgeübt. Sind schon die Masamune-Schwerter in Japan sehr selten und so wert gehalten, daß nur das Petersburger Museum durch Zufall in den Besitz eines solchen gekommen ist – und dann also Loftus Deacon – so existierte von den Monikono-Schwertern auch in Japan überhaupt nur ein einziges Exemplar.

»Ich kann mir gar nicht denken, Herr, wie dieser junge Japaner zu einem Monikono-Katana gekommen sein soll,« wendete sich der Sachverständige an Nobody, »ich weiß bestimmt, daß sich nur noch ein einziges Monikono vererbt – das ist im Besitze des Mikado.«

»Nun, es hat früher doch noch andere Monikonos gegeben, wo sind denn die alle hin?«

»Die ruhen sämtlich in japanischen Fürstengräbern, das kann ich beweisen.«

»Na ja, ganz einfach, der Junge hatte eine solche Liebe oder einen solchen Respekt vor seinem Vater, daß er vor nichts zurückschreckte. Der ist damals, als ihm Deacon das Katana gegen Geld nicht aushändigen wollte, wieder nach Japan gegangen und hat ein Fürstengrab geplündert. Bei einem Monikono griff der alte Raritätensammler natürlich mit beiden Händen zu, dafür gab er sein Masamune gern her.«

Daß hier etwas ganz Außergewöhnliches vorlag, erkannten die Richter hauptsächlich an dem Benehmen des Sachverständigen. Dieser blickte starr nach dem Sprecher, schnalzte mit den Fingern und stieß, seine Umgebung vergessend, einen langen Pfiff aus.

»Wahrhaftig, das wäre eine Lösung! Um diesen Preis hätte Mr. Deacon das Masamune wohl weggegeben!«

»Deacons Diener, Mr. Jensy,« fuhr Nobody fort, sich wieder gegen den Richtertisch wendend, »will doch noch gegen zehn Uhr abends das Schwert auf dem Altar vor den Füßen des Götzen haben liegen sehen.«

»Allerdings.«

»Nein, das war nicht mehr das Katana des Masamune, das war schon das Monikono! Weil Mr. Deacon gar nichts davon gesagt hat? Zu wem sollte er denn seiner Freude gleich Ausdruck geben? Und das können Sie mir glauben, daß er dem Japaner, der heimlich unter falschem Namen seine Heimat verließ und nach London kam, sein heiligstes Versprechen abgeben mußte, diesen Tausch nicht gleich auszuposaunen, eine Zeit mußte er wenigstens vergehen lassen, und niemals durfte er verraten, von wem er das Monikono bekommen hatte.«

»Ja, wo ist das Monikono aber jetzt?«

»Das hat sich eben der eigentliche Mörder angeeignet.«

»Sie wollen diesen Mörder gefaßt haben?«

»Nicht gefaßt, sondern entdeckt.«

»Wer ist es?«

»Ein Werftarbeiter Namens Slackjaw.«

Durch die Reihen der im Saale postierten Konstabler ging eine unruhige Bewegung, mit bestürzten Augen sahen sie einander an.

»Wissen Sie, wo dieser Mann jetzt ist?«

»Ja.«

»Wo?«

»Er befindet sich noch jetzt in Mr. Deacons Wohnung!«

 

Deacons Haus war entsiegelt worden, es wurde von einer richterlichen Kommission betreten – höchst, höchst vorsichtig, denn Nobody hatte sich nicht weiter ausgelassen, er blieb bei seiner Behauptung, der Mörder stecke noch in der Wohnung, und nun glaubte jeder der Herren, in dem einsamen Hause den Mörder plötzlich hinter einer Ecke hervorspringen zu sehen.

»Hier riecht es aber übel,« meinte ein Herr, als das erste Zimmer geöffnet wurde.

»Nein, hier stinkt's sogar ganz tüchtig,« sagte Nobody trocken.

Als aber nun gar die Tür desjenigen Zimmers aufgeschlossen wurde, in welchem der Mord geschehen, da schlug ihnen eine wahre Pestlust entgegen.

»Hier liegt eine verwesende Leiche!!«

Den Herren war überhaupt schon eine Ahnung aufgegangen, nur gerade dieses Zimmer, in welchem Hachiman noch am Boden kauerte, hatte keiner in das Reich seiner Vermutungen gezogen.

»Treten Sie ein, meine Herren, wir sind am Ziel.«

Nobody ging ohne weiteres auf den Götzen zu, trat auf dessen ehernes Knie, so daß er den Zierrat auf dem Helm erreichen konnte, drehte diesen etwas und sprang wieder herab.

Daß dieser Zierrat zu drehen war, das hatten die Detektivs und Ingenieure damals auch bemerkt, und sie hatten genug daran herumgeleiert, aber einen Mechanismus, durch welchen das Schwert beweglich wurde, hatten sie dadurch nicht entdeckt.

»Jetzt muß die Figur wieder auf das Postament gehoben werden. Oder es ist ja auch nicht nötig, wir brauchen sie nur umzulegen.«

Es waren kräftige Konstabler genug zur Stelle, es gelang ihnen, den ehernen Götzen sanft zur Seite zu legen.

»Die Figur ist hohl, und es ist Ihnen doch bekannt, daß Hachiman, wenn ihm ein Schwert geweiht wurde, Feuer und Rauch ausspie. Da war doch natürlich ein Priester drin, der diesen Hokuspokus machte. Wie kam der hinein? Einfach durch ein sogenanntes Loch. Passen Sie auf, meine Herren!«

Er stemmte die Hand gegen den Teil, auf welchem der Götze für gewöhnlich saß, der also jetzt bloßgelegt worden war, aber wie er auch drückte und was für andere Kraftanstrengungen er auch machte, es zeigte sich kein Erfolg.

Und was sollte denn auch geschehen? Die Ingenieure hatten die Figur doch gründlich genug untersucht, auch hier unten war keine Fuge eines Deckels zu bemerken, der etwa ein Mannloch verschlossen hatte. Alles war eben aus einem Guß.

»Nanu,« murmelte Nobody. »So schwer kann die Geschichte doch nicht gehen, und ich kenne meinen Freund Hachiman doch gut genug, um zu wissen, wo bei dem der Zimmermann das Loch gelassen hat. Sollte da ... ach so, der Helmschmuck hat sich bei dem Umlegen wieder etwas verschoben. Der Schnabel muß nämlich genau nach der Schwertspitze weisen. Der Mechanismus ist sehr einfach, aber doch auch ganz genau gearbeitet.«

Er ging noch einmal nach dem Kopf, visierte, verbesserte die Stellung des Zierrates, begab sich zu den Füßen zurück, ein leiser Druck, und polternd stürzte eine Platte ins Innere, so daß ein großes Loch entstand.

Also doch ein Deckel, niemand hätte es für möglich gehalten. So genau war dieser Deckel hineingearbeitet worden.

Doch das war jetzt Nebensache. Mit einiger Scheu drängten sich die Herren herbei und starrten in das finstere Loch, aus welchem jetzt ein schrecklicher Geruch hervordrang.

Unbekümmert griff Nobody hinein, zog an etwas – – ein mit einem plumpen Schuh bekleideter Fuß kam zum Vorschein – – Nobody zog weiter, bis am Boden der ganze Mann lag, ein in Arbeitszeug gekleideter Mensch, klein und etwas verwachsen, zum Gerippe abgemagert, schon etwas verwest.

»Slackjaw!!« riefen zwei Konstabler gleichzeitig, wie alle übrigen mit Entsetzen auf die Leiche blickend.

Nobody griff nochmals in das Loch, suchte mit der Hand darin, steckte sogar den Kopf hinein, bis er eine leere Schnapsflasche zum Vorschein brachte.

»Hier hatte er zunächst für Trinken gesorgt, oder doch für geistige Erfrischung ... hier ... ein Stück Zeitungspapier mit Fettflecken – – da hatte er ein großes Butterbrot eingewickelt ... 's war aber nicht genug, um ihn vor dem Verhungern zu schützen ... und hier ... halt, was habe ich denn hier? –

richtig, ein Monikono! Bitte, Mr. Scott, wollen Sie es auf seine Echtheit prüfen.«

Er gab jenem das aus dem Innern hervorgezogene japanische Schwert, nicht anders als jenes andere aussehend, nur die blanke Klinge mit getrocknetem Blut bedeckt, und dann mit dem Zeichen eines anderen Waffenschmiedes.

»Ein Monikono!« hauchte Mr. Scott.

Sie alle blickten furchtsam nach diesem Schwerte, furchtsam nach der am Boden liegenden Leiche, am allerfurchtsamsten aber nach dem rätselhaften Manne, welcher der ganzen Sache plötzlich solch eine Wendung gegeben hatte. –

 

Wir wollen nicht dabei sein, wenn Nobody noch angesichts der Leiche seine Erklärung gibt, wir fassen alles kürzer zusammen.

Slackjaw – ein Spitzname, seinen richtigen Namen kannte man gar nicht, und in England gibt es keine Arbeitsbücher und dergleichen, so wenig wie eine polizeiliche Anmeldung – war schon seit mehreren Jahren in Costenobles Lagerschuppen als Arbeiter beschäftigt. Obgleich er den Montag regelmäßig blau machte, manchmal noch den Dienstag, einmal auch gleich eine ganze Woche wegen einer Prügelei oder wegen eines in der Trunkenheit verübten Unfugs hinter Schloß und Riegel saß, hatte er immer seinen Posten behalten. Denn sonst war er ein recht anstelliger Bursche; wenn im Lagerraum einmal eine große Kiste verstaut war, oder wenn der Aufseher sein Notizbüchelchen verlegt hatte, so wurde Slackjaw gerufen, der fand alles, der brauchte gar nicht erst zu suchen, der wußte alles, und trotz seiner von Leidenschaften entstellten Physiognomie und seines tückischen Blickes war er immer ehrlich gewesen und verträglich mit seinen Kameraden.

Die Detektivs freilich, die interessieren sich für solche Physiognomien, die kennen doch ihre Kunden, und wenn Slackjaw wieder einmal wegen Trunkenheit eingesperrt war, so besuchten sie ihn gern in seiner Zelle, das Verbrecheralbum mitnehmend. Wenn man nur genau gewußt hätte, wo er sich früher aufgehalten, denn der hatte doch sicher schon manches auf dem Kerbholze! Allein es gelang nicht, in dem geriebenen Burschen einen alten Bekannten wiederzufinden.

Daß er seit fast drei Wochen verschwunden gewesen, war der Polizei wohl bekannt, aber sie hatte sich nicht weiter darum gekümmert. Slackjaw war jedenfalls in seinen alten Lebenswandel zurückgefallen.

Jetzt war er tot und konnte nicht mehr erzählen. Das Nachfolgende ist also nur eine Kalkulation Nobodys, welche jetzt freilich auch jeder andere der Herren hätte aufstellen können, ohne besonderen Scharfsinn zu besitzen.

Der eherne Kriegsgott besaß also eine Vorrichtung, um ins Innere gelangen zu können. Die bewegliche Helmkuppel drehte eine im Innern befindliche Eisenstange, die unten wieder einen Querstab oder einen großen Riegel hatte. Lag der Riegel auf der Platte, welche unten die Oeffnung verschloß, so konnte die Platte nicht gehoben noch sonst bewegt werden, und das Ganze war so genau gearbeitet, daß man von dem Deckel gar nichts merkte. Wurde der Riegel zurückgeschoben, wozu aber der Mechanismus des Helmes ganz genau eingestellt werden mußte, so konnte die Platte mit leichter Mühe ins Innere gedrückt werden.

Der Zweck dieser Vorrichtung ist ja ganz klar. Die japanischen Priester trieben eben mit Hachiman ihren Hokuspokus. Das heißt, jetzt war es allen den Herren ganz klar. Es hatte sogar ganz den Anschein, als ob auch der vorige Besitzer des Kriegsgottes, Monsieur Delcassé, von dieser Vorrichtung gar nichts gewußt habe.

Slackjaw nun hatte den geheimen Mechanismus entdeckt, während der Götze im Lagerschuppen gestanden hatte. Auf welche Weise er ihn gefunden? Das war und blieb ein Geheimnis des Toten. Es konnte ein blinder Zufall gewesen sein, Slackjaw war aber auch solch ein Bursche, der überall herumspionieren und herumschnüffeln muß, und ein ganz pfiffiger Kopf war er obendrein.

Kurz und gut, er hatte eben diese geheime Vorrichtung entdeckt. Und nun mag in ihm gleich der Plan entstanden sein. Er hütete seine Entdeckung sorgfältig und beobachtete mit Spannung, ob die Platte auch einmal von einem anderen gelüftet werde. Als dann Loftus Deacon den Götzen schon gekauft hatte, die eherne Figur genau untersuchte, ob an dem Guß nichts gesprungen sei, und er prüfte nicht den Mechanismus, da war es ganz selbstverständlich, daß er auch nichts von diesem wußte.

Jetzt war Slackjaws Plan fix und fertig. Wenn er sich nach einem verbrecherischen Leben vielleicht vorgenommen hatte, durch ehrliche Arbeit sich zu ernähren, so konnte er sich doch nicht solch eine günstige Gelegenheit entgehen lassen, mit einem Schlage ein reicher Mann zu werden.

Slackjaw war nämlich schon öfters in Deacons Wohnung gewesen, hatte Kisten hinbringen müsfen, war bis in die Schatzkammern gekommen, hatte das Gold und die Juwelen an den indischen Gewändern und Waffen funkeln sehen, und wenn in diesem Distrikt fast jedes Kind die Gewohnheiten des alten Sonderlings kannte, so noch besser Slackjaw, jedenfalls ein ehemaliger Einbrecher, der seine Lust am Spionieren hat.

Also an jenem Tage, an welchem Deacon den Götzen nach seinem Hause überführen lassen wollte, kroch Slackjaw, mit einer Brechzange versehen – man fand sie dann in seiner Tasche – und eine Flasche Schnaps und etwas zu essen mitnehmend, zu geeigneter Zeit in den metallenen Leib hinein und schob inwendig den Riegel wieder über die Platte.

So, nun kam es darauf an, ob man ihn doch noch entdecken würde. In diesem Falle hätte er schon eine Ausrede gehabt. Er war eben in die Figur gekrochen, war betrunken gewesen, war eingeschlafen, das Instrument war nichts weiter als eine Gaszange – jedenfalls hätte es nicht sehr schlimm für ihn ablaufen können.

Doch es gelang. Von dem Mannloch mit der abnehmbaren Platte wußte wirklich niemand etwas, und den starken Arbeitern, welche den Koloß von sechs Zentnern Gewicht auf den Wagen heben mußten, kam es auf so eine Last, wie der kleine Bursche war, auch nicht an. Im Lagerschuppen wurde Slackjaw nicht vermißt, er machte wieder einmal blau.

So, er befand sich im Hause von Loftus Deacon. Jetzt hieß es geduldig warten bis zur Nacht; sehr unangenehm in dem engen Gefängnis, in dem er wegen der Eisenstange nicht einmal aufrecht stehen konnte, aber dann auch welcher Lohn! Wenn alles ganz still im Hause war, dann schlüpfte er heraus, Streichhölzer hatte er bei sich, das genügte, nun zusammengerafft und von Edelsteinen losgebrochen, so viel in die Taschen und in ein Tuch ging, dann ein Parterrefenster aufgeriegelt und hinausgesprungen, und wo er Gold und Juwelen in bare Münze verwandelte, mochte er schon von früher her wissen, und London ist groß, die Welt noch größer.

Slackjaw hörte den ganzen Nachmittag die Leute in dem Zimmer wirtschaften, zuletzt nur noch den Hausherrn, es wurde Abend, es wurde Nacht, Deacon schickte die Diener zu Bett, ging selbst, Slackjaw hörte Uhren schlagen, und um Mitternacht glaubte er, nun ans Werk gehen zu können.

Er verließ sein Versteck – da trat Deacon mit der brennenden Lampe ein.

Was nun weiter geschah, ist alles schon einmal geschildert worden, nur in bezug auf Keigo Kiyotaki, und daß es das von diesem neu erhaltene Schwert des Monikono war, welches auf dem Altar so recht handbereit lag, das Slackjaw ergriff und mit ihm die zwei mörderlichen Hiebe nach dem alten Herrn führte, und dann schließlich, daß der Verbrecher, als Jensy rief und an die Türe pochte, wieder in den Leib des Götzen zurückkroch und den Riegel vorschob. Das Schwert hatte er mitgenommen.

Die Diener stürzten herein, Polizisten und Detektivs kamen.

Als der Mörder in der Wohnung nicht gefunden wurde, wandte man seine Aufmerksamkeit dem ehernen Götzen zu, hob ihn zur genaueren Untersuchung von seinem Postamente herunter ...und Slackjaw war gefangen!

In Slackjaws Programm war überhaupt ein Rechenfehler gewesen. Das Piedestal, auf welchem der Götze saß, war nur ein eisernes Gestell mit vier Füßen, die Figur paßte gerade auf den oberen Rahmen. Sonst hätte man ja auch nicht von unten hineinkriechen können. Gesetzt nun den Fall, Deacon hätte für den Kriegsgott in seinem Museum ein anderes Untergestell gewählt, ein massives Postament, oder nur eines mit einer oberen Platte, so wäre Slackjaw überhaupt gefangen gewesen. Mit dieser Möglichkeit hatte er nicht gerechnet, oder aber vielleicht wußte er auch schon ganz bestimmt, daß Deacon den Götzen bei sich auf dem eisernen Gestell, einer kunstvollen japanischen Schmiedearbeit, ruhen lassen würde.

Jetzt aber, wie die Figur auf den Boden gesetzt wurde und dort stehen blieb, saß der Mörder in der Falle fest! Er konnte nur hoffen, daß man den Götzen wieder auf das hohle Postament heben oder ihn doch umlegen würde, und daß einmal kein Mensch im Zimmer wäre. Dann hätte Slackjaw sich natürlich schleunigst befreit und durch ein Fenster entfernt bei Nacht oder selbst bei Tag.

Es sollte anders kommen. Man ließ den Götzen eben am Boden sitzen. Was der Mörder in dem engen Gefängnis ausgestanden, das kann sich wohl kein Mensch ausmalen. Und am zweiten Tage wurde das Haus verlassen und versiegelt. Mochte der Eingekerkerte nun um Hilfe gerufen haben – man hatte seine vor körperlicher Erschöpfung schon ganz geschwächte Stimme draußen auf der Straße nicht mehr gehört. So war er verhungert. –

So lautete Nobodys Erklärung, und es konnte ja auch gar nicht anders sein.

Aber jetzt gab es ein noch viel größeres Rätsel zu lösen, so groß, daß man es kaum fassen konnte.

»Mensch – Mann – Mr. Nobody – – sind Sie denn nur allwissend?!«

Ein feines Lächeln umspielte den faltigen Mund des Mannes, der seine jetzige Yankee-Maske beibehielt, als er mit einem klassischen Zitat, welches auch jeder gebildete Engländer kennt, so gut wie jeder gebildete Deutsche den englischen Shakespeare, erwiderte:

»Allwissend bin ich nicht, doch viel ist mir bewußt.«

»Sie müssen doch schon vorher in diesem Hause gewesen sein und Ihre Untersuchungen angestellt haben.«

»Ich? Nein. Wie soll ich denn in dies versiegelte Haus gelangen können? Kalkulation, meine Herren, nichts weiter als Kalkulation!«

Man mußte vorläufig die fieberhafte Neugier bekämpfen, erst war die Pflicht zu erledigen. Es wurde alles zu Protokoll genommen, und als dies fertig und verlesen war, mußten es die Anwesenden unterschreiben.

»Mr. Nobody, bitte, wollen Sie hier Ihren Namen daruntersetzen.«

Aber kein Mr. Nobody war mehr da. Er hatte sich unterdessen unsichtbar gemacht, ließ sich auch nicht wieder sehen. Destomehr bekam man von ihm noch zu hören.

Draußen auf der Straße begannen wieder die Zeitungsjungen zu johlen.

»Worlds Magazine, die große Schwindelzeitung der Welt, drei Pence die Nummer!!! – Ausführliche Beschreibung, wie Detektiv Nobody, der größte Schwindler der Welt, den wahren Mörder von Loftus Deacon gefunden hat!!! – – Worlds Magazine, die größte Schwindelzeitung der Welt, sechs Pence die Nummer – einen Schilling die Nummer!!!«

O, das waren Hiebe, welche da die kleinen Zeitungsteufel diesen Herren vom Gericht wie dem ganzen englischen Publikum versetzten.

Inwiefern? Warum es immer ›Schwindelzeitung‹ heißt?

Das hat eine Vorgeschichte.

›Worlds Magazine‹ erschien bereits seit einem halben Jahre, so lange war Nobody für die von ihm gegründete Zeitung schon als Hauptmacher tätig, in jener Weise, wie eben geschildert wurde. Aber seine Tätigkeit hatte sich bisher ausschließlich auf Amerika erstreckt.

Dort in Amerika war Nobody schon längst der Held des Tages, denn dort hatte er schon viele Verbrechen und rätselhafte Fälle aufgedeckt, vor denen Justiz, Polizei und Publikum ratlos gestanden hatten, dort in Amerika war ›Worlds Magazine‹ schon längst ein unabweisbares Bedürfnis geworden, welches in keinem Palast und in keiner Hütte fehlen durfte, und daher hatte diese neue Zeitschrift fast schon die Auflage von einer Million erreicht.

Natürlich kamen einzelne Nummern auch immer nach England und den englisch sprechenden Kolonien. Und was sagte man hier?

»Schwindel, alles Schwindel! Amerikanischer Humbug! Dieser Nobody existiert ja gar nicht! Das ist ja nur eine fabelhafte Persönlichkeit, die Ausgeburt der Phantasie einer schwindelhaften amerikanischen Sensationszeitung. Na, uns sollen die Yankees mit solchem Humbug verschonen!«

Ja, so ist es! Alles, was aus Amerika kommt, muß Schwindel sein. Und der Blamierte ist dann jedesmal der, welcher ›Schwindel!‹ geschrien hat.

Sollen Beispiele angeführt werden, daß es in unserem lieben Deutschland genau so ist? Dann nur zwei, von einer ganz anderen Art, aber auch einen einzelnen Mann betreffend.

Da ist in Amerika ein Erfinder, Edison heißt er, von dem berichteten eines Tages die amerikanischen Zeitungen, daß er einen Apparat erfunden habe, welcher sprechen und singen könne, die menschliche Stimme würde ganz genau wiedergegeben.

Und da war in allen Zeitungen zu lesen: »Das ist wieder einmal so ein amerikanischer Schwindel!« – und heute kann man einen Phonographen schon für fünf Mark kaufen!

Dann meldeten die amerikanischen Zeitungen von demselben Manne, er könne lebendige Photographien herstellen, auf den Bildern bewege sich alles.

»Schwindel, wieder einmal so ein echt amerikanischer Schwindel!«

So erklang es hohnlachend.

Und heute? Ueberall sind Automaten aufgestellt, man steckt einen Groschen hinein, da sieht man die Figürchen zappeln, und in den Variétés bewegen sie sich an der Wand in Lebensgröße.

Oder ist es nicht so? Ja, es ist so! Und das sind nur zwei Beispiele, es könnten aber hunderte angeführt werden. Man sollte mit dieser Schwindelschreierei endlich einmal aufhören. Wer zuletzt lacht, lacht am besten – und das sind bisher immer die Yankees gewesen. –

So verächtlich war also auch in England über dieses neue amerikanische Sensationsblatt und über seinen geheimnisvollen Berichterstatter, den sogenannten Nobody, gesprochen worden.

Und da war dieser geheimnisvolle Unbekannte einmal nach London gegangen, um den hohnlachenden Spöttern Keulenhiebe zu versetzen, von denen sie sich nicht so bald wieder erholen sollten.

Aber das wurde natürlich alles von langer, langer Hand vorbereitet. Damals freute sich Loftus Deacon noch seines Lebens. Man mußte irgend einen sensationellen Fall abwarten, der das Signal zum Angriff gab.

In der Fleetstreet war eine große Rotationsdruckerei gemietet worden. Kunnert Söhne nannte sich die neue Firma. Die ganze Fleetstreet, welche ausschließlich aus Buchdruckereien und Zeitungsverlagen besteht, wunderte sich nicht wenig über diese neue Konkurrenz. Das war ja eine ganz merkwürdige Firma! Tadellos eingerichtet, alles vorhanden, voll mit Personal besetzt, vom ersten Redakteur an bis zum letzten Setzer und Druckerlehrling und bis zum Kesselheizer – und alle diese Leute durften den ganzen Tag Karten spielen und erhielten dafür ihren Wochenlohn, und das ging nun schon sechs Wochen lang so fort!

Da wurde Loftus Deacon ermordet.

In der Druckerei von Kunnert Söhne regte sich deshalb noch nichts. Die Angestellten mußten nach wie vor am Morgen pünktlich erscheinen, das war das einzige, was man von ihnen verlangte, sie spielten bis zum Mittag ihren ›Jocker‹, gingen zu Tisch, kamen wieder und spielten ihren Jocker weiter.

Der rätselhafte Mord beschäftigte alle Zeitungen der Welt.

›Worlds Magazine‹ erzählte auch davon, das war die Zeitung besonders ihren Abonnenten auf einsamen Farmen und im Hinterwalde schuldig, aber ohne weitere Zutat.

In der nächsten Nummer jedoch hieß es: Wir haben unseren Detektiv Nobody nach London geschickt, um diesen mysteriösen Fall aufzuklären, denn wir sind der Ansicht, daß Keigo Kiyotaki unschuldig ist.

Aber – wohlverstanden! – da hatte Nobody die Wahrheit bereits herausgefunden! Da war er schon mit Sir Clane in der Zelle von Keigo Kiyotaki und heimlich in dem versiegelten Hause gewesen! Da war ihm schon alles ganz klar!

Und das ist der stets wiederkehrende Trick dieses Mannes gewesen, wodurch er in den Ruf der Allwissenheit kam.

Acht Tage später mußte Keigo Kiyotaki das Fallbrett des Galgens besteigen. Nobody, obgleich von seiner Unschuld schon überzeugt, ließ ihn ruhig steigen.

Als die Angestellten von Kunnert Söhne an diesem Morgen nach der Fabrik gingen, hätten sie bald das Haus nicht gefunden. Denn die Firma ›Kunnert Söhne‹ war verschwunden, dafür prangte an dem Hause ein anderes riesengroßes Plakat – ›Worlds Magazine‹.

Nun, die Leute wurden eingeladen, näherzutreten, und als sie alle drin waren, wurden hinter ihnen sämtliche Türen verschlossen, und jetzt ging es mit Volldampf los. Gesetzt waren die paar Seiten schon, es brauchte bloß noch gedruckt zu werden, die Zeitungsjungen waren auch schon da, und als es so weit war, wurde die Bande losgelassen.

»Wenn in Newgate die Sterbeglocke den dritten Ton von sich gibt, fangt ihr zu brüllen an.«

Diese Nummer enthielt nichts weiter als ein Resümee über den ganzen Fall und dann zum Schluß die fettgedruckte Bemerkung: »Soeben erhalten wir von unserem Detektiv Nobody die Nachricht, daß er den wirklichen Mörder gefunden hat, daß also Keigo Kiyotaki unschuldig ist!«

War das vielleicht noch nicht genug? Als man dies las, stand der Japaner schon auf dem Fallbrett, seine Sterbeglocke läutete schon!

Und zwei Stunden später fing die Brüllerei der kleinen Zeitungsteufel abermals an, sie boten eine Extranummer von ›Worlds Magazine‹ feil.

Was erzählte diese? Ganz genau alles das, was sich in diesem Augenblicke in Deacons Hause ereignete, wie die Gerichtskommission es betrat, wie es darin so übel roch, wie Nobody den Götzen umlegen ließ, wie er daraus die Leiche hervorzog, das Monikono-Schwert usw.

Und mit welchem Raffinement hier gearbeitet worden war, davon nur ein einziges Beispiel:

Nobody hatte doch nicht gleich den Deckel eindrücken können, war bestürzt gewesen, bis er merkte, woran es lag ... »Ach so, der Helmschmuck hat sich bei dem Umlegen wieder etwas verschoben ...«

Auch dies war schon in der Zeitung zu lesen, welche doch früher gesetzt und gedruckt war, ehe sich dies in Wirklichkeit ereignete, ehe Nobody diese Worte in Wirklichkeit sprach.

Wie ist das möglich? Ganz einfach, das war alles Berechnung gewesen – daß er den Mechanismus nicht richtig eingestellt, seine Bestürzung – alles, alles Absicht und Berechnung!

Nobody hatte ein Schauspiel geschrieben, dann führte er es vor dem Publikum auf, und daß alles klappt, das ist die Kunst des Regisseurs. Und so machte er es immer und stets, und daher seine fabelhaften Erfolge, die ihn immer mehr und mehr in den Ruf eines allwissenden Menschen brachten, der unbedingt mit der Geisterwelt in Verbindung stehen mußte.

