Theodor Körner
Leier und Schwert
Theodor Körner

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Mein Vaterland.

(1813)

        Wo ist des Sängers Vaterland?
    Wo edler Geister Funken sprühten,
    Wo Kränze für das Schöne blühten,
    Wo starke Herzen freudig glühten,
    Für alles Heilige entbrannt.
Da war mein Vaterland.

Wie heißt des Sängers Vaterland?
    Jetzt über seiner Söhne Leichen,
    Jetzt weint es unter fremden Streichen.
    Sonst hieß es nur das Land der Eichen,
    Das freie Land, das deutsche Land.
So hieß mein Vaterland.

Was weint des Sängers Vaterland?
    Daß vor des Wütrichs Ungewittern
    Die Fürsten seiner Völker zittern,
    Daß ihre heil'gen Worte splittern,
    Und daß sein Ruf kein Hören fand.
Drum weint mein Vaterland.

Wem ruft des Sängers Vaterland?
    Es ruft nach den verstummten Göttern
    Mit der Verzweiflung Donnerwettern,
    Nach seiner Freiheit, seinen Rettern,
    Nach der Vergeltung Rächerhand.
Dem ruft mein Vaterland.

Was will des Sängers Vaterland?
    Die Knechte will es niederschlagen,
    Den Bluthund aus den Grenzen jagen,
    Und frei die freien Söhne tragen
    Oder frei sie betten unterm Sand.
Das will mein Vaterland.

Und hofft des Sängers Vaterland?
    Es hofft auf die gerechte Sache,
    Hofft, daß sein treues Volk erwache,
    Hofft auf des großen Gottes Rache
    Und hat den Rächer nicht verkannt.
Drauf hofft mein Vaterland.


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