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Es war ein echt italienisches Musikstück, aus irgendeiner beliebten Opera buffa, jener wundersamen Gattung, die dem Humor den freiesten Spielraum gewährt, und worin er sich all seiner springenden Lust, seiner tollen Empfindelei, seiner lachenden Wehmut, und seiner lebenssüchtigen Todesbegeisterung überlassen kann. Es war ganz Rossinische Weise, wie sie sich im »Barbier von Sevilla« am lieblichsten offenbart. Die Verächter italienischer Musik, die auch dieser Gattung den Stab brechen, werden einst in der Hölle ihrer wohlverdienten Strafe nicht entgehen, und sind vielleicht verdammt, die lange Ewigkeit hindurch nichts anderes zu hören, als Fugen von Sebastian Bach. Leid ist es mir um so manchen meiner Kollegen, z. B. um Rellstab, der ebenfalls dieser Verdammnis nicht entgehen wird, wenn er sich nicht vor seinem Tode zu Rossini bekehrt. Rossini, divino Maestro, Helios von Italien, der du deine klingenden Strahlen über die Welt verbreitest! verzeih meinen armen Landsleuten, die dich lästern auf Schreibpapier und auf Löschpapier! Ich aber erfreue mich deiner goldenen Töne, deiner melodischen Lichter, deiner funkelnden Schmetterlingsträume, die mich so lieblich umgaukeln, und mir das Herz küssen, wie mit Lippen der Grazien! Divino Maestro, verzeih meinen armen Landsleuten, die deine Tiefe nicht sehen, weil du sie mit Rosen bedeckst, und denen du nicht gedankenschwer und gründlich genug bist, weil du so leicht flatterst, so gottbeflügelt! – Freilich, um die heutige italienische Musik zu lieben und durch die Liebe zu verstehn, muß man das Volk selbst vor Augen haben, seinen Himmel, seinen Charakter, seine Mienen, seine Leiden, seine Freuden, kurz seine ganze Geschichte, von Romulus, der das Heilige Römische Reich gestiftet, bis auf die neueste Zeit, wo es zugrunde ging, unter Romulus Augustulus II. Dem armen geknechteten Italien ist ja das Sprechen verboten, und es darf nur durch Musik die Gefühle seines Herzens kundgeben. All sein Groll gegen fremde Herrschaft, seine Begeisterung für die Freiheit, sein Wahnsinn über das Gefühl der Ohnmacht, seine Wehmut bei der Erinnerung an vergangene Herrlichkeit, dabei sein leises Hoffen, sein Lauschen, sein Lechzen nach Hülfe, alles dieses verkappt sich in jene Melodien, die von grotesker Lebenstrunkenheit zu elegischer Weichheit herabgleiten, und in jene Pantomimen, die von schmeichelnden Karessen zu drohendem Ingrimm überschnappen.
Das ist der esoterische Sinn der Opera buffa. Die exoterische Schildwache, in deren Gegenwart sie gesungen und dargestellt wird, ahnt nimmermehr die Bedeutung dieser heiteren Liebesgeschichten, Liebesnöten und Liebesneckereien, worunter der Italiener seine redlichsten Befreiungsgedanken verbirgt, wie Harmodius und Aristogiton ihren Dolch verbargen in einem Kranze von Myrten. Das ist halt närrisches Zeug, sagt die exoterische Schildwache, und es ist gut, daß sie nichts merkt. Denn sonst würde der Impresario, mitsamt der Prima Donna und dem Primo Uomo, bald jene Bretter betreten, die eine Festung bedeuten; es würde eine Untersuchungskommission niedergesetzt werden, alle staatsgefährliche Triller und revolutionärrische Koloraturen kämen zu Protokoll, man würde eine Menge Arlekine, die in weiteren Verzweigungen verbrecherischer Umtriebe verwickelt sind, auch den Tartaglia, den Brighella, sogar den alten bedächtigen Pantalon arretieren, dem Dottore von Bologna würde man die Papiere versiegele, er selbst würde sich in noch größeren Verdacht hineinschnattern, und Columbine müßte sich, über dieses Familienunglück, die Augen rot weinen. Ich denke aber, daß solches Unglück noch nicht über diese guten Leute hereinbrechen wird, indem die italienischen Demagogen pfiffiger sind als die armen Deutschen, die, Ähnliches beabsichtigend, sich als schwarze Narren mit schwarzen Narrenkappen vermummt hatten, aber so auffallend trübselig aussahen und bei ihren gründlichen Narrensprüngen, die sie Turnen nannten, sich so gefährlich anstellten und so ernsthafte Gesichter schnitten, daß die Regierungen endlich aufmerksam werden und sie einstecken mußten.