Henrik Ibsen
Kaiser und Galiläer
Henrik Ibsen

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Fünfter Akt

In Vienna. Ein Gewölbe in den Katakomben. Zur Linken zieht sich ein gewundener Gang empor. Im Felsgestein des Hintergrundes ist eine Treppe ausgehauen, die oben an einer verschlossenen Tür endet. Von rechts führen eine Menge Stufen zu den tiefer liegenden Gängen hinab. Der Raum ist von einer brennenden Hängelampe schwach erleuchtet.

Cäsar Julian, mit unrasiertem Bart und in schmutzigen Kleidern, steht über die Öffnung rechts gebeugt. Durch die Tür ertönt gedämpfter Chorgesang aus der Kirche, die draußen angebaut ist.

Julian spricht nach unten. Noch kein Zeichen?

Eine Stimme tief unten. Keines.

Julian. Weder ja noch nein? Weder für noch gegen?

Die Stimme. Beides.

Julian. Das ist so gut wie nichts.

Die Stimme. Warte, warte.

Julian. Ich habe fünf Tage gewartet – Du hast nur drei gefordert. Ich sage Dir, – ich bin nicht gesonnen, zu – Er horcht nach dem Ausgang hin und ruft mit gedämpfter Stimme nach unten: Still!

Sallust erscheint auf dem Gange links oben. Herr! Herr!

Julian. Du bist es, Sallust? Was willst Du hier unten?

Sallust. Diese brütende Finsternis, – ah, nun sehe ich Dich.

Julian. Was willst Du?

Sallust. Dir dienen nach Möglichkeit – Dich wieder hinaus zu den Lebendigen führen.

Julian. Was gibt es Neues auf der Welt da oben?

Sallust. Die Soldaten sind unruhig; wir merken aus allerlei Anzeichen, daß ihnen die Geduld bald ausgeht.

Julian. Jetzt scheint gewiß die Sonne da oben?

Sallust. Ja, Herr!

Julian. Der Himmel wölbt sich wie ein Meer von strahlendem Licht; es ist vielleicht hoher Mittag; es ist heiß; die Luft zittert die Wände der Häuser entlang; der Fluß rieselt, halb ausgedörrt, über die weißen Kieselsteine –. Schönes Leben! Schöne Welt!

Sallust. O komm, Herr, komm! Der Aufenthalt in den Totengrüften wird Dir zum Nachteil ausgelegt.

Julian. Wie wird er ausgelegt?

Sallust. Darf ich es sagen?

Julian. Du darfst und sollst. Wie wird er ausgelegt?

Sallust. Viele meinen, es wäre weniger Trauer als Reue, was Dich so seltsam unter die Erde getrieben hat.

Julian. Man glaubt, ich hätte sie getötet?

Sallust. Das Rätselhafte der Sache muß sie entschuldigen, wenn –

Julian. Niemand hat sie getötet, Sallust! Sie war zu rein für dieses Reich der Sünde – darum stieg in jeglicher Nacht ein Engel vom Himmel in ihr Kämmerlein hernieder und rief sie. Oder –? Weißt Du nicht, daß die Priester in Lutetia ihren Tod so auslegten? Und die Priester müssen es doch wissen. Ist nicht ihr Leichenzug gewesen wie ein Triumphzug durchs Land? Strömten nicht alle Frauen Viennas aus den Toren ihrem Sarge entgegen, begrüßten sie mit grünen Zweigen in den Händen, breiteten Teppiche auf den Weg und stimmten Lobgesänge an zu Ehren der Himmelsbraut, die heimgeleitet ward in das Haus des Bräutigams? – Worüber lachst Du?

Sallust. Ich, Herr?

Julian. Fortan habe ich Tag und Nacht die Hochzeitslieder gehört. Wisse: verklärt schwebt sie empor. Ja, sie war wirklich ein echtes Christenweib. Streng befolgte sie das Gebot: sie gab dem Cäsar, was des Cäsar ist, und dem andern gab sie –. Doch nicht davon wollten wir sprechen. Du bist nicht eingeweiht in die Geheimnisse der Lehre, Sallust! – Ich fragte Dich, was es Neues gibt.

Sallust. Meine wichtigste Nachricht ist, daß der Kaiser bei der Kunde von den Vorgängen in Lutetia schnell nach Antiochia geflohen sein soll.

Julian. Die Neuigkeit kenne ich. Konstantios sah uns wohl schon im Geiste vor den Toren Roms.

Sallust. Die Freunde, die sich in dieser gefährlichen Sache Dir verwegen angeschlossen haben, sahen im Geiste dasselbe.

Julian. Die Zeit ist uns nicht günstig, Sallust! Vergißt Du, daß bei den Kampfspielen, vor unserem Aufbruch von Lutetia, mein Schild in Stücke barst, so daß ich nur den Griff in der Hand behielt? Vergißt Du, daß, als ich zu Rosse steigen wollte, der Diener strauchelte, auf dessen verschränkten Händen ich mich aufschwingen wollte?

