Friedrich Maximilian Klinger
Sturm und Drang
Friedrich Maximilian Klinger

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Dritter Akt.

Erste Scene.

Einbrechende Nacht.

(Zimmer der ersten Scene des ersten Akts.)

Blasius. La Feu.

Blasius. Wild ist eben so wunderlich, so außerordentlich freudig; fährt herum, reicht nach dem Himmel, als wollte er ihn herunterziehen. Hab ihm Thränen auf den Augen glänzen sehen. Was mag der Mensch haben? Ich kann ihn nicht zum bleiben bringen. Mir ist kalt.

La Feu. Lieber, lieber, Blasius, mir ist gar heiß.

Blasius. Du bist das ewige Fieber.

La Feu. Recht das ewige Fieber, wenn ich nicht ersticken will. Ich bin wieder verliebt durch den ganzen Körper, durch Adern und Gebein, durch die ganze Seele. Mir ist so heiß, ich fürcht noch aufzufliegen wie eine Bombe, und möchte sich denn mein reines Wesen erheben, und in den Busen der reizenden Lady niederlassen!

Blasius. Der alten Lady? La Feu!

La Feu. Alt? Alt? Was ist alt? Nichts ist alt, nichts ist jung. Ich kenne keinen Unterschied mehr. O ich bin auf dem Punkt, wo's einem anfängt wohl zu seyn. Glaubst du wohl daß ich alles vergessen hab, als hätt ich aus dem Lethe getrunken. Mich plagt nichts mehr. Ich kann die Krücke nehmen und betteln gehen. Es muß einem endlich so werden.

Blasius. O säß ich noch im Thurm!

La Feu. Es kann einem nicht übel seyn im Thurm. O thäten sie mir den Gefallen und schmissen mich hinein! Ich wollt mich so seelig träumen, so glücklich! träumen muß der Mensch lieber, lieber Blasius! wenn er glücklich seyn will, und nicht denken, nicht philosophiren. Sieh! Blasius, in meiner Jugend war ich ein Poet, hatte glühende, schweifende Phantasie, das haben sie mir so lange mit ihren eißkalten Waßer begoßen, bis der letzte Funken verlosch. Und die häßliche Erfahrung, die scheußliche Larven von Menschengesichtern all, wenn man alles mit Liebe umfassen will! Da ein Hohngelächter! da ein Satan! – Ich stund da wie ein ausgebrannter Berg, gieng durch Zauber-Oerter, kalt und ohne empfangendes Gefühl. Das schönste Mädel rührte mich eben so wenig, wie die Fliege die um den Thurm schwirrt. Um des Elends loß zu werden, bestimmte sich meine Seele anders zu fühlen, und zu sehen wo ihr kalt bleibt. Alles ist nun gut, alles lieblich und schön!

Blasius. Säß ich im Thurm wieder, wo Spinnen, Mäuse und Ratten, meine Gesellschaft ausmachten!

La Feu. Saßest du denn im Thurm?

Blasius. Freylich, freylich. In einem hübschen Thurm, und sah durch ein Loch das nicht größer war als ein Auge. Mit einem Auge nur konnt ich Licht sehen. Da guckte ich bald mit diesem, bald mit jenem heraus, um nicht Lichtscheu zu werden. Da kriegt der Mensch Empfindungen, La Feu! da schwillt das Herz und dann dorrt das Herz – und versiegt der Mensch. Ich konnte dir einen ganzen Tag auf einen Fleck sehen – und sehen – (starr und weg.) He was? In Madrid, La Feu, und in London (bitter) gepriesen sey das Menschengeschlecht! he! sie meintens gut mit mir. Ich war der ehrlichste Kerl von der Welt.

La Feu. Das war dein Fehler, lieber, lieber Blasius.

Blasius. In Madrid thats die Inquisition wegen meiner Equipage. Und in London, weil ich einen Kerl erschoß, der mich um mein Vermögen brachte, und mir meine Ehre dazu rauben wollte.

La Feu. Ja Blasius! lieber Blasius! erschießen muß der Mensch nichts.

Blasius. O wenn dann nur die Gefühle des Menschen ein Ende nehmen wollten!

La Feu. Wie stehst du mit der Lady?

Blasius. Laß mich gehen! ich hab mich ennuirt. Sie ist lustig und schön, und so kalt wie Schnee, und scheint so keusch, wie Dianens Nachthembd. Sie schert einen, ich bin todt und schläfrig (gähnend.) Gute Nacht Donna Isabella! O säß ich einmal wieder zu deinen Füßen, Gütigste! (schläft ein.)

