Ludvig Holberg
Jacob von Tyboe oder Der großsprecherische Soldat
Ludvig Holberg

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Fünfter Akt.

Erste Scene.

Jesper allein.

Jesper. Das war wahrhaftig ein guter Einfall; er dachte einen Andern zu fangen und gerieth selbst in die Falle! Gelernt hab' ich im Grunde wenig; das Pfund, das mir zugetheilt ist, verdanke ich allein der Mutter Natur. Ich glaube wirklich, so etwas ist erblich; hab' ich doch meinen Vater sagen hören, daß sein Großvater groß gewesen ist in dieser Art von Talenten. Noch klingt es mir in den Ohren, was der brave Mann zu mir sagte, dicht vor seinem Tode: »Wenn Du Dir Deine Vorfahren zum Muster nimmst, Jesper, so kann es Dir auf Erden niemals schlecht gehen; nur«, setzte er hinzu, »laß Dich auf keine Schelmerei ein, bevor Du reif dazu bist. Uebe Dich erst, indem Du Stecknadelu stiehlst und Schuhnägel, und dann gehe stufenweise vor zu größeren Dingen; dafür, daß er gestohlen, wird Keiner gehängt, sondern blos dafür, daß er die Kunst zu stehlen schlecht verstanden hat.« Bei diesen Worten drückte er mir die Hand und versammelte sich sanft und friedlich zu seinen Vätern. Könnte mein Vater dies mein neuestes Meisterstück in Erfahrung bringen, ich glaube, er würde vor Freuden wieder lebendig. Mit dem guten Monsieur Leonard hat es nun keine Noth mehr; seit Pernille das Geld erhalten, hat sie versprochen, für niemand mehr ein gutes Wort einzulegen als blos für ihn. Aber da kommt Stygotius; am Ende ist er doch argwöhnisch geworden, seit er erfahren, wie es mit dem Gelde zugegangen, da 66 muß ich also zusehen, wie ich mich herausrede. Von Tyboe habe ich bereits mitgetheilt, daß er mit dem Gedichte angeführt ist; nun werde ich auch noch dem Magister sagen, wie es mit dem Gelde zugegangen ist.

Zweite Scene.

Jesper. Stygotius.

Jesper. Mein größter Aerger ist blos, daß ich mich habe von solchem Schlingel hinter's Licht führen lassen.

Stygotius. Da ist ja Jesper, ich muß ihm doch erzählen, was mir in Leonora's Haus passirt ist.

Jesper. Von solchem Ochsen, der, glaub' ich, nicht bis fünf zählen kann.

Stygotius. Er ist ganz aufgebracht.

Jesper. Tyboe hat kein Zutrauen mehr zu mir, das merke ich recht.

Stygotius. Was er nur haben mag?

Jesper. Aber freilich er hat auch Ursache dazu; mein Herz hängt nun einmal an dem Magister, den ich um seiner Gelehrsamkeit willen verehre und liebe. Aber das ärgert mich, daß solch ein Ochse, wie sein Diener ist, mir eine Nase drehen und mich dazu gebrauchen soll, den braven Magister Stygotius zu betrügen, der mir so lieb ist wie mein eigenes Leben.

Stygotius. Was giebt es denn, Jesper?

Jesper. Ach, mein Herr, ich bin im Begriff vor Kummer zu sterben. Wäre es nicht des kleinen Profitchens halber, ich bräche mit dem von Tyboe noch heute Abend; ich bin so unverschämt hinter's Licht geführt worden wie noch nie im Leben. Tyboe, der Wind davon gekriegt hatte, daß der Herr Magister Pernillen Geld schicken wollte, gab seinem Diener Christoph einen Sack mit Hellern und Rechenpfennigen; damit kommt der Schuft zu mir, stellt sich, als wäre er total betrunken und redet mir vor, sein Herr hätte ihm vierzig Thaler gegeben als Geschenk für Pernille. Das hat er aber allein in der Absicht gethan, damit 67 ich es dem Herrn Magister wieder sagen sollte. Ich in meiner Einfalt gehe auch hin und sage es meinem Herrn, in der Meinung, ihm einen Dienst damit zu erweisen, allein . . . .

Stygotius. Per Jovem maximum, was hör' ich? Ist dies das Geld, das wir uns eingetauscht haben?

Jesper. Ja, denn eine halbe Stunde nachher kam Christoph ganz nüchtern und vergnügt zu mir und erzählte mir die ganze Geschichte. Ich that, als ob ich seinen geistreichen Einfall bewunderte, und suchte gute Miene zum bösen Spiele zu machen. In der That jedoch kriegt' ich eine solche Alteration davon im Blut, daß ich mit Mühe . . . .

Stygotius. Nun ist es mir auch klar, warum ich in Leonora's Haus so übel aufgenommen worden.

Jesper. Denn erstens verdroß es mich, daß ich mich sollte von solchem Ochsen haben anführen lassen; zum zweiten schmerzte es mich, daß ich in Verdacht kommen könnte bei solch einem braven Herrn, für den ich jederzeit bereit bin Blut und Leben hinzugeben.

