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Schlußwort

Europa kommt wieder hoch, und heute berechtigt das Ergebnis der 6500 km langen Reise von den Elendshütten Budapests bis zum Luxus des Mayfair zu dem Urteil, daß es nicht mehr lange dauern kann, bis die Gefahren, die diesem alten Kontinent noch vor wenigen Monaten drohten, hinter ihm liegen werden.

Die Hauptgefahr ist vorüber. Die Kreditkrise ist überwunden. Hier und da mag noch eine Erschütterung kommen, aber die Panik ist überstanden.

Das Krankheitsbild dieses leidenden Teiles einer leidenden Welt zeigt heute eine Reihe von Symptomen, die auf die Erholung hinweisen.

Die Warenpreise haben eine Aufwärtsbewegung begonnen.

Die Aktienkurse sind in die Höhe geschnellt.

Der Kapitalmarkt belebt sich wieder.

Die Staatsbankrotte haben ein Ende gefunden.

Die Regierungen bleiben stabil.

Revolution kommt nicht ernsthaft in Betracht.

Ein Bürgerkrieg erscheint nirgends glaubhaft.

Der Krieg ist ferner denn je.

Die meisten der großen Länder haben ihre Budgets ausbalanciert.

Handelsschranken schießen nicht mehr wie Pilze aus der Erde.

Der Welthandel hat seinen Abstieg verlangsamt.

Die internationalen Zahlungen balancieren sich aus.

Den Bestrebungen zur nationalen Selbsterhaltung ist Einhalt getan.

Die Reparationsfrage ist bereinigt.

Deutschland, Frankreich und Italien haben die größte Ernte seit Jahrzehnten.

Die Mehrzahl von den 400 Millionen Europas lebt besser als je zuvor.

Europa hat seine Todesangst verloren, und ein »Zusammenbruch« des kapitalistischen Systems kommt nicht in Frage.

Von vielen der hier aufgezählten Erholungssymptome war noch nichts zu sehen, als diese Untersuchung begann. Die Aufwärtsbewegung der Preise schickte eine Welle von Optimismus durch das Krankenzimmer. Heute anerkennen selbst die Deutschen, die schwärzesten von allen europäischen Pessimisten, daß die wichtigen, in langen Zeiträumen zu begreifenden Anzeichen des Weltwirtschaftslebens positiver Natur sind. Manche von ihnen sind ausgesprochen günstig, manche bezeichnen ein Aufhören der Abwärtsbewegung. Keines von ihnen ist uneingeschränkt schlecht, und zum erstenmal seit 1929 glaubt man in Europa nicht mehr, daß die Krise bodenlos sei.

Der wichtigste Eindruck nach monatelangen Beobachtungen in Wien, Prag, Budapest, Mailand, Rom, Basel, Paris, Brüssel, Berlin und London geht dahin, daß Europa nach drei Jahren der Depression noch ungeheure Reserven hat.

Es hat physische Reserven an Waren, Nahrungsmitteln und Muskelkraft, geistige und moralische Reserven an Intelligenz und Mut, die sehr unterschätzt wurden. Es hat Reserven an Produktions- und Konsumtionskapazität, die aus den Indices nicht ersichtlich wurden.

Die Indices, die Krisennachrichten, betonten unablässig und unweigerlich das Abnormale. Das Erstaunliche an Europa in der Umklammerung der Depression ist aber das Normale seines äußeren Bildes.

Die Krise ist mit einem Tornado verglichen worden. Aber man kann die Bahn des Tornados nachgehen, man kann Europa der Länge und der Breite nach durchwandern, ohne ein Zeichen seiner zerstörerischen Wut zu sehen. Für das oberflächlich beobachtende Auge hätte der Tornado ein Sommerlüftchen sein können. Alle Häuser stehen. Die Verkehrsstraßen sind noch passierbar. Die Kommunikationen sind intakt. Die Opfer fallen nicht auf. Die Überlebenden zeigen in nichts Spuren ihrer Erlebnisse. Ordnung herrscht vor, und die Alltäglichkeit des Lebens ist überraschend.

Die Menschen essen, soviel sie nur fassen können. Die Heurigenlokale in Wien, die Makkaronilokale in Rom, die zahllosen Restaurants in Paris, die Bierlokale in Berlin und die Speisehäuser in London sind heute voll von Gästen, die viel mehr Nahrung in sich hineinstopfen, als sie nach der Ansicht der Wissenschaftler brauchen.

Die Menschen tragen ebenso gute Kleider wie früher. Auf den Trottoirs der Ringstraße, des Gorso Umberto, der Champs Elysées, der Linden und Piccadillys geht eine Bevölkerung einher, die sich noch immer kleiden, um elegant zu sein, und nicht bloß um sich zu schützen.

Die Menschen arbeiten noch. Sie produzieren noch. Die Fabriken und Kontore Europas sind noch in Betrieb. Der untätige Mann ist noch immer die Ausnahme.

Die Menschen kaufen noch. Die Geschäfte Europas weisen noch immer bestrickend viele Luxusartikel auf. Die geschlossene Ladentür ist noch immer die Ausnahme. Denn die Menschen haben noch immer Geld.

Was bedeutet die Depression? Sie bedeutet: obwohl die Reserven des kapitalistischen Europa groß sind, und obwohl die Bevölkerung von ihnen noch jahrelang leben könnte, könnte sie das nicht in alle Ewigkeit tun. Sie bedeutet: obwohl die Lebenskosten so tief gesunken sind, daß der Durchschnittseuropäer heute besser lebt als je zuvor, konnten die Produzenten, die das schaffen, wovon er lebt, nicht für immer fortfahren, unter Verlust zu produzieren, und die Preise mußten steigen, oder die Ausnahme würde zur Regel.

Vor allem bedeutet sie, daß das Leiden in der Depression ein Leiden der Ausnahmen ist. Europa hat eine Bevölkerung von 400 Millionen Menschen. 15 Millionen Erwachsene, die arbeiten sollten, sind beschäftigungslos. 30 bis 40 Millionen Erwerbslose mit ihren Familien, das ist nicht mehr als ein Zehntel der gesamten Bevölkerung des Kontinents. Sie sind die Ausnahmen.

Für manche von ihnen, vor allem für die 3 Millionen in England ist in großzügiger Weise gesorgt Für die 5 Millionen Deutschlands ist heute elend gesorgt. Die meisten von den anderen sind auf ihre Familien angewiesen. Die Leiden der 30 bis 40 Millionen mögen auch zusammengefaßt Ausnahmen sein, aber sie sind überaus wirklich, und wenn diese Anzahl von Menschen auch eine Minorität darstellt, entspricht sie doch einer Nation von der Größe der polnischen. Die Hauptaufgabe des rekonvaleszenten Europa wird es sein, diese Ausnahmen wieder in die Reihen der Majorität zurückzuführen.

Wenige von den Erwerbslosen lesen die Wirtschaftsindices. Aber wenige von denen, die die Wirtschaftsindices lesen, haben die Gewohnheit, sich ein Bild von den weiter reichenden Indices zu machen, die heute schon die Verheißung in sich tragen, daß die Erwerbslosen schließlich zur Arbeit zurückkehren werden. Es ist charakteristisch für diese Krise, daß ein Index geschaffen werden mußte, der glücklicherweise im normalen Wirtschaftsleben fehlt. Das ist der Index der Staatsbankrotte.

Zu Beginn dieser Reise schienen die Nationen auf der ganzen Welt miteinander zu wetteifern, wer am raschesten in den Bankrott ginge. Zwischen dem schicksalsschweren Monat des September 1931 und dem Mai 1932 erklärten Brasilien, Uruguay, Bolivien, Ungarn, Deutschland, Chile, Salvador, Jugoslawien, Griechenland und Lettland, daß sie ihren Auslandsverpflichtungen nur teilweise oder gar nicht nachkommen könnten, und erließen Moratorien auf ihren Staats- oder ihren Handeis-Schuldendienst.

Während dieses Zeitabschnittes verging nicht ein Monat ohne neuen Zuzug zu den Reihen der Staatsbankrotte. Aber die Zahl nahm ab, und Österreich war im Juni mit seinem Teilmoratorium auf Auslandszahlungen der letzte Staat, der erklärte, er könne nicht zahlen. Nahezu fünf Monate ohne Staatsbankrott, das ist ein Rekord und eines der besten Zeichen dafür, daß die Kreditkrise ihren Höhepunkt hinter sich hat. Es ist nicht unmöglich, daß in diesem Winter noch ein oder zwei Staaten um Zahlungsaufschub bitten, aber daß die Massenbewegung wieder zu neuem Leben kommt, erscheint unwahrscheinlich.

Insgesamt gingen achtzehn Nationen von der Goldbasis ab, als England voranging, aber seit Juni ist keine mehr vom Goldstandard abgewichen. Die Erklärung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich zugunsten aller Länder, welche die Goldbasis wieder aufnehmen, die Erklärung Englands, daß es die Absicht habe, schließlich zum Goldstandard zurückzukehren, und die Unmöglichkeit für alle Regierungen, von Absichten zur Einführung einer anderen Währungsbasis zu sprechen: das sind die ermutigendsten Anzeichen dafür, daß der einzige bekannte Standard des internationalen Geldverkehrs wiederhergestellt werden wird.

Die Valutenkontrolle, die böseste Behinderung für den Handel, wurde von ungefähr zwanzig Nationen eingeführt, aber seit Juni sind die Neueinführungen kompensiert worden durch Milderung der bereits vorher bestehenden Restriktionen.

Ausfuhrbeschränkungen, neue Einfuhrabgaben, Prohibitionen und Monopole und vor allem das lastenreiche Kontingentierungssystem wurden seit September 1931 von fünfundzwanzig Ländern eingeführt, und diese Bewegung hat auch jetzt noch nicht aufgehört, aber sie hat ihr Tempo beträchtlich verlangsamt, und innerhalb der letzten Monate sind durch die Modifikation alter Restriktionen die neuen wettgemacht worden. Die wichtigste neue Bedrohung des Welthandels, der von England auf der Ottawa-Konferenz gemachte Versuch, die wirtschaftlichen Bande des Empire enger zu schließen und damit den Anteil der übrigen Welt am Handel des Empire zu verkleinern, ist fehlgeschlagen. Der Verlust für England, wenn es überhaupt einer war, ist ein Gewinn für die Welt.

In kleinerem Maßstab hat die holländisch-belgische Zollunion einen Weg eröffnet, der zum wirtschaftlichen Wiederaufbau Europas führen könnte, wenn die größeren Nachbaren dieser Länder den Weg beschreiten sollten. Im Gegensatz zu Ottawa bringt sie keine Diskriminationen gegen andere mit sich. Sie ist eine positive, uneingeschränkte Anregung des Handels. Die Pioniere haben Europa aufgefordert, Gefolgschaft zu leisten.

Die klare Wirkung aller dieser größeren und geringeren Einzelheiten der Erleichterung von Handelsrestriktionen bestand darin, daß der Abwürgungsprozeß gerade in dem Augenblick angehalten wurde, in dem es möglich erschien, daß der internationale Handel auf den Nullpunkt herabsinken könnte. Worauf es ankommt, das ist die Richtung der Bewegung, und heute ist es schon eine gewaltige Sache, berichten zu können, daß der Welthandel im zweiten Quartal 1932 das Niveau des ersten Quartals aufrechterhalten hat. Nach dem deutschen Institut für Konjunkturforschung sank er an Wert um 6 Prozent, aber das war fast ausschließlich auf den fortgesetzten Preisfall zurückzuführen, und die absolute Abnahme seines Volumens um 2 Prozent war saisonmäßig normal. Dies ist das erstemal seit 1980, daß der Welthandel von einem Quartal zum anderen nicht mehr um durchschnittlich 30 Prozent abgesunken ist.

Noch erfreulicher als die nackte Tatsache, daß der Welthandel aufgehört hat abzusinken, ist der Charakter, den er in den letzten Monaten angenommen hat. Es ließe sich keine lebhaftere Demonstration des unerbittlichen Automatismus im kapitalistischen Wirtschaftsprozeß denken als die Art und Weise, in der die Schuldnernationen trotz allen von den Gläubigernationen errichteten Handelsschranken ihre Einfuhrüberschüsse in Ausfuhrüberschüsse umgewandelt und damit den Beginn zur Ausbalancierung ihrer internationalen Zahlungsbilanzen gemacht haben. Denn je höher die Zollmauern der Gläubigerländer wurden, desto ärmer wurden die Schuldnerländer, und da sie weniger kaufen konnten, führten sie weniger ein, und obwohl ihre eigene Ausfuhr abnahm, kauften sie weniger, als sie verkauften. Eine Zeitlang sah es so aus, als ob der Staatsbankrott der einzige Ausweg für noch viele andere Schuldnerländer wäre, aber heute hat der Druck der Wirtschaftsgesetze ihren Warenzahlungen über viele Zollmauern hinweggeholfen, und man nähert sich einem Gleichgewichtszustand der internationalen Zahlungen ohne den Shock weiterer staatlicher Moratorien.

Noch ermutigender ist die Tatsache, daß das Flacherwerden der Welthandelskurve und die Aussicht auf eine Aufwärtswendung die Tendenz zur nationalen Selbsterhaltung in Europa gemildert hat. Die Autarkie wurde bezeichnet als eine der drei vorstellbaren Formen des Zusammenbruches. Das Deutsche Reich ist das einzige Land in Europa, in dem politische Gruppen von Wichtigkeit laut nach völliger Autarkie gerufen haben. Heute hat die deutsche Regierung erklärt, sie habe nicht die Absicht, das Land in einer selbstauferlegten Blockade einzuschließen. Die Erklärung des Kanzlers von Papen und die von Gregor Straßer, der Wirtschaftsautorität der Nationalsozialisten, geäußerten Ansichten weisen darauf hin, daß Deutschland die Zerreißung Europas in Nationen-Fragmente nicht fördern wird, und wenn Deutschland sich zurückhält, gibt es kein Land außer der Sowjetunion, das freiwillig die Autarkie als Ziel anerkennen würde.

Die anderen Formen eines vorstellbaren Zusammenbruches des kapitalistischen Systems jedoch, Anarchie und Kommunismus, liegen heute in noch weiterer Ferne als vor drei Monaten. Sie kommen für das Europa dieser Epoche nicht in Frage, es sei denn, daß es zu einem Krieg kommt

Der Bürgerkrieg schien manchen außenstehenden Beobachtern am ehesten in Deutschland zu drohen. Deutschland ist aber heute weiter vom Bürgerkrieg entfernt als jemals, seitdem die Krise ein Drittel seiner Arbeiter auf Unterstützung gesetzt hat. Die autoritative Regierung von Papen, die die gesamten bewaffneten Truppen, Reichswehr und Polizei, in der Hand hat, ist eine Macht, gegen die kein politischer Führer aufbegehren würde. Das Hauptrisiko für Deutschlands politische Zukunft liegt in dem außerordentlich hohen Alter seines Präsidenten. Mit seinen fünfundachtzig Jahren ist von Hindenburg die einzige Autorität, welche die Regierung mit dem Volk verbindet, aber auch ohne seine Autorität wird die Regierung im Besitz der entscheidenden Waffen bleiben.

Die entscheidenden Waffen sind die Maschinengewehre. Die Demokratie wurde möglich gemacht durch die Erfindung des Gewehres. Der Sturz der Demokratie wurde möglich gemacht durch die Erfindung des Maschinengewehres. Tragbare Maschinengewehre von ebensolcher Wirksamkeit wie das schwere Modell, das aus den Hauben der Panzerwagen der deutschen Polizei hervorragt, könnten zur Wiederherstellung der Demokratie beitragen, aber solange sie nicht erfunden sind, haben die »autoritativen« Regierungen die Chancen für sich.