Sallust. Du kamst doch in den Sattel, Herr!

Julian. Aber der Mann fiel.

Sallust. Bessere Männer werden fallen, wenn Cäsar zaudert.

Julian. Der Kaiser ist hinfällig.

Sallust. Der Kaiser lebt. Die Briefe, die Du ihm über Deine Erhöhung geschrieben hast –

Julian. Über meine notgedrungene Erhöhung – man hat mich gezwungen – da war keine Wahl.

Sallust. Der Kaiser läßt diese Erklärung nicht gelten. Es ist seine Absicht, in Gallien einzurücken, sobald er in den östlichen Provinzen ein Heer gesammelt hat.

Julian. Woher weißt Du –?

Sallust. Durch einen Zufall, Herr. Ich flehe Dich an, glaube mir –!

Julian. Gut, gut – wenn das geschieht, will ich Konstantios entgegenziehen – nicht mit dem Schwert in der Hand –

Sallust. Nicht!? Wie denkst Du ihm denn zu begegnen?

Julian. Ich will dem Kaiser geben, was des Kaisers ist.

Sallust. Willst Du damit sagen, daß Du zurücktreten wirst?

Julian. Der Kaiser ist hinfällig.

Sallust. O, diese eitle Hoffnung! Wirft sich auf die Knie. So nimm mein Leben, Herr!

Julian. Was soll das –?

Sallust. Cäsar, nimm mein Leben, – ich will lieber auf Dein als auf des Kaisers Gebot sterben.

Julian. Steh auf, Freund!

Sallust. Nein, laß mich liegen, zu meines Cäsar Füßen liegen und alles gestehen. Teurer Herr, Dir das sagen zu müssen! – Als ich im rheinischen Lager Dich aufsuchte, – als ich Dich an unsere alte Freundschaft von Griechenland her erinnerte, – als ich bat, mit Dir die Gefahren des Krieges teilen zu dürfen: – da, Cäsar, da kam ich als verkappter Späher im Solde des Kaisers –

Julian. Du –!

Sallust. Mein Inneres war dermalen von Groll gegen Dich erfüllt; Du erinnerst Dich jenes unbedeutenden Zwistes in Mailand, – doch unbedeutend nicht für mich, der ich gehofft hatte, Cäsar würde meinem sinkenden Glück wieder aufhelfen. Und daraus zog man Vorteil in Rom; man hielt mich für den rechten Mann, Deinen Wegen nachzuspüren.

Julian. Und zu so etwas konntest Du Dich verschachern? Welch schwarzer Betrug!

Sallust. Ich war zugrunde gerichtet, Herr, und wähnte, Cäsar hätte seine Hand von mir gezogen. Ja, mein Cäsar, ich verriet Dich – in den ersten Monden; dann nicht mehr. Deine Leutseligkeit, Dein hoher Sinn, all die Gnade, die Du mir erwiesen hast –. Ich wurde, wofür ich mich ausgegeben hatte: Dein treuer Anhänger, – und in meinen geheimen Briefen nach Rom führte ich die hinters Licht, die mich ausgesandt hatten.

Julian. Diese Briefe waren von Dir? – Sallust!

Sallust. Sie enthielten nichts zu Deinem Nachteil, Herr! Was etwa andere geschrieben haben, weiß ich nicht. Ich weiß nur, daß ich oft genug mich in Qualen gewunden habe unter dem verhaßten Schweigen, das mir aufgenötigt war. Ich wagte mich so weit vor, wie ich irgend durfte. Jenes Schreiben, an einen ungenannten Mann in Deinem Lager aufgegeben, worin über des Kaisers Triumphzug in Rom berichtet wurde, und das Du eines Morgens, auf dem Wege nach Lutetia, unter Dein Zelt geschoben fandest –; Du hast es doch gefunden, Herr?

Julian. Ja, ja –

Sallust. Es war an mich gerichtet, und ein Zufall war mir günstig, so daß es in Deine Hände kam. Reden durfte ich ja nicht. Ich wollte reden, aber ich konnte nicht; ich verschob es von Tag zu Tag, das Geständnis meiner Schande. Straf mich, Herr – sieh, hier liege ich.

Julian. Steh auf; Du bist mir nur um so werter; – bist gewonnen gegen meinen und gegen Deinen Willen. Steh auf, Freund meiner Seele; niemand soll Dir ein Haar krümmen.

Sallust. Nimm lieber ein Leben, das Du doch nicht länger wirst schirmen können. Du sagst, der Kaiser wäre hinfällig. Er erhebt sich. Mein Cäsar, was zu verschweigen ich geschworen habe, das verrate ich jetzt. Des Kaisers Hinfälligkeit birgt für Dich keine Hoffnung. Der Kaiser heiratet wieder.

Julian. Welcher Wahnwitz! Wie kannst Du glauben –?

Sallust. Der Kaiser heiratet wieder, Herr! Reicht ihm einige Papiere. Lies, lies, hoher Cäsar, diese Briefe werden Dir keine Zweifel mehr lassen.