Aber um sich diesen Ruf zu erhalten, durfte er natürlich seine Tricks nicht verraten. ›Worlds Magazine‹ erzählte von seinem Erfolg, alle anderen englischen und amerikanischen Zeitungen erzählten es nach, das Publikum sperrte Maul und Nase auf – und damit genug! Wie er es jedesmal zustande gebracht, davon hat man niemals etwas lesen können, oder aber, man erging sich in den ungeheuerlichsten Vermutungen, geriet auf die seltsamsten Ideen.

Wir aber schöpfen aus einer anderen Quelle, aus Nobodys Tagebuch. Freilich können die Erklärungen nur nach und nach erfolgen. –

 

»Ein Mann wünscht Sie zu sprechen, Sir Clane; er sieht aus wie ein Fischer oder wie ein Seemann.«

Schon seit langer Zeit war der Rechtsanwalt rastlos in seinem von zwei Gaslampen erleuchteten Arbeitszimmer auf- und abgewandert, als ihm sein Diener diese Meldung machte.

»Bringt er eine Nachricht über Keigo Kiyotaki?« fragte er hastig.

»Ich weiß nicht, Sir ...«

»Oder ist sonst nichts über den Japaner eingelaufen? Ist sein Aufenthalt noch nicht ermittelt worden?«

»O, Herr, ich würde es Ihnen doch sofort sagen,« entgegnete der alte Diener gekränkt.

»Ja, ja, du hast recht, Fred, du mußt Nachsicht mit der Ungeduld deines Herrn haben. Laß den Mann hereinkommen.«

Der Eintretende war in den Augen seines Dieners deshalb kein ›Herr‹, weil er ein wollenes Wams und hohe Seestiefel trug. Es war die kräftige, breitschultrige Gestalt eines noch jungen Mannes, das hübsche, offene Gesicht mit dem weißen Bärtchen von Wind und Sonne rotbraun gefärbt, eine echte Seemanns- oder richtiger Fischergestalt.

»Guten Abend, Sir Clane.«

»Guten Abend, mein lieber Mann, was wünschen Sie?«

»Ich höre, daß Sie den heute abend aus dem Gefängnis entlassenen Keigo Kiyotaki von der Polizei suchen lassen.«

»Ja, ich wollte den jungen Japaner sofort empfangen, aber die Entlassung erfolgte früher, als ich dachte, ich fürchte das Schlimmste für den jungen Mann ...«

»Ihre Sorge war nicht ungerechtfertigt, aber jetzt können Sie beruhigt sein, ich selbst habe Keigo Kiyotaki abgefangen und ihm die Mucken aus dem Kopfe getrieben, er ist und bleibt bei mir, wir haben schon gute Freundschaft geschlossen.«

Der Rechtsanwalt stutzte. War das die Sprache und das Auftreten eines gewöhnlichen Fischers?

»Bei Ihnen? Wer sind Sie?«

»Sie erkennen mich wirklich nicht?« lächelte der Mann.

»Nein.«

»Nobody ist mein Name.«

Es dauerte lange, ehe der Rechtsanwalt dies glauben konnte. Der Unterschied zwischen dem alten, blassen Yankee und diesem jungen Fischer mit dem roten, vor Gesundheit strotzenden Gesicht war ein gar zu gewaltiger.

Nobody mußte ihm erst einige Proben aus ihrer früheren Unterhaltung geben.

»Nun sagen Sie bloß, Sie geheimnisvoller Mann, wie haben Sie dieses Rätsel heute nur so schnell lösen können?! Ich glaube wahrhaftig, Sie stehen mit Geistern in Verbindung.«

»Ist Ihnen so durchaus unerklärlich, auf welche Weise ich die richtige Lösung herbeiführte?«

»Durchaus.«

»Mit Ihnen, Sir Clane, möchte ich eine Ausnahme machen, ich fühle mich sogar verpflichtet, Ihnen eine Erklärung zu geben, weil ich auch Sie getäuscht habe. Aber Sie müssen mir Ihr Ehrenwort geben, niemandem zu verraten, was ich Ihnen jetzt sage.«

»Sie haben mein Ehrenwort.«

»Ich war ganz einfach schon vorher in Deacons Wohnung und habe dort meine Untersuchungen angestellt. Daß ein Mensch in der Wohnung sein mußte, roch ich sofort, dazu hätte ich keine so besonders feine Nase zu haben brauchen. Der Geruch führte mich nach der Figur des Kriegsgottes ... und alles andere können Sie sich wohl selbst erklären.«

»Ganz und gar nicht! Wie wollten Sie denn in das Haus gelangen? Alle Türen und Fenster waren doch versiegelt.«

»Aber nicht die Schornsteine!«

»Sie wollen damit sagen, daß Sie durch einen solchen hineingekrochen sind?«

»Hinein und auch wieder heraus. Das ist doch gar kein so ungewöhnlicher Weg. Nur darüber sprechen darf man nicht, sonst nimmt man mich beim Schlafittchen. Ich habe Ihr Ehrenwort.«

»Ich verstehe noch längst nicht. Sie überzeugten sich bei Ihrem heimlichen Besuch, was sich in dem Innern des Götzen befand?«

»Gewiß, und da eben erfuhr ich alles.«

»Waren Sie allein in dem Hause?«

»Allein.«

»Halt, jetzt habe ich Sie gefangen! Der Götze saß doch mit der Platte auf dem Boden.«

»Ich kippte ihn einfach um.«

»Den sechs Zentner schweren Koloß?«

»Jawohl, und richtete ihn auch wieder allein auf. Zu so etwas gehört mehr Geschicklichkeit als Kraft.«

Der Rechtsanwalt konnte nur den Kopf schütteln.