La Feu. Ich muß vor der Lady Fenster Wache halten diese Nacht. Es ist eine gar liebe reizende Lady, zu der man alles sagen kann, und die einen versteht ehe man spricht. Ich will doch einmal ein Feenmärchen schreiben.

Zweyte Scene.

Wild. (in Uniform tritt auf) Wie ists euch?

La Feu. Gut! Gut! Wild. Blasius schläft, und ich träume. Ich muß doch Verse an Lady schicken.

Wild. Liebster La Feu! (umfaßt ihn.) Liebster Blasius (umfaßt ihn.)

Blasius. He was ist dann? Hat denn der Mensch nie Ruh?

Wild. Mir ist wohl worden. O meine Lieben! mir ist wohl worden.

Blasius. Wohl bekomm dirs, mir ists weh! (schläft wieder.)

Wild. Nun so behüt Euch der Himmel, ich will meine Seele in die Lüfte ausgießen (ab.)

Dritte Scene.

See-Kapitain Boyet. Wirth. Vorige.

Wirth. Was befehlen Sie, Mylord!

Kapitain. Nichts! Nichts als daß Sie weggehen sollen.

La Feu. (sitzt und schreibt in Extase.)

Kapitain. (zu seinen Leuten.) Geht ihr alle beyseit! Kleiner Junge bleib hier! Nu süßer Knabe!

Mohr. Rauher Capitain, was willst du?

Kapitain. Willst du dich noch für mich todtschießen lassen?

Mohr. Hier steh ich schon, guter Lord. Du hast mir aber weh gethan! Bey den Göttern! Du bist manchmal so toll wie der Tyger, du Seekrebs! – Sieh, auf meinem Rücken liegen Beulen wie meine Faust, harter Lord!

Kapitain. Weil ich dich lieb hab, Affe!

Mohr. (seine Stirne küßend.) Schinde mich! zieh mir die Haut übern Kopf, wilder Lord! bin dein Junge, bin dein Affe, dein Soley, dein Hund. (sich um ihn schlingend.) Hast meinem Vater das Leben und Freyheit gegeben – (Kapitain kneipt ihn.) O weh, was kneipst du mich!

Kapitain. Hab dich lieb. Willst du Cadet seyn, Junge?

Mohr. O Lord! Lord! mir einen Degen, und stell dich hinter mich, wenn dein Feind kommt. Guter Lord! Tygerthier! toller Lord! mein Blut im Leib hat dich lieb, und klopft unter der Haut.

Kapitain. Zuckerrohr von einem Mohrjungen! Willst du Schläge haben?

Mohr. Willst du geschmeichelt haben? Soll ich deine Wangen streicheln?

Kapitain. Hast du die Schiffe gesehen die vorbey segelten?

Mohr. Ja Lord. Warum wagtest du dich?

Kapitain. Nicht zu streichen vor Ihnen. Ihnen unter die Nase zu lachen und das letzte wegzukapern.

Mohr. Ach kriegtest doch einen Kanonenschuß, und der Matrose und Soldat todt.

Kapitain. Füll meine Pfeife! Wer wird darüber reden? Todt Junge, todt, das ist all nichts. Fürchtst du dich fürm Tod?

Mohr. Wenn du lebst – ja. Ich wollte gern bey dir seyn.

Kapitain. Jezt wollen wirs einmal hier versuchen. Der Tod fürcht sich vor mir. Zehen Jahre gefahren und keine Wunde, außer von dem Schurken von Schottländer.

Mohr. Wenn die Mütter und Väter alle kämen, die du kinderlos gemacht hast. -

Kapitain. Sanfter Junge! Du taugst für die See nicht. Halt meine Pfeife! Stell mir einen Stuhl unter die Füsse! (sieht sich um.) He wer ist denn da? Junge, scher mir doch die Leute ein wenig. Du bist so müßig. Ich bitt dich Knabe, zopf den Schläfer dort an der Nase, ich kann niemand schlafen sehn, bis ich ruhig bin. Und der Schreiber dort, der so um sich fährt – plag ihn! (Der Mohr zupft Blasius an der Nase. Hält dem La Feu von hinten die Feder, als er eben schreiben will.)

La Feu. Lieblich strahlt dein Auge! – he! he!

Blasius. Hm! Flegels alle!

Kapitain. Meine Herren, ich wollte Bekanntschaft mit Ihnen machen. Sind Sie von der Armee?