Julian ergreift die Papiere und liest. Ja, bei der Sonne Licht und Macht –!

Sallust. Hätte ich doch früher reden dürfen!

Julian weiter lesend. Er nimmt ein Weib zur Ehe. Konstantios, dieser schwindende Schatten von einem Menschen! Faustina – was steht da? – jung, kaum neunzehn Jahre alt –; eine Tochter aus – ah! eine Tochter aus jenem übermütigen Geschlecht. Ein eifriges Christenweib also! Faltet die Papiere zusammen. Du hast recht, Sallust! Seine Hinfälligkeit birgt keine Hoffnung! Ob er hinfällig ist, stirbt, – was will das sagen? Ist nicht Faustina fromm? Ein Engel der Verkündigung wird sich offenbaren; oder auch –; ha, ha! kurz und gut, – so oder so – es wird ein kleiner Cäsar in die Welt gesetzt, und dann –

Sallust. Zögern heißt zugrunde gehen.

Julian. Das ist lang und in aller Stille vorbereitet gewesen, Sallust! Ja, wenn dem so ist, dann lösen sich alle Rätsel! Helena, – es war nicht, wie ich dachte, ihre unvorsichtige Zunge, die sie umgebracht hat –

Sallust. Nein, Herr!

Julian. – man hat gedacht, – man hat geglaubt, daß –. Unergründliche, ausgleichende Gerechtigkeit! Darum mußte sie aus dem Wege.

Sallust. Ja, darum. Mich hatte man in Rom zuerst ins Auge gefaßt. Herr, Du zweifelst doch nicht, daß ich mich weigerte? Ich verschanzte mich hinter der Unmöglichkeit, eine Gelegenheit zu finden. Man versicherte mir, das verbrecherische Vorhaben wäre aufgegeben, und da –!

Julian. Sie machen nicht Halt vor – vor der Doppelleiche in dem Steinsarg dort oben. Konstantios heiratet. Darum sollte man mich in Lutetia entwaffnen.

Sallust. Nur Eins kann Dich retten, mein Cäsar; Du mußt handeln – ehe der Kaiser zu Kräften kommt.

Julian. Zöge ich mich freiwillig in die Einsamkeit zurück, nur der Weisheit mich hinzugeben, die ich hier vernachlässigen mußte, – würden die neuen Machthaber ein solches Dasein mir verstatten? Würde nicht die bloße Tatsache, daß sie mich am Leben wüßten, wie ein drohendes Schwert über ihren Häuptern hängen?

Sallust. Zu der Familie der künftigen Kaiserin gehörten die Männer, die Cäsar Gallos in seinen letzten Stunden umgaben.

Julian. Der Tribun Skudilo. Glaub' mir, Freund, – ich habe das nicht vergessen. Und diesem Blutvergießer von Kaiser soll ich mich ergeben, um dann durch ihn zu fallen! Ihn soll ich schonen, ihn, der jahrelang über die Leichen meiner nächsten Anverwandten ringsum stolperte!

Sallust. Schonst Du ihn, so wird er binnen drei Monden über die Leichen Deiner Anhänger stolpern.

Julian. Ja, ja – darin hast Du freilich recht. Geradezu ein zwingendes Gebot ist es für mich, ihm entgegenzutreten. Tue ich es, so tue ich es nicht um meinetwillen. Handelt es sich nicht um das Wohl und Wehe von Tausenden? Hängt nicht das Leben Tausender davon ab? Oder stände es wohl in meiner Macht, dieses Äußerste abzuwenden? Du bist schuldiger als ich, Sallust! Warum hast Du nicht früher gesprochen?

Sallust. In Rom ließ man mich einen hochheiligen Eid schwören, zu schweigen.

Julian. Einen Eid. So. Bei den Göttern Deiner Väter?

Sallust. Ja, Herr, – bei Zeus und Apollon.

Julian. Und doch brichst Du den Eid?

Sallust. Ich will leben.

Julian. Und die Götter?

Sallust. Die Götter – sie sind weit weg.

Julian. Ja, Eure Götter sind weit weg. Sie hindern keinen; sie lasten über keinem; sie geben dem Manne Spielraum zum Handeln! O dieses Griechenglück, sich frei zu fühlen! – – Du sagtest, der Kaiser wollte in seinem Rachedurst das Blut meiner Getreuen vergießen. Ja, wer kann noch daran zweifeln, daß es so kommt? Wurde Knodomar geschont? Mußte nicht dieser harmlose Gefangene einen Sprachirrtum mit seinem Leben zahlen? Denn – ich weiß es, Sallust! sie haben ihn gemordet. Es war Lüge, jenes Gerücht vom Heimweh des Barbaren. Wessen also haben wir uns zu gewärtigen? In welch gehässigem Lichte mag der Tribun Decentius in Rom die Dinge dargestellt haben!

Sallust. Das sieht man am besten aus der eiligen Flucht des Hofes nach Antiochia.

