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Peter Hille

Skizzen

Kinder und Erwachsene

Es ist ein Unfug, die Kinder zu erziehen, will sagen, ihnen zu befehlen, dafür aber den Erwachsenen zu gehorchen.

Es ist schon deshalb ein Unfug, weil die Kindheit Stil hat und eine freimütige Vornehmheit, die man wohl zerstören, aber durch nichts ersetzen kann.

Gebt den Kindern keine Vorschriften und reicht ihnen dafür alles in ihr Wachstum hinein, was sie bedürfen, und ihr könnt alle pädagogischen Bibliotheken des Erdballs ruhig in den Ofen stecken.

Und lernt von ihnen!

Oder meint ihr, Christus hätte nicht so viel Einsicht gehabt als alle Sirache des Alten und des Neuen Testaments zusammengenommen, da er sich äußerte: »Wahrlich, ich sage euch, es sei denn, daß ihr euch umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.«

Was gebt ihr denen Laufstühle, die nichts lieber tun als laufen und springen, und gebt ihnen Bücher mit Quadraten, daß sie dessen Ecken verbinden und teilen und mit zitternder Hand Kreise tasten?

Gebt ihnen Tafel und Griffel oder noch besser ein Buch mit weißen Blättern und einen Bleistift und sagt ihnen: »So, nun zeichnet mal diese Stunde, was jeder am liebsten will.«

Und kommt euch auch ein Schmunzeln an, wenn ihr nachher durch die Reihen geht und die Bücher einfordert, so ist das weithin nicht schlimm. Ihr merkt, ihr kommt den verschlossenen kleinen Geistern, die ihre eigene Welt haben und sie sorglich hüten, auf daß ihr sie nicht zertretet mit plumpem Fuß, und sie Spiel nennen, ihr kommt ihnen merklich näher und damit einen Schritt weiter in der großen Geschwisterschaft der Dinge, die der Mensch nun mal zu lernen hat.

Und gebt als Belohnung für besonderen Lerneifer in einer Woche mal eine Schachtel bunter Kreide, und ihr sollt die Freude sehn.

Und auch ihr werdet eure Freude haben. Wird dann so ein Kind entlassen mit 14 Jahren, und ihr gebt sie hinaus, die sorgsam aufbewahrten Hefte, da hat's was zu schleppen; es ist aber auch was daran: der ganze anschauliche Aufbau seines Lebens, ein Piedestal der Persönlichkeit.

Und so in allem!

Nun zu den Großen, wie Kindermund – wohl unbewußt ironisch – die Erwachsenen nennt.

Ach, du lieber Gott!

Wie davor alles zittert!

Zuvörderst natürlich die Kinder.

Doch die sind besser daran. Mit der ihnen eigenen Schlauheit wissen sie lästige Vorschriften zu umgehn oder in den Wind zu schlagen.

Anders die öffentliche Meinung: Presse, Buchhandel, Bühne. Die Presse: vor Königsthronen wahrt sie ihre Würde und weiß sich nicht genug zu berühmen als Weltmacht erster Größe.

Und duckt sich scheu und betreten vor dem Machtspruch jedes Spießers. Der Spießer kann auch so irgendein Titeltier sein. –