Friedrich Maximilian Klinger
Sturm und Drang
Friedrich Maximilian Klinger

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Vierter Akt.

Erste Scene.

Nacht. (Berkleys Zimmer wie oben.)

Berkley. Morgen Bataille – ha! ha! ha! das nenn ich doch was, wenn einmal Bataille ist. Halt dich brav, alter Lord! schläft sich gut die Nacht! – ha! ha!

Bediente. Mylord! es ist ein Herr außen.

Berkley. So spät – laß ihn nur kommen. Sir Wild?

Bediente. Nein, er nennt sich Seekapitain.

Berkley. Trag ihn auf den Händen herein, wenns der Schiffs-Kapitain ist, ders Schiff mitbrachte.

(Bediente ab.)

Zweyte Scene.

Kapitain. Mylord! der Wirth sagte mir, daß ein Engelländer oben wohne, ich konnte nicht zu Bett gehen, ohne Sie zu sehn.

Berkley. Willkommen, tausendmal willkommen, wilder, guter Seemann!

Kapitain. Willkommen. Ich hab Ihnen ein Compliment gemacht als ich einlief. Ein reiches Englisches Schiff, Mylord. Uebrigens ich bin müd. (der Mohr stellt sich hinter ihn, und spielt mit seinen Haaren.)

Berkley. Legen Sie sich, setzen Sie sich. Wies gefällt.

Kapitain. Es freut mich doch – (sieht ihn starr an.) Ja Mylord, es freut mich. – Wär ich einmal zu meinem Ziel gelangt. Fahr die ganze Welt durch. -

Berkley. Das ist gut, Sir! daß ich Sie sehe. Sie treffen meine Seele wunderlich. Muß Sie küßen, Sir!

Kapitain. Mylord! alle meine storre Wildheit verläßt mich bey Ihnen.

Berkley. Lieb! gut! Geist meines Harry! wohnst du noch hier! Wem suchen Sie auf, Sir?

Kapitain. Einen alten Mann. Weiß der Himmel, fahr zehen Jahr auf der See, bin verlohren bis ich ihn find.

Berkley. Harry! ist das nicht? hast du seine Seele, hast du sein. – Harry! ich meyn ich müßt ihn aus dir herausrufen.

Kapitain. Mylord, wer sind Sie?

Berkley. Wer ich bin? – Gott im Himmel! im Himmel! Harry! Harry! du bists -

Kapitain. Harry Berkley -

Berkley. Mein Sohn!

Capitain. Vater! mein Vater! (an seinen Hals.)

Berkley. Mein Harry! he mein Junge! drück ich Dich denn in meine Arme! o mein Harry! es ist mir so freudig, meine Augen werden dunkel.

Kapitain. O mein Vater! hab die Welt umfahren nach Ihnen, alle Inseln durchkrochen.

Berkley. Ja doch, Du bists. Du hast das wilde, stirre der Berkleys. Das rollende Droh-Aug, das feste, das unerschütterliche, entschloßne. He Harry! Harry! Laß mich doch nur recht freuen. Ein so tapfrer Seemann, mein Harry! Uns ein Schiff mitgebracht und mein Harry!

Kapitain. O mein Vater! – das hab ich ha! ha!

Berkley. Ich werde toll für Freude noch. Ich muß ein wenig ausruhen. Die Freude schwächt mich so, und meine Glieder tragen sie nicht mehr (setzt sich.)

Kapitain. (ihn umarmend.) Unglücklicher Vater, was magst Du gelitten haben!

Berkley. Wenn Du nur nicht, wenn Du nur nicht – Du bist ja da. Ich habe nichts gelitten. – Nein sitzen kann ich nicht. Caroline! Caroline! Miß! Miß! um Gotteswillen Miß!

Kapitain. Meine Schwester!

Berkley. Harry! Caroline! Sie sind da! (zum Himmel.) Hast mir sie wieder gegeben! diesem Herzen sie wieder gegeben! ich kann ja nicht weinen jetzt, da steht er – o mein Harry!

Kapitain. Mein Vater, die Worte wollen nicht herauf. – Wo ist denn meine Schwester? und meine Mutter?

Berkley. Mutter! Mutter! Harry! o Berkley dein Weib – Miß! Miß!

Dritte Scene.

Caroline. Vorige.