Julian. Und bin ich nicht Vater des Heeres, Sallust?

Sallust. Vater der Soldaten – Schild und Schirm ihrer Frauen und Kinder.

Julian. Und was wird des Reiches Schicksal sein, wenn ich jetzt schwanke? Ein hinfälliger Kaiser, und nach ihm auf dem Herrscherthron ein unmündiges Kind; Zwist und Aufruhr; – ein Kampf aller gegen alle, um die Macht an sich zu reißen. – Jüngst hatte ich nächtens ein Gesicht: eine Gestalt mit einem Glorienschein ums Haupt erschien mir; sie sah mich grollend an und sprach: Wähle! Dann verflog sie wie aufsteigender Morgendunst. Bisher hatte ich mir dieses Gesicht in ganz anderer Richtung ausgelegt, – aber jetzt, da ich von der bevorstehenden Heirat des Kaisers erfahren habe, – ja, in der Tat, jetzt heißt es wählen, eh' das Verderben über das Reich hereinbricht. Ich denke nicht an eigenen Vorteil, – aber darf ich die Wahl ablehnen, Sallust? Und ist es nicht meine Pflicht gegen den Kaiser mein Leben zu verteidigen? Habe ich ein Recht dazu, die Hände in den Schoß zu legen und auf die Mörder zu warten, die er in seiner wahnsinnigen Angst dingt, mich niederzustoßen? Habe ich ein Recht dazu, dem unglücklichen Konstantios Gelegenheit zu geben, neue Blutschuld auf sein sündenschweres Haupt zu laden? Ist es nicht besser für ihn, – wie es in den Schriften heißt, – daß er Unrecht leide, als daß er Unrecht tue? Wenn also das, was ich meinem Vetter zufüge, ein Unrecht genannt werden kann, so meine ich, dieses Unrecht wird dadurch ausgeglichen, daß es meinen Vetter verhindert, mir ein Unrecht zuzufügen. Ich glaube, Platon wie Mark Aurel, Sophias gekrönter Bräutigam, würden mir darin beistimmen. Es wäre jedenfalls keine ganz unwürdige Aufgabe für die Weisheitsfreunde, mein lieber Sallust! – O, hätte ich doch Libanios hier!

Sallust. Herr, Du bist doch selbst in der Weisheit so weit vorgeschritten, daß Du –

Julian. Freilich, freilich – aber ich möchte doch auch die Meinung anderer hören. Nicht daß ich schwankte. Glaub' das nicht! Auch finde ich nicht, daß wir irgendwelchen Grund haben, an einem glücklichen Ausgang zu zweifeln. Denn jene Warnungszeichen dürfen uns ganz und gar nicht schrecken. Daß ich den Griff in der Hand behielt, als bei den Kampfspielen mein Schild barst, das, glaube ich, kann mit Fug und Recht so ausgelegt werden, daß es mir glücken wird, das zu behalten, was meine Hand einmal gefaßt hat. Und wenn ich, auf mein Roß mich schwingend, den Mann zu Boden riß, der mir in den Sattel half, so scheint mir das den jähen Fall des Konstantios zu bedeuten, dem ich meine Erhöhung verdanke. Wie dem nun auch sei, Sallust, ich gedenke eine Schrift zu verfassen, die aufs klarste rechtfertigen soll, daß –

Sallust. Sehr wohl, gnädigster Herr; – aber die Soldaten sind ungeduldig. Sie verlangen Dich zu sehen und ihr Geschick aus Deinem eigenen Munde zu vernehmen.

Julian. Geh, geh' und beruhige sie. Sag' ihnen, der Cäsar würde sich bald ihnen zeigen.

Sallust. Herr, nicht den Cäsar – den Kaiser wollen sie sehen.

Julian. Der Kaiser kommt.

Sallust. So komme er – ob auch mit leeren Händen – das Leben von Tausenden in seiner Hand.

Julian. Ein Tauschhandel, Sallust: das Leben von Tausenden gegen den Tod von Tausenden.

Sallust. Haben Deine Feinde ein Recht auf das Leben?

Julian. Glücklich Du, dessen Götter weit weg sind! O, diese Wehrhaftigkeit des Willens –!

Eine Stimme ruft tief unten im Grabgewölbe. Julian! Julian!

Sallust. Was ist das?

Julian. Fort, Du Lieber, – schnell fort!

Die Stimme. Bring den Chorgesang zum Schweigen, Julian!

Sallust. Es ruft wieder! So ist es also doch wahr!

Julian. Was sollte wahr sein?

Sallust. Daß Du hier unten mit einem rätselhaften Fremden lebst, mit einem Wahrsager oder Hexenmeister, der in nächtlicher Stunde zu Dir gekommen ist.

Julian. Ha, ha! Sagt man das? Geh, geh!

Sallust. Ich beschwöre Dich, Herr – gib sie auf, diese verderblichen Träumereien, Komm mit! Komm hinauf an das Licht des Tages!

