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Luther's Monolog, eh er in die Reichsversammlung geht.

(Man hört die Glocken läuten.)

Die Glocke tönt, die Fürsten sind versammelt.
Nun, Streiter Gottes, gilt's, nun stehe fest!
Denn Deine Lehre, die Du ausgesandt
Aus reiner Brust, daß sie die Welt erleuchte
Und die Gemüther inniger verwebe,
Sie hat der Völker Bündniß wild gespaltet,
Die Fesseln brach sie einer halben Welt;
Und was der Geist, der große, mir vertraute,
Zur Wohlthat ihnen und zum ew'gen Heil,
Das schürt der Zwietracht grausend Feuer an,
Und feindlich will die Menge sich vererben,
Und Jeder hofft, den Himmel zu erwerben.
Man fordert mich vor das Gericht der Fürsten,
Vertheid'gen soll ich meiner Lehre Sinn.
Erwartend blickt die ganze Welt auf mich,
Ob ich das schwere Werk noch kühn vollende,
Und ob die Wahrheit meiner Rede siegt.

Doch nur getrost! Die Engel Schein nur,
Die Seele schwingt sich aus des Lebens Schranken,
Hoch hebt der Cherub dort das Siegspanier. –
Wenn Alles fällt, mein Glaube soll nicht wanken;
Mich hält der Geist, er reißt mich mächtig fort,
Unwiderruflich steht das neue Wort!

(Man hört aufs Neue Glockengeläute.)

Zum zweiten Male tönt der Glocken Ruf;
Der Augenblick ist da, der es entscheidet,
Ob Menschensatzung triumphiren soll,
Ob Gotteslehre groß und herrlich siegt.
Vor stolze Fürsten soll ich kühnlich treten;
Getreuer Gott, hör' einmal noch mein Flehn,
Lass' mich noch einmal muthig zu Dir beten,
Dann will ich fröhlich selbst zum Tode gehn!

(Er wirft sich aus die Knie und faltet die Hände.)

Allmächtiger, ich liege hier im Staube,
Allmächtiger, erhöre Deinen Knecht!
Von nichts erschüttert steht des Herzens Glaube;
Droh' auch Gewalt, ich fühl' ihn wahr und ächt!
Doch wer vermag das Schicksal zu ergründen
Als Du, Allweiser, der das All erschuf?
O, großer Vater! Hilf mir überwinden
Und steh mir bei und höre meinen Ruf!
Zu Deinem Kämpen hast Du mich erkoren,
Dein Wort zu lehren in der ganzen Welt.
Herr Zebaoth, straf mich in Deinem Zoren,
Wenn mir der Muth in diesem Streit entfällt
Und kann ich nicht der Wahrheit Sieg erwerben,
Und widerstehn die Höllenmächte mir,
Lass' mich, Allvater, freudig für Dich sterben,
Denn Leben, Welt und Tod gehören Dir!
Dein ist das Reich und alle Herrlichkeit,
Lob, Preis und Dank in Ewigkeit!

(Er steht auf. – Pause.)

Ich bin gestärkt, und was mir Gott bestimmt,
Sieg oder Tod, auf Beides gleich gefaßt.
Doch hör' ich eine Stimm' in meinem Herzen:
»Glück auf, Du Streiter Gottes, denn Du siegst!«
Dem Schicksal geh' ich froh und kühn entgegen,
Und was geschieht, erschrecken kann's mich nicht.
Mich schützet Gott auf allen meinen Wegen,
Und ihm vertrauend tret' ich vors Gericht.
Ich bin gesandt, daß ich die Welt verkläre,
Das Dunkel helle mit des Glaubens Licht;
Unwiderruflich ist die neue Lehre,
Denn Wahrheit wandelt ihre Bildung nicht.
Streit' ich für mich? – Ich streit' in Gottes Namen
Und meine Feinde werden einst zu Spott. –
Zum Kampfe hin, zum Kampfe, Amen, Amen!
Denn eine feste Burg ist unser Gott.
Ich gehe muthig fort auf meiner Bahne,
Die Wahrheit siegt, der Engel schwingt die Fahne. ( Ab.)

*


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