Berkley. (zur Miß.) Willst Du heulen? willst Du weinen und springen?

Caroline. Mylord!

Berkley. Er ist da: da! dieser! dieser! dieser da!

Kapitain. (sie umarmend.) Meine Schwester, meine liebe! -

Caroline. Mein! Mein!

Berkley. Ja ich kanns nicht sagen für Weinen und Freude. Harry! Ach ihr könnt nichts hervor bringen, so freuts euch. Ha! Ha! Alter! was du da siehst – o meine Kinder! (umfaßt sie.) Nun geb der Himmel dir auch deinen Sohn wieder alter Bushy!

Caroline. O Mylord! dieser Wunsch macht Deine Tochter ganz glücklich.

Mohr. (kniet sich vor Berkley und Miß.) Alter Mann, ich bin dein Sclav! Gute Miß, bin dein Sclav!

Kapitain. So Junge!

Berkley. Steh auf Schwarzer! gieb mir deine Patsche!

Mohr. Segne Dich Gott! ich bin Dein wie ich hier bin, und dein Lady!

Caroline. Du sollst mit mir zufrieden seyn. Lieber Bruder. Lieber Harry! wie ließest du uns so lange nach dir weinen? -

Berkley. (zum Kapitain.) Sprich doch! rede doch!

Kapitain. O meine Mutter, Mylord! ich seh meine Mutter nicht. Hab ihr so vieles mitgebracht, und Dir Miß! Wo ist meine Mutter?

Berkley. Freu Dich doch erst!

Caroline. Liebster! Bester! (weinend.)

Kapitain. Weinst Du? todt! he Mädchen! sprich aus, todt?

Berkley. Ja todt! beym Himmel ein Engel Gottes! o ich möchte wahnsinnig werden, daß meine Lady nicht hier steht mitten unter euch, wie ein beschattender erquickender Baum, ihre Hände auf eure Häupter legte und so euch seegnete. Das sanfte, liebe Weib! sahst du herab wie dein alter Lord auf Dornen lag, den rauhen Pfad des Kummers gieng? Sieh jezt herab! – daß sie nicht dasteht mitten hier! Verflucht sey Bushy! Laß ihn seinen Sohn nie mehr sehen, durch ihn verlohr ich Sie!

Kapitain. Meine Mutter todt? Auch durch ihn todt? Verfluchter Gedanke, daß ich ihn der See gab!

Berkley. Der See gab? was?

Caroline. Bruder! mein Bruder! Rede!

Kapitain. Gerochen Vater! an Bushy und Hubert. Ha! ich war ein kleiner Junge und fühlte was Sie uns thaten, und rächte Euch eh ich Euch fand.

Berkley. Thatests du das? Goldjunge! Harry! Harry! Wie? wie? du süßer Junge?

Caroline. Doch nicht todt mein Bruder?

Kapitain. Freylich, freylich.

Caroline. Ists das! das! – Gott im Himmel! (sinkt auf einen Stuhl.)

Kapitain. Was will das Kind? He Miß!

Berkley. Ich will sie aufwecken. He Miß! Miß! der Bushy unser Feind! er ist todt! wachst du auf? Ich wachte von den Todten auf, riefst Du mir das? Wir sind gerochen, Miß!

Vierte Scene.

Wild. Vorige.

Wild. Mylord! Sie bestellten mich – (indem er die Miß gewahr wird.) Miß!

Kapitain. He, was Teufel will der Schottländer? Morgen schießen wir uns.

Wild. Miß, Jenny! was ists?

Berkley. He Mylord! so viel Freude – fataler Mensch! so viel Freude – das ist mein Sohn, Sir!

Wild. Der Kapitain? Nun dann! auch das noch – Miß! liebe Miß!

Caroline. Wild! Wild! gehn Sie doch!

Berkley. Noch eine Freude, Mylord! noch eine Haupt-Freude! Seyn Sie lustig, ich vergeb Ihnen, daß Sie so aussehen. Mein Sohn hat den alten Bushy erschlagen. Er ist todt, Mylord! mein Freund! – Nu keine Freude! was sieht Ihr Aug so grade hin? Mylord!

Caroline. Mein Vater!