Stygotius. Nicht doch, dazu weiß ich ja zu gut, wie Du an mir hängst.

Jesper. Freilich hat mein Herr den Beweis in Händen, in dem Streich, den ich ihm zu Liebe dem Tyboe mit dem Gedicht gespielt habe.

Stygotius. Gewiß, das ist ja ein deutlicher Beweis, wie treu Du es mit mir meinst.

Jesper. Ich bin dadurch, so zu sagen, für ewige Zeiten an den Herrn Magister gefesselt und, so zu sagen, mit meinem Wohl und Weh in seine Hand gegeben, und entzöge er mir seine Gnade und verriethe mich, so kann ich mich darauf verlassen, daß Tyboe mich ums Leben bringt.

Stygotius. Nicht weiter mit diesen protestationibus, Jespere, ich habe nicht das mindeste Mißtrauen.

Jesper. Wenn Einer einmal durch so was an den Andern gebunden ist, so muß er ihm treu bleiben, und ob er selbst keine Lust dazu hätte. 68

Stygotius. Ich müßte ja nicht bei Verstand sein, wenn ich Dir nicht trauen wollte.

Jesper. Ich danke dem Herrn. Nun will ich noch einen ganzen Monat lang bei Tyboe aus- und eingehen, theils wegen gewisser Profitchens, die ich davon habe, theils auch, um hinter seine Intriguen zu kommen und dem Herrn Magister in seiner Liebe beizustehen.

Stygotius. Die Liebe? Davon ist nichts mehr vorhanden; ich simulire blos noch darauf, wie ich an Tyboe Rache nehmen kann, und will sogleich meine Vorbereitungen dazu treffen. Adieu so lange. (Ab.)

Jesper. Diese beiden Schubiacke kann ich doch an der Nase führen, wie ich will. Nun werden sie einander sogleich in die Haare gerathen; denn wie ich dem von Tyboe sagte, daß es der Magister gewesen, der ihm den Streich mit dem Gedicht gespielt, so schwur er sofort auf Deutsch, Rache zu nehmen, und lief fort, um Leute dazu anzuwerben; der Andere, merk' ich, hat etwas Aehnliches vor. Doch hier kommt Monsieur Leonard.

Dritte Scene.

Leonard. Jesper.

Jesper. Nun, Monsieur Leonard, nun seid Ihr ja obenauf, nun wird ja Pernille, die Eurer Liebe bisher im Wege stand, dieselbe auf alle Weise in Schutz nehmen; sie will, hat sie mir geschworen, sich an den beiden Andern rächen, und wenn es ihr das Leben kosten sollte.

Leonard. Ach, Jesper, Du hast mich vom Tode errettet; ich glaube zu wissen, daß ich dem Fräulein nicht mißfalle, und daß sie blos aus Furcht vor ihrer Mutter nicht gewagt hat, sich für mich zu erklären.

Jesper. Ihr habt von ihnen nichts mehr zu fürchten, sie sind total ruinirt. Aber hier ist Mamsell Pernille. 69

Vierte Scene.

Pernille. Leonard. Jesper.

Pernille. Ach, wie leid thut es mir jetzt, daß ich mich so lange bemüht habe, des Fräuleins Herz von dem tugendhaften und liebenswürdigen Monsieur Leonard abwendig zu machen, und habe ihm im Wege gestanden, blos um die beiden andern Narren zu recommandiren!

Leonard. Meine gute Pernille –

Pernille. Sieh' da, Monsieur Leonard, ist Er da? Wie lebt Er?

Leonard. Ich stehe eben von den Todten auf, seit ich von Euch höre, daß das reizende Fräulein, an dem all meines Herzens Wonne und mein ganzes Leben hängt, mir nicht abgeneigt ist.

Pernille. Seid nur ruhig, Monsieur Leonard. Das Fräulein, kann ich Euch versichern, liebt Euch schon lange, nur ich und ihre Mutter, ich muß es gestehen, waren Euch bisher im Wege. Nun aber soll nicht nur mein Widerstand zu Ende sein, sondern ich will mir auch die äußerste Mühe geben, Eure Liebe zu unterstützen. Von Tyboe und Stygotius will die Alte nichts mehr wissen; aber auch andere Freier werde ich abzuhalten suchen, so lange mir nur irgend möglich. Unterdessen schließt hoffentlich der, den Ihr beerben sollt, die Augen, und der Alten ist es doch blos um das Geld zu thun.

Leonard. Verlaßt Euch darauf, ich werde Euch meine Dankbarkeit bezeigen, so lange ich lebe.

(Leonard ab; Pernille geht hinein.)

Fünfte Scene.

Peter. Jesper.

Peter. Ja, da wird nun bald ein Haus in Trümmern liegen.

Jesper. Was giebt es denn? 70

Peter. Ja, da wird nun bald ein Haus in Trümmern liegen.

Jesper. Der hat, glaub' ich, einen Raptus gekriegt; am Ende macht er gar Verse.

Peter. Hier wird Blut fließen.

Jesper. Ha, Peter, was hast Du denn?

Peter. Die brabantische Belagerung ist reines Kinderspiel dagegen.

Jesper. Ja, wahrhaftig, er macht Verse; so antworte doch, Peter!

Peter. Wer da? Bist Du ein Student?

Jesper. Wie kannst Du wol solche Dummheiten fragen?

Peter. Ich bin angewiesen, die gesammte Academie bis hinunter zu den Pedellen über die Klinge springen zu lassen.

Jesper. Weswegen denn?

Peter. Genommener Abrede gemäß dachte mein Herr bei Lucilia vorgelassen zu werden, statt dessen aber guckte Pernille aus dem Fenster, goß ihm ein ganzes Faß Wasser über den Kopf und sagte: Solche Gedichte verdienen solche Belohnung! Mein Herr machte gute Miene zum bösen Spiele, ging nach Hause und forschte so lange nach, bis er herausbekam, daß es Stygotius gewesen, der ihn angeführt.

Jesper. Das Trauerspiel wird bei Dir anheben, weil Du Deinen Auftrag so schlecht ausgeführt hast.

Peter. Was soll ich machen? Der Mensch, der mich angeführt hat, sah mir so poetisch aus, wie nur irgend möglich; Du selbst, wenn Du ihn gesehen, hättest ihn ebenfalls für einen Poeten gehalten. Außerdem aber denkt mein Herr auch viel zu großartig, um dergleichen an mir zu rächen; es giebt, sagt er, keine andere Rache für ihn, als die ganze Regenz mit sammt dem Studentenhof müssen geschleift werden, so daß nicht ein Stein auf dem andern bleibt. Aber hier kommt er mit vier Soldaten, ich muß laufen. (Ab.) 71

Sechste Scene.

Jesper. Tyboe. Vier Soldaten.

Tyboe. Hört ihr wol, Kinder? Die Parole ist: Per caudi! Wer einen schwarzen Rock trägt, den stoßt Ihr nieder. Wenn dann so erst die Mehrzahl auf der Straße massacrirt ist, so wollen wir die Regenz formaliter belagern. Denn die läßt sich im Nu wegnehmen; es fehlt ihr an Proviant, so daß sie, glaub' ich, keine Belagerung von vierundzwanzig Stunden aushalten kann. Aber sieh', da ist Jesper. Heda, Jesper, Du kommst eben recht, den rechten Flügel zu commandiren. Das ist brav von Dir, daß Du Stiefel angezogen hast; denn heute werden wir in Studentenblut waten bis über die Kniee. Er soll erfahren, was es zu bedeuten hat, einen Offizier zum Narren halten!

Jesper. Gewiß kennt der Kerl den gnädigen Herrn gar nicht, und noch weniger hat er jemals von der brabantischen Belagerung gehört.

Tyboe. Nein, gewiß nicht, und auch nicht von der Schlacht bei Amsterdam. Aber nur Geduld, man soll mich kennen lernen. Ich könnte ihn allerdings für seine einzelne Person herausfordern, aber das ist mir nicht genug; nicht blos ihn, auch seine Anhänger und seiner Anhänger Anhänger, ja die gesammte percaudische Republik soll ausgerottet werden. Es ist ja ein beispielloser Chagrin, daß solch ein Kerl, ein Philosophus, ein Grammaticus, ein Pedantus, sich unterstehen soll, zu . . . .

Jesper. Ei was, der gnädige Herr muß sich nicht so ereifern, das ist ja gar nicht die Sache danach. Aber da kommt Peter und weint.

Siebente Scene.

Tyboe. Peter. Jesper.

Peter. Ah! . . . . Ah! . . . . Mein Rücken! mein Kopf! meine Schultern! meine Hüften! meine Arme! meine sämmtlichen Gliedmaßen! mein Rumpf! mein armseliger Corpus! 72

Jesper. Was giebt's denn, Peter?

Peter. Das werdet Ihr gleich erfahren. Magister Stygotius mit dem ganzen Magistergrad hat zu den Waffen gegriffen. Ach mein Rücken! ach mein Kopf!

Tyboe. Das kann nicht sein, Du hast nicht recht gesehen; wie könnte er sich wol erkühnen, offensivement zu Werke zu gehen?

Peter. Hab' ich nicht recht gesehen, so hab' ich, auf mein Wort, doch recht gefühlt. Sie werden gleich um die Ecke kommen; ich bin blos froh, daß ich blessirt und also im Kriege nicht mehr zu brauchen bin.

Achte Scene.

Jesper. Peter. Tyboe. Vier Soldaten
Stygotius. Jens mit vier Studenten auf der andern Seite.

