Karl Friedrich Hensler
Die Teufelsmühle am Wienerberg
Karl Friedrich Hensler

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Erster Aufzug

Erster Auftritt.

(Herberge an der Strasse des Wienerbergs) Günther von Schwarzenau. Eckard. Fust von Kleeberg. Bodo und Wallberg zechen wacker. Der Minnesänger Frowald sitzt unter ihnen, spielt auf der Laute und singt. Mehrere Knappen und Knechte. Käsperle. Veit Schneck. Hans, sein Bube schenken ein.

Fröhlicher Trinkchor.
Nehmt den Humpen in die Hand,
    Singet frohe Lieder.
Uns umschlingt der Eintracht Band,
    Wackre, deutsche Brüder!
        Schenket ein!
        Trinkt den Wein!
Wer uns Böses wünschen kann,
Ist kein braver, deutscher Mann.

Wer ein deutsches Mädchen liebt
    In der Jugend Feuer,
Für die er sein Leben giebt,
    Die ihm einzig theuer,
        Dessen Brust
        Füllt nur Lust!
Trinkt auf aller Mädchen Wohl,
Die von reiner Liebe voll!

Wer's mit Jedem ehrlich meynt,
    Leidende erquicket;
Dem erzeiget euch als Freund,
    Wo ihr ihn erblicket.
        Reicht die Hand,
        Ihm zum Pfand!
Deutsche Treu und Redlichkeit
Macht uns geltend weit und breit.

Fust. (zu Frowald) Recht so – junger Mann! hast's in deiner Kunst weit gebracht. Woher kommst du!

Frowald. Von Wien, edler Herr! bin dort schon sieben Tage bey dem Turnier gewesen, das der Kaiser der Ritterschaft zu Ehren gehalten hat. Ihr waret ja auch dabey, edle Herren? habt euch wacker in den Schranken herumgetummelt – besonders Günther von Schwarzenau –

Günther. (der indessen in Gedanken da saß) Wer nennt meinen Namen?

Frowald. Ich, edler Herr! sah ja wohl, wie ihr den Dank aus den Händen der schönen Mathilde von Stauffen erhieltet – sah, wie der holden Dirne das Blut in das Gesicht stieg, als sie euch die goldene Kette um den Hals hieng, und die Scherpe euch um den Leib band, und euer Feuerblick ihrem sanften Auge begegnete.

Käsperle. (giebt ihm den Humpen) Da – trink, Kammerad! du hast, wie ich merk, eine gute Anlage zum Plaudern und Singen, aber eine verdammt schlechte zum Saufen.

Frowald. Glaubt ihr das? da irrt ihr euch! Gebt her! – (trinkt mit vollen Zügen.)

Hans. Ey, so sauff, daß du ersticktest!

Käsperle. Esel! du red'st ja wider das Interesse deines Herrn. Jemehr er trinkt, destomehr muß er bezahlen.

Hans. Ja – s'trinken wär schon recht – wenn es aber ans Zahlen kommt, ist bey dergleichen musikalischen Seelen nichts zu Haus.

Bodo. Fust! es ist Zeit – wir müssen aufbrechen!

Wallberg. (steht auf) Traun! du hast Recht –

Fust. (zu seinen Knappen) Rudolph! Hugo! sattlet die Rosse – wir wollen uns auf den Weg machen. (Einige Knechte ab)

Eckhard. Du reitest nach Wien, Ritter Kleeberg! hast gewiß dort einem schönen Wienermädchen zu viel in die Augen geschaut – Wetter! es gab ja derer bey dem letzten Turnier so viele, daß einem die Wahl schwer wurde.

Fust. Ich hatte nicht Zeit, mich nach ihnen umzuschauen.

Eckhard. Nicht Zeit? So was kann ich nicht hören! Wem ein schön Mädchen in den Weg kommt, und er auf die Seite schaut, hols der Teufel! der muß ein ledernes Herz im Leib haben. Ich kann das nicht!

Zweyter Auftritt.

Vorige. Rudolph.

Rudolph. Die Pferde sind gesattelt, edler Herr!