Kapitain. Ich ließ ihn, weiß Gott! bey einem der gräßlichsten Stürme, die ich auf der See erlebt, mit Hubert in einer kleinen Barke auf die See setzen. Es war Nacht und donnerte fürchterlich, pfif so melodisch brüllend über der See, daß mirs Herz gellte, und was mich verdroß, sie mucksten nicht. Hätten sie gebethen und gefleht, bey allen Elementen! ich hätt sie vielleicht aufgehangen, oder auf eine wilde Insel ausgesetzt, denn es kam eben eine Ladung von Wellen daher, der ich meinen Hund nicht vertrauet hätte. Sie waren aus meinem Gesicht verschwunden, wie sie kaum in die Barke stiegen. Nur bey den Blitzen sah ich sie in der Ferne kämpfen, und es heulte so bitter um mich, daß ich die Freude nicht haben konnte, sie von der See verschlingen zu sehn, und ihr Geächze zu hören. Aber der Sturm spaßte nicht.

Caroline. Es wird so kalt – (matt hinsinkend.) es ist so todt -

Berkley. He denn! was machst Du? es gellt mir wirklich selbst in der Seele -

Wild. Thuts das Mylord, und was denn mir? Ha so erwache doch in mir – bist Du denn so erstarrt – so hin – he! he! he! kalt Miß! he! Miß! Erwache mit mir! he! he! he! Es ist wirklich kalt!

Kap. Nun Schottländer was frierst Du denn?

Wild. (zieht den Degen.) Nimm deinen Degen! he! nimm Deinen Degen! oder ich würge Dich in diesem Fieber, und freß Dirs Herz aus dem Leib. Und dir Alter! he! kalt! und friert mich? Zucken meine Finger? he! und wachsen ans Gewehr, und will nicht eher ruhen, bis Du da liegst, und ich Dein Leben aus Deinem Blut sauge. Kalt ich?

Kapitain (seinen Degen ziehend) He! Schottländer, wenn Du nicht länger warten kannst -

Berkley. He! was willst du stöhren – was? (auch seinen Degen ziehend.)

Caroline. Mein Vater! Mein Bruder! Wild! (in Wilds Armen sinkend)

Kapitain. Was hat das Mädel mit dem Schottländer? Willst du weg! Laßts euch nicht wundern, Vater, wir haben uns mehr geschlagen, habe ihm ewigen Haß geschworen.

Berkley. Und da ist meiner ewig, ewig, er gleicht Bushy.

Kapitain. Willst Du bis Morgen warten, Stirn gegen Stirn zu schießen?

Wild. Ja – ja doch – sieh nur dies Herz! nur dies Gehirn! (schlägt ihm auf dem Kopf)

Kapitain. Bist Du rasend?

Karoline. Mein Vater! soll ich denn sterben hier?

Berkley. Ich will Dich -

Fünfte Scene.

Lady Kathrin, Louise und Vorige.

L. Kathrin. Guten Abend, Bruder! – was sollen die Degen? Ey Gott! das kann einen erschrecken – und es freut mich dir in der Person Sir Wilds Carl Bushy den Bräutigam deiner Tochter vorzustellen.

Berkley. Carl Bushy?

Louise. Ja, ja lieber Onkel! ganz gewiß. Sein Freund La Feu hat das all erzählt.

Kapitain. Rechtfertigt sich nicht mein Gefühl? Waren die Eindrücke, die er auf mich machte, nicht wahr? – Du hast zu lange gelebt!

Wild. Ich bins. Ihr hörtet auf Menschen zu seyn, seht in mir euren Mörder. Und diese ist mein Alter! (die Miß in seine Arme nehmend.)

Berkley. Sie haßt dich, da sie weiß wer du bist. Geht Miß bald aus meinen Augen? – Harry! ich konnte ihn nie ausstehen, was machen wir mit ihm? (Caroline, Berkley umarmend.) Nein ich thu ihm nichts. Harry!

L. Kathrin. Harry! Ey Harry: Was soll das?

Berkley. Mein Sohn ists – Freude genug. Geht nur weg von hier!

Louise. Das ist hübsch, daß er da ist.

L. Kathrin. Ey sieh doch! Berg und Thal kommen nicht zusammen, aber die Menschen, Guten Abend denn Harry!

Berkley. Geht nur!

Karoline. (bittend) Mein Vater! mein Bruder!

