Ludvig Holberg
Ulysses von Ithacia oder Eine deutsche Komödie
Ludvig Holberg

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Erster Akt.

Erste Scene.

Marcolfus allein.

Marcolfus. Serviteur très humble, Messieurs: ich weiß nicht, ob mich Einer von Euch kennt? (Sieht sich nach allen Seiten um.) Ich diene bei Paris, König Priapi Sohn von Troja. Wir kommen von Ithacien, über vierhundert deutsche Meilen weit, um die schöne Helena zu entführen, was Ihr aber so gut sein wollt für Euch zu behalten. Seit Paris in Troja ihr Porträt gesehen, hat er weder Tag noch Nacht Ruhe gehabt, bis er sich entschlossen, hierherzureisen. Ihr würdet ihn nicht für den großen Herrn halten, der er ist, weder nach seiner Figur, noch nach seiner Tracht; denn er sieht eher aus wie ein alter abgedankter Thorschreiber als wie so ein großer Herr, so hat die Reise ihn zugerichtet. Wir haben uns so beeilt, Tag und Nacht, daß wir uns nicht einmal Zeit genommen haben, um, mit Respect zu sagen, ein reines Hemde anzuziehen auf der ganzen Reise. »Aber was thut die Liebe nicht?« sagt der Deutsche. Was mag nun wol aber die Glocke sein? (Thut, als ob er nach der Thurmuhr sähe.) Alle Wetter, die Glocke ist schon acht, nun kommt mein Herr den Augenblick. Denn ich habe ausspionirt, daß die schöne Helena gerade um diese Zeit mit ihrer Magd hier spazieren geht. Mein Herr hat im Sinne sie zu entführen und sie mit sich nach Troja zu nehmen. Denn unter uns gesagt, Messieurs: er will sie gar nicht zur Frau haben, sondern blos zur Maitresse, und das kann nicht geschehen, wenn er hier im Lande hleibt. Denn sowie sie 93 einmal ein Kind bekäme, so müßte, wiewol es mit ihrer Jungferschaft ziemlich zweideutig aussieht, der gute Paris doch mit ihr feliciter vor das Consistorium tanzen und sie heirathen, so gut wie ein unbescholtenes Mädchen. Denn wer Teufel kann solchen Menschern was beweisen? Die lassen sich mitunter von anständigen Leuten beschlafen, blos um von ihnen Atteste für ihre Ehrlichkeit zu bekommen. Aber da kommt mein Herr!

Zweite Scene.

Paris. Marcolfus.

Paris. Ach, Cupido, Du bist ein Tyrann!

Marcolfus. Ja, das sag' ich auch, wahrhaftig, und wenn seine Mama Venus es tausendmal mit anhörte.

Paris. Ach, mein treuer Diener Marcolfus, hier ist ja die Stätte, der Horizont, wo Ithaciens Sonne und Morgenstern heute aufgehen wird.

Marcolfus. Ja das ist sie.

Paris. Ach Marcolfus, mir ist bange, daß ich in Ohnmacht sinke, sowie ich sie erblicke, und deshalb nicht im Stande sein werde, auszuführen, was ich mir vorgesetzt. Ach Venus, was habe ich Uebles gethan, daß Du Deinem blinden und geflügelten Sohne Cupido solche Ordre gegeben hast, mein prinzliches Herz so grausam zu verwunden?

Marcolfus. Ja das ist sicher, das war ein recht carnaliöser Streich von der Venus, das will ich ihr unter die Nase sagen. Das Weibsbild ist ja noch schlimmer, als die Marie Eheschneidern vor diesem war. Wär' ich Jupiter, ich wollte, hol' mich dieser und jener, ihr schon was andres zu thun geben als herumzulaufen und die Leute zusammenkuppeln; ich würde ihr auf eine höfliche Art sagen: Hör', Du Vieh, nimm mal gleich Dein Spinnrad und setze Dich hin und arbeite, das ist besser. Aber da kommen sie, nun haltet die Ohren steif!