Die Stimme näher, unten. Alle Mühe ist umsonst.

Julian am Abstieg rechts. Kein Zeichen, mein Bruder?

Die Stimme. Alles öde und leer!

Julian. O Maximos!

Sallust. Maximos!

Julian. Geh, sag' ich! Verlasse ich dieses Haus der Verwesung, so komme ich als Kaiser!

Sallust. Ich flehe Dich an, – was suchst Du hier in der Finsternis?

Julian. Licht! – Geh! Geh!

Sallust. Zaudert Cäsar, so fürchte ich, er findet den Weg versperrt.

Er geht ab durch den Gang links. Gleich darauf steigt Maximos die Treppe empor; er trägt eine weiße Opferbinde um die Stirn; in der Hand hat er ein langes, blutiges Messer.

Julian. Sprich, mein Maximos!

Maximos. Alle Mühe ist umsonst, Du hörst es ja. Warum hast Du den Chorgesang nicht zum Schweigen gebracht? Er hat alle Geisterstimmen erstickt; sie wollten sprechen, aber sie konnten nicht zu Worte kommen.

Julian. Schweigen – Finsternis –. Und ich kann nicht länger warten? Was rätst Du mir?

Maximos. Geh blindlings vorwärts, Kaiser Julian! Das Licht sucht Dich!

Julian. Ja, ja! Ich glaube es auch. Ich hätte nicht nötig gehabt, Dich so weit herholen zu lassen. Weißt Du, was ich soeben erfahren habe –?

Maximos. Ich will nicht wissen, was Du erfahren hast. Nimm Dein Schicksal in Deine eigenen Hände!

Julian geht unruhig auf und ab. Wahrhaftig, was ist er denn, dieser Konstantios – dieser furiengepeitschte Sünder, diese verwitternde Ruine eines ehemaligen Menschen?

Maximos. Ins Grab mit ihm, Kaiser Julian!

Julian. Ist er nicht in all seinem Tun und Treiben mir gegenüber wie ein steuerloses Schiffswrack gewesen – bald nach links treibend auf dem Strom des Mißtrauens, bald nach rechts geworfen vom Sturmwind der Reue? Taumelte er nicht hinauf auf den Kaisersitz, schreckensbleich, im Purpurmantel, vom Blute meines Vaters triefend? Vielleicht auch von meiner Mutter Blute. – Mußte nicht mein ganzes Geschlecht fallen, damit er sicher dort thronen könne? Nein, nicht das ganze – Gallos und ich wurden geschont. Ein paar mußten am Leben bleiben, durch die er sich ein wenig Verzeihung erwirken könnte. Dann trieb er wieder vor der Strömung des Mißtrauens. Die Reue quälte ihm den Cäsarennamen für Gallos ab; dann quälte ihm die Furcht ein Todesurteil über den Cäsar ab. Und ich? Schulde ich ihm Dank für das Leben, das er mir bisher gegönnt hat? Einer nach dem andern! Erst Gallos und dann –; Nacht für Nacht habe ich im Angstschweiß gelegen, der vergangene Tag könnte mein letzter gewesen sein.

Maximos. Waren Konstantios und der Tod Deine größte Angst? Denk nach! –

Julian. Du hast recht, – jawohl. Die Priester –! Meine ganze Jugend war eine ewige Furcht vor dem Kaiser und vor Christus. O, er ist entsetzlich, dieser rätselhafte – dieser schonungslose Gottmensch! Überall, wo ich vorwärts wollte, trat er mir in den Weg, groß und streng – mit seiner bedingungslosen, unerbittlichen Forderung.

Maximos. Und diese Forderung – war sie in Dir?

Julian. Immer außerhalb. Ich sollte! Krampfte sich meine Seele zusammen in bohrendem und verzehrendem Haß gegen den Mörder meines Geschlechts, so lautete das Gebot: Liebe Deinen Feind! Durstete mein schönheitstrunkener Sinn nach den Bräuchen und Bildern der vergangenen Griechenwelt, so drängte sich die Christenforderung ein mit ihrem: Such' das Eine, was not tut. Spürte ich der Sinne süße Lust und Begier nach diesem oder jenem, so schreckte mich der Fürst der Entsagung mit seinem: Stirb hier ab, um jenseits zu leben! – Das Menschliche ist etwas Unerlaubtes geworden seit dem Tage, da der Seher von Galiläa das Steuer der Welt ergriff. Leben ist Sterben geworden durch ihn. Lieben und Hassen heißt Sünde. Hat er denn des Menschen Fleisch und Blut verwandelt? Oder ist der erdgeborene Mensch nicht geblieben, was er war? Das gesunde Innerste unserer Seele bäumt sich dagegen auf; und doch sollen wir wollen – gegen unseren eigenen Willen. Wir sollen, sollen, sollen!

Maximos. Und nur so weit bist Du gekommen? Schäme Dich!

Julian. Ich?

Maximos. Ja, Du, der Mann von Athen und Ephesos!

