Heinrich Heine
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Heinrich Heine

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Kapitel XVIII

In der Brust des Ritters war nichts als Nacht und Schmerz. Die Dolchstiche der Verleumdung hatten ihn gut getroffen, und wie er dahinging über den Sankt-Markus-Platz, war ihm zumute, als wollte sein Herz brechen und verbluten. Seine Füße schwankten vor Müdigkeit – das edle Wild war den ganzen Tag gehetzt worden, und es war ein heißer Sommertag – der Schweiß lag auf seiner Stirne, und als er in die Gondel stieg, seufzte er tief. Er saß gedankenlos in dem schwarzen Gondelzimmer, gedankenlos schaukelten ihn die weichen Wellen, und trugen ihn den wohlbekannten Weg hinein in die Brenta – und als er vor dem wohlbekannten Palaste ausstieg, hörte er: Signora Laura sei im Garten.

Sie stand, gelehnt an die Statue des Laokoon, neben dem roten Rosenbaum, am Ende der Terrasse, unfern von den Trauerweiden, die sich wehmütig herabbeugen über den vorbeiziehenden Fluß. Da stand sie lächelnd, ein weiches Bild der Liebe, umduftet von Rosen. Er aber erwachte, wie aus einem schwarzen Traume, und war plötzlich wie umgewandelt in Milde und Sehnsucht. »Signora Laura!« – sprach er – »ich bin elend und bedrängt von Haß und Not und Lüge« – und dann stockte er, und stammelte: – »Aber ich liebe Euch« – und dann schoß eine freudige Träne in sein Auge, und mit feuchten Augen und flammenden Lippen rief er: »Sei mein Mädchen, und liebe mich!«

Es liegt ein geheimnisdunkler Schleier über dieser Stunde, kein Sterblicher weiß, was Signora Laura geantwortet hat, und wenn man ihren guten Engel im Himmel darob befragt, so verhüllt er sich und seufzt und schweigt.

Einsam stand der Ritter noch lange bei der Statue des Laokoon, sein Antlitz war ebenso verzerrt und weiß, bewußtlos entblätterte er alle Rosen des Rosenbaums, er zerknickte sogar die jungen Knospen – der Baum hat nie wieder Blüten getragen – in der Ferne klagte eine wahnsinnige Nachtigall, die Trauerweiden flüsterten ängstlich, dumpf murmelten die kühlen Wellen der Brenta, die Nacht kam heraufgestiegen mit ihrem Mond und ihren Sternen – ein schöner Stern, der schönste von allen, fiel vom Himmel herab.


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