Paris. Ach halte mich, Marcolfus, ich kann nicht auf meinen Beinen stehen! 94

Marcolfus. Ei Herr, so stellt Euch doch nicht so verwettert dazu an; Ihr seid ja so bange, als ob Ihr ins Examen solltet.

Dritte Scene.

Helena. Hildegard. Paris. Marcolfus.

Helena. Meine allertheuerste Hildegard, war das nicht ein prächtiger goldener Apfel, den meine Mama mir heute verehrte? Ich habe vergessen, ihn mitzunehmen, um ihn meinen Gespielinnen in diesem Wäldchen zu zeigen.

Hildegard. Meine allerholdseligste Jungfrau, den müßt Ihr einem jungen adeligen Ritter verehren, den Ihr recht besonders ästimirt. Aber ach, was ist das? Wird der Jungfrau übel? (Hält ihr ein Riechfläschchen vor die Nase.)

Helena. Ach Hildegard, meine Keuschheit kann es nicht vertragen, daß man in meiner Gegenwart von Mannsleuten redet; ich warne Dich, daß Du in meiner Gegenwart nie wieder den Namen einer Mannsperson aussprichst.

Marcolfus (leise). Ja, das glaub' ihr der Henker! Ich weiß schon, wie das mit diesen peniblen Weibsbildern ist, die sind just die tollsten.

Helena. Höre mal, wie lieblich die süße Nachtigall singt!

Marcolfus. Das muß ein Lump sein, der was hört! Und das sag' ich ihm von meinetwegen, ich höre blos, daß man auf der Galerie Nüsse knackt.

Hildegard. Alle Vögel singen vor Freude, wenn sie die Sonne sehen, ich meine meiner Jungfrau göttergleiches Antlitz, so Ithaciens Sonne ist.

Marcolfus. Mir kommt, meiner Treu, die Magd bei weitem hübscher vor; finden Sie das nicht auch, Messieurs? (Sich zu Paris wendend) Herr, nun ist es Zeit, nun frisch dran! Ei flink! flink!

(Er stößt ihn vorwärts, Paris ergreift die Helena und führt sie fort; sie ruft Gewalt! reißt eine Perlenschnur ab, wirft sie der Hildegard zu.) 95

Helena. Bringe dies Perlenhalsband dem edlen Ritter Ulysses und bitte ihn, diesen Raub zu rächen. Ah . . . . Ah . . . . Ah . . . .!

Marcolfus. Na, so schreit doch nicht so teufelsmäßig, Jungfer! Ihr wißt nur nicht, wer das ist: das ist Paris, König Priapi Sohn von Troja, Sie kommt in guter Leute Hände.

(Sie gehen ab.)

Vierte Scene.

Hildegard allein.

Hildegard. Ach Himmel, ist es möglich, daß die edle Jungfrau, Ithaciens kostbarstes Kleinod, mir aus den Händen entrissen ward? Das ganze Land wird darüber in Desperation gerathen. Ich beklage das Schicksal von ganz Ithacien, das solche Verfinsterung erlitten, seine größte Zierde verloren hat. Aber am allermeisten beklage ich mich selbst; denn ich habe in ihr eine sehr gnädige Herrschaft verloren. Nie mehr kriege ich Dich zu sehen, schönste Jungfrau; Deine Keuschheit wird Dein Mörder werden. Denn sowie Dein Räuber Dir Zärtlichkeiten zumuthet, das weiß ich, so tödtest Du Dich selbst. Auf, ihr ithacianischen Helden, rächt diesen Jungfrauenraub! Zeiget nun, daß die vielen Opfer, die ihr meiner Jungfer gebracht, die vielen Seufzer, die vielen Kniebeugungen nicht blos Verstellung gewesen, sondern von Herzen gekommen sind! Aber da sehe ich des Kaisers Schwestersohn, den tapfern Ulysses kommen.

Fünfte Scene.

Ulysses. Hildegard. Kilian. Zwei Diener.