Stygotius. Der Erste, der fallen muß, Domini Collegae nec non Commilitones, das ist der Anführer selbst oder imperator ipse. Ich werde ihm zeigen, was das heißt, cuprum pro argento geben, Heller für Silbergeld, und einen alten Academicum mit Pechstiefeln einfangen, der in Rostock studirt und daselbst absque praesidio disputirt hat! Ich habe noch denselben Degen, denselben Stock, mit dem ich so manchem braven Professor in Rostock die Fenster eingeschlagen habe; er soll profecto erfahren, daß es noch Kerle auf der Academie giebt, die Haare auf den Zähnen haben, und daß ich ein richtiger Academicus bin, tam in marte quam in arte.

(Geht mit seinen Leuten wieder ab. Inzwischen, während Stygotius seine Rede gehalten, hat von Tyboe seine Soldaten aufgestellt.)

Tyboe. Aber wie geht das nur zu, Jesper, daß der Kerl solchen Widerstand zu leisten wagt?

Jesper. Das hätte ich auch nimmermehr gedacht. Darauf aber möchte ich doch wetten, daß er, sowie er den gnädigen Herrn nur zu sehen kriegt, Reißaus nimmt und zum Teufel läuft mitsammt seinem Anhang. Es fehlt mir gerade nicht an Courage, aber darauf kann ich doch einen Eid ablegen, daß ich lieber dem 73 Teufel selbst unter die Augen treten will als dem gnädigen Herrn, wenn er in Zorn ist; denn wenn ich den gnädigen Herrn ansehe, so ist es mir, als sähe ich den ganzen trojanischen Krieg oder die Zerstörung von Jerusalem im Auszug.

Tyboe. Meinst Du, Jesper? Na, nun sieh' mich einmal an, nun will ich mal böse aussehen.

Jesper. Ach, das ist entsetzlich, gnädiger Herr! Ach, ach, das ist ja, als wäre ich mutterseelenallein im Wald und der entsetzlichste Eber käme auf mich zu, so packt mich das Entsetzen!

Tyboe. Was schwatzest Du da, warte hübsch mit Deinen Beschreibungen, bis ich wirklich böse aussehe, bis jetzt habe ich ja noch keine Miene verändert.

Jesper. Ja allerdings, das ist richtig, daran habe ich nicht gedacht. Aber wenn der gnädige Herr es nur so kurz machen möchte wie möglich, ich kann den Anblick wirklich nicht so lange aushalten.

Tyboe. Sieh', nun sieh' mich mal an, das ist das Gesicht, mit dem ich Sturm lief vor Brabant.

Jesper. Ah . . . .! Ah . . . .! Laßt genug sein, gnädiger Herr, solch verfluchtes Gesicht kann ja kein isländischer Löwe machen, das ging ja ordentlich wie Feuerstrahlen aus des gnädigen Herrn Augen, daß man sich wahrhaftig eine Pfeife Tabak hätte daran anzünden können.

Tyboe. Ha, ha, ha! das freut mich! Glaubst Du nun, daß mein Anblick allein genügt, den Feind in die Flucht zu treiben?

Jesper. Ganz gewiß. Darum wird es aber auch das Beste sein, um den Krieg hübsch schnell zu Ende zu bringen, der gnädige Herr stellt sich in Person an die Spitze.

Tyboe. Nein, schön Dank, der General steht alleweil hinten, aber auf Schlachtordnungen, das merk' ich schon, Jesper, verstehst Du Dich nicht. Komm her, ich will Dir zeigen, wie so etwas gemacht wird; Du sollst den linken Flügel anführen und Peter führt den rechten!

Peter. Ach, gnädiger Herr, ich bin durch und durch morsch und muß daher demüthigst um meine Entlassung bitten, sowie 74 um einen Gnadenpfennig für mich, meine Frau und ein ganzes Nest voll kleiner Kinder.

Jesper. Ei Thorheit, Du bist ja noch gar nicht mal verheirathet.

Peter. Ja, aber ich will mich doch nächstens verheirathen.

Tyboe. Bist Du gesund genug zum Heirathen, so bist Du auch gesund genug, Dich todtschlagen zu lassen. Hierher, sag' ich, und übernimm das Commando; soll ich dem Schlingel nur Lohn und Brod für nichts und wieder nichts geben?

Peter. Lohn? Ich habe noch keinen Lohn gesehen.

Tyboe. Desto besser für Dich, dann kriegst Du das Ganze auf einmal; die Gage läuft auf die Art immer höher an.

Peter (bei Seite). Ja wohl, das ist ja eben das Unglück für uns arme Bediente, sie läuft so schnell, daß wir sie niemals einholen können.

Tyboe. Bedenke, Peter, es ist ein Ehrenposten, der nicht Jedem zu Theil wird.

Peter. Aber das Unglück ist, daß ich nicht ehrgeizig bin, und jemand eine Ehre aufdringen, die er nicht mag, das wäre ja dasselbe, wie Einen zu einer Speise nöthigen, gegen die seine Natur sich sträubt.

(Tyboe zieht ihn nach dem rechten Flügel hin und haranguirt seine Armee, während Peter da steht und weint, als ob er Prügel kriegte.)

