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An Bodmer

(1750)

            Der die Schickungen lenkt, heißet den frömsten Wunsch,
    Mancher Seligkeit goldnes Bild
Oft verwehen, und ruft da Labyrinth hervor,
    Wo ein Sterblicher gehen will.
In die Fernen hinaus sieht, der Unendlichkeit
    Uns unsichtbaren Schauplatz, Gott!
Ach, sie finden sich nicht, die für einander doch,
    Und zur Liebe geschaffen sind.
Jetzo trennet die Nacht fernerer Himmel sie,
    Jetzo lange Jahrhunderte.
Niemals sah dich mein Blick, Sokrates Addison,
    Niemals lehrte dein Mund mich selbst.
Niemals lächelte mir Singer, der Lebenden
    Und der Todten Vereinerin.
Auch dich werd' ich nicht sehn, der du in jener Zeit,
    Wenn ich lange gestorben bin,
Für das Herz mir gemacht, und mir der ähnlichste,
    Nach mir einmal verlangen wirst,
Auch dich werd' ich nicht sehn, wie du dein Leben lebst,
    Werd' ich einst nicht dein Genius.
Also ordnet es Gott, der in die Fernen sieht,
    Tiefer hin ins Unendliche!
Oft erfüllet er auch, was sich das zitternde
    Volle Herz nicht zu wünschen wagt.
Wie von Träumen erwacht, sehn wir dann unser Glück,
    Sehns mit Augen, und glaubens kaum.
Also freuet' ich mich, da ich das erstemal
    Bodmers Armen entgegen kam.

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