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Amor und seine Heerschaaren.

Dieses Scherzspiel wurde von dem Dichter in seinem 15. Lebensjahre zu Anfang des Jahres 1806 gedichtet. Der hier als »Feind« bezeichnte Chambellan, Kammerherr, war ein Freund des Körner'schen Hauses und stand zu dem jugendlichen Dichter, obgleich er 23 Jahre älter war als dieser, in einem sehr herzlichen und vertraulichen Verhältnis.

Amor.

(kommt mit einem Heer, das sich in verschiedenen Abtheilungen im Hintergrunde
stellt, und kommandirt:)

Halt, Kameraden, jetzt sind wir zur Stelle,
Hier schlagen wir den Feind auf alle Fälle;
Rangirt Euch! Ein Jeder an seinen Ort!
Tod und Sieg sei das Losungswort!

Ich.

(komme von ungefähr die Straße gegangen, verwundere mich und spreche:)

Ei, ei, wo wollt Ihr hin so früh?

Die Soldaten. Pour combattre l'ennemi.

Ich. Ach, was hör' ich? Gott bewahre!

Die Soldaten. Et pour partager la gloire
De nos camarades.

Ich. Ei! Kurios!
Wann geht denn das Vergnügen los?
Ist denn der große Augenblick bald da?

Die Soldaten. Un instant, et nous sommes dans le
combat.

Ich. So sagt mir nur: wer ist der Feind?

Die Soldaten. Le Chambellan.

Ich. Ei, wie mir scheint,
So ist der Gegenstand für Euch zu klein!

Die Soldaten. Au contraire.

Ich. Das kann nicht sein.
Ich kenn' ihn zwar nicht; aber was kann
Gegen Euch Alle ein einziger Mann?

Die Soldaten. Mais c'est un homme comme il faut,
Bien fait, élégant et sage.

Ich. So, so!

Die Soldaten. Il a des yeux pleins de feu!
Quelle taille? quelle charmante queue?
Il est impossible de le décrire;
C'est un ange.

Ich. Das verwundert mir.
Ich hätt' es nimmer geglaubt und gedacht;
So hat er's ja recht weit gebracht!
Erzählt mir aber doch: seid Ihr Preußen,
Franzosen, Württemberger oder Reußen?
Oder dient Ihr dem Fürsten Primas,
Oder Leipzig, oder –

Amor. Wie? Was?
Du hältst uns für irdisches Gesindel?
Für ein aufgelesnes Soldatenbündel?
Für ein königlich sächsisches Depot?
Für ein Stäbchen, Magazin, vom Regiment Low?
Ihr seid auf Erden noch recht dumm.

Ich. Was Er auch sei, Herr, das nehm' ich krumm!
Ich bin ein königlich sächsischer Mosje,
Also komm' Er nicht in meine Näh!

Amor. Na! nur nicht gleich so böse gethan!
Seh' Er nur erst hübsch die Leute an,
Mit denen Er spricht so im Schänkenton,
Betrachte Er nur hübsch die Person!
Es pflegt mich in der That nicht zu divertiren,
Will mich Einer par Er traktiren.
Ich bin ja einer der größten Götter,
Jupiter's Enkel, Minervens Vetter,
Mit dem ganzen Olymp verwandt
Und auf Erden ziemlich bekannt.

Ich. Potz Blitz! Das Gesicht sollt' ich kennen;
Pflegen Sie sich nicht Mosje Amor zu nennen?

Amor. Amor! Ganz recht, aber nicht Mosje;
Ich bin Excellenz, mein Freund!

Ich. Excusez!
Excellenz sind so jung, wie konnt' ich das denken.