Ulysses (mit affectirter, grausenerregender Stimme). Höre, mein treuer Diener Kilian, was dünket Dich, wer hat wol am besten bestanden in diesem Ritterspiele, so gestern präsentiret worden? Auf 96 welchen Ritter, dünket Dich, hat die reizende Helena, Ithaciens Sonne, zumeist ihre Strahlen geworfen? Mich dünket, ihre Brillantaugen standen zumeist auf den edlen Ritter Polidorus gerichtet; auch sah ich, wie der schlangengiftige Neid der Hofleute adelige Wangen färbte. Aber Mißgunst ist allzeit der Tugend Genosse. Wie könnte dieser Ritter davon frei sein, der von Tugend schimmert wie der Mond von der Sonne goldenen Strahlen? Denn bei des Kaisers goldener Krone und Scepter schwöre ich, daß Polidorus der stattlichste Ritter ist zwischen Mundien und dem rothen Meere. Aber was will diese Jungfrau hier?

Hildegard (auf den Knieen). Ach Hülfe, Euer Hoheit! Hülfe!

Ulysses. Stehet auf, Nymphe, und lasset mich Euer Anliegen hören.

Hildegard. Ich lasse Eure Füße nicht los, bis Ihr mir versprochen habt, mich anzuhören.

Ulysses. Wenn Euer Begehren möglich ist und nicht wider die Ehrbarkeit streitet, so sollt Ihr sicher erhört werden; stehet auf!

Hildegard. Ach Herr, Ithaciens Sonne ist verfinstert, die schöne Helena ist nach Troja entführt, von Paris, König Priapi Sohn! Seht her, dieses Perlenband riß sie sich vom Halse und bat mich, es Eurer Ritterlichkeit zu überliefern, mit der Aufforderung, diesen Raub zu rächen und sie mit gewaffneter Hand den Händen der Trojaner wieder zu entreißen.

Ulysses. Ach Himmel, was höre ich, welch ein Unglück? Weinet nicht mehr, Jungfer: ich schwöre Euch bei Penelopens unschätzbarer Seele, daß der Frevel gerächt werden soll durch ganz Troja's Untergang. Geht nun fort, Jungfrau, und gebt Euch zufrieden.

(Hildegard ab.) 97

Sechste Scene.

Ulysses. Kilian.

Ulysses. Kilian, wir müssen sofort Anstalten machen; der Friedenstempel muß auf einige Zeit verschlossen und der Bellona Tempel wieder geöffnet werden. Mein mit Drachenblut getünchtes Schwert Theuerdank muß aus der Scheide gezogen, mein Schild, den ich dem Könige von Mesopotamien in der großen Schlacht bei Mingrelien abgewonnen, muß hereingebracht werden zusammt meinem demantharten Harnisch und meinem Helm, den die brasilianische Königin von Saba mit ihren Alabasterhänden auf mein ritterliches Haupt setzte, als ich in den Kampf ging gegen den vierköpfigen Ritter Langulamisopolidorius. Mein im Kriege flammenspeiendes Roß Pegasianus, welches zuvor der stolze Ritter Poliphemius von Mundien gewesen, allein seine neidische Stiefmutter Constantinopolitanie verwandelte ihn in ein Pferd, muß gesattelt werden mit meinem elfenbeinernen Sattel und meiner von der longobardischen Jungfrau Rosimunda mit Gold und Perlen durchwirkten Schabracke.

Kilian. Das kann bald geschehen sein, hätten wir nur erst eine Armee auf den Beinen.

Ulysses. Armee? In einem Augenblick werden wir so viel Volks beisammen haben, als Sandkörner sind in den Wüsten Arabiens. Du sollst mein Ambassadeur sein und Dich sofort verfügen erstlich zu Mithridates, dem König von Mundien, der in einem goldenen Schlosse wohnt, daß er mit seiner silberschildenen Armee, die da besteht aus tausendmaltausend Mann Fußvolk und fünfmalhunderttausend Mann Reitern, mir zu Hülfe komme gegen König Priapus, dessen Sohn Ithacien des unschätzbarsten Kleinods, ich meine der schönen Helena, beraubet hat. Demnächst sollst Du Dich zu Herzog Nilus von Podolien begeben, der in einem silbernen Schlosse wohnt, und ihn bitten, mir zu Hülfe zukommen mit seinen zehntausend Schiffen, welche alle mit Sammet überzogen, deren Masten vom Horne des Einhorns, deren Segel von Seide sind. Sodann sollst Du zum 98 Holofernes gehen, dem Grafen von Bethulien, welcher in einem hohen elfenbeinernen Schlosse wohnt – denn er selbst ist sieben Ellen lang – und ihn bitten, mir zu Hülfe zu kommen mit seinen fünftausend elfenbeinernen Kanonen, welche sämmtlich Sechzigpfünder sind. Ich unterdessen will mir den Bart nicht abschneiden lassen, bis Du wieder kommst. (Geht ab.)