Blasius. Nichts bin ich. (schläft ein.)

Kapitain. Das ist viel. Und Sie?

La Feu. Alles, alles.

Kapitain. Das ist wenig. Kommen Sie, Herr Alles! wir wollen uns ein wenig baksen, daß meine Gelenke in Ordnung kommen. (pakt ihn an.)

La Feu. O weh, du Centaur! das ist nichts für die Phantasie – (setzt sich nieder.) Lieblich strahlt dein Auge! Die dumme Reimen! Auge, lauge, brauche, sauge. Aus denen Lieb ich sauge. Ja so -

Kapitain. Junge, laß mir keinen Menschen ruhig! und fürchte dich nicht. Je toller du's machst, je besser. Zopf mir den Schläfer, Knabe! (der Knabe thuts.)

Blasius. Flegel! Esel! Wild! (schlägt um sich.) Wild! wenn du nicht ruhig -

Mohr. Einen Schlag! einen Schlag!

Kapitain. Wild! mein Herr! Wo ist er? geschwind!

Blasius. Was weiß ich?

Kapitain. So viel kann ich Ihnen sagen, entweder Sie sagen mir wo Wild ist, oder Sie machen einen Gang mit mir.

Blasius. Lassen Sie mich ruhen, und denn will ich sehen ob mirs beliebt.

Kapitain. Beliebt? mein Herr!

Blasius. Ja, beliebt! Sie werden doch hören.

Kapitain. Das gefällt mir. Ich will zum General ohnedies erst. Hab ein hübsches Schiff mit gebracht. Ich verlaß mich auf Ihr Wort. Gut, daß ich dich find, Sir Wild. Komm Knabe!

Mohr. Ich folge schon.

Blasius. Der Hund! Wie führt den der Satan her? Es ist der Schiffskapitain oder der Teufel. Muß doch den Wild aufsuchen. Gönnt mir den Schlaf niemand!

La Feu. Laß dir doch vorlesen!

Blasius. Laß mich!

La Feu. Das will ich am Fenster singen. Du hast ja Myladys die Promenade versprochen.

Blasius. Ich komm vielleicht.

Vierte Scene.

Blasius (begegnet Wild und dem Kapitain an der Thür.) Hätt ich doch bald einen Gang vergebens gethan. (Setzt sich still hin.)

La Feu. (Liest seine Verse denn ab, Mohr spielt mit Kindereyen.)

Kapitain. Brav daß ich Sie find.

Wild. Gut! sehr gut!

Kapitain. Sie wissen doch daß ich Sie nicht leiden kann?

Wild. Darnach hab ich noch nicht gefragt.

Kapitain. So will ich's Ihnen zeigen. He Schottländer! mich soll der Donner erschlagen, Du darfst Gottes Luft nicht mit mir einziehen. Ich hab vom ersten Blick einen solchen Haß auf Dich geworfen, daß meine Faust nach Degen und Pistol greift, wenn ich Dich von weiten erblick. Geschwind Knabe, mein Gewehr!

Wild. Du weißst Kapitain, daß Du grob und beleidigend bist, und daß ich Dir dann nichts schuldig bleib. Du zwangst mich, Dir in Holland eine Kugel zu geben, und bey meiner Seel! es schmerzte mich, da ich Dich sinken sah, so um nichts und wieder nichts.

Kapitain. Deine Kugel stak tief, aber eine Kugel die im Fleisch sitzt, ist keine Kugel, und zündet nur die Lebens-Geister an. Glaub mir, wann Du niederfällst, pfeif ich Dir ein Sterblied, das meine Matrosen pfeifen, wenn der Sturm am toll'sten wütet.

Wild. Dank Kapitain! wie Du willst.

Kapitain. Weil ich will, und muß. Weil Du für mich ein so krötenmäßiges, fatales Ansehen hast. Weil, wenn ich dich seh, meine Nerven zukken, als wenn mir einer den widrigsten Laut in die Ohren brüllte.

Wild. Ich kann Dir sagen, daß ich Dich leiden kann. Demohngeachtet – wenn mirs kein Ernst ist, um des Spasses halben. Ich hätt heute nicht nöthig mein Leben wegzuwerfen, doch weil Du brav bist, und wir nun einmal nicht aus einem Ort zusammen leben können, und ich jetzt hier leben muß -

Kapitain. Das ist hübsch! Weist Du was? Schottländer! ich muß jetzt zum General, wir wollens bis Morgen versparen.

