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Wie Augen schauen, die das Licht nicht finden ...

Wie Augen schauen, die das Licht nicht finden
-- Mit weißer Starhaut ist ihr Glanz bezogen
So schaut der Mond, um den die Nebel wogen,
Ein großes, weißes Auge eines Blinden.

Bist du der Gottheit Auge, trüber Brand,
Das blind geworden ist vom vielen Weinen?
Von Tränenfluten in den Reuepeinen,
Daß diese Welt entrollte deiner Hand?

Ja, ich versteh. Du magst mit Fug bereuen.
Zwar siehst du kaum noch, wie vor Leid sie schwillt,
Ein Dudelsack. Doch wenn ihr Schrein entquillt,
Du mußt es hören, wie du magst dich scheuen.

Siehst du die tausend Schiffe noch, Gevatter,
Die durch die Wolken ziehen in Paraden?
Zum Sinken voll ein jedes Schiff geladen,
Der Wimpel, großen Segel schwarz Geflatter?

Siehst du den Herrn mit seiner Phrygiermütze,
Am Heck des Flaggschiffs auf dem schwarzen Throne?
Er grüßt dich spöttisch, alte Himmels-Drohne,
Du rührst dich nicht von deinem Ofensitze.

Ich schaue, wie voll Wahnwitz ein Chiliast,
Durch dunkle Nacht herauf zu deinem Stuhle,
Wirst du den Tod hinschmettern zu dem Pfuhle,
Mit Blitzen bannen deiner Himmel Gast?

Wirst du befrein die Sklaven von der Kette,
Darin der Tod sie schlug in Schiffes Bauch?
Und wird dein Lebensodem wie der Hauch
Des Frühlings wehn durch ihrer Seufzer Stätte?

Wirst du jetzt sprechen: »Nun genug der Leiden.
Auf, auf, ihr Toten von den Bänken allen.
Zu eurer Seemannslieder frohem Schallen
Treibt ein zum Port der grünen Himmelsweiden.«

Du hüllst dich mehr nur in die Reuequalen.
Du rührst dich nicht. Ich seh voraus den Schein
Der dunklen Stadt aus roten Fensterreihn
Gleich ungeheuren Todes-Arsenalen.


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