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Ritter Richards Lied.


Dem Waffenherrn folgt' ich, kaum sproß mir ein Bart,
In England mir Ruhm zu erjagen;
Ein anderes Ende doch nahm meine Fahrt:
Mich hat England in Banden geschlagen!

Einst hatt' ich ein Streitroß, ein Banner und Schwert,
Ein jugendlich Herz sonder Zagen –
Ach, wie bald hat sich Jubel in Seufzer verkehrt,
Da mich England in Banden geschlagen!

Umsonst mag der Vater nun Tag für Tag
Nach dem Schiffe spähen und fragen.
(Er gedenkt wohl der eigenen Jugend! –) Ihm sag',
Daß mich England in Banden geschlagen!

Mein Mütterchen klug, das in schlafloser Nacht
Vor dem Vater verbirgt ihre Klagen,
Sie ahnt wohl, welch' unüberwindliche Macht
Mich in England in Banden geschlagen!

Mein Bruder läßt sich's, ein lustiger Fant,
In Frankreich als Page behagen.
Ihm künde: der Leichtsinn hat keinen Bestand –
Wie mich England in Banden geschlagen!

Der Knospe gleich, reifet mein Schwesterlein sacht
Ihrem Frühling zu; ihr magst du sagen,
Daß der Jugend nur süßestes Liebesglück lacht,
Daß mich England in Banden geschlagen!

Und den Jugendgefährten, die meinen Verrat
An der Heimat voll Hochmut beklagen,
Ihnen sage, mich reut nicht die treulose Tat,
Daß mich England in Banden geschlagen!

Ihr Könige, Fürsten und Prinzen wert,
Ihr Ritter, Mannen und Magen!
Hört mich an, ehe den in Acht ihr erklärt,
Den England in Banden geschlagen:

Zwei Mächte gibt's, denen des Stolzesten Sinn
Sich beuget! Ich will sie euch sagen:
Es sind Liebe und Tod! Und in England bin
Von der Lieb' ich in Banden geschlagen!


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