Wild. Auch gut! So geh ich erst in die Bataille.

Kapitain. Und ich mit. Aber der Teufel soll Dich hohlen, wenn Du Dich todtschießen läßest. Das merk Dir! (ab.)

Fünfte Scene.

Garten. Mondschein.

(Lady Kathrin und Louise gehen spazieren.)

Louise. Die Abendluft, liebes Tantchen! Sie husten ja erbärmlich.

Kathrin. Husten! dummes Ding! husten – ha! ha! ich bitt Dich Kind! o Kind! (immer dabey hustend.)

Louise. Was denn?

Kathrin. Ein schönes Geschenk wenn du erzählst -

Louise. Nu daß ich Langeweile habe, kann ich Ihnen sagen, daß mir in meinem Leben keine abgeschmacktere Kerls vorgekommen sind, als die zwey Fremden, kann ich Ihnen wieder sagen.

Kathrin. Abgeschmackte Kerls? ha! ha! La Feu! der englische süße Mylord La Feu! der Cherub unter den Männern! Ha! Ha! Nichtchen, ein prächtiges Geschenk, wenn Du mir ihn preisen hilfst. Setz Dich nieder, wir wollen alle seine liebenswürdige Eigenschaften durchgehen, und so die Nacht mit seinem Lobe hinschleichen sehen, und, wenn die Sonne kommt, von neuen anfangen.

Louise. Ja der Wild, Tantchen! der Wild! haben Sie ihn gesehen? Ich sah ihn vorhin durch die Büsche schleichen. Der Wild, Tantchen!

Kathrin. Nicht Wild, La Feu. Hast Du seine Augen angesehn?

Louise. Sie sind, glaub ich, etwas verdorrt, matt und ausgetrocknet. Glanz und Feuer sah ich wenigstens nicht drinnen.

Kathrin. Ich bitt Dich, sieh jene Sterne an! den Glanz, das Flimmern und seine Augen!

Louise. Nu!

Kathrin. Merkst Du nicht was ich sagen will? o er spricht, die Liebe macht Poeten, und die Poeten vergleichen so. Augen Glanz, Sterne Glanz! – und seine Haare!

Louise. Wir sind ja noch nicht über seine Augen einig. – Der Blasius hat mich um all meine Munterkeit gebracht mit seiner dummen Langeweile. Hab ich denn schon aufgehört auf die Männer zu wirken?

Kathrin. Seine Haare, Nichtchen! so blond, so süß blond!

Louise. Er trägt ja eine Perücke.

Kathrin. Eine Perücke? Ha! Ha! Amor in einer Perücke! Wie kannst Du nur so wenig aufmerksam bey solchen Schönheiten seyn? Nein, dein Geschmack ist der beste nicht.

Louise. (verdrüßlich.) So sind sie wenigstens Ziegelroth.

Kathrin. Laß mich allein, Du kleiner Eigensinn! und Tante mußt du mich auch nicht immer nennen, wenn ich so in einem Liebes-Gespräch begriffen bin. Sag lieber: Mylady!

Louise. Wo sie denn bleiben, sie versprachen mit uns im Mondschein spazieren zu gehen.

Kathrin. Wart doch nur, La Feu kommt gewiß.

Louise. Tantchen! wissen Sie auch daß ich den Wild gesprochen hab? Er kam diesen Gang herauf, und konnte und wollte mir nicht ausweichen. Ich that ganz fremde, und bat um seinen Nahmen. Da stotterte er so verwirrt, er hieße Wild, als wärs eine Lüge. Ich habe so meine Gedanken drüber. Und daß er bey Miß Berkley so lange allein war. – Er ist verliebt in sie, bey allen Sternen! verliebt in sie! Er gieng so kalt von mir weg, und strich an mir vorbey wie ein rauher Wind.

Kathrin. Der Blasius ist verliebt in Dich.

Louise. Ja der! Wenn wir nur wüßten, wer es wäre der Wild.

Kathrin. La Feu weiß es gewiß, wir wollen ihn fragen.

Sechste Scene.

La Feu. (in einiger Entfernung.) Find ich dich nicht meine Liebe? Wo bist du, daß ich diesen Gesang zu deinen Füßen lege? dir vorsing das Loblied deiner Reize? kränze dein duftendes Haar!

Louise. Rufen Sie Ihren Adon!

Kathrin. Still! laß ihn doch reden! o die Worte der Liebe sind köstlicher als Weihrauch.

La Feu. Wandre den Garten auf und ab nach dir meine Liebe.

