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III. Die Verirrungen im Freimaurerbunde

Das Geheimnis ist zugleich die starke und die schwache Seite der Freimaurerei, – die starke, weil es den Bund zusammen hält, dasjenige Element ist, dem er seine lange Fortdauer verdankt, und das Eindringen Unberufener möglichst verhindert, – die schwache aber, weil es eine bequeme Handhabe zu Angriffen aller Art bietet, die um so frecher vorgehen zu dürfen glauben, je weniger sie von dem sog. Geheimnis wissen und verstehen, und weil es zugleich viele gesunde und achtbare Kräfte, die aber der Geheimnissucht abhold sind, vom Beitritte abhält. Daß der Inhalt dieses Geheimnisses, soweit es in seinem ursprünglichen Bestande blieb, ein höchst harmloser ist, indem er nichts weiter umfaßt, als die von den alten Steinmetzenbrüderschaften ererbten und später ausgeschmückten Aufnahmegebräuche, ändert an dieser Sachlage nichts, und daß dies der Fall ist, das hat die übertriebene Geheimnissucht gewisser Abteilungen der Freimaurer selbst verschuldet, welche, nicht zufrieden mit dem alten einfachen Geheimnis, das eigentlich diesen Namen gar nicht verdient, das schlichte Häuschen desselben durch allerlei schnörkelhafte Auf- und An-, Neben- und Hinterbauten verunstalteten und hierdurch einem Heere von Mißbräuchen, Entartungen und Verirrungen Thür und Thor öffneten.

Die erste Quelle der Übertreibung des Geheimnisses im Freimaurerbunde finden wir in einer Zeitrichtung, welche der Gründung des letztern weit vorangeht. Als die Menschheit, wie bereits (S. 14) angedeutet, der Religionskämpfe des Reformationszeitalters müde war, hatten nicht alle ihre Kreise die geistige Kraft, sich zu einem humanen Standpunkte zu erheben. Die meisten Glieder der gebildet sein wollenden Stände zeigten sich vielmehr abgestumpft für ernste und wichtige Bestrebungen, und so kam es, daß man im Übergange vom 16. zum 17. Jahrhundert auf allerlei unnütze, irrige und nichtige Träumereien und Phantastereien verfiel, unter welchen die Afterwissenschaften der Astrologie und der Alchemie die größte Rolle spielten. Von diesen beiden Wahngebilden hatte naturgemäß das erste, weil sich sein Schauplatz am sternhellen Himmel befand und, ohne materielle Interessen zu suchen, nur Ruhm und Ehre als Ziele kannte, mehr einen öffentlichen Charakter, das letztere aber, das nur in düstern Gewölben mittels besonderer Vorrichtungen verfolgt werden konnte und die Habsucht vor allem reizte, einen vorzugsweise geheimen.

Es war daher natürlich, daß zunächst die Alchemie oder die vorgebliche Kunst, Gold und Silber hervorbringen zu können, zu Gedanken an geheime Gesellschaften Anlaß bot, namentlich wenn sie sich, wie damals oft der Fall war, mit mystischen, theosophischen (über Gott grübelnden) und kabbalistischen (die Bedeutung heiliger Wörter untersuchenden) Bestrebungen verband.