Tyboe (redet seine Soldaten an). Man möchte meinen, Ihr Herren, das Ende der Welt wäre vor der Thüre, wenn man sieht, wie Fliegen sich auflehnen gegen Elephanten, Mücken gegen Löwen, Zwerge gegen Riesen, ein Stygotius, ein Tintenfaß, ein Federfuchser, ein Pedantus, ein Grammaticus, ein Schulfuchs, gegen einen Mann, dessen Namen bekannt ist in Holland, in Frankreich, in Amsterdam, in Brabant, ja in ganz Europa! Spiegelt Euch nur heute, Ihr Herren, an meiner Tapferkeit und folgt meinem Exempel! . . .

Jesper (ihm in die Rede fallend). Euer Gnaden, da kommen unsere Gegner in voller Carriere.

Tyboe (fährt fort, aber leise, indem er stammelt und zittert und sich den Schweiß abwischt). Meinem Exempel . . . und meinem Exemplar – 75 kommen sie schon? – müßt Ihr folgen, Ihr Herren, und folgt . . . folgen – sind sie schon dicht bei uns? – meinem Exemplariter . . . und folgt . . . . na wegen Kürze der Zeit will ich nur lieber aufhören und als ein erfahrener Anführer mich hinten aufstellen, um zu obsalviren . . . Donnerwetter, da sind sie! (Peter will fortlaufen, allein die Andern halten ihn fest.)

Tyboe. Jesper, jetzt setze ich mein ganzes Vertrauen auf Dich!

Jesper. Möchten der gnädige Herr wol einen Augenblick verzeihen, ich will blos hinspringen und Mons Weingartens Buch holen, nach welchem der gnädige Herr ja seine Truppen aufzustellen pflegt.

Tyboe. Das ist ein vortrefflicher Grund: Du willst blos davonlaufen und uns im Stiche lassen. Bleib' nur lieber hier und suche einen Frieden zu Stande zu bringen; nicht zwar, als ob ich nicht die Courage hätte, jenen unter die Augen zu treten, und wenn ihrer tausend wären.

Jesper. Ei ja wohl, das weiß ich ja.

Tyboe. Sondern blos um Christenblut zu schonen; es sind junge Leute, aus denen noch etwas werden kann, wenn sie ausgerast haben. Du sollst zwanzig Thaler kriegen, wenn Du einen Vergleich zu Stande bringst.

Jesper. Ich werde mein Bestes thun; belieben der gnädige Herr sich nur inzwischen hübsch ruhig zu halten.

Tyboe. Höre, Jesper, Du kannst ihnen sagen, daß ich der Mann bin, der Kräfte hat für zehn.

Jesper. Ja wohl, und Verstand, werde ich hinzufügen, für zwölfe.

Tyboe. Du kannst ihnen sagen, daß ich mit dieser meiner eigenen Hand zweitausend Mann erschlagen habe.

Jesper. Ich werde noch zweitausend zusagen.

Tyboe. Du kannst ihnen sagen, daß ich meiner Tapferkeit wegen berühmt bin über ganz Holland.

Jesper. Ich werde noch England dazu nehmen.

Tyboe. Du kannst ihnen sagen, daß ich auf gutem Fuß stehe mit ausländischen Fürsten und Generalen. 76

Jesper. Ich werde noch Könige dazunehmen.

Tyboe. Du kannst sagen, daß der König von Holland mir sein Porträt verehrt hat.

Jesper. Ich werde sagen, der Kaiser und der Papst haben dasselbe gethan.

Tyboe. Du kannst sagen, daß, wenn sie nicht Frieden schließen wollten, ich die ganze Regenz in Trümmern legen werde.

Jesper. Ich werde den Studentenhof noch dazunehmen.

Tyboe. Du kannst ihnen in der Kürze die sämmtlichen Schlachten herzählen, in denen ich gewesen.

Jesper. Ich werde diejenigen noch dazulegen, in denen der gnädige Herr nicht gewesen ist.

Tyboe. Du kannst sagen, daß, wenn ich mich recht angreifen will, ich im Stande bin, die Herzen sämmtlicher vornehmen Damen in Contribution zu setzen.

Jesper. Ich werde hinzusetzen, in lichterlohe Flammen; laßt mich nur machen.

Stygotius. Hört, lieben Leute, bevor wir weiter gehen, scheint es mir doch am besten, wir bedenken uns die Sache nochmals. Ich habe ein Gelübde gethan, mich mit keinem Offizier zu schlagen, das sind Kerle, die keine Raison annehmen; so ist es denn wol das Beste, wir schicken jemand zu ihnen, um zu hören, ob sie sich vielleicht auf Stöcke mit uns schlagen wollen, wobei er dann gleich sagen kann, daß wir gern bereit wären, uns auf den Degen zu schlagen, wenn es nur nicht gegen leges academicas wäre. Wollen sie aber mit uns disputiren, so soll es mir noch lieber sein, gleichviel ob auf Lateinisch oder auf Griechisch. Aber da seh' ich ja Jesper auf uns zukommen; geh' ihm entgegen, Jens, und höre, was er zu bestellen hat, ich weiß gewiß, daß er mein Freund ist, obwol er sich seines Vortheils halber zum Tyboe hält.