Fust. So lebt wohl! (sie reichen dem Ritter die Hand) Günther! uns rufen Geschäfte an Maximilians Hofe. –

Bodo. Haltet ihr euch noch länger auf, so sehen wir uns vielleicht morgen in dieser Herberge wieder. – Lebt wohl!

Wallberg. Vielleicht froher, als jetzt! Gott befohlen! (giebt ihm einen Handschlag.)

Günther. Vielleicht! Vielleicht auch nicht!

Eckhard. (zu Fust) Nichts für ungut, Bruder! ich meynt es nicht so böse – wenn du aber die schönen Wienerinnen siehest, so sag ihnen nur, daß ich für sie lebe und sterbe.

Fust. Schon recht, schon recht, Wildfang! ich will schon alles besorgen. (Alle drey ab)

Eckhard. So wartet nur – wir müssen ja noch einen Valettrunk beym Aufsteigen trinken. (ihnen nach.)

Käsperle. (nimmt einen Humpen vom Tisch) Richtig! da heißt es: wer gut schmiert, der reitet gut – Ich trag den Humpen nach! (ab)

Dritter Auftritt.

Günther. Frowald. Veit.

Frowald. Herr Ritter! ihr habt beym letzten Wienerturnier tapfer gefochten.

Günther. Und doch nichts als Wunden davon getragen.

Veit. Wie – ihr seyd verwundet worden?

Günther. Im Körper nicht – aber hier – (auf das Herz deutend) Mathildens schöne Augen –

Frowald. Haben das Feuer angefacht? Dacht' ichs doch gleich – Edler Ritter! sucht Zerstreuung, und ihr vergesset bald auf das Mädchen –

Günther. Vergessen? Mathilden vergessen? Nein! eben bin ich im Begriff, nach der Stauffenburg hinüber zu reiten.

Veit. Und sie doch nicht vom Vater zum Weibe zu begehren?

Günther. Ihr leset den Wunsch in meinem Herzen. Ich will mein Glück versuchen.

Veit. Da dauert ihr mich, edler Herr! Mathildens Vater ist ein geitziger Mann. Auch hat Otto von Löbenstein durch seine Reichthümer, die er besitzt, den Alten dahin gebracht, daß er ihm seine Tochter zusagte. Sie ist bereits verlobt.

Günther. Verlobt? O! warum bin ich nicht reich!

Vierter Auftritt.

Vorige. Marie als Wallfahrer.

Wallfahrer. Gott zum Gruß – edle, gestrenge Herren! Wohl mir, daß ich auf der Strasse diese Herberge gefunden habe – ach! meine Kräfte haben Erhohlung nöthig – die Angst, die ich in voriger Nacht ausgestanden habe – brachte mir bald den Tod.

Günther. Veit! reiche dem alten Mann einen Trunk Wein. – Woher kommt ihr? (Veit reicht ihm Wein)

Wallfahrer. Aus Palästina! Neun Jahre bin ich von Deutschland entfernt – ich wallfahrtete zu Fuß nach Jerusalem, um durch dieses Gelübde für meine Sünden zu büssen. – Vorige Nacht überfiel mich das Gewitter – ich suchte Obdach, und fand dieses in einer Mühle, die hier links der Heerstrasse liegt.

Veit. (fährt auf) Du lieber Gott! das ist die Teufelsmühle.

Wallfahrer. Ja wohl mögen Unholden und böse Geister darinn einst ihr Wesen getrieben haben.

Günther. Setzt euch, alter Mann! und stärket euch durch diesen Labetrunk – dann fahret fort in eurer Erzählung.

Wallfahrer. (setzt sich) Dank euch, edler Herr!

Günther. Nun – Veit! da du so nahe bey dieser Mühle wohnst, kannst du uns vielleicht nähern Bescheid geben.

Veit. Gestrenger Herr! leider ist alles wahr, was man sich in der ganzen Gegend davon erzählt. Viele tausend Menschen liegen dort begraben. Hört nur. da war einmal ein Müller, er hieß Kilian, den hat man nur den Teufelsmüller geheissen – der ist mit einem Ritter im Bund gestanden – (leiser) man will aber sagen, daß der Ritter Niemand anders als der leidige Satanas soll gewesen seyn.