Julian. Ach, die Zeiten, Maximos! Damals war es leicht zu wählen! Womit beschäftigten wir uns im Grunde? Mit einem Weisheitsgebäude – mit nichts mehr und nichts weniger.

Maximos. Steht nicht irgendwo in Euren Schriften: Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich?

Julian. Blieb nicht Libanios, der er war, ob er nun in einem Wortgefecht auf der Seite der Anklage oder auf der Seite der Verteidigung stand? Hier liegt die Sache tiefer. Hier ist eine Handlung, über die ich hinweg soll. »Gib dem Kaiser, was des Kaisers ist.« In Athen machte ich einmal ein Spiel daraus – aber es liegt tiefer. Du kannst es nicht verstehen, Du, der Du niemals unter der Macht des Gottmenschen gestanden hast. Es ist mehr als eine Lehre, was er über die Welt verbreitet hat: es ist ein Zauber, der die Seelen gefangen hält. Wer einmal unter diesem Zauber gestanden hat, der kommt, glaube ich, nie wieder ganz davon los.

Maximos. Weil Du nicht ganz willst.

Julian. Wie soll ich es wollen können, das Unmögliche?

Maximos. Ist es der Mühe wert, das Mögliche zu wollen?

Julian. Wortschwall aus den Lehrsälen! – Ihr macht mich nicht mehr satt mit dergleichen. Und doch –: nein, o nein, Maximos! Ihr könnt nicht fassen, wie es um uns steht. Wir sind wie Weinstöcke, die in ein fremdes, ungewohntes Erdreich gepflanzt sind; – pflanzt uns wieder zurück, und wir würden eingehen. Aber im neuen Boden verkümmern wir.

Maximos. Wir? Wen nennst Du wir?

Julian. Alle, die im Banne der Furcht vor dem Geoffenbarten stehen.

Maximos. Gespensterfurcht!

Julian. Sei dem, wie ihm wolle! Aber siehst Du nicht, daß diese lähmende Furcht sich zu einer Mauer um den Kaiser verdichtet und getürmt hat? O, ich verstehe wohl, warum der große Konstantin einer Lehre, die so den Willen bindet, zu Sieg und zu Macht im Reich verholfen hat. Keine Leibwache mit Spieß und Schild schirmt so sicher den Kaiserthron wie dieser überwältigende Glaube, der immer über das Erdenleben hinauszeigt. Hast Du sie Dir ordentlich angesehen, diese Christen? Hohläugig, bleichwangig, flachbrüstig sind sie alle, alle. Sie gleichen den Leinwebern in Byssos. Kein ehrgeiziger Trieb darf keimen in diesem hinbrütenden Dasein; die Sonne leuchtet ihnen, und sie sehen sie nicht; die Erde bietet ihnen ihre Fülle, und sie begehren sie nicht; – alles, was sie begehren, ist: entsagen und leiden, um sterben zu dürfen.

Maximos. So brauch' sie, wie sie sind – aber dann mußt Du selbst darüber stehen. Kaiser oder Galiläer, – das ist die Wahl! Sei Knecht im Banne der Furcht oder Herrscher im Lande des Tages und des Lichtes und der Freude! Du kannst nicht wollen, was sich widerspricht, und doch willst Du just das. Du willst das Unvereinbare vereinen; versöhnen die zwei, die nicht zu versöhnen sind; darum liegst Du hier in der Finsternis und verwesest!

Julian. Kannst Du, so leuchte mir!

Maximos. Bist Du der Achilleus, den Deine Mutter der Welt schenken würde, wie ihr träumte? Eine verwundbare Ferse macht noch keinen Achilleus. Ermanne Dich, Herr! Siegesmutig, wie ein Reiter auf seinem feurigen Roß, mußt Du über den Galiläer hinwegsetzen, wenn Du empor zum Kaiserthron willst –

Julian. Maximos!

Maximos. Mein teurer Julian, sieh Dich doch um in der Welt! Jener Christen mit der Todessehnsucht, von denen Du eben sprachst, sind nicht allzu viele. Wie verhält es sich aber mit all den übrigen? Fallen nicht die Herzen vom Meister ab, eins nach dem andern? Antworte mir, was ist denn geblieben von dieser seltsamen Lehre der Liebe? Wütet nicht Gemeinde gegen Gemeinde? Und erst die Bischöfe, jene goldprangenden Herren, die sich die Oberhirten der Kirche nennen! Geben sie selbst den Großen des Hofes etwas nach in Habsucht und Herrschsucht und Kriecherei –

Julian. Nicht alle sind so. Denk an den gewaltigen Athanasios in Alexandria –

Maximos. Athanasios war auch der einzige. Und wo ist Athanasios jetzt? Haben sie ihn nicht vertrieben, weil er nicht feil war dem kaiserlichen Willen? Mußte er nicht in die libysche Wüste fliehen, wo ihn die Löwen fraßen? Und kannst Du mir noch einen nennen wie Athanasios? Denk an Bischof Maris von Chalcedon, der in den arianischen Streitigkeiten nun dreimal seine Gesinnung gewechselt hat. Denk an den alten Bischof Markos in Arethusa; ihn kennst Du ja von Deiner Jugend her. Hat er nicht neulich, schnurstracks gegen Recht und Billigkeit, der Bürgerschaft alles gemeinsame Eigentum geraubt und es der Kirche einverleibt? Und denke ferner an den hinfälligen, willenlosen Bischof in Nazianz, der herumläuft, seiner eigenen Gemeinde ein Spott, weil er zu derselben Sache ja und nein sagt, und weil er allen Streitenden gefallen möchte.