Berkley. Schleppt sie fort!

(Lady Kathrin Louise mit Karoline ab.)

Wild. Gute Nacht, Miß! wir sehn uns wieder.

Kapitain. So! hier doch wohl nicht?

Wild. Also auf die See haben Sie ihn ausgesetzt, den rechtschafnen Bushy? -

Kapitain. Auf die See, den rechtschafnen Bushy.

Wild. Mitten im Sturm?

Kapitain. Mitten im Sturm, Carl Bushy!

Wild. Du thatst das nicht Kapitain.

Kapitain. Beym Satan ich thats!

Wild. Einen alten schwachen Greis?

Kapitain und Berkley. Bushy wars!

Wild. (spöttisch.) So laß mich Dir doch zu Füßen fallen, großer Alexander! der Du mit einem Schiff voll Leute, zwey alte Greise überwältigen kannst. Das sind Trophäen! Und haben nicht einmal ihre Hände gegen Dich aufgehoben? ihren Mund nicht geöfnet? Daran erkenn ich Bushy. Soll ich Dir nun das Siegeslied anstimmen? Das will ich, bey Bushys Blut hier! Das will ich, tapferer Held! Ein Schiff voll Menschen und zwey alte schwache Männer! ha! ha! ha! o Schurke! Schurke! welch große Thaten!

Kapitain. Schurke?

Wild. Freylich! mehr noch! Memme. Alter! freu Dich doch einen solchen Sohn gezeugt zu haben! Freu Dich seiner Thaten: bey Gott sie sind groß. Und große Thaten verdienen große Belohnungen. He! He! Wart nur Kapitain! Balladen will ich drüber absingen in Londens Straßen, so bald die Mord-Geschichte zu Ende ist. He! He!

Kapitain. Wild! bey allen Teufeln ich stoß Dich durch!

Wild. He! He! warte doch bis ich meinen Degen eingesteckt habe.

Mohr. (zu Wild.) Mann! wenn Du nicht so grimmig aussähst, wollt ich Dir etwas zeigen, das ich einem von den alten Männern gestohlen habe. Ein Bildchen von einer Weißen ists. Ich zerriß meine grause Haare über den Alten, so weh that mirs. Der Alte war gut. Das ists!

Kapitain. Knabe! (tritt ihn.)

Mohr. O weh!

Wild. Er war gut, Junge! (küßt ihn.) Er war gut!

Mohr. Hatte mich so lieb! Ich war krank und acht Tage hielt er mich in seinen Schooß, und drückte meinen heißen Kopf, labte mich bis der Kapitain ihn fand.

Wild. Das all! Nu Junge! – (das Bild ansehend.) Mutter! Mutter! meine Mutter! holdseelige! Ist doch nichts von Liebe mehr in mir, o entzünde den letzten Funken, und laß ihn auch noch in Rachgierde und Grimm auflodern! He meine Mutter! zur andern Stunde! Ich danke Dir Knabe!

Mohr. (heimlich.) Hab Dir noch mehr zu sagen.

Kapitain. Knabe! was machst du?

Mohr. (zu seinen Füßen.) Hier! (die Hände auf die Brust legend.) ich muß!

Wild. Mitten im Sturm! was sitzt ihr da? Sinnt ihr auf Meuchelmord? Kapitain! ich will brav seyn gegen dich. Gut wars, daß du erzähltest, wie niederträchtig du gehandelt hast, sonst hätt ich dich so eben in voriger unbegreiflicher Kälte niedergestoßen. Ich will dich nicht unbewafnet angreifen, und so morgen. Aber schlafen kann ich nicht bis du da liegst ausgestreckt, und dann will ich dich mit Freuden-Gebrüll in die See schleppen, bey Carl Bushy!

Kapitain. Bin da morgen früh.

Berkley. Ihr sollt mir erst in die Bataille.

Wild. Ja Alter! ja! in die Bataille. Gute Nacht, Knabe! (zum Mohren) Wenn ihr euch einfallen laßt, mich mit einigen Hunderten diese Nacht zu überfallen, so kommt nur, ich bin wach.

Berkley. Wollt Ihr nicht zu Tisch bleiben?

Wild. Canibalisch allenfalls, Mylord! des Kapitains Fleisch gelüstet mich. (ab)

Kapitain. Wart bis ich verfault bin.