Siebente Scene.

Kilian allein.

Kilian. Das wird eine ziemlich weitläufige Reise werden. Bis ich zurückkomme, ist Helena vielleicht nicht mehr am Leben; denn während das Gras wächst, stirbt die Kuh, und dann können wir Krieg ins Blaue führen. Ich muß nur erst hin und muß mir ein Paar Schuhe mit doppelten Sohlen holen, die auf der Reise aushalten. Ich sehe gar nicht so viel Schönes an dieser Helena, daß man solchen großen Allarm um sie zu machen brauchte. Paris ist ein kleiner Narr, daß er so weit hergereist ist, sie zu entführen, und wir sind große Narren, daß wir Krieg führen wollen, sie wieder zu bekommen. Aber mit meinem Herrn darf ich darüber nicht disputiren; darum will ich nur hinein und mich zu dieser weiten Reise in Stand setzen. Uebrigens das kann ich sagen, daß ich der erste Ambassadeur bin, der zu Fuße ambassadirt. Aber das will nichts sagen, ich bleibe doch, wer ich bin. Aber da sehe ich Rosimunda, Helena's Schwester, kommen; ich habe keine Lust, ihr Geheule über das Unglück ihrer Schwester mit anzuhören, darum retirire ich mich. (Ab.)

Achte Scene.

Rosimunda allein.

Rosimunda. Ach, meine allertheuerste Schwester, Ithaciens Sonne und Freude, Zierde und Juwel der Familie! Wie ist es möglich, daß ich leben kann ohne Dich? In den drei Monaten, 99 seit Du, meine Sonne, mir versunken, das heißt seit Du mir geraubet bist, ist mein Körper so erschöpfet und mein Aeußeres so von Kummer verändert worden, daß meine Freundinnen und Gespielinnen mich nicht ansehen können, ohne ihre Thränen stromweis fließen zu lassen. Ach Rosimunda, sagen sie, wo ist Dein blühendes Antlitz, Deine demantfunkelnden Augen? Alles an Dir ist so verdunkelt, verwelkt und abgefallen, gleich einer abgebrochenen Blume, die keine Säfte mehr hat, ihre natürliche Schönheit zu erhalten. Ach, daß es sich doch für mich schickte, Theil zu nehmen an diesem Zuge, den die ithacianischen Helden mit dem stolzen Ulysses wider den trojanischen Räuber unternehmen! Ach, daß . . . . Aber da kommt die edle Penelope, des unüberwindlichen und löwenherzigen Ulysses Gemahlin. Nun werde ich von ihr erfahren, wie weit man mit den Zurüstungen gekommen ist.

Neunte Scene.

Penelope. Rosimunda.

Penelope. Sieh da, Madame, ist Sie hier? Ihr sollt noch sehen, daß daraus nichts wird; bildet Ihr Euch ein, daß mein Mann durch die Welt vagabundiren soll, blos um Eure lumpige Schwester aufzugabeln?

Rosimunda. Was? So verächtlich untersteht Ihr Euch von derjenigen zu reden, welche von Allen als Ithaciens größte Zierde anerkannt ist?

Penelope. Pfui, auf die Zierde spucke ich. Die Hure! die will sich wol einbilden, das ganze Land soll um ihretwillen in Bewegung gesetzt werden?

Rosimunda. Ihr mögt wol selbst eine Hure sein! Die großen Kriegszurüstungen, welche um ihretwillen gemacht werden, beweisen hinlänglich, daß meine Schwester an Tugend und Schönheit alles übertrifft, was sonst noch in Ithacien ist; Ihr seid allzu ohnmächtig, die ithacianischen Helden in ihrem edlen Vorsatze zu hindern. 100

Penelope. Ja, ich bin so frei und hindere das.