Jesper. Höre, Jens, ich will Dir was sagen: warum sollen wir uns wol die Glieder entzwei schlagen um zweier Narren willen?

Jens. Da bin ich wahrhaftig ganz derselben Meinung. 77

Jesper. Herr von Tyboe wird von allen honneten Offizieren für einen Narren gehalten.

Jens. Mein Herr ebenso von den Studenten.

Jesper. Und für einen Poltron.

Jens. Meiner ebenso.

Jesper. Herr Tyboe hat nicht mehr Courage als ein Hase.

Jens. Mein Herr ebenso.

Jesper. Sowie Ihr nur einen Schritt vorrückt, reißen wir aus.

Jens. Wir ebenso.

Jesper. Ich habe Vollmacht, einen Vergleich zu schließen.

Jens. Ich ebenso.

Jesper. Aber ich habe nicht in Absicht, es für nichts und wieder nichts zu thun.

Jens. Ich ebenso wenig.

Jesper. Die Friedensartikel, meine ich, könnten wol am besten so concipirt werden: erstens soll Herr von Tyboe beiden Armeen einen Schmaus im Fischerhause geben; zweitens soll Herr Magister Stygotius den Tag darauf dasselbe thun.

Jens. Du bist wahrhaftig ein Diplomat!

Jesper. Heda, Herr von Tyboe, ein schöner und ehrenhafter Vergleich! Ihr sollt morgen einen Schmaus im Fischerhause geben und Stygotius übermorgen.

Tyboe. Soll ich der Erste sein?

Jesper. Ja gewiß, Ihr habt den Vortritt, das war gerade der schwierigste Punkt.

Tyboe. Nun, ich bin es zufrieden.

Jesper. Aber, Ihr Herren, bevor wir scheiden, müssen wir uns noch erst als gute Freunde die Hände geben; der Magister giebt dem gnädigen Herrn die Hand, und wir anderen, was die Subalternen und Gemeinen sind, thun dasselbe.

Tyboe. Geh' hin und proponire es dem feindlichen Anführer, aber in meinem Namen nicht.

Jesper. Ei wie kann der gnädige Herr wol denken, daß ich so einfältig sein würde; ich verstehe mich besser darauf, die Ehre des gnädigen Herrn wahrzunehmen. (Geht zu Stygotius.) Mein 78 Herr Magister, heute hab' ich ein großes Blutvergießen verhindert, Tyboe's Partei war, wie ich sah, die stärkere, und darum habe ich bei Zeiten an Herstellung des Friedens gearbeitet. Denn wenn auch mein Leib in Tyboe's Lager weilte, so war doch mein Herz bei dem Herrn Magister.

Stygotius. Das weiß ich sehr wohl, Jesper.

Jesper. Wäre es wirklich zur Schlacht gekommen, so wäre ich, davon wollen Euer Magisterheit sich überzeugt halten, mitten im Gefecht desertirt. Ich muß aber gewisser Ursachen halber so thun, als ob ich es mit Tyboe hielte.

Stygotius. Ich danke Dir für die gute Gesinnung, die Du für mich hegst, und werde mich bemühen, sie Dir nach Kräften zu vergelten.

Jesper (zieht Stygotius zu Tyboe hin). Nun, Ihr lieben Herren, müßt Ihr Euch in Gegenwart beider Armeen die Hände reichen, so wollen wir übrigen der Reihe nach dasselbe thun.

(Sie geben einander die Hände, die Andern machen es ebenso und küssen Einer den Andern.)

Jesper. Hört nun, Ihr lieben Herren, nachdem Ihr Euch nun Beide verglichen habt, aber auch Beide gleichmäßig beleidigt seid, so wird es nun wol das Beste sein, daß Ihr eine Allianz zwischen Euren beiden Kriegsheeren errichtet und mit der gesammten Macht Rache nehmt an dem gemeinsamen Feinde. Denn wiewol dieser nicht ganz ohne Grund in Zorn gerathen ist, so dürfen doch solche Helden wie Ihr das nicht auf sich sitzen lassen, daß ihnen Wasser auf den Kopf gegossen ist; wir müssen uns sammt und sonders aufmachen und Leonora's Haus attakiren.

Tyboe. Das ist wahr, Jesper, wir wollen das Haus formaliter belagern.

Stygotius. Communis injuria communibus armis vindicanda est.

Jesper. Aber wir müssen noch eine halbe Stunde warten, bis es nicht mehr so hell ist.

Tyboe. Unterdessen können wir die nöthigen Präparatorien veranstalten. 79

Stygotius. Wollen wir uns hier wieder treffen?

Jesper. Ja, in einer halben Stunde treffen wir uns an derselben Stelle wieder.

Tyboe. So wollen wir uns denn so lange entfernen.

(Alle ab außer Jesper.)

Neunte Scene.

Jesper. Nachher Leonard.