Amor. Ich will Ihm demungeachtet meine Gnade schenken.
Als Excellenz kam ich auf die Welt
Und zeigte damals mich gleich als Held.
Ich bin aus königlichem Geblüte,
Fein und gar pfiffig, nur oft etwas rude.
Eben verließ ich meiner Mutter Haus
Und gehe auf neue Eroberung aus.
Das dahinten ist mein Heer,
Ein vortreffliches Militär.
Die dort (er zeigt auf den ersten Trupp) mit den blauen Mützen,
Seht nur, wie ihnen die Hosen sitzen,
Sind die Seufzer und Soupirs,
Leichte Infanterie, Füsiliers
(Er zeigt auf den zweiten Trupp.)
Die dorten, Dragoner, Chasseurs,
Husaren, Ulanen und dergleichen mehr,
Sind das herzerobernde Liebäugeln,
Die schmachtenden Blicke, das Tändeln, das Schmeicheln.
(Er zeigt auf den dritten Trupp.)
Dort in der Mitte die Batterieen,
Sind die Offerten und Galanterieen;
(Er zeigt auf den vierten Trupp.)
Das ist die schwere Infanterie
(Was haben die Kerls für einen süperben Pli!
Wie groß sie sind, als wären sie Riesen!),
Besteht aus Fußfällen und Erschießen;
Hat sonst den Feind gar schrecklich beklommen,
Ist aber jetzt aus der Mode gekommen.
(Er zeigt auf den fünften Trupp.)
Die, Freund, sind meine schweren Reiter,
Kürassier et cetera und so weiter:
Das sind nun die süßlieblichen Träume
Vom ehlichen Glück, Sonnette und Reime,
Die, bei Gelegenheit gemacht,
Schon Manchen um sein Herz gebracht.
Doch Jene (er zeigt auf den sechsten Trupp), sie ragen vor Allen hervor,
Sind meine Leibgarde, Garde du Corps;
Das sind nun die herrlichsten Kniffe,
Die allerprobatesten Liebespfiffe.
Wenn alle Mittel mir fehlgeschlagen,
So müssen sie den Angriff wagen;
Dann schieß' ich sicher Victoria!
Sie sind ein Geschenk von meiner Mama,
Ich bekam sie beim letzten heiligen Christ,
Statt der Nüsse und Stollen, wie Ihr wißt,
Sammt einem Bogen von meiner Pathe.

Ich. Ich dank Euch für Eure große Gnade,
Trefflicher Prinz. Doch würd' ich nur berichtet,
Warum Ihr Euch gerade gegen Den gerichtet,
Auf ihn nur grade Euer Auge fallt?
's giebt doch außer ihm noch viel auf der Welt.
Sprich, warum gehst Du auf ihn nur los?

Amor. Ich will Dir's erklären, Du Erdenkloß.
Ich hatte nämlich jüngst tapfer und kühn
Ein Herz erobert, nicht weit von ihm,
Für einen trefflichen Militär,
Für einen königlich sächsischen Helvetier.
Er wohnte mit ihm in einem Haus;
Da lief das Ding endlich da hinaus,
Daß ich den Herrn Kammerherrn sah.
Beim Zeus, bei meinem Großpapa!
Wie ich den herrlichen Jüngling erblickte,
Den noch kein weiblich Herz beglückte,
Da wurde mir auf einmal Alles klar,
Ich wußte gleich, woran ich war.
Ich hatte vorher ein Fräulein geschaut,
An dem ich mich in der Seele erbaut.
Es war ein lustiges junges Blut,
Ein Wunder an Schönheit und Amnuth;
Für die beschloß ich sein Herz zu bekriegen.
Ich begann sogleich zu einer Freundin zu fliegen
Und gab ihr ein, daß sie neulich früh
Veranstaltete eine kleine Partie,
Wo er mit ihr zusammenkam.
Und nun marschir' ich ohne Scheu und Scham
Als meiner gnädigen Frau Mama Profos
Gerade auf den Kammerherrn los.
Ich schone kein Pulver, ich schone kein Blei,
Damit der Sieg nur bald entschieden sei.

Ich. Ich wünsche Glück zur Expedition. (Man hört eine Trompete.)

Amor. Was ist das? Ich höre der Trompete Ton?
Die Avantgarde ist schon im Streite.
Auf, Kameraden, zur herrlichen Beute!
Seid tapfer und stehet ein Fels im Meer!
Achtung! Soldaten, schultert's Gewehr!
Ober- und Unteroffiziers an ihren Ort!
Das Feuer wird stärker – Marsch, Kameraden, fort!

Ich. Prinz, bewahren Sie mir Ihre Gnade,
Empfehlen Sie mich der Mama und Frau Pathe!

Amor. Schon gut, soll geschehen! – Schlagt an – gebt Feuer!
Nun Sturm gelaufen! und der Sieg ist Euer!

(Amor eilt mit seinen Soldaten ab.)

*


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