Julian. Nur zu wahr!

Maximos. Das sind Deine Waffenbrüder, Julian – bessere findest Du nicht. Oder rechnest Du vielleicht auf jene beiden großen galiläischen Leuchten, die aus Kappadocien erwartet werden? Haha! Gregor, der Bischofssohn, führt Prozesse in seiner Vaterstadt, und Basilios studiert Schriften weltlicher Weisen auf seinem Landgut in den östlichen Gegenden.

Julian. Ja, ich weiß wohl. Abfall an allen Enden! Hekebolios, mein früherer Lehrer, ist durch seinen Glaubenseifer und seine Schriftauslegung ein reicher Mann geworden; und seitdem –! Maximos! Nicht lange mehr, und ich stehe mit meinem Ernst allein.

Maximos. Du stehst allein. Dein ganzes Heer ist in wilder Flucht oder es liegt rund um Dich her erschlagen. Blas zum Kampfe – und keiner wird Dich hören; schreite voran – und keiner wird Dir folgen! Bilde Dir nicht ein, eine Sache fördern zu können, die sich selbst aufgegeben hat! Du unterliegst, sage ich Dir! Und wo willst Du dann hin? Verstoßen von Konstantios, wirst Du verstoßen sein von allen irdischen Mächten – und von allen überirdischen. Oder willst Du an dem Busen des Galiläers Deine Zuflucht suchen? Wie steht es zwischen Dir und ihm? Hast Du nicht selbst gesagt, Du ständest im Banne der Furcht? Hast Du seine Forderung in Dir? Liebst Du Deinen Feind Konstantios, nur weil Du ihn nicht erschlägst? Hassest Du des Fleisches Lust und das verlockende Treiben der Welt, nur weil Du nicht wie ein heißer Schwimmer darin untertauchen kannst? Entsagst Du der Welt, nur weil Du nicht den Mut hast, sie zu besitzen? Und weißt Du so sicher, daß – wenn Du hier stirbst – Du im Jenseits leben wirst?

Julian geht auf und ab. Was hat er für mich getan, der große Anspruchsvolle? Hält er die Zügel des Weltwagens in seiner Hand, so hätte er ja doch können – Der Chorgesang ertönt stärker aus der Kirche droben. Hör' nur an! Das nennen sie ihm dienen. Und das nimmt er hin wie süßen Opferrauch. Lobgesang ihm – und Lobgesang ihr im Sarge! Ist er der Allwissende, wie kann er da –?

Der Hausmeister Eutherios kommt eilig den Gang links herab. Mein Cäsar! Herr, Herr! Wo bist Du?

Julian. Hier, Eutherios! Was willst Du von mir?

Eutherios. Du mußt heraufkommen, Herr! Du mußt es mit eigenen Augen sehen, – es geschehen Wunder an der Leiche der Fürstin.

Julian. Du lügst!

Eutherios. Ich lüge nicht, Herr! Ich hänge nicht dieser fremden Lehre an; aber was ich gesehen habe, das habe ich gesehen.

Julian. Was hast Du gesehen?

Eutherios. Die ganze Stadt ist in Aufruhr. Man bringt Kranke und Krüppel an den Sarg der Fürstin. Sie berühren ihn auf Gebot der Priester und gehen geheilt hinweg.

Julian. Und das hast Du selbst mitangesehen?

Eutherios. Ja, Herr; ich habe gesehen, wie ein fallsüchtiges Weib gesund die Kirche verlassen hat, preisend den Gott der Galiläer.

Julian. Ah, Maximos, Maximos!

Eutherios. Horch, wie die Christen jubeln! – jetzt geschieht wieder ein neues Wunder.

Der Arzt Oribases ruft oben im Gang links. Eutherios, – hast Du ihn gefunden? Eutherios, Eutherios, wo ist Cäsar?

Julian ihm entgegen. Hier, hier; – ist es wahr, Oribases?

Oribases kommt herbei. Unglaublich, unerklärlich – und doch wahr! Sie berühren den Sarg, indessen die Priester lesen und beten über ihnen, und sie werden geheilt. Eine Stimme verkündet von Zeit zu Zeit: Heilig, heilig ist das reine Weib!

Julian. Eine Stimme verkündet –?

Oribases. Eine unsichtbare Stimme, mein Cäsar! Eine Stimme, hoch unter der Kirchenwölbung – keiner weiß, woher sie kommt.