Jesper. Nun will ich eine hübsche Komödie anrichten, sowol um die beiden Narren noch ärger zu beschimpfen, als um Leonards Nutzen damit zu befördern. Sieh', da kommt er eben recht. Monsieur Leonard, Ihr kommt wie gerufen!

Leonard (kommt). Wie so?

Jesper. Tyboe und Stygotius haben sich vertragen und wollen mit ihrer sämmtlichen Macht Leonora in ihrem Hause überfallen. Das ist nun für Euch eine treffliche Gelegenheit, Euch dermaßen zu insinuiren, daß die Braut Euch sicher ist. Nämlich wenn das Haus überfallen wird, so müßt Ihr mit einigen guten Freunden kommen und die Belagerte entsetzen.

Leonard. Aber wenn sie mir nun zu stark sind?

Jesper. Das hat keine Gefahr; wenn die einen bloßen Degen sehen, laufen sie alle beide davon, und wenn die Anführer die Flucht ergreifen, so folgen die Uebrigen auf der Stelle. Auch verachten ihn im Grunde des Herzens ja alle, Offiziere sowol wie Soldaten, und stellen sich nur so, als ob sie gut Freund mit ihm wären.

Leonard. Ich weiß nur nicht, wo ich in der Eile so viel gute Freunde zusammenbringen soll.

Jesper. Kommt nur ganz allein mit entblößtem Degen, so bin ich Euch gut dafür, daß sie alle zusammen die Flucht ergreifen; sicherheitshalber könnt Ihr ja thun, als ob noch Andere hinterdrein kämen. Laßt Euch aber nicht irre machen, daß ich mich stelle, als ob ich auf Tyboe's Seite; ich möchte 80 nicht gern offenbar mit ihm brechen, so lange er noch einen Anker Wein im Keller hat.

Leonard. Ach, Jesper, ich werde kaum im Stande sein, Dir meinen Dank zu beweisen und Deine Treue zu belohnen.

Jesper. Ich thue nichts aus Eigennutz, alles, was ich verlange, ist, daß, wenn Ihr mal ordentlich eingerichtet seid, ich freie Verfügung, jus vitae et necis habe über Eure Küche und Euren Keller, nebst der Jagdfreiheit in Eurem Hofe über Hühner, Küchlein, Kapaunen, Gänse, Enten u. s. w. u. s. w.

Leonard. Alles in meinem Hause soll Dir zu Diensten stehen; mein Oheim ist sehr krank, er stirbt, glaube ich, noch diese Nacht.

Jesper. Aber was giebt es denn für einen Spectakel? Laßt uns bei Seite laufen, sie kommen.

(Leonard ab.)

Zehnte Scene.

Ein Offizier. Jesper.

Offizier. Ha ha ha ha ha ha!

Jesper. Serviteur; worüber lacht Ihr aber so vergnügt?

Offizier. Sieh' da, Jesper, bist Du es? Na, da möchte ich darauf schwören, daß Du der Urheber aller dieser Bockssprünge bist, welche von Tyboe macht.

Jesper. Allerdings, so ist es; ich habe dies angerichtet, um Monsieur Leonard in seiner Liebesgeschichte beizustehen.

Offizier. Das freut mich, Leonard ist ein braver und anständiger Mann. Nun aber höre ich, daß Tyboe Madame Leonora förmlich in ihrem Hause belagern will, ich habe ihm sogar selbst acht Soldaten dazu geliehen, die jedoch so abgerichtet sind, daß sie davonlaufen, sowie sie den geringsten Widerstand finden. Wir müssen dem Kerl schon in allen Stücken zu Willen sein, er ist ein zu fetter Braten für uns.

Jesper. Ich fürchte nur, es macht zu viel Aufsehen.

Offizier. Ei Possen! Kommt ja jemand, der sich darein 81 mengen will, so will ich ihn schon abhalten; denn sowie sie hören, daß von Tyboe dabei im Spiele ist, so wissen sie auch sofort, daß der Krieg nichts zu bedeuten hat. Ich werde mich ein wenig bei Seite halten; da kommen sie, glaub' ich.

Elfte Scene.

Stygotius. Tyboe mit einem Haufen Soldaten. Jesper.

(Tyboe, mit einem Spieß in der Hand, stellt die Soldaten in Reihe und Glied und läßt sie exerciren, darauf zieht er ganz langsam in völliger Schlachtordnung, unter Trommelwirbel im Tacte vor das Haus; er redet die Soldaten an.)

Tyboe. Messieurs und Herren! Jetzt ist die Stunde da, wo Ihr durch Eure Tapferkeit Euch den Weg zur Unsterblichkeit bahnen könnt. Diese Festung, die Ihr erstürmen sollt, scheint allerdings stark; allein je stärker sie ist, um so größer ist auch die Ehre und der Sieg. Ich selbst werde mich zuvörderst an Eure Spitze stellen, um Euch dadurch zur Tapferkeit zu ermuntern. Allons! spiegelt Euch an mir! (Läuft mit dem Spieß gegen die Thüre; die Frauenzimmer rufen zum Fenster heraus: Was soll das heißen?) Hier ist keine Rettung, als daß Ihr Euch ergebt auf Gnade und Ungnade!