»Wie aber fanden Sie den öffnenden Mechanismus?«

»Durch Probieren. Ich wußte bestimmt, daß ein Mensch darin steckte, das roch ich; auf irgend eine Weise mußte jener doch hineingekommen sein, und da probierte ich so lange, bis ich den Mechanismus gefunden hatte. Oder nehmen Sie auch an, daß ich lange Zeit in Japan gewesen bin und etwas in die japanischen Mysterien eingeweiht worden bin.«

»Was fanden Sie in dem Götzen?«

»Dasselbe, was Sie heute gesehen haben. Das Monikono-Schwert erzählte mir, auf welche Weise Keigo Kiyotaki wieder zu seinem Masamune gekommen war, und die Schnapsflasche sagte mir, wer der kleine, etwas schiefgewachsene Mann war, dessen Leiche ich in dem Innern des Götzen fand.«

»Wieso die Flasche?«

»Weil darauf steht: Mills Public-House. Wo ist die Restauration von Mill? Das sagte mir jedes Adreßbuch. Gleich neben Costenobles Lagerhaus! Aha! Ich ging hin. Arbeitet hier ein kleiner Mann, der etwas schiefgewachsen ist? Jawohl, Slackjaw heißt er, aber er ist schon seit einer Woche fort von hier, ist plötzlich weggeblieben. – Brauchen Sie sonst noch eine Erklärung, Sir? Wohl nicht?«

Der Rechtsanwalt blickte den Sprecher starr an.

»Seit – einer – Woche?« wiederholte er langsam. »Dies alles haben Sie doch erst heute entdeckt.«

»I wo. Schon vor acht Tagen.«

»So lange – wissen Sie schon – daß – Keigo Kiyotaki – unschuldig ist?« brachte der alte Herr nur stockend hervor.

»Jawohl.«

»Und – Sie – haben ihn – das Fallbrett betreten lassen?«

»Jawohl,« erklang es ebenso gemütlich wie zuvor, »Man[man] muß die Trümpfe nicht sofort ausspielen, sondern erst, wenn die passendste Zeit dazu ist. Sehen Sie, daß ich meinen Trumpf zur rechten Zeit ausspielte, das hat mein jährliches Einkommen um wenigstens 30 000 Pfund Sterling vermehrt. Denn wenn ›Lloyds Weekly News‹ in England in einer Million Exemplaren zirkuliert, so schätze ich die wöchentliche Londoner Auflage von ›Worlds Magazine‹ von jetzt an auf mindestens 600 000 Exemplare, das bringt mir wöchentlich 12 000 Schillinge ein, und das soll erst der Anfang sein, und so etwas kann man sich doch nicht entgehen lassen. Dazu aber mußte Keigo Kiyotaki erst den Strick um den Hals haben, ehe ich eingriff. Das Publikum schwärmt nun einmal für alles Sensationelle.«

»Mensch, du hast furchtbar gefrevelt!!« stöhnte der alte Rechtsanwalt mit ausgestrecktem Arm.

»Ja, ein Mensch bin ich und gar kein so schlechter, wie Sie jetzt vielleicht von mir denken. Es war ein Japaner, welcher auf dem Fallbrett stand, noch dazu ein solcher, welcher gern sterben wollte, und ich kenne den japanischen Charakter. Einen anderen Menschen würde ich dieser Todesangst nicht ausgesetzt haben, der Japaner aber hat gar nichts von Todesangst gewußt. – Sir Clane, Sie sind Spiritist?«

Das scharfe Auge des Detektivs hatte erkannt, daß ein großes Bücherregal nur mit spiritistischen und okkultistischen Werken angefüllt war, auch auf dem Schreibtisch lag ein solches, der alte Herr hatte bis vorhin darin gelesen.

»Ja, ich bin Spiritist,« sagte der englische Rechtsanwalt ohne Zögern, sofort von allen anderen Gedanken abgelenkt, und weiter hatte der schlaue Detektiv ja auch nichts gewollt.

Königin Viktoria war die gläubigste Spiritistin, zwei ihrer Kammerzofen waren Medien; Gladstone war der ausgesprochenste Spiritist – – also von oben kam es, und nicht anders ist es noch heute in England.

»Haben Sie schon einmal einen spiritistischen Apport beobachtet?«

Seltsam! Gerade hierüber hatte der Rechtsanwalt vorhin gelesen, das ganze Buch behandelte nichts weiter.

Unter spiritistischem Apport versteht man die Herbeischaffung eines Gegenstandes durch Geisterhände, und die höchste Vollendung ist es, wenn dies auf Kommando mit einem bestimmten Gegenstand geschieht.

»Wir haben es einmal probiert, es war ein sehr kräftiges Medium, beinahe wäre es auch gelungen, aber dann ging's doch nicht.«

»Wie gewöhnlich,« sagte Nobody mit leiser Ironie. »Ich werde Ihnen einmal einen spiritistischen Apport zum besten geben, und Sie dürfen auch erzählen, was Sie zu sehen bekommen haben.«

»Sie? Hier? Hier in diesem Zimmer? Ohne Vorbereitung? Jetzt sofort?« rief Sir Clane, der plötzlich ganz außer sich kam.

»Jetzt sofort ohne Vorbereitung hier in diesem Zimmer. Nehmen Sie irgend einen Gegenstand – am liebsten ist mir ein Ring, den Sie von ihrem Finger streifen, da ist jede Verwechslung ausgeschlossen – Sie selbst legen ihn dort auf den Tisch, ich trete dort an die Wand – – eins, zwei, drei! – und der Ring kommt in meine Hand geflogen.«

Jetzt begann der alte Spiritist vor Aufregung zu zittern.

»Mann, wenn Sie das können, dann will ich vor Ihnen niederknien und Sie anbeten!!« rief er in Extase.

»Das verlange ich gar nicht, und da ist auch gar nichts weiter dabei. Wenn Sie wissen, wie's gemacht wird, können Sie's auch.«

Das war ein kleiner Dämpfer.

