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ÜBER DEN TOD IHRES GELIEBTEN.
AUS DEN ZEITEN DER KREUZÜGE.
Ein banger Traum erschreckte mich,
O würd' er nie erfüllt!
Sobald der Schlummer mich beschlich,
Erschien mir Wilhelms Bild.
Ein Nachtgespenst, das auf der Gruft
Im Todtenhemde sizt!
Sein Haar flog blutig in die Luft;
Die Brust war aufgeschlizt.
Blut floss ihm durch das Grabgewand,
Wie eine Purpurflut;
Er nahm des Blutes in die Hand,
Und zeigte mir das Blut.
[233]
Sein blutend Herz, als sucht' es mich,
Schlug dreimal hoch empor,
Und dreimal flog es sichtbarlich
Aus seiner Wund' hervor.
Doch plözlich floß ein Lächeln ihm
Ins traurige Gesicht;
Er sprach, als sprächen Serafim:
Geliebte, weine nicht!
Es war kein leeres Nachtgebild,
Was mir im Traum erschien.
Die Saracenen kühn und wild,
Die, die zerfleischten ihn!
Wo Jesus Christus uns versühnt,
Da modert sein Gebein.
Rausch sanfter, wo sein Hügel grünt,
Rausch sanfter, Palmenhain.
Die Seele ruht in Christus Hand,
In dessen Dienst er fiel.
Er starb in des Erlösers Land,
Und Sterben war ihm Spiel.
[234]
Drum lohne dich der Palmenkranz,
Den Jesus dir verhieß;
Drum tanze mit den Engeln Tanz
In seinem Paradies.
Bald folget dir in Gottes Ruh
Dein armes Mädchen nach,
Und schlummert süßen Schlaf, wie du,
Bis an den jüngsten Tag.
[235]