(Die Frauenzimmer im Hause schreien und weinen.)

Leonard (kommt). Heda, umzingelt und greift diese Straßenräuber und seht wohl zu, daß Keiner entwischt. (Er schießt eine Pistole in die Luft, worauf sie alle hinfallen wie todt; Jesper hält Tyboe fest, indem er sich stellt, als wenn er ihn decken will.)

Tyboe. Das war eine entsetzliche Salve; die ganze Armee auf einmal ruinirt!

Leonard. Das ist sicher der Anführer, der muß jetzt auf der Stelle niedergemacht werden!

Jesper. Ach, gnädigster Herr, schont seiner und tödtet lieber mich!

Leonard. Da hilft kein Bitten, er muß sterben!

Jesper. Ach, Herr, bedenkt doch, was Ihr thut! Ihr beraubt die Welt eines Mannes, der mehr als viertausend Schlachten gewonnen hat!

Leonard. Hier nichts geschwatzt, er ist des Todes! 82

Jesper (weinend). Der in der Schlacht bei Amsterdam . . . .

Leonard. Fort, fort, laß ihn los!

Jesper. Umgebracht hat mit eigener Hand . . . .

Leonard. Wenn Du ihn nicht losläßt . . . .

Jesper. Mehr als fünftausend Menschen!

Tyboe (flüstert ihm zu). Sag' ihm auch von den drei Herrenstaaten, die ich umgebracht habe!

Leonard. Und wenn es Alexander Magnus selber wäre, so muß er sterben!

Jesper. Und stach drei Herrenstaaten durch und durch . . . .

Leonard. Hilft alles nichts!

Jesper. Mit einem einzigen Hiebe!

Leonard. Desto größere Ehre für mich, ihn umzubringen!

Jesper. Der bei der Belagerung von Brabant ganz allein . . .

Leonard. Das ist nun alles umsonst!

Jesper. Sturm lief und sich eine halbe Stunde lang mit der ganzen Garnison auf der Mauer herumschlug!

Leonard. Ja, da sehe ich denn wohl, daß ich Euch alle Beide umbringen muß.

Jesper. Ach, lauft, Herr von Tyboe, und salvirt Euer kostbares Leben!

(Tyboe läuft; Leonard setzt ihm nach und stößt ihn mit dem Degenknopf in den Rücken.)

Tyboe. Ah . . . .! Ah . . . .! Ich bin tödtlich verwundet, durch und durch gestochen! (Läuft fort.)

Zwölfte Scene.

Leonard. Jesper. Leonora. Lucilia. Pernille. Nachher ein Bedienter.

Leonard. Das ging wahrhaftig, wie es sollte, Jesper.

Jesper. Ei, das wußte ich ja zum voraus; wenn seine Wunde jetzt geheilt ist, so kriege ich noch obenein was geschenkt. Aber da kommen die Belagerten heraus, nun haltet Euch dazu.

Leonora. Ach, mein theuerster Monsieur Leonard, ist Er es, der uns aus dieser Angst erlöst hat? Ach, könnte ich Ihm doch nur meine Dankbarkeit beweisen. 83

Jesper. Der größte Dienst, Madame, den Ihr ihm erweisen könnt, besteht darin, ihm Eure Tochter zu geben, die er schon so lange liebt; scheint er Euch wirklich ein Mann, den man verachten darf?

Leonora. Ich habe jederzeit die größte Hochachtung vor ihm gehabt, allein da er ohne Vermögen ist und meine Tochter ebenfalls, so schien es mir nicht rathsam, sie zusammenzugeben.

Leonard. Was das anbetrifft, so werde ich Euch und Eure Tochter hoffentlich wol noch ernähren können. Denn so lange mein Oheim lebt, unterstützt er mich mit allem, was ich brauche; stirbt er aber, so erbe ich sein ganzes Vermögen, das nicht unbedeutend ist.

Leonora. So habe ich denn gegen die Verlobung nichts einzuwenden; mit der Hochzeit müßt Ihr aber warten, bis er todt ist.

Leonard. Mein Oheim macht es nicht mehr lange, ich glaube kaum, daß er noch diese Nacht überlebt. Aber da kommt sein Diener; heda, Christoph, wie geht es mit Deinem Herrn?

Christoph. Ich komme, Ihm zu melden, daß Monsieur Jeronimus bereits verschieden ist.

Jesper. Ah der tausend, das war sehr höflich von ihm. Nun also, Madame, werdet Ihr ja hoffentlich keine Bedenklichkeiten haben?

Leonora. Durchaus nicht; ich halte meine Tochter im Gegentheil für das glücklichste Mädchen von der Welt.

Jesper. So laßt uns denn kurzen Proceß machen: Ihr habt lange genug gewartet, kommt nun herein und reicht einander die Hände.

(Sie reichen einander die Hände.)


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