Rosimunda. Ihr das hindern?

Penelope. Ja, Euch vor der Nase.

Rosimunda. Die Sache wird vor sich gehen und wenn Ihr den Verstand darüber verliert.

Penelope. Und die Sache wird nicht vor sich gehen und wenn Ihr den Verstand darüber verliert.

Rosimunda. Sagt Ihr das?

Penelope. Ja das sag' ich und da (mit den Fingern schnippend) hast Du was für Dich, Du Trine!

Rosimunda (schlägt gleichfalls Schnippchen). Und da hast Du was für Dich!

Penelope (giebt ihr eine Ohrfeige). Und das ist für Dich!

Rosimunda (giebt ihr wieder eine). Und das ist für Dich!

(Sie fallen einander in die Haare und reißen sich die Hauben vom Kopfe.)

Zehnte Scene.

Kilian in Reisekleidern. Penelope. Rosimunda.

Kilian. Heda, plagt Euch der Teufel! Wollt Ihr einander umbringen?

(Kilian tritt zwischen sie, sie fallen ihm in die Haare und reißen ihn zu Boden.)

Kilian. Ich bin Ambassadeur! Das ist gegen das Völkerrecht!

(Rosimunda läuft ab, Penelope ihr nach.)

Elfte Scene.

Kilian allein.

Kilian. Ist das eine Unverschämtheit, so mit einem Ambassadeur umzugehen, dessen Person so heilig, daß es wider das Völkerrecht ist, Hand anzulegen an sein Pferd, seinen Hund oder den Geringsten von seiner Suite, geschweige an ihn selbst! Ich werde die Huren lehren, was das heißt, einen extraordinären 101 Ambassadeur bei den Haaren ziehen! Wartet nur, bis ich zurückkomme, da soll ein höllisches Examen mit Euch angestellt werden! Jetzt hab' ich keine Zeit, mich zu rächen, denn ich muß meine Reise fortsetzen. (Geht ab.)

Zwölfte Scene.

Trompeten. Kaiser Asverus mit Trabanten und Hofleuten tritt ein. Ein Werber.

Asverus. Ihr edlen Ritter und stolzen Helden! Ihr könnt selbst urtheilen, wie schwer es meinem Herzen fällt, meinen theuren Schwestersohn, den tapfern Ulysses, so weit von mir zu lassen. Aber was vermag ihn in einem so edlen Vorsatz zu hindern? Ich habe ihm auf sein Ansuchen erlaubt, so viel Volks zu werben, als ihm beliebt. Ich erlaube auch allen, welche Lust haben an diesem Zuge Theil zu nehmen, ihm zu folgen. Ich habe ihm Erlaubniß gegeben, die Trommel rühren zu lassen durch das ganze Kaiserthum.

Ein Ritter. Wir danken Euer Kaiserlichen Majestät, daß Sie uns erlauben will, diesen Jungfrauenraub zu rächen. Die schöne Helena war eine Jungfrau, auf welche aller Augen gerichtet waren, so daß nicht allein die Ehre des Landes, sondern auch die Hoffnung, ein solches Kleinod zu gewinnen, uns in diesen Krieg treibt.

Asverus. Ich lobe Euren adeligen Sinn, ihr stolzen Ritter, Ihr könnt gewiß sein, daß, wenn Ihr siegreich zurückkommt, Jeder nach seinen Meriten reichlich belohnt werden soll. Laßt uns nun wieder hineingehen, um wegen des Feldzuges weiter zu berathschlagen.

(Sie gehen hinein und ein Werber kommt mit einer Trommel unter zahlreichem Gefolge. Derselbe liest von einem Zettel.)

Werber. Nachdem die Ithacianer unter des tapfern Ulysses Anführung, um den Jungfrauenraub zu rächen, den König Priapi Sohn Paris begangen hat, entschlossen sind, einen Feldzug gegen die Trojaner zu unternehmen, als werden alle und jede, so an diesem Zuge Theil nehmen wollen, aufgefordert, sich 102 unverweilt auf dem großen Markt einzufinden, allwo eine Standarte aufgerichtet ist. Dieselben sollen sofort angenommen werden und bekommen drei Monate Sold voraus.