Günther. (lacht) Ha ha ha! nur weiter mit dieser abenteuerlichen Erzählung –

Frowald. Ja – ja – hört nur: in der Mühle war an dem Boden ein Loch, wenn da ein Fremder darauf getretten, so ist das Brett mit ihm hinunter gegangen unter die Erde – und in dem Loch waren spitzige Dolche und Schwerter, die haben die Menschen umgebracht – auf einmal ist der Müller und sein Weib verloren gegangen, man weiß nicht wie – und seit der Zeit kann kein Mensch mehr in der Mühle wohnen.

Günther. Eine wunderbare Mähre! Wenn ich ein Freund von dergleichen Abentheuern wäre, traun! ich hätte wohl Lust, diesen Spuck näher zu untersuchen.

Veit. Ja! Hört nur die ganze Geschichte, die wir euch erzählen wollen. –

Romanze von 2 Stimmen.
Veit. Frowald.
                  In jener Mühle, wie bekannt,
      Da haußte Kilian,
Der Teufelsmüller einst genannt,
      Er war ein böser Mann;
Es sind jetzt bald die dreissig Jahr,
Verschrieb er sich dem Satan gar,
      Und mordete zum Zeitvertreib
      Zuletzt sogar sein eignes Weib.

Das Weib war fromm, so wie es heißt,
      Das Leben war ihr schwer;
Nun wandert sie umher als Geist,
      Und neckt den Wandrer sehr.
Bald foppt der Geist manch armen Tropf,
Setzt Eselsohren ihm an Kopf –
      Spuckt Tag und Nacht, spuckt weit und breit,
      Doch thut er Niemand was zu leid.

In jener Mühle ist verwahrt
      Ein wundergrosser Schatz;
Und vieles Geld ist eingescharrt
      An jenem Teufelsplatz.
Und wer den Geist erlösen kann,
Der wird ein reicher, reicher Mann,
      Er trägt – bewahr uns Gott! – zum Lohn,
      Das Geld und auch den Schatz davon.

(beyde ab)

Fünfter Auftritt.

Günther, der Wallfahrer, hernach Jeriel.

Günther. Traun, eine wunderbare Geschichte!

Wallfahrer. (steht auf) Ihr wollt nach der Stauffenburg reiten, gestrenger Herr! um euch dort eine Burgfrau zu holen!

Günther. Das will ich –

Wallfahrer. Ich wünsche euch Glück – Mathilde liebt euch – aber ehe ihr sie als Gattin besitzen könnt, habt ihr noch manches Ungemach auszustehen.

Günther. Was sagt ihr? Alter!

Wallfahrer. Nur Muth und Tapferkeit bringen euch dem Ziele näher. Junger Mann! vergiß nicht den unglücklichen Geist in jener Mühle – seine Erlösung ist dein Werk – nur durch seine Vollendung gelangest du zu deiner Wünsche Ziel. – (Donnerschlag. Akkord. Jeriel erscheint)

Jeriel. Vom Schicksal auserlesen
Wirst du den Geist erlösen.
    Dich Jüngling! rufet höh're Pflicht,
    Auf – fasse Muth, und zage nicht.
Geehrt und reich trägst du zum Lohn
Mathilden, als dein Weib davon.

Günther. Was ist das? was hab' ich gehört?

Wallfahrer. Den Ruf deines Schutzgeistes! Auf, Jüngling! ziehe nach der Stauffenburg, beginne die Erlösung des Geistes, und du wirst glücklich.

Günther. Wer bürgt mir für den Erfolg, wenn ich vollende? – (Donnerschlag. – Der Wallfahrer wandelt sich in einen weissen, weiblichen Geist um)

Geist. Ich – wenn ich der ewigen Ruhe geniesse! (verschwindet)

Sechster Auftritt.

Günther, hernach Käsperle.

Günther. (in vollem Entsetzen) Gott! welche sonderbare Erscheinung! (starrt nach dem Platz hin, wo der Geist versank)

Käsperle. (kommt herein) Nun – nun – (für sich) Was ist denn meinem g'strengen Herrn g'schehen, daß er seine beyden Augen so auf den Boden heftet?

Günther. Ja ich ziehe zu Mathildens Vater, und wird er dem armen Ritter seine Tochter versagen, so schwöre ich, unglücklicher Geist! deine Erlösung zu vollenden.

Käsperle. (erschrickt – für sich) Geist – Geist – so viel ich merk, ist da von einem Geist die Red, da mach ich mich aus dem Staub. (will fort – Günther sieht ihn)

Günther. Heda – Käsperle!

Käsperle. (ohne sich umzuwenden) Ich hab kein Wort g'hört, g'strenger Herr!

Günther. So wart doch – du mußt mich nach der Stauffenburg begleiten, ich will mir dort eine Braut holen.

Käsperle. Das ist recht, edler Herr! da kommt doch einmal Ruhe in unsre Burg, und das verdammte Herumvagiren hat ein Ende.

Günther. Wenn es denn Abend wird, begleitest du mich nach der Teufelsmühle.

Käsperle. (erschrickt heftig) Nach – nach der Teufelsmühl, sagt ihr? wißt ihr, edler Herr! daß dort alle Hexen in ganz Ober- und Unterösterreich ihr Remessori halten?

Günther. (lächelnd) Eben deßwegen will ich dahin.

Käsperle. So! (weinerlich) Wenn man euch aber Hals und Kragen umdreht, was werdet ihr hernach sagen? (bittend) Edler Herr! Seyd vernünftig, ihr werdet euch doch keine Braut unter dem Hexengepack aussuchen wollen?

Günther. Du befolgst meinen Befehl, und begleitest mich.

Käsperle. (schluchzt) Aber – was habt ihr denn davon, wenn ihr mich sterben seht? ich hab' mir immer sagen lassen, wer sich mit Hexen und Unholden abgiebt, sey der größte –

Günther. (drohend) Kerl! fürchte meinen Zorn!

Käsperle. Nun ja – der größte Held – hab ich sagen wollen. –

Günther. Ich erwarte dich unten am Thor. (ab)

Siebenter Auftritt.

Käsperle. Hans aus der Seitenthür.

Käsperle. (äfft ihm nach) Ich erwarte dich unten am Thor. Ja – wartet nur – könnt' lang warten, ich komm doch nicht. (ruft ihm nach) Glaubt ihr etwa, Herr Ritter! weil ich allenthalben auf euren verliebten Abentheuern mitziehe, daß ich auch jetzt der Narr seyn werd – und euch zu der Hexenbagage –

Hans. Was treibt ihr denn, Käsperle! (schlägt ihn auf die Schulter)

Käsperle. (fährt zusammen, erschrickt heftig) O weh! der Satanas hat mich schon am Kragen – laß mich aus, du böser, unreiner Geist!

Hans. Kennt ihr mich denn nicht – ich bin ja der Hans.

Käsperle. (mit grossen Augen) Der – der Hans – ja richtig, du bist der Hans –

Hans. Warum seyd ihr denn so erschrocken, guter Freund!

Käsperle. Nun – da – da hat mein Herr Ritter so eine verdammte Zumuthung an mich. – Hans! du kennst doch die Teufelsmühle da drüben?

Hans. Nun freylich kenn ich sie – der Geist hat auch schon einmal seinen Spuck mit mir g'habt.

Käsperle. So! ist das wahr?

Hans. Einmal trag ich ein Bündel Weinreben nach Haus – kaum war ich über der Mühle vorbey, schau ich mich nach meinem Schatten um, spatziert ein Müller-Esel neben mir her –

Käsperle. Ein Müller-Esel!

Hans. Und der hat mir auf ein Haar gleich g'sehen – es war mein leibhafter Schatten!

Käsperle. Nein – da geh ich nicht mit – der liebe Gott weiß, was ich für einen Begleiter bekäm – der Käsperle bleibt da – ich halt mich als zu gern mit lebendigen Geistern auf –

Lied.
                  Potz Wetter! das kann gar nicht seyn,
    Mit Geistern laß ich mich nicht ein.
Sie spasseln nicht lange, kaum sieht man sich um,
So drehen sie einem den Kragen herum.
    Da bleib ich viel lieber zu Haus,
    Und lab mich beym Wein und beym Schmauß.

    Die Geister von Fleisch und von Blut,
    Die meynens mit einem noch gut.
Sie suchen Erlösung in unserem Arm,
Da wird ein'm so wunderlich, wird ein'm so warm.
    Da bin ich auch, sey's, wie es sey,
    Gleich bey dem Erlösen dabey! (ab)

Achter Auftritt.

Hans, hernach Märtchen.

Hans. Der Knappe hat Recht; gescheider ists, wenn man auf die Erlösung lebendiger Geister ausgeht, da ist man doch nicht gefährtet, sein Leib und Leben zu verlieren.

Märtchen. Bist du noch da, Hans! so eben sind die Ritter spornstreichs davon geritten.

Hans. Werden nicht lange ausbleiben – in einigen Stunden sind sie wieder da.

Märtchen. Der Meister Frowald blieb zurück – ich hab ihn auch gebeten, bey meinem Vater ein gutes Wort zu sprechen.

Hans. Du meinst wegen unserer Heirath? ach, Märtchen! ich zweifle, ob er sein Jawort geben wird.

Märtchen. Und warum, lieber Hans!

Hans. Weil ich ein armer Schlucker bin, und ihm die Herberge nicht ablösen kann – aber, meiner Six! ich hätte wohl Lust – Märtchen! du weist doch, daß in der Teufelsmühle ein grosser Schatz begraben liegt?

Märtchen. Gott bewahre dich, Hans! weist du aber auch, daß man sich dem – Gott sey bey uns! verschreiben muß, wenn man den Schatz heben will.

Hans. (erschrickt) Nein! da dank' ich dafür – ich heb den Schatz nicht.

Märtchen. Warten wir lieber, bis wir dem Vater das Jawort abbetteln können. Er hat ja ohnehin gesagt, in Jahr und Tagen könnt' es sich schicken – und wenn wir auch gleich arm sind, so arbeiten wir desto fleissiger, und wer arbeitet, den läßt der liebe Gott nicht verhungern.

Hans. Hast recht, liebe Dirne! wir wollen uns einstweilen ehrlich lieben, um mit der Zeit ein ehrliches Pärchen zu werden.

Duett.
Hans.
            Gieb mir die Hand
            Zum Unterpfand!
Du wirst mein Weibchen, ich werde dein Mann,
Dann lacht uns beyde Zufriedenheit an.
            Heut' über's Jahr
            Sind wir ein Paar!
 
Märtchen.
            Mit Seel und Leib
            Werd' ich dein Weib.
Giebt's auch im Ehstand ein mürrisch Gesicht,
Dauert nicht lange – wir achten es nicht,
            Friede im Haus
            Söhnet uns aus!
 
Beyde.
Und werden wir manchmal zum Zanken gebracht,
So wird durch die Liebe gleich Friede gemacht.
    Und bringt dieser Friede uns Kinder ins Haus,
    So söhnen die Fratzen die Eltern gleich aus.

(tanzen ab)

Neunter Auftritt.

(Gemach auf der Stauffenburg.) Ritter Hans. Günther.

Günther. Seyd ihr der Burgherr, Hans von Stauffen?

R. Hans. Ich bin's! was verlangt ihr, Ritter!

Günther. Ich heisse Günther von Schwarzenau – die Ursache, warum ich zu euch komme, ist eure Tochter Mathilde.

R. Hans. Meine Tochter? warum das?

Günther. Ich sah Mathilden in Wien, wo ich den Preiß aus ihren Händen erhielt. Sie zu sehen und zu lieben, war das Werk eines Augenblicks. Mein Herz trieb mich hieher, um von euch zu hören, ob ihr mich für würdig haltet, Mathilden als Gattin zu umarmen.

R. Hans. Günther! ihr seyd arm – eure Burgen sind verschuldet.

Günther. Macht Reichthum allein glücklich? oder sind es nicht vielmehr Liebe und Zufriedenheit, welche die Wonne und das Glück unseres Lebens gründen? Ich habe genug, um mein Weib ernähren zu können, und was bedarf ich mehr?

R. Hans. Ich bedaure euch! Meine Tochter kann nie die eurige werden.

Günther. Nie? Ritter! ihr habt nie geliebt, darum sind euch jene Empfindungen unbekannt, die unser Leben zum Himmel oder zur Hölle umschaffen können. Was wird es euch frommen, wenn eure Tochter an der Seite eines Mannes, den sie nicht liebt, Tage des Jammers verlebt.

R. Hans. Mathilde ist verlobt! Otto von Löbenstein erkaufte meine Einwilligung mit 3000 Goldgulden – Mathilde wird seine Gattin. (ab)

Günther. Unglücklicher Günther! Die erste Liebe streu't Dorne auf deine Pfade. Was soll ich nun beginnen? Im Getümmel der Schlacht Tödtung des seligsten Gefühles suchen? Oder wie? der geldgeitzige Vater verlangt Schätze für seine Tochter – wenn ich – (Pause) ha – ein mächtiges Gefühl weckt meine Sinne empor – jener unglückliche Geist ruft mich zur Rettung. – Wohlan! ich will Mathilden sprechen, und dann glücklich werden. (ab)

Zehnter Auftritt.

(Garten. Mathilde. Bertha, ihre Zofe.)

Bertha. Warum so düster und traurig, liebes Fräulein! Soll denn der Trübsinn, der eure Stirne umwölkt, nicht mehr schwinden?

Mathilde. Ach – Bertha! mir ist so sonderbar – so ängstlich und doch so wohl.

Bertha. Fräulein! ihr liebt – liebt den tapfern Günther von Schwarzenau –

Mathilde. Zauberin! wer enthüllte dir die geheimsten Falten meines Herzens?

Bertha. Euer heutnächtiger Traum! Fräulein! aus allem, was ich von euch hörte, folgt. daß ihr Günthern innig liebt.

Mathilde. Lieben? ich darf ja nicht – ich bin verlobt.

Bertha. Wer kann die Gränze unserer Empfindungen ziehen? Sollt ihr deswegen nicht lieben, weil euer Vater eure Hand verkaufte?

Mathilde. Gute Bertha! heute zum erstenmal fühle ich, wie unglücklich ich bin.

Eilfter Auftritt.

Vorige. Jeriel als Mädchen mit einer Laute.

Jeriel. Schön willkommen, edle Jungfrauen! könnt ihr mir nicht sagen, wo ich das schmucke Burgfräulein finden kann, die sich nächstens hier vermählen wird? Sie nennt sich Mathilde von Stauffen.

Bertha. Hier ist das edle Burgfräulein, das du suchest. Aber wer bist du, Kleine! und wer hat dich hieher gesandt?

Jeriel. Der edle Ritter von Schwarzenau!

Bertha. (lebhaft) Ritter Schwarzenau! wer bist du?

Jeriel. Ich bin die Tochter eines Minnesängers aus Wien – o mein Vater hat mich gar ein schön Liedlein gelehrt – wollt ihr es hören, edles Fräulein!

Mathilde. So sing, gutes Kind! vielleicht zauberst du mir das Bild meines Geliebten in meine Phantasie zurück.

(Jeriel spielt und singt)

Romanze.
Einsam weinte am murmelnden Quell
    Ein Mädchen so schön und so gut;
Schwellende Thränen flossen hinab,
Blumen auf Blumen pflückte sie ab,
    Und warf sie betrübt in die Fluth.

Schnell ergriff sie die Harfe, und sang
    Ein Liedchen der Liebe so rein.
Leise und leiser rauschte der Bach,
Lispelnder sangen Bäume es nach.
    Nur Liebe beglücket allein.

Sieh! da schritte ein Jüngling herbey,
    Von deutschem und freysamen Sinn.
Pochend von Liebe schlug ihre Brust,
Ihn nur zu lieben, war ihre Lust,
    Sie gab sich dem Jüngling dahin. (ab)

Zwölfter Auftritt.

Mathilde. Bertha. Günther von Schwarzenau.

Mathilde. Was war das? welch sonderbare Erscheinung! dieses holde Kind sang so ganz die Empfindung meiner Seele.

Bertha. Fräulein! ich höre Männertritte. – Gott! wen seh' ich?

Mathilde. (mit ausgestreckten Armen) Günther von Schwarzenau!

Günther. Verzeiht, Fräulein! daß ich vor euch erscheine. Seit ich in Wien so glücklich war, euch zu sehen, fühl' ich mich unwiderstehlich hieher gezogen. Ach, Mathilde! ihr seyd verlobt?

Mathilde. Ihr wißt –

Günther. Euer Vater sagte es mir so eben. Jetzt bin ich hier, um von euch Abschied zu nehmen – von euch, die ich erst einigemal sah – aber das Herz setzt sich über die Bedenklichkeiten dieser Art so gerne hinweg.

Mathilde. Und wohin wollt ihr, Günther!

Günther. Fort – vielleicht auf ewig – im Getümmel der Schlacht werde ich die verlohrne Ruhe wieder suchen.

Mathilde. Ihr seyd tapfer, Günther! ach ich fürchte –

Günther. Kann Mathilde für mich fürchten?

Mathilde. Seyd ihr nicht Mensch?

Günther. (ergreift ihre Hand) Mathilde!

Mathilde. Günther! was ist euch?

Günther. Diesen Händedruck, diesen Blick – darf ich ihn deuten? – Ihr schlagt eure schönen Augen zu Boden. Bin ich nicht würdig eures Anblicks?

Mathilde. Ritter! was beginnt ihr?

Günther. Nichts, als was meine reine Liebe mir geboth. Laßt immer euren Vater mir eure Hand versagen, weil ich arm bin – wenn ihr mich liebt, bin ich nicht durch dieses Bewußtseyn reicher als tausende?

Mathilde. Ach – Günther! wer könnte dich nicht lieben.

Günther. (umschlingt sie) Du – das liebe Du? o so bist du mein – durch diesen Kuß vereinigen sich unsere Seelen auf ewig! –

Dreyzehnter Auftritt.

Vorige. Otto von Löbenstein tritt ergrimmt ein, reißt die Umschlungenen von einander. – Hernach Hans. Berthold. Mehrere Knappen.

Löbenstein. Buhldirne!

Mathilde. Gott im Himmel! Otto von Löbenstein!

Löbenstein. Ha! kam ich dir zur ungelegenen Zeit? Schändliche, entehrte Dirne! (zu Günther) Seyd ihr Ritter? seyd ihr Mann? Schämt euch, daß ihr in fremde Burgen euch einschleicht, um Jungfrauen zu verführen. Aber ich will euch die Larve vom Gesichte reissen, und euch nach Verdienst strafen.

Günther. Ritter! ich rathe euch, zu schweigen, oder –

Löbenstein. Du drohst mir, Bube! so zieh – (er zieht seine Klinge)

Mathilde. Hülfe – Rettung – (will ab)

Löbenstein. Bleib, Entehrte! du sollst deinen Buhlen bluten sehen. (Er dringt auf Günther ein, dieser schlägt ihm das Schwert aus der Hand)

Günther. Danket es meiner Großmuth, daß ich mich nicht des Rechts des Siegers bediene.

Löbenstein. (in Wuth) Knappen! Knechte! (Sie erscheinen) Ergreifet diesen Elenden, und schleppt ihn zum Tode! (Sie wollen Günther entwaffnen.)

Günther. Wagt's nur, Buben! den ersten, der sich mir nähert, schicke ich zur Hölle.

Löbenstein. Feige Memmen! ergreift ihn!

Hans. (mit gezogener Klinge) Was geht hier vor? (Kurzes Gefecht – Die Knechte fallen über ihn her, Günther wird überwältiget – Donnerschlag. Alle bleiben in einer bezauberten Gruppe. Mitten auf der Bühne erscheint der Geist, als schwarzer Ritter mit geschlossenem Visier)

Geist. (Pause in der Musik beym Donnerschlag) Otto! hast du noch nicht genug gemordet? Blicke dorthin – Agnesens Tod rufet um Rache! – (Donnerschlag)

(Die Kortine rauscht hinauf. – Sanfte Harmonie – man sieht in einen schwarzen hellbeleuchteten Saal – Mitten liegt auf einem Paradebett Agnes von Boodsheim todt – über sie schwebt ein Toden-Genins mit ausgelöschter, noch rauchender Fackel.)

Löbenstein. Ich bin verloren! (stürzt zur Erde! – Der Geist verschwindet mit Günther)

Der Vorhang fällt.


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