»Das – könnte – ich – auch?«

»Freilich, jedes Kind kann's, man muß nur wissen, wie man das Ei stehen läßt. – Eine kleine Vorbereitung brauche ich allerdings doch ...«

»Muß eine magnetische Kette hergestellt werden? Gewiß, eine magnetische Kette muß sein, ohne die geht's nicht!«

»Nein, ich brauche keine magnetische Kette, bei mir braucht nicht einmal das Licht ausgepustet zu werden.«

»Was, hier bei hellem Gaslichte wollen Sie die Geistermanifestation ausführen?! Herr, da kenne ich die Geister besser! Wenn's hell ist, kommen sie niemals.«

Der alte, ehrwürdige Rechtsanwalt, so brav, so bieder, so klug, so besonnen, so scharfsinnig – er war gar nicht wiederzuerkennen! Aber so ist's immer, wenn man bei einem Spiritisten von den ›lieben Geistern‹ anfängt. Das ist wirklich geradezu ein Fluch. Genau so ist's aber auch mit den Vegetarianern. Es kann sonst jemand ein schweigsamer Moltke sein – wenn er Vegetarianer ist, und man fängt aus Versehen einmal vom Essen an – da quasselt der Kerl gleich stundenlang von Spinat und Südfrüchten.

»Mir gelingt das Experiment auch am hellerlichten Tage, und von Geistern habe ich gar nicht gesprochen. Geister habe ich nicht nötig, ich mache alles aus eigener Kraft, und ich glaube nicht unbescheiden zu sein, wenn ich meine Meinung ausspreche, daß ich nämlich selbst Geist genug habe. Meine Vorbereitung besteht nur darin, daß ich Sie um ein Blättchen Papier bitte, irgend eines, vielleicht dieses hier?«

Sir Clane gab ihm ein Stück weißes Papier, welches auf dem Schreibtisch gelegen hatte.

»Ich hauche dieses Stück Papier an – sehen Sie – und lege es hier auf diesen Tisch.«

Er tat so, wie er sagte, hatte das Blatt Papier auf beiden Seiten angehaucht und legte es mitten auf ein an der Wand stehendes Tischchen.

»Nun bitte ich noch um einen Stock. Oder darf ich dieses Lineal hier nehmen?«

Nobody nahm vom Schreibtisch das lange, hölzerne Lineal und ließ es mehrmals mit einer streichenden Bewegung durch seine Hände gehen.

»Ah, Sie magnetisieren das Lineal!«

»Jawohl, ich magnetisiere das Lineal,« bestätigte Nobody, aber immer wieder mit einem leisen Spott im Ton. »Jetzt werde ich dem Gegenstand den Weg vorzeichnen, den er am Boden zu nehmen hat. Das ist nämlich auch unumgänglich notwendig.«

»Er wird nicht durch die Luft getragen?«

»Nein, er marschiert am Boden entlang, allerdings schwebend.«

Nobody begab sich an jenen Tisch, auf welchem das Stück Papier lag, berührte dieses mit dem einen Ende des Lineals, zog mit demselben Ende über den Tisch weg einen Strich, fuhr mit dem Lineal weiter an dem Tischbein hinab, ging langsam und gebückt durch das ganze Zimmer, mit dem Lineal am Boden einen unsichtbaren Strich ziehend, bis er sich an der dem Tisch entgegengesetzten Wand wieder aufrichtete.

»Hier bleibe ich stehen, verlasse diese Stelle nicht mehr. Sir Clane, wollen Sie auf das Stück Papier nun irgend einen Gegenstand legen, den Sie dann bestimmt wiedererkennen. Am besten ist immer ein Ring. Dieser Ring wird dann auf mein Kommando von selbst hierher zu mir kommen.«

Der Rechtsanwalt trug nur zwei Ringe, den einen streifte er ab und legte ihn auf das Stück Papier. Seine Hand zitterte dabei.

»So. Jetzt wollen Sie hierher zu mir kommen.«

Der Rechtsanwalt begab sich hin zu ihm.

»Jetzt müssen Sie sich allerdings herumdrehen, das Gesicht gegen die Wand, sehen dürfen Sie nicht, was jetzt hinter Ihrem Rücken vor sich geht. Erst blicken Sie sich noch einmal um. Liegt der Ring noch dort?«

Sir Clane blickte nach dem Tische – natürlich, der Ring lag auf dem Papier, das war ganz deutlich von hier aus zu sehen. Es war ein sehr geräumiges Zimmer, die Entfernung von dem Tische bis dorthin, wo die beiden standen, betrug etwa sechs Meter.

»Gut. Jetzt drehen Sie sich wieder um. Halteu Sie meine beiden Hände fest. So ist es recht. Ich zähle: eins – zwei – drei – vier – fünf – sechs – sieben – acht – neun – zehn ... hier ist der Ring!«

Nobodys Hände waren von dem Rechtsanwalt festgehalten worden, er entzog ihm die eine, machte mit ihr eine eigentümlich drehende Bewegung, ganz an die erinnernd, wie er sie immer bei den in der vorigen Erzählung geschilderten Taschenspielerkunststückchen angewendet hatte, und wie er die Hand herumdrehte, lag darin ein Ring.

Hastig nahm ihn der Rechtsanwalt, es war der seine – er blickte sich um, er stürzte nach dem Tisch – der Ring war weg, oder er lag doch nicht mehr auf dem Papier – er hatte ihn ja in seiner eigenen Hand!

»Bei Gott, dem Allmächtigen – Nobody – – sprechen Sie ...«

Wie er sich umdrehte, war der Fischer nicht mehr im Zimmer. Während der Rechtsanwalt einige Sekunden wie versteinert dagestanden, hatte Nobody es schnell und geräuschlos verlassen, und er war nicht mehr zu erreichen, unten fiel schon die Haustür ins Schloß.

 

Wir werden später erfahren, auf welche Weise Nobody dieses scheinbar übernatürliche Experiment und dennoch nur ein Taschenspielerkunststückchen, welches besonders bei den Chinesen und Japanern beliebt ist, ausführte. Wenn man weiß, wie's gemacht wird, ist es nämlich ganz einfach. Nur glaube man nicht etwa an Gummischnüre und dergleichen.

Der Leser wird aber auch bald erfahren, aus welchem Grunde Nobody dieses Experiment dem in England so hochgeachtete Rechtsanwalt vorgemacht hatte – aus einem bestimmten Grunde! – nur deshalb hatte er Sir Clane noch einmal aufgesucht, um ihm dieses Experiment vorzumachen, und zwecklos tat Nobody niemals etwas.


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