Louise. Mylord!

Kathrin. Unfreundlich Mädchen! Er hört Dich doch nicht. – Mylord!

La Feu. Ach dieser Ton entzündet mein Blut (herbeyeilend.) Ach Mylady! Stunden irr ich herum in liebestrunkner Phantasie. Hab Dir einen Kranz geflochten, Venus Urania! Wandle nun in den Haynen von der Liebe bekränzt. (bekränzt sie.)

Louise. Ins Tollhaus mit dem Narren!

Kathrin. O Mylord! wie angenehm – wie sehr freu ich mich! -

La Feu. Freuen? Ja freuen! In der Liebe freut sich alles, ohne Liebe trauert alles. Ich habe Denkmale der Liebe gestiftet, die nie verwesen werden, sollte auch mein Herz verwesen.

Kathrin. O Mylord! Ihr Herz wird nie verwesen.

Louise. Sie husten immer mehr, Tante! Fragen Sie ihn doch!

Kathrin. Ja Mylord, eine Bitte an Sie. Wollen Sie uns wohl sagen den wahren Nahmen Ihres Begleiters, des Wilds!

La Feu. Wild? Ist denn der noch hier? Ist er nicht im Krieg?

Kathrin. Noch nicht, Morgen, Mylord.

La Feu. Glückliche Reise!

Kathrin. Aber er ist in meine Miß verliebt.

La Feu. (auf Louise zeigend.) In Mylady?

Louise. (verdrüßlich.) Mein Mylord!

Kathrin. Ich beschwör Sie bey allen Liebes-Göttern! sagen Sie mir seinen wahren Nahmen.

La Feu. Wann ichs mich erinnern könnte – hm – wollen Sie's denn wissen?

Kathrin. Freylich! Geschwind!

La Feu. Ja, ich hab kein Gedächtniß, Mylady! Ich meyn, er jagte einmal einen Bedienten fort, der's verrieth. Mir hat ers glaub ich verboten.

Kathrin. Nein gewiß nicht.

La Feu. Wißen Sie das? – ich kann nicht drauf kommen – Karl glaub ich -

Louise. Weiter Mylord!

La Feu. Bu – Bu – o mein Gedächtniß – Karl Bu – Bu

Louise. Bushy? Mylord!

La Feu. Ja, ja Bushy, glaub ich.

Louise. Da haben wirs, ihr Karl! ihr Bushy! -

Kathrin. Das muß mein Bruder wissen.

La Feu. Ey behüte! das muß niemand wissen, als Sie. – Kommen Sie doch, lassen Sie uns den Reihen der Liebe im Mondschein tanzen. (springt mit ihr.)

Kathrin. O, Mylord!

Louise. Ich will Ihnen doch zum Verdruß mit gehen. (in eine Allee ab.)

Siebente Scene.

Wild. (tritt auf.) Die Nacht liegt so kühl, so gut um mich! Die Wolken ziehen so still dahin! Ach sonst wie das alles trüb und düster war! Wohl mein Herz! daß du dies schauerhafte wieder einmal rein fühlen kannst! daß die Nachtlüftchen dich umsäuseln und du die Liebe wehen fühlst in der ganzen stillen Natur. Glänzet nur Sterne! ach Freunde sind mir wieder worden! Ihr werdet getragen mit allmächtiger Liebe, wie mein Herz, und flimmt in reiner Liebe, wie meine Seele. Ihr wart mir so kalt auf jenen Bergen! und wenn meine Liebe mit euch sprach, drängten sich volle Thränen hervor, ihr schwandet aus den nassen Augen, und ich rief: Jenny, mein Leben! Wo bist Du blieben, Licht meiner Augen? So hieng ich oft an dir, Mond! und dunkel wards um mich, da ich nach der reichte, die so ferne war. Ach daß alles so zusammen gewebt, zusammen gebunden mit Liebe ist. Wohl dir! daß du wieder das Rauschen der Bäume, das Sprudeln der Quelle, das Gemurmel des Bachs verstehst! daß alle Sprache der Natur dir deutlich ist. – Nimm mich auf in deine liebliche Kühle, Freund meiner Liebe! (sich unter einem Baum legend.)

Achte Scene.