(Rührt die Trommel, geht ab.)

Dreizehnte Scene.

Ulysses allein, mit einem langen Barte.

Ulysses. Dieses ganze Jahr ist nun allein mit Kriegsrüstungen vergangen. Jetzt warte ich noch allein auf Kilians Rückkunft, und nicht eher habe ich wollen meinen Bart abschneiden lassen, als bis ich Antwort von den Fürsten habe, zu denen ich gesendet. Aber ich merke, daß Morpheus, der Gott des Schlummers oder Bruder des Todes, mir eine Visite machen will; ich kann kaum mehr meine Augen offen halten, solche Müdigkeit überkommt mich.

(Setzt sich nieder und schläft ein.)

Vierzehnte Scene.

Kilian. Ulysses.

Kilian. Nun endlich nach einem vollen Jahre bin ich wohlverrichteter Sache in mein Vaterland zurückgekommen. Ein Jahr vergeht doch recht schnell; mir selbst ist, als hätte es keine halbe Stunde gedauert. Aber da seh' ich meinen Herrn sitzen und schlafen. Element, was hat der in der Schnelligkeit für einen langen Bart gekriegt! Doch es ist wahr, er hat ja ein ganzes Jahr Zeit gehabt zu wachsen. Aber ich habe ja keinen Bart gekriegt unterdessen, das kann ich nicht begreifen; am Ende wachsen die Bärte anderwärts nicht so wie hier. Aber, was Henker, der sitzt ja ganz lose? (Er nimmt dem Ulysses den Bart ab und befestigt ihn an sein Kinn; dann wendet er sich zu den Zuschauern.) Merkt Ihr nun, Messieurs, an meinem Barte, daß ich ein ganzes Jahr fortgewesen bin? Ihr seid so verflucht ungläubig, nun werdet 103 Ihr doch endlich den Glauben in Händen haben? (Kilian geht bei Seite, unterdessen wacht Ulysses auf und faßt sich nach dem Kinn.)

Ulysses. Ach, ihr Götter, ich merke, mein Traum ist erfüllt. Der geflügelte Gott Mercurius, träumte ich, kam zu mir und sagte mir diese Worte ins Ohr: Dein treuer Diener Kilian ist zurückgekehrt! Worauf er mir meinen ritterlichen Bart abrasirte. Da sehe ich ihn; willkommen, mein treuer Diener, ich zweifle nicht, daß Dein Auftrag glücklich ausgeführt ist, denn der Himmel selbst hat Dich hin- und zurückgeleitet.

Kilian. Spaelamdisimo renkaalavet Speckavaet.

Ulysses. Ach, Himmel, hätte er vielleicht gar seine Muttersprache vergessen?!

Kilian. Copisoisandung Slaestimund Spaelamdisimo renkaalavet Speckavaet.

Ulysses. Kilian, ich verstehe nicht, was Du sagst.

Kilian. Juchatan Skabhalsiaskomai Klemmebasiopodolski.

Ulysses. Hast Du denn Deine Muttersprache ganz und gar vergessen?

Kilian. Ski olski dolski podolski opodolski iopodolski siopodolski asiopodolski basiopodolski ebasiopodolski mebasiopodolski emmebasiopodolski klemmebasiopodolski.

Ulysses. Die mesopotamische Sprache ist eine wunderliche Sprache; das ist doch jammerschade, daß ich sie nicht verstehe und darum auch nicht hören kann, was er ausgerichtet hat. Aber hast Du die ithacianische Sprache denn so gänzlich vergessen, daß Du nicht mehr verstehest, was ich frage?

Kilian. Ja, ich habe sie rein vergessen. Aber so viel kann ich doch sagen, daß die Fürsten ihren Respect vermelden lassen und sagen, daß sie sich vor Troja einfinden werden, und zwar baldmöglichst.

Ulysses. So komm denn, wir wollen uns schnell reisefertig machen. 104


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