Berkley. Komm mein Sohn! wir wollen zu Tisch gehn.

Kapitain. Ich ruh nicht bis der Mensch aus der Welt ist. Er drückt mich wo ich ihn seh, und ich bin sein Feind von Anbeginn, eh' ich ihn kannte.

Berkley. Er ist ein Bushy! das ist genug. Aber laß den Bushy jetzt Bushy seyn und komm an mein Herz, Du mein Leben!

Sechste Scene.

(voriger Garten.)

Blasius. La Feu. auf einer Rasenbank sitzend.

Blasius. Magst Du auch hier nicht weg mehr die Nacht, la Feu?

La Feu. Laß mich nur gehn, die Nacht thut mir so wohl, und mein Herz stimmt sich so neu -

Blasius. O unter dem Himmel hier mein Leben verhauchen diese Stunde! – Mir ist gut jetzt, da ich den Gedanken wiederum fest kriegt hab, da er zu Empfindung, zu tiefem Gefühl worden ist. Gesegnet seyst du Erde, die du dich uns mütterlich öfnest, uns aufnimmst und schüzest! Ach! wenn denn der Mond dämmert, die Sterne flimmern über mir, der ich eingewiegt liege, in tiefem süßen Schlaf. Ich werde noch dieses Gefühl haben. Du wirst mir da seyn, ich werde dir da seyn. Laß denn den Sturm hinfahren, die Winde heulen über mir, du giebst Ruhe deinem Sohn. Gütigste Mutter, meine Pilgrimschaft ist zu Ende, habe die Dornen betreten, habe auch Freude genossen, hier bin ich wieder!

La Feu. O Blasius, himmlischer Blasius! hier an Deiner Brust, an Deinem Herzen, saug ich ein mit Dir -

Blasius. Liebe, Unglückliche alle die ich verlassen hab, weinet nicht nach mir, vergeßt mich! Ich konnte Euch nicht geben, keine Ruhe, keine Hülfe, ich hatte nie. Vergebt mir! Wie tausendmal war mein Herz zerrissen, wie tausendmal bebte meine Seele, wenn ich so unterlag den Menschen, so unterlag dem Grimm des Schicksals, und ich hier nicht weg konnte, da nicht weg konnte. Die Berge zu übersteigen hatt ich Muth genug, aber früh schnitten sie mir die Schwingkraft entzwey. O wer des Herzens, des Gefühls zu viel hat hier! O weh! – liebliche Lüfte gebt mir Liebe noch! La Feu! ich fühl diesen Augenblick nichts von Unbehaglichkeit. Ich fühl eine Stunde, wie sie die fühlen müssen, die eben die Erde verlassen wollen, und die ich immer als die herrlichste dachte. Mein Herz ist so bebend – aber die vorübergehende Fieberhitze – ach die Krankheit der Seele! – Gute Nacht Bruder! Gute Nacht Bruder Wild! und alle gute Seelen, die hier und dort seufzen! – Dank für diesen Augenblick! – Gute Nacht!

La Feu. Blasius! Blasius!

Siebente Scene.

Wild (tritt auf mit gezogenen Degen.)

Blasius. Wild! Bruder!

La Feu. Was ist Dir? O Schrecklicher, stöhr meine Seele nicht!

Blasius. Ich bitt Dich, Bruder! laß meinem Herzen Ruh – Du tödtest mich – Was ist Dir!

Wild. Was ist aus mir worden? Ist alles so anders um mich geworden? ha alles erstorben! – Vater! mein Vater!

Blasius. Wild, lieber Wild!

Wild. Geht weg! was wollt Ihr von mir!

La Feu. Was ist dir dann?

Wild. Keine Antwort von mir! Ich bin euch und der Welt nichts, bis ich Rache habe! schreckliche Rache! Geht ihr bald! Und du! hast du Gewalt über deine Zunge? Geht weg, wenn ihr mir nicht unterliegen wollt!

La Feu. Bruder! ich bin unschuldig.

Wild. So geh nur!

Blasius. Da stürz ich wieder zusammen in mir, Bruder!

Wild. Laßt mich doch in der tauben Fühllosigkeit, worinn ihr mich seht!

(Blasius und La Feu ab. Wild, dem Fenster der Miß gegenüber bleibend.)


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