Caroline. (das Fenster aufmachend.) Nacht! stille Nacht! laß dirs vertrauen! Laßts euch vertrauen, Wiesen! Thäler! Hügel und Wald! Laß dirs vertrauen, Mond und all ihr Sterne! Nicht mehr nach ihm weinend, nicht mehr ihm seufzend, wandle ich unter deinem Licht, sonsten trauriger Freund! Nicht mehr klagend antwortest du mir, Echo, daß du keinen andern Wiederhall, als seinen Namen kanntest. – Karl! Hallt das nicht süß durch die Nacht? Karl! nicken meine Blumen mir nicht freudig zu? Eilen nicht die Winde herbey, meinen Ruf zu seinem Ohr zu bringen? Ihr sollt euch freuen mit mir, einsame Plätzchen! Will dirs vertrauen, düstrer Ort, (indem sie ihn gewahr wird.) und dir, der du dort im Schatten vergraben liegst, lieblicher Lauscher!

Wild. Leben! mein Leben!

Caroline. Freund meines Herzens!

Wild. Fittige der Liebe mir! ich habe sie. (steigt dem Baum hinauf.)

Caroline. Halt dich fest, mein Lieber, die Aeste biegen.

Wild. Laß sie biegen, stark sind die Schwingen der Liebe, (nach ihrer Hand reichend.) Miß! meine Miß!

Caroline. Nicht so verwegen, trau den Aesten nicht!

Wild. Hänge an deinen Augen. Laß mich athmen! gieb mir doch, daß ich fühlen könnte, sagen könnte, was das ist, dieser Augenblick. O traurige Nächte all, wie seyd ihr verschwunden! Hast sie alle getilgt, Himmel, hast mich hieher geführt! – Miß! liebe Jenny! was ist dir? Rede, meine Liebe! was verbirgst du mir deine süße Augen?

Caroline. Reden! – ja reden! -

Wild. Thränen, meine Liebe?

Caroline. Die ersten Thränen der Freude.

Wild. Beste! meine Liebe!

Caroline. Und auch! die Thränen des Kummers. Wild! was hast du gemacht? O weiche doch, Licht! – Unglücklicher, was hast du gemacht?

Wild. Jenny, meine Knie wanken. Was ist dir?

Caroline. Dieser Rock, der morgende Tag – ach du und mein Vater! Warum eilst du in Tod und mußt nicht?

Wild. Dich zu verdienen. Laß diesen Rock! es ist mir so wohl drinnen worden. Laß! und auch diesen Wunsch befriedigt.

Caroline. Weh mir! Todt!

Wild. Todt! und umgiebt mich die Liebe. Laß mich wandern in Todesthälern, hier führt die Liebe zurück.

Caroline. Und die Bothschaft mich zu dir.

Neunte Scene.

La Feu, Blasius, Lady Kathrin und Louise kommen die Allee herauf.

Louise. Was ist das auf dem Baum dort?

Caroline. Ich höre meine Base, Karl! entferne dich!

Wild. Laß sie kommen! ich seh dich wieder, (springt herunter. Bleibt am Fenster in tiefen innern Gefühl stehen.) Morgen! ja morgen! und was denn nun, wenn ich ausgestreckt liege. Hat doch dieses Herz alles gefühlt, was Schöpfung schuf, was der Mensch fühlen kann. O, diese Nacht! diese Nacht! und der morgende Tag! Ich seh dich wieder! und dein Bild, das bey mir bleibt, das mich hinüber führt – ich seh dich wieder. (starr zum Himmel.) Ich seh sie wieder! seh dich wieder, wie jezt! So fest, wie das Band, womit du umwunden bist! ich seh sie wieder! Liege hier und meine Brust erweitert sich. (Sie kommen näher.)

Louise. Haben Sies gesehen, Tante? er wars und sie! Sie warens, sag ich. Sahen Sie ihn? sahn Sie sie? Sehn Sie ihn! O ich möcht den Mondschein wegziehen, der garstige Mensch!

Kathrin. Geht michs was an? komm zu meinem Bruder, wir wollen ihm die Neuigkeit. -

La Feu. Was Mylady? Sie wollen gehn? Und die Nacht wird immer phantastischer. Die Sphären klingen immer reizender.

Blasius (setzt sich nieder.)

Louise. Nu Mylord?

Blasius. Ich bin so müd – kann nicht von der Stelle. Der Spaziergang ist so naß und kalt, bekommt mir übel -

Louise. Schämen Sie sich Mylord, sollten wenigstens nichts sagen.

Blasius. Ja sagen – Feuer ist Feuer, und matt ist matt. (steigt auf.)

Louise. (Wollen an ihm vorbey gehn. Gehn an Wild vorbey. Er ohne sie zu bemerken.)

Louise. Das ist impertinent!


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