Wilhelm Hauff
Phantasien im Bremer Ratskeller
Wilhelm Hauff

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Gott, wie erschrak ich! Sie schauten alle verwundert auf mich und schienen mit meiner Anwesenheit nicht ganz zufrieden. Aber ich faßte mir ein Herz und sagte: »Mich gehorsamst der werten Gesellschaft zu empfehlen. Ich bin eigentlich nichts weiter als ein zum Doktor der Philosophie graduierter Mensch und halte ich gegenwärtig hiesigen Orts in dem Wirtshause zur Stadt Frankfurt auf.«

»Wie wagst du es aber, hierher zu kommen in dieser Stunde, graduiertes Menschenkind?« sprach Petrus sehr ernst, indem er Blitze aus seinen Feueraugen auf mich sprühte. »Du hättest wohl denken können, daß Du nicht in diese noble Sozietät gehörst.«

»Herr Apostel«, antwortete ich, und weiß heute noch nicht, woher ich den Mut bekam, wahrscheinlich aus dem Wein; »Herr Apostel, das Du verbitte ich mir fürs erