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An Johann Heinrich Voss

(1784)

                   

Zween gute Geister hatten Mäonides
Und Maro's Sprachen, Wohlklang und Silbenmaß.
Die Dichter wallten, in der Obhut
Sichrer, den Weg bis zu uns herunter.

Die spätern Sprachen haben des Klangs noch wohl;
Doch auch des Silbenmaßes? Statt dessen ist
In sie ein böser Geist, mit plumpem
Wörtergepolter, der Reim, gefahren.

Red' ist der Wohlklang, Rede das Silbenmaß;
Allein des Reimes schmetternder Trommelschlag
Was der? was sagt uns sein Gewirbel,
Lermend und lermend mit Gleichgetöne?

Dank unsern Dichtern! Da sich des Kritlers Ohr,
Fern von des Urtheils Stolze, verhörete;
Verließen sie mich nicht, und sangen
Ohne den Lerm, und im Ton des Griechen.

So weit wie Maro kam und Mäonides
Mit Liedestanze, kämen mit ihrem Reim
Die Neuern? unter seinem Schutze
Sichrer im Gange, da ganz hinunter?

Dank euch noch Einmal, Dichter! Die Sprache war
Durch unsern Jambus halb in die Acht erklärt,
Im Bann der Leidenschaften Ausdruck,
Welcher dahin mit dem Rithmus strömet.

Wenn mir der Ruf nicht fabelt; verschmähet selbst
Der Töne Land dieß Neue: und dennoch ist
Die Sprache dort die muttergleichste
Unter den Töchtern der Romanide.

Weil denn in dieser Höhe die Traub' euch hängt;
So hab' ich Freundes Mitleid mit euch, daß sie
So gar es nicht vermag, die schönste
Unter den Töchtern der Romanide.

Die Sprachen alle stutzen, Begeistrung, oft,
Gebeutst du, tönen soll es, wovon du glühst!
Soll dir von allen deinen Flammen
Keine bewölkender Dampf verhüllen

Beklagt den Dichter, wenn es der seinen jetzt
Gar an der Nothdurft Scherfe gebricht, ihr jetzt,
Wo sich dem Geist das Wort nicht nachschwingt,
Nicht die Bewegung die Schwesterhand beut:

Wenn er in ihr Anlage zum Silbenmaß
Ausforscht, und gleichwohl schüchtern dieß Gold nicht gräbt;
Fühlt, wie des Liedes Ernst der Reime
Spiele belachen, und doch sie mitspielt.

Des Guten mangelt viel ihm; des Schlimmen hat
Er viel. Und jetzo komt die Begeisterung,
Gebeut! Schnell blutet sie vom Dolch des
Stamlers! ihr Auge verlischt, sie sinket!


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