Julian steht einen Augenblick unbeweglich da; dann wendet er sich plötzlich zu Maximos und ruft: Das Leben oder die Lüge!

Maximos. Wähle!

Oribases. Komm, Herr, komm! Die entsetzten Soldaten drohen Dir –

Julian. Laß sie drohen.

Oribases. Sie geben Dir und mir die Schuld an dem Tode der wundertätigen Fürstin.

Julian. Ich komme – ich werde sie beschwichtigen.

Oribases. Es gibt nur ein Mittel. Du mußt ihren Gedanken eine andere Richtung geben, Herr; – sie rasen vor Verzweiflung über das Geschick, das ihrer wartet, wenn Du noch länger zauderst.

Maximos. Steig nun zum Himmel auf, Du Tor! Nun stirbst Du für Deinen Herrn und Meister!

Julian ergreift ihn am Arm. Mein sei des Kaisers Reich!

Maximos. Achilleus!

Julian. Was löst den Pakt?

Maximos reicht ihm das Opfermesser. Dies hier.

Julian. Was wäscht das Wasser ab?

Maximos. Des Tieres Blut! Er reißt die Opferbinde von seiner Stirn und legt sie Cäsar um.

Oribases nähert sich. Was hast Du vor, Herr?

Julian. Forsche nicht.

Eutherios. Hör' den Lärm! Hinauf, hinauf, mein Cäsar!

Julian. Zuerst hinab, – dann hinauf! Zu Maximos. Das Heiligtum, mein teurer Bruder –?

Maximos. Gerade unter uns, in dem andern Gewölbe.

Oribases. Cäsar, Cäsar – wohin gehst Du?

Maximos. Zur Freiheit!

Julian. Durch Nacht zum Licht! Ah –! Er steigt hinab in die Totengruft.

Maximos leise, sieht ihm nach. Also doch!

Eutherios. Rede, rede – was sollen diese geheimen Künste?

Oribases. Und das jetzt, da jeder Augenblick kostbar ist –

Maximos flüstert unruhig, indem er den Platz wechselt. Diese feuchten, schweifenden Schatten! Pfui – dieses schleimige Gewürm am Boden –!

Oribases lauscht. Der Lärm wächst, Eutherios! Es sind die Soldaten – hör' nur, hör'!

Eutherios. Es ist der Gesang in der Kirche –

Oribases. Nein, es sind die Soldaten; – da kommen sie!

Der Ritter Sallust erscheint oben im Gang, umringt von einer großen Schar aufgeregter Soldaten; unter ihnen der Fahnenträger Mauros.

Sallust. Ruhe! Ich beschwöre Euch –!

Die Soldaten. Cäsar hat uns verraten! Cäsar soll sterben!

Sallust. Und was dann, Ihr Rasenden?

Mauros. Was dann? Mit Cäsars Kopf erkaufen wir Verzeihung –

Soldaten. Hervor, hervor, Cäsar!

Sallust. Cäsar, – mein Cäsar, wo bist Du?

Julian ruft unten in der Totengruft: Helios! Helios!

Maximos. Befreit!

Chorgesang in der Kirche oben. Vater unser, der Du bist im Himmel!

Sallust. Wo ist er? Eutherios, Oribases – was geht hier vor?

Chor in der Kirche. Geheiligt werde Dein Name!

Julian steigt die Treppe hinauf; er hat Blut an der Stirn, auf der Brust und an den Händen. Vollbracht!

Die Soldaten. Cäsar!

Sallust. Blut –! Was hast Du getan?

Julian. Die Nebel der Furcht zerspalten!

Maximos. Das Erschaffene ist in Deiner Hand.

Chor in der Kirche. Dein Wille geschehe im Himmel wie auf Erden. Der Gesang dauert während des folgenden fort.

Julian. Jetzt steht keine Leibwache mehr um Konstantios.

Mauros. Was sagst Du, Herr?

Julian. Oh, meine Treuen! Dem Tag entgegen, – nach Rom und Griechenland!

Soldaten. Es lebe Kaiser Julian!

Julian. Wir wollen nicht rückwärts blicken; alle Wege liegen offen vor uns. Dem Tag entgegen! Durch die Kirche! Die Lügner sollen verstummen –! Er eilt die Treppe im Hintergrund hinauf. Mein Heer, mein Schatz, mein Kaiserthron!

Chor in der Kirche. Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Übel!

Julian stößt die Tür weit auf. Man blickt in die hell erleuchtete Kirche; Priester stehen vor dem Hochaltar; Scharen Andächtiger knien rings um den Sarg der Fürstin.

Julian. Frei, frei! Mein ist das Reich!

Sallust ruft ihm zu: Und die Kraft und die Herrlichkeit!

Chor in der Kirche. Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit –

Julian geblendet vom Lichterglanz. Ha!

Maximos. Sieg!

Chor in der Kirche. – in Ewigkeit, Amen.



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