Ein Krieg zwischen den Nationen Europas ist zunächst ebensowenig zu befürchten wie der Bürgerkrieg. Die akuteste Gefahr augenblicklichen Krieges ist vorüber. Deutschland hat mit der Aufrüstung gedroht, aber Frankreich hat nicht mit dem Einmarsch in Deutschland gedroht. Frankreich hat sich in das Unvermeidliche gefunden. Alles weist auf die Wahrscheinlichkeit hin, daß Frankreich alles, was in seinen Kräften steht, tun wird, um die deutsche Aufrüstung hinauszuzögern, aber es weiß, daß es sie nicht verhindern kann. Was geschehen wird, wenn Deutschland an die diplomatische »Berichtigung« des Polnischen Korridors gehen wird, dann aber mit einem Heer, das hinter seinen Diplomaten steht, ist eine Frage, die gelöst werden wird, wenn diese Krise schon vergessen ist.

Viel wichtiger ist die Überlegung, daß die Wiederbelebung nach der Bereinigung der Reparationsfrage in Lausanne einsetzte. Wäre sie von einer Bereinigung der politischen Schulden begleitet gewesen oder könnte ihr jetzt eine solche folgen, gleichgültig auf wessen Initiative hin, und gleichgültig in welcher denkbaren Art, so könnte nur noch wenig über die Frage debattiert werden, ob die jetzige Wendung zum Besseren bloß eine Wiederbelebung oder die Erholung bedeutet. Auf jeden Fall räumte Lausanne die schlimmste Ursache politischer Zwiste in Europa aus dem Weg, und wenn auch noch viele übrig sind, eine ist weniger geworden.

Die Donaustaaten warten noch immer auf den Wiederaufbau ihrer Währungen, aber ein weiteres Ansteigen der Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse würde ihre Sorgen zum Verschwinden bringen. Italien hat der Depression gegenüber eine erstaunliche Widerstandskraft bewiesen, und seine Finanzkrise überwunden. Frankreich ist noch immer zu reich, um sich Sorgen über die wahrscheinliche Verschlechterung seiner Zahlungsbilanz zu machen. Deutschland hat zum erstenmal die Möglichkeit, seinen Nachkriegsdefaitismus abzuschütteln und die Führung in der Industrie Europas zu übernehmen. England schließlich hat die Absicht, zu seinem Goldstandard zurückzukehren, und ist mit seinem Reichtum und seinem Optimismus darauf vorbereitet, beider europäischen Erholung die Führung zu übernehmen.

Ein Überblick über die Ereignisse, über das Territorium und über die künftigen Aussichten zeigt, daß für Europa als Ganzes die schlimmsten Gefahren unwahrscheinlich sind, daß die verdrießlichsten Wirtschaftsbarrieren nicht unübersteigbar gewesen sind, und daß die wichtigsten Preisindices positiv geworden sind. Die Unheilspropheten sind zuschanden gemacht worden durch die Preissteigerung bei Waren, Aktien und Anleihen auf allen Börsen Europas und der Welt.

Die finstersten Gespräche über die Wirtschaftskatastrophe gingen an Europas reichst besetzten Tischen vor sich. Heute sind, wie der konservative Londoner »Statist« es ausdrückt, »Kreise, die vor einiger Zeit zu dem Glauben neigten, daß dies keiner der gewöhnlichen Handelszyklen sei, eifrig dabei, den ›normalen‹ Ablauf zyklischer Bewegungen zu diskutieren«.

Im normalen Ablauf der zyklischen Entwicklung folgt auf die Depression Prosperität. In ganz Europa war an dieser Krise keine effektive Eigenschaft zu entdecken, die nicht auch für frühere Krisen charakteristisch war. Das einzige neue Element, die Sowjetunion, ist zur Zeit kein effektiver Faktor.

Der »Miserere«-Chor hat aufgehört. Der vorsichtige Professor J. B. Gondliffe erklärt in seinem »World Economic Survey« für den Völkerbund, der bis zum Juli 1932 reicht, daß an Stelle dieses Chors »Töne vorsichtigen Optimismus' angeschlagen werden«.

Die Leichenwäscher haben das Wohnzimmer Europas verlassen, und die Krankenwärterin füttert den Patienten mit Brühe. Ein Rückfall kann noch kommen, aber die Besserung ist zweifellos da. Der Patient kann vielleicht nicht morgen schon aufstehen und Spazierengehen, aber er weiß, daß er nicht sterben wird.

Europa kommt wieder hoch.

 


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