Für und gegen jenes mystische und abergläubische Treiben erschienen nun, namentlich seit dem Anfange des 17. Jahrhunderts, eine Menge Schriften. An diesem Federkampfe beteiligte sich ganz besonders der lutherische Theolog Johann Valentin Andreä aus Tübingen (geb. 1586, gest. 1654), welcher auf den merkwürdigen Gedanken geriet, jene Mystiker dadurch zu geißeln, daß er im Jahre 1614 in einer satirischen Schrift zum Scherze vorgab, es bestehe eine geheime Gesellschaft zum Zwecke derartigen Treibens, welcher er nach seinem Familienpetschaft, ein Andreaskreuz mit vier Rosen an den Enden darstellend, den Namen der Rosenkreuzer gab. Diese Schrift, betitelt Fama fraternitatis Rosae Crucis (Ruhm der Brüderschaft des Rosenkreuzes), leitete die angebliche Gesellschaft von einem Mönche, Namens Christian Rosenkreuz, ab, welcher im 14. und 15. Jahrhundert gelebt, sich nach dem heiligen Lande begeben, im Oriente sich in geheimen Wissenschaften unterrichtet, zur Pflege derselben aus Mitbrüdern seines Klosters den nach ihm benannten Bund gestiftet habe und 106 Jahre alt gestorben sei; 120 Jahre später habe man in seinem Grabe, das nach der Ordensregel geheim gehalten worden, aber in einem Gewölbe prachtvoll eingerichtet gewesen sei, auf seinem unversehrten Leichname ein pergamentenes Buch gefunden, welches die Verfassung und Geheimnisse des Ordens enthalten habe. Eine spätere Schrift »Chymische Hochzeit Christiani Rosenkreuz,« erschienen 1616, spann diese Fabel noch weiter aus. Nun war jene Zeit so verrannt in dem alchemistischen Wahn, daß man das Erzählte für bare Münze hielt und daß nun eine wahre Flut von Schriften erschien, in welchen die Einen für, die Anderen gegen die angebliche Gesellschaft der Rosenkreuzer auftraten. Zu den Letzteren gehörten die Theologen, welche in derselben ketzerische Grundsätze, und die Mediciner, welche darin Gefahr für ihren Zunftzwang witterten, während die Alchemisten mit Eifer die Rosenkreuzer aufsuchten und ihre Berechtigung verteidigten. Auch fehlte es nicht an Versuchen, das Symbol des Rosenkreuzes mystisch zu deuten, indem man darin bald die Heiligkeit, verbunden mit der Verschwiegenheit, bald das von Christo am Kreuz vergossene rosenfarbene Blut finden wollte. Erstaunt über den von ihm wider Willen hervorgerufenen Kampf des Unsinns gegen die Beschränktheit, wollte nun Andreä das gestiftete Unheil wieder gut machen, indem er mittels seiner Schriften: Mythologia Christiana und Turris Babel (der babylonische Turm) in die Welt hinausschrieb: es sei alles ein Scherz, die Brüderschaft sei ersonnen und existiere nicht. Umsonst jedoch übergoß er die rosenkreuzerischen Schriftsteller mit der ganzen Lauge seines Spottes. Umsonst stiftete er, um die Gemüter auf andere Bahnen zu lenken, eine »christliche Brüderschaft,« zu dem Zwecke, die Religion von Mißbräuchen zu reinigen und wahre Frömmigkeit zu pflanzen. – Der Unsinn dauerte fort, wurde von Abenteurern und Parteien aller Art gehörig ausgebeutet, und es kam so weit, daß sich in den Rheingegenden und den Niederlanden wirklich eine geheime alchemistische Gesellschaft unter dem Namen der Rosenkreuzer bildete, die sich daneben auch Fraternitas Roris cocti, Brüderschaft des gekochten Thaues, d. h. des Steins der Weisen nannte. Viele Menschen wurden von diesen Schwindlern um das Ihrige gebracht; es bildeten sich Verzweigungen der Gesellschaft in Deutschland und Italien. Auch in England verbreitete der Arzt Robert Fludd, ein eifriger Mystiker und Alchemist, durch zahlreiche Schriften den seltsamen Orden. Es sind über denselben allerlei Sagen entstanden, aber es ist nichts zuverlässiges über ihn bekannt; auch wann und wie er untergegangen, ist unenthüllt geblieben.

Auf welche Weise rosenkreuzerische oder ähnliche Thorheiten nach der Gründung des Freimaurerbundes in denselben eingedrungen sind, ist nicht mit Sicherheit bekannt. Man hat die Schuld davon vielfach den Jesuiten beigemessen, welche den Bund zu ihren Zwecken der Weltbeherrschung hätten mißbrauchen wollen. Diese Meinung ist zwar ohne Beweise geblieben; daß aber sämtliche Geheimbünde, welche in und neben der Freimaurerei im achtzehnten Jahrhundert auftauchten, einen römisch-katholischen Anstrich hatten, ist nicht zu verkennen. Dies gilt namentlich von den sogenannten neuen Gold- und Rosenkreuzern, die seit der Mitte des Jahrhunderts in sehr losem Zusammenhange mit der Freimaurerei erscheinen. Diese Leute, welche sich meist mit Astrologie, Alchemie, Geisterseherei, Teufelsbannerei und ähnlichem Unsinn beschäftigten, und deren Zusammenhang mit den alten Rosenkreuzern dunkel ist, bildeten eine besondere, vom Freimaurerbunde durchaus getrennte Organisation mit eigenen Oberen, eigenen Graden, die von denen der Freimaurer verschieden waren, und »Kreisen« statt der Logen. Aus den letzteren lockten sie viele Mitglieder an sich und gaben ihnen vor, ihr Bund sei nur eine Vorbereitung auf den Rosenkreuzerorden. Die Mitglieder führten phantastische Namen, kannten nur diejenigen ihres »Kreises« und mußten unbekannten Oberen Gehorsam schwören. Unter den Personen, welche sich bemühten, diesen Orden zu verbreiten, sind zu nennen: der berüchtigte Abenteurer und Geisterseher Johann Georg Schrepfer aus Nürnberg, welcher, als seine Gaukeleien ihn nicht mehr vor dem Ruine retten konnte, sich 1774 im Rosenthale bei Leipzig erschoß, – die beiden preußischen Minister Christoph Wöllner und Rudolf Bischofswerder, welche den König Friedrich Wilhelm II. zur Teilnahme am rosenkreuzerischen Treiben und zu dem berüchtigten, die Glaubensfreiheit knebelnden Religionsedikt von 1788 verlockten und der Jesuit Frank, welcher dem Kreise in München vorsaß und die Illuminaten bekämpfte. Abarten der Rosenkreuzer waren die asiatischen Brüder, besonders in Österreich vertreten, die afrikanischen Bauherren in Preußen, die Kreuzbrüder u. a., die alle mit der Freimaurerei nichts zu schaffen hatten.

In ähnlicher Weise wie die Rosenkreuzer zielten auch die beiden Betrüger Saint-Germain und Cagliostro dahin, mit Hilfe leichtgläubiger Freimaurer den Bund derselben an sich zu ziehen. Es gelang ihnen dies jedoch nur in sehr geringem Maße, so daß sich Cagliostro, der 1770 in London Freimaurer geworden, veranlaßt sah, eine besondere, wie er sie nannte, »ägyptische Freimaurerei« zu gründen, in welche sowohl Männer als Frauen aufgenommen wurden, und die in Goethe's »Groß-Kophta« geschildert ist. Mit seiner Einkerkerung durch die Inquisition in Rom, wo er 1795 starb, endete dieser Schwindel. Aber ein Abklatsch davon trat in unserm Jahrhundert von neuem auf. Wahrscheinlich unter Einwirkung von Napoleons Kriegszug nach Ägypten, entstanden unter seiner Regierung in Italien und Frankreich die beiden Systeme Misraim und Memphis, von denen jedes neunzig Grade zählte, deren Inhalt weder ernst, noch gefährlich, sondern kindischer Unsinn war. Ihre Mitglieder nannten sich zwar Freimaurer; aber ihre wenigen Logen sind von den wirklichen Freimaurern nicht anerkannt worden, und um das Jahr 1870 ist Misraim erloschen, während die beiden noch allein übrigen Logen von Memphis ihren »ägyptischen« Ritus aufgaben und dann in den Schoß des französischen Großorientes aufgenommen wurden.

In weit engerm Zusammenhange mit der Freimaurerei als diese Spielereien, steht die unheilvolle Neuerung der sogenannten Hochgrade, welche unter den verschiedensten Formen die echte Freimaurerei entstellt und bei der Außenwelt in Mißkredit gebracht haben. Zu dem Aufkommen dieser Erscheinung haben mehrere Umstände beigetragen, sowohl innere als äußere. Zu den inneren zählen wir die vermehrte Geheimnissucht und Eitelkeit vieler Freimaurer und zu den äußeren die Versuche gewisser römisch-katholischer und stuartistischer Kreise, die Freimaurerei in ihr Interesse zu ziehen.

In England entstand um die Jahre 1741–43 der sogenannte Royal-Arch-Grad (Grad des königlichen Gewölbes), zuerst als obere Abteilung des Meistergrades, dann aber als selbständiger vierter Grad. Die Ceremonien desselben sind durchaus denen der katholischen Kirche nachgeahmt, und der Bund wird darin zum ersten Male ein Orden genannt; die Versammlungen heißen »Kapitel,« die Schreiber tragen Chorhemden und die Gesetze haben über dem Bilde einer Arche die Überschrift » nulla salus extra« (kein Heil außerhalb). Das Übrige ist kindische Spielerei. Der Grad besteht noch heute fort.

Um dieselbe Zeit wie in England der Royal-Arch-Grad entstanden in Frankreich die sogenannten schottischen Grade. Der Name rührte daher, daß von der Partei der aus England vertriebenen Familie Stuart, welche auf deren Wiedereinsetzung hinarbeitete, die Fabel verbreitet wurde, es wären die Freimaurer während der Kreuzzüge in Palästina entstanden und hätten sich dort mit den Johanniter-Rittern verbunden; nach den Kreuzzügen seien dann zuerst in Schottland und später in England und anderen Ländern Logen entstanden. Später setzte man an die Stelle des noch bestehenden Ordens der Johanniter den aufgehobenen der Templer, und behauptete, nach dessen Unterdrückung sei von flüchtigen Templern aus der schottischen Insel Mull 1314 der »Freimaurerorden« gestiftet worden. Obschon weder die Großloge von Schottland, noch irgend eine maurerische Urkunde dieses Landes von dieser Fabel irgend etwas weiß, fand dieselbe bei den Vornehmen im Freimaurerbunde Anklang und blendete die vielen historisch unwissenden Brüder, die in den nicht sehr skrupulösen französischen Logen Aufnahme gefunden hatten. Weil aber durch jene Behauptung dem Vaterlande der Stuarts, Schottland, der erste Rang in der Geschichte der Maurerei eingeräumt wurde, kam dann die Sonderbarkeit auf, die höheren Grade schottische, oder, nach dem Schutzheiligen dieses Landes, auch St. Andreas-Grade, und die Logen, in welchen dieser Unsinn getrieben wurde, schottische oder St. Andreas-Logen zu nennen. Zum Inhalte ihrer Aufnahmen wählte man die in den Traditionen der englischen und französischen Handwerker eine große Rolle spielende Mythe vom Tode des Baumeisters Hiram und lehrte die Aufgenommenen, diesen Tod zu rächen, worunter von Seite der Urheber dieses Treibens nichts anderes verstanden wurde, als die Rache für die Vertreibung der Stuarts und für die Leiden, welche der katholischen Kirche durch die Reformation und die Aufklärung bereitet worden waren. Diese Auffassung wurde später aufgegeben, ihre Form aber zu einem System von 33 Graden verarbeitet in Amerika kultiviert, wohin sie durch den französischen und namentlich Abenteurer Stephan Morin 1761 gebracht wurden und von wo sie im Jahre 1803, nachdem sie während der Revolution in Frankreich in Verfall geraten waren, – als Neuigkeit zurückkehrten! Die Titel dieser Grade sind hochtrabend und nichtssagend zugleich: es gibt: Großschotten, Ritter vom Osten, Großprinzen von Jerusalem, Großpriester, Ritter der ehernen Schlange, Fürsten der Gnade, Groß-Inquisitoren (!!), Fürsten des königlichen Geheimnisses u.s.w. Auch der Royal-Arch-Grad wurde in das System eingefügt und ein Grad nach dem Rosenkreuzer-Orden benannt, und in einigen Abarten dieser Kinderspielereien kamen gar die Namen vor: Affen- und Löwenritter, und wieder: »Kaiser vom Osten und Westen.« Das Erhabene grenzt eben oft an das Lächerliche. Die Versammlungen aller dieser Grade erhielten bezeichnender Weise die Benennung von Kapiteln und Konsistorien.

Die erste ernstliche Einführung des falschen Templertums in die Maurerei fand in Frankreich statt, und zwar angeblich mit Hilfe der Jesuiten. In ihrem Kollegium zu Paris, Clermont mit Namen, fanden die Unternehmungen der Stuarts zur Wiedererlangung des englischen Thrones lebhafte Unterstützung, und zugleich gründete der Ritter von Bonneville am 24. November 1754 ein Kapitel der Hochgrade, das sich »Kapitel von Clermont« nannte, und dessen Mitglieder größtenteils Anhänger der Stuarts waren. Hier wurde jene Sage von der in Schottland vollführten wunderbaren Verwandlung der Templer in Freimaurer erfunden, gelehrt und bei den Aufnahmen in die höheren Grade aufgeführt, wo die Mitglieder die Rüstung und Kleidung der Templer trugen und der Tod des Großmeisters Molay an die Stelle des Todes Hirams trat, unter welch' letzterm, wie man behauptete, auch eigentlich blos Molay gemeint sei. Durch dieses Kapitel erstreckte sich der Einfluß der Jesuiten bald auf die gesamte französische Maurerei. Sicherlich weder aus Zufall, noch aus Patriotismus, erklärte sich gleich im folgenden Jahre die bisher von England noch abhängige französische Großloge unabhängig und nahm Statuten an, nach welchen die »schottischen Meister« (die man in England und selbst in Schottland nicht kannte), die Oberaufsicht über die Arbeiten führen sollten, allein die vorgekommenen Fehler tadeln konnten, die Freiheit hatten, das Wort zu ergreifen, stets bewaffnet und bedeckt zu sein, und wenn sie selbst Fehler begingen, blos von »Schotten« zur Rede gestellt werden durften. Ferner mußten die Aufzunehmenden getauft sein. Der Bund hieß nur noch Orden, die Oberen Groß-Inspektoren, die größeren Versammlungen sogar Koncilien! Nach Aussage eines Maurers war einer der höheren Grade, der des Rosenkreuzers, geradezu nichts anderes, als die in Szene gesetzte katholische Religion!

Mittlerweile hatte der blühende Unsinn auch in Deutschland Eingang gefunden. Seit 1742 bestand eine »schottische Loge« in Berlin, und es wirkte für den neuen Wahn namentlich ein Mann, welchen man den deutschen Don Quijote nennen könnte. Sein ganzes Dichten und Trachten der Idee einer Wiederherstellung der mittelalterlichen Ritterorden widmend, wurde er, obschon ohne schöpferischen Geist und nur ein betrogenes und mißleitetes Werkzeug anderer, zu einer der einflußreichsten Persönlichkeiten seiner Zeit im Gebiete der geheimen Gesellschaften. Es war Karl Gotthelf von Hund und Altengrottkau, reicher Gutsbesitzer in der Lausitz (geboren 1722). Auf seinen Reisen, die er nach dem Tode seiner Jugendgeliebten unternahm, der ihn so sehr ergriffen haben soll, daß er deshalb sich nie vermählte, – trat er zu Frankfurt am Main in den Maurerbund, zu Paris aber zugleich in den neuen Templerorden und in die katholische Kirche, worauf er dem Prätendenten Karl Eduard Stuart vorgestellt wurde, welcher, wie man ihm zu verstehen gab, einer der höchsten Ordensoberen war, und dessen Uniform Hund von da an in Paris trug. Später kam er in Mastricht mit dem »Ritter von der goldenen Sonne« zusammen, dessen wahren Namen er nicht erfuhr, von dem er aber in geheimnisvoller Weise zum »Heermeister« des neuen Ordens für Deutschland ernannt worden sein soll. Nach seiner Rückkehr gründete er auf einem seiner Güter eine Loge, in welcher er mit anderen großen Kindern Templer spielte. Die dortigen Ordenskapitel führten lateinische Protokolle und Korrespondenzen und berieten den Plan, Waisenhäuser zu stiften und dieselben allmählich in Kriegsschulen zur Rekrutierung des Ordens zu verwandeln.

Dies harmlose Treiben stand nun allerdings entweder gar nicht mit den Jesuiten in Verbindung oder war wenigstens ein ganz unschädlicher Ableger des Treibens derselben, die einem ehrlichen Schwärmer von Hunds Schlage zu keinen ernsten Schritten verwenden konnten.

»Um diese Zeit,« sagt ein zeitgenössischer Schriftsteller, »brach der siebenjährige Krieg aus. Die französischen Kriegsvölker kamen nach Deutschland und mit ihnen viele Jesuiten. Bei der französischen Armee, besonders bei dem Kommissariat, waren denn auch Freimaurer von höheren Graden in großer Zahl, und es war keine geringe Spekulation von einigen solcher Herren, die mysteriöse Ware in Deutschland zu Gelde zu machen. Ich habe einen französischen Commis gekannt, der einen ganzen Wagen voll Freimaurerdekorationen zu ungefähr 45 verschiedenen Graden mit sich führte, die er für Geld von Straßburg bis nach Hamburg austeilte. Von dieser Zeit an begnügte sich fast keine einzige deutsche Loge mehr mit den drei symbolischen Graden; aber fast jede hatte eine andere Reihe von höheren Stufen, je nachdem sie einem andern Windbeutel in die Hände gefallen war, und so veränderte sie auch ihr System, wenn ein neuer Apostel ankam, der sie reformierte.«

Ein solcher Apostel des Schwindels war der Marquis von Lernais oder Lerney, welcher als Kriegsgefangener nach Berlin gekommen war und dort die jesuitische Lehrweise des Kapitels von Clermont beförderte. Ein anderer war der zu Berlin als »Ritter von Jerusalem« eingeweihte Theolog Philipp Samuel Rosa, früher Superintendent, aber wegen ärgerlichen Lebens entsetzt; er ließ sich in Halle nieder und bereiste von dort aus Deutschland, um mit Hochgraden Handel zu treiben, während er daneben auch Gold zu machen vorgab. Ein Dritter tauchte auf in dem Betrüger Leuchte, auch Becker genannt, der sich nach dem Frieden von 1763 als »Baron von Johnson a Fünen« herumtrieb, in Jena ein Hochkapitel der Tempelherren gründete und selbst Rosa blendete, der dann, als sein Nimbus fiel, aus Halle vertrieben wurde. Als Hund von dem Spektakel hörte, das Johnson mit seinem Ritterwesen trieb, hielt er ihn für den von ihm längst gesuchten »unbekannten Obern,« huldigte ihm in vollem Ornate vor dem Ordenskapitel des Konventes von Altenberge (in Sachsen-Gotha) 1764 knieend, entdeckte aber endlich seine Betrügerei und entlarvte ihn, worauf der Schwindler floh, aber ergriffen, auf die Wartburg gebracht und bis an seinen Tod (1775) in Luthers Zimmer verwahrt wurde. Nun war Hund unbestrittenes Oberhaupt der neuen Templer in Deutschland und gründete die sogenannte »strikte Observanz« (im Gegensatze zur laten d. h. zur echten Freimaurerei), ein System von sieben Graden, nämlich den drei alten, dem vierten des »schottischen Meisters,« dem fünften des »Novizen,« dem sechsten des »Tempelherrn,« und dem siebenten des Eques professus(!). Alle Ritter trugen lateinische Ordensnamen. Hund hieß Eques ab ense, andere z. B. a sole, a leone, a cygno, a balaena, a scarabaeo, a cancro aureo, a talpa u. s. w. Sechsundzwanzig deutsche Fürsten gehörten dem Orden an, der bald über beinahe alle deutschen Logen herrschte, sein eingebildetes Weltreich in Provinzen, Priorate, Präfekturen und Komthureien teilte, Apostel der strikten Observanz nach Frankreich und anderen Ländern sandte, und sogar bewirkte, daß sich ihm der Groß-Orient des letztgenannten Landes anschloß. Ja, der Schwindel blendete sogar unsern großen Lessing, der (1771 aufgenommen), in seinem »Ernst und Falk« (1778), neben herrlichen Äußerungen über Maurerei, die Herkunft derselben von den Templern verteidigte! »Hierdurch nun veränderte sich,« sagt unser Zeitgenosse, »der Geist der Freimaurerei ganz und gar. Statt daß bis jetzt Freiheit, Gleichheit und Bruderband die Stützen des Ordens gewesen waren, so handelte man nun nach politischen Rücksichten, führte eine unerhörte, auf keine Art von Recht noch Zutrauen gegründete Subordination ein, – – und die Aufnahme in den sogenannten hohen Orden wurde mit teuerm Gelde bezahlt und hierunter die schlaue Absicht verborgen, die Kassen ansehnlich zu machen – –und zuletzt einen Reichtum zusammenzuscharren, den vielleicht in der Folge die, welche den ganzen Plan erfunden hatten, ad maiorem Dei gloriam genützt haben würden.« Die deutschen Logen, welche sich dem unmaurerischen Flitterkram und Kinderspiel nicht fügten, wurden verachtet, ja verketzert, und die Loge zur Einigkeit in Frankfurt am Main konnte ihre Unabhängigkeit nur dadurch retten, daß sie sich von London aus als englische Provinzialloge erklären ließ.

Die Herrlichkeit des neuen Templertums war nicht von langer Dauer. Hunds Vermögen ging durch den Krieg und durch die Opfer, die er dem Orden brachte, auf die Neige; denn er wurde in seiner Schwärmerei und Gutmütigkeit arg mißbraucht, und es hieß, »manche große und kleine Lichter hätten aus den Kassen ansehnliche Summen in saccum gesteckt und wären auf einmal reich geworden.« Die Deputirten der Logen zu den öfteren Konventen ließen es sich wohl sein und traten mit Pracht auf. Namentlich aber erschien von Zeit zu Zeit ein Abgesandter der angeblichen unbekannten Oberen unter dem Namen und der Gestalt eines »Ritters vom roten Federbusche« bei Hund, bot ihm Aktien zu fünf- und zehntausend Thalern an, zum Zwecke von Handelsoperationen in Labrador, wo der Orden große Etablissements besitze, und Hund mußte aus seiner Provinz jährlich fünfhundert Thaler hergeben, – ohne (natürlich!) je etwas aus Amerika zurückzuerhalten. So kam es, daß er endlich seine Güter dem Orden zu verschreiben wünschte und demselben sogar anbot, ihm auf seinen Tod andere zu verschreiben, falls er auf die einen Geld erhielte, wodurch die neuen Templer für 42000 Thaler einen Wert von einer halben Million Thaler erhalten hätten. Aber der Orden hatte selbst kein Geld und wußte auch keines zu schaffen.

So hatten die hinter der Szene steckenden unbekannten Ausbeuter (hinter denen man aber vielfach die Jesuiten witterte) endlich Hund's Spielerei, die ihnen nichts mehr einbrachte, satt und erkoren sich nun zum Werkzeuge den protestantischen Theologen Johann August von Starck (geb. 1741 in Schwerin), der 1766 in Paris katholisch wurde, aber nichtsdestoweniger nachher Professor der Theologie in Königsberg, dann Oberhofprediger und Generalsuperintendent daselbst und später in Darmstadt war. Er stellte der weltlichen Templerei Hunds eine geistliche, das sogenannte Klerikat der alten Templer, entgegen und behauptete, nur dieses besitze die wirklichen Geheimnisse der Templer, auch sei das bisher unbekannte Oberhaupt des Ordens ihm bekannt und Niemand anders, als der »Ritter von der goldenen Sonne,« d. h. der Prätendent Karl Eduard Stuart; er täuschte damit in der That den Don Quijote des achtzehnten Jahrhunderts, und bewirkte, daß die Ritter Herrn von Hund fallen ließen. Dieselben waren jedoch keineswegs geneigt, sich den Klerikern zu unterwerfen, deren katholischer Pomp Mißbehagen erregte, und wählten 1772 auf dem Konvente zu Kohlo in der Lausitz keines der Häupter beider Systeme, sondern den Herzog Ferdinand von Braunschweig zum Großmeister des Ordens. Ja, auf dem Konvente zu Braunschweig (1775) wurde endlich Hund, welcher bloßer Heermeister geblieben, ernsthaft nach seinen Ausweisen gefragt, und, als er solche nicht zu bieten wußte, von der Leitung des Ordens entfernt, – welches Schicksal ihm ein Jahr darauf (zu Meiningen) das Herz brach. Er wurde im Ritterornate vor dem Altar der Kirche zu Melrichstadt beigesetzt.

Nach seinem Tode erschien ein neuer Apostel der falschen Templerei, ein rätselhafter Mensch, von dem weder die Zeit noch der Ort seiner Geburt und seines Todes bekannt sind, der sich aber gegenüber Vertrauten als Sendling der Jesuiten bekannte. Er nannte sich Gugomos, Freiherr und Professor der Künste, war badischer Kammerjunker und Regierungsrat, auch Mitglied der strikten Observanz unter dem Namen »Ritter vom triumphierenden Schwan,« und trat zum ersten Mal in die Öffentlichkeit durch seine 1776 ausgehende Einladung zu einem Konvente nach Wiesbaden, aus welchem er, wie er behauptete, Unterricht in der wahren Templerei erteilen wolle. Es lag in dem widerspruchsvollen Geiste jener aufgeklärten und doch daneben so leichtgläubigen Zeit, daß dieser sonderbaren Einladung viele Ritter, unter ihnen sogar einige Fürsten, folgten und die Lügen und Schwindeleien des neuen Propheten mit Bewunderung anhörten. Gugomos rühmte sich genossener Einweihungen, deren Schilderung auffallend an die Exerzitien der Jesuiten erinnerte, wies Insignien und Vollmachten eines »heiligen Stuhles« auf Cypern vor, welche Kruzifixe und ähnliche katholische Verzierungen trugen, und behauptete, der Orden, dem er angehöre, und von welchem der Templerorden blos ein Zweig gewesen, sei schon vor Mose entstanden und habe unter seinen Großmeistern ägyptische, jüdische und andere Könige, griechische Philosophen, selbst Christus, sowie Apostel und Päpste gezählt, – die Templer hätten sich in Cypern (also nicht in Schottland!) fortgepflanzt und die dortigen Erzbischöfe seien die rechtmäßigen Nachfolger der Großmeister. Die freimaurerischen Grade, faselte er, seien eine spätere Neuerung des ursprünglich ritterlichen und klerikalen Systems, dessen Organisation, nach seinen Angaben, vollkommen derjenigen des Jesuitenordens glich. Zur Belehrung in den geheimen Wissenschaften, fuhr er fort, müsse ein heiliger Tempel erbaut werden, bei dessen Einweihung das »natürliche Feuer« vom Himmel fallen werde. Mehrere durchschauten den Charlatan; andere gingen in's Garn und ließen sich von ihm einweihen. Bei dieser Operation mußten sie fasten, ihre Meinungen über verschiedene ihnen vorgelegte Fragen aufsetzen, welche letzteren nach unserm Zeitgenossen »so abscheulich, so teufelisch und doch dabei so zweideutig listig abgefaßt waren, daß sie sich zugleich moralisch, religiös und chymisch (?) ausdeuten ließen, eine unvorsichtige Beantwortung aber als Dokument gegen den Beantworter hätte gebraucht und diesen von dem Herrn Aufnehmer hätte abhängig machen können.« Dann mußten die Kandidaten an die unbekannten Oberen lateinische Bittschriften richten, sich dem »heiligen Stuhle« (angeblich in Cypern, wirklich in Rom!) unterwerfen, und das Versprechen ablegen, »unter Umständen gegen ihr Vaterland die Waffen zu tragen.« Als indessen Gugomos sah, wie wenig Zutrauen man ihm schenkte, verschwand er plötzlich – und mit ihm auch die den Jesuiten zugeschriebene Einwirkung auf die deutsche Maurerei. Die an der Spitze der letztern stehenden Ritter waren aber des Spiels mit unbekannten Obern endlich müde, und als man einen Abgeordneten, den Advokaten Karl Eberhard Wächter, nach Italien gesandt hatte, wo er bei dem Prätendenten Karl Eduard in Florenz Audienz erhielt, dieser aber leugnete, je Freimaurer gewesen zu sein, nahm die Templerei rasch an Ansehen ab und wurde zuletzt 1782 auf dem Konvent im Wilhelmsbade bei Hanau, in Folge der Aufklärungen, welche der Schriftsteller Christoph Bode über das Treiben der ungeachtet ihrer Aufhebung fortwirkenden Jesuiten und ihrer Werkzeuge gab, förmlich aufgelöst. Über ihrem Grabe blühte die echte Maurerei schon im folgenden Jahre im »Eklektischen Bunde« neu auf, während Bode's kühnerer Entwurf eines allgemeinen deutschen Freimaurerbundes (1790) scheiterte. Ein Teil der Maurer aber, welcher sich mit der Einfachheit eines Bundes der Menschenliebe nicht begnügen konnte oder wollte, weil er mystischen und fantastischen Gaukeleien und Schwindeleien besser zugänglich war, wandte sich einem neuen am Horizonte des Geheimbündlertums aufsteigenden Gestirne zu.

Die schwedischen Maurer hatten in der Mitte des 18. Jahrhunderts das auch bei ihnen eingedrungene echte englische Maurertum zu einfach und schlicht gefunden, und verlangten nach mehr Glanz und Pomp, Geheimnissen und Abstufungen. Diesem vermeintlichen Bedürfnisse suchte der phantastische König Gustav III. abzuhelfen durch die Bearbeitung eines neuen, des schwedischen Systems, welches aus der wirklichen Maurerei, der strikten Observanz und dem, was man unter »Rosenkreuzerei« verstand, vorzüglich aber aus dem Systeme von Clermont, zusammengebraut wurde, und bei dessen Schöpfung die damals erscheinenden Schriften und Lehren des bekannten schwedischen Mystikers und Geistersehers Immanuel Swedenborg nicht unwirksam gewesen sein mögen. Gustav verband mit dieser Schöpfung zugleich den Plan, mittels der Freimaurer, die er durch Pomp gewann, sich die ihm lästige Adelspartei vom Halse zu schaffen. Bald nach dem Inslebentreten des schwedischen Systems geschah es nun, daß ein deutscher Freimaurer, Johann Wilhelm Ellenberger, welcher durch Adoption von seinem mütterlichen Oheim den Namen Zinnendorf erhielt und seines Berufes Militärarzt war, mit der strikten Observanz, der er als »Ritter vom schwarzen Stein« und als Präfekt der Mark Brandenburg angehörte, zerfiel und daher zur Befriedigung seines Ehrgeizes ein neues angeblich maurerisches Licht aufstecken wollte. Er sandte 1765 einen seiner Freunde nach Schweden, von dessen neuen Mysterien er gehört hatte, – um diese letzteren kennen zu lernen. Durch List erhielt der Reisende die Akten des schwedischen Systems, brachte sie Zinnendorf, und dieser erklärte sofort die strikte Observanz als Betrug und gründete nach dem schwedischen System mehrere neue Logen in Norddeutschland, welche sich 1770 zu der sogen. Großen Landesloge von Deutschland vereinigten. Obschon die schwedische Großloge gegen die Berechtigung Zinnendorfs zur Gründung von Logen nach ihrem System förmlich protestierte, breitete sich die neue Schöpfung aus und Zinnendorf leitete dieselbe bis an seinen Tod, welcher 1782 durch einen Schlagfluß eintrat, während er gerade, den Hammer in der Hand, eine Loge eröffnen wollte. Die von ihm geschaffene »große Landesloge von Deutschland,« welcher jedoch dieser Titel nicht mit Recht zukommt, da sie nur einen kleinen Teil der deutschen Logen unter sich hat, besteht noch heutzutage.

Das schwedische System hat zehn Grade und beruht auf der Annahme, daß gewisse Geheimnisse von Christus an sich durch die Apostel, die Tempelkleriker und die Baugenossenschaften hindurch fortgepflanzt haben, und auf der Fabel, daß ein Neffe des Großmeisters Beaulieu, eines Vorgängers Molay's, den Letztern während dessen Gefangenschaft besucht habe und auf dessen Anleitung in die Gruft seines Oheims hinabgestiegen sei, wo er in einem verborgenen Kasten die Insignien und Urkunden des Ordens gefunden habe, die dann von Paris nach Schottland und von da nach Schweden geflüchtet worden seien. Die Symbole der höheren Grade erinnern an das templerische Rittertum und an die katholische Kirche, so z. B. das Lamm Gottes. Die Ceremonien des höchsten Grades sollen der Messe sehr ähnlich sehen und seine Mitglieder verpflichtet sein, beständig das rote Kreuz der Tempelherrn auf der Brust zu tragen, alle Abende das Gebet des heil. Bernhard zum Lamm Gottes (!) herzusagen, am Charfreitag bis Sonnuntergang zu fasten, dann drei Schnitten Brot mit Salz und Öl zu genießen, beim Abendessen aber sich des Lamm- und Taubenfleisches (!) zu enthalten, – was jedoch heutzutage schwerlich mehr beobachtet wird. Der oberste Würdenträger des Systems führt den Titel: Vikar Salomons. Mehrere ausgezeichnete Mitglieder desselben, darunter der berühmte Dichter J. H. Voß, haben seine Ceremonien »nichtig, unnütz und lächerlich« genannt. Auch zeichnet sich dasselbe unvorteilhaft durch die hartnäckige Verweigerung der Aufnahme von Juden aus. Eine geistreiche Organisation ist ihm jedoch nicht abzusprechen. Das schwedische System, welches seit 1853 auch in Dänemark eingeführt ist, ist dasjenige, welches durch die bekannte Schrift »Sarsena« veröffentlicht wurde; wer also glaubt, durch die letztere die wahre Freimaurerei kennen zu lernen, der befindet sich in einem kolossalen Irrtum; – er hat nur ein geschickt gemaltes Zerrbild davon zu sehen bekommen.

Während so eine dem falschen Templertum ähnliche Anstalt im Norden Europa's fortlebt, feierte ersteres unerwarteter Weise im Westen eine Auferstehung. Es sind nämlich in unserm Jahrhundert neue sogenannte Templerorden in Frankreich, Großbritannien und Nordamerika entstanden. Die französischen Neutempler gingen den Freimaurerbund gar nichts an und sollen schon 1848 sich aufgelöst haben. Ihr Treiben war nichts als lächerliche Maskerade in Templermänteln.

Die Neutempler in England, Schottland, Irland und Amerika gingen fast sämtlich aus den sogenannten höheren Graden der Freimaurerei hervor, sind jedoch den alten, echten drei Graden derselben, sowie den anerkannten Großlogen, durchaus fremd; denn die Großlogen aller vier genannten Länder anerkennen die meisten Hochgrade nicht, sondern überlassen diese Spielerei den einzelnen Logen und Brüdern. Die maurerischen Templer in Schottland zerfallen in zwei Parteien, von welchen jede die einzig echten Ritter zu besitzen behauptet; es giebt dort aber auch sogenannte Templer, welche aus dem Johanniter-Orden hervorgingen und mit der Maurerei nie etwas zu schaffen hatten. Auch die englischen Templer teilen sich in zwei sich bekämpfende Parteien, deren jede aus den Kreuzzügen stammen will. Von einer derselben haben sich die irischen und amerikanischen Templer abgezweigt. In alle solche Templerorden können nur solche Christen aufgenommen werden, welche glauben, daß Christus in der Absicht, die Sünder mit seinem Blute zu erlösen, in die Welt gekommen sei, und müssen schwören, diesen Glauben mit ihrem Schwerte zu verteidigen und mit ihrem Blute zu besiegeln. Man hat jedoch leider von ihren Thaten zu Gunsten des bedrohten Glaubens noch nie etwas gehört! Die irischen und amerikanischen Templer und ein Teil der schottischen müssen überdies die Grade eines »Rosenkreuzers« (den 18.) und eines »Kadosch« oder »Heiligen« (! den 30. des sogenannten schottischen Systems) besitzen. Alle aber kleiden sich in ihren Versammlungen in das Kostüm der alten Templer. In Amerika erscheinen sie in diesem sogar schon auf der Reise zur Versammlung, und es ist ihnen schon begegnet, daß sie vom Volke für wandernde Schauspieler oder Kunstreiter gehalten wurden! Ihre Vereine heißen Encampments (Heerlager); diejenigen der Vereinigten Staaten von Nordamerika, 42 an der Zahl, stehen unter 13 Groß-Komthureien und einem General Grand Encampment. Ihre Beamten sind denjenigen der alten Templer nachgebildet und je nach Geschmack, Thorheit und Eitelkeit bedeutend vermehrt; es giebt unter ihnen Schwertträger, Fahnenträger, Prälaten, u. a. Einzelne Grade nennen sich: Ritter vom roten Kreuz, Ritter von Malta u. s. w.. Die bedauernswerten Ritter beraten sogar »Exerzierreglemente« (!!), und es ist unbegreiflich, aber dennoch wahr, daß ganz bedeutende und geistreiche Männer, welche im Staatsleben eine hervorragende Rolle spielen, diesen kindischen Prunk mitmachen!

Als Anhang zu den maurerischen Verirrungen erwähnen wir noch die in Frankreich zu verschiedenen Zeiten aufgekommenen Frauenlogen, in welchen weibliche Personen unter besonders für sie eingerichteten Ceremonien aufgenommen und in verschiedene Grade befördert wurden, und als deren Vorsteherinnen vor der Revolution die unglückliche Prinzessin von Lamballe, zur Zeit Napoleons die Kaiserin Josephine, unter der Restauration die Herzogin von Larochefoucauld genannt werden. Jetzt sind sie in Europa verschwunden; aber es giebt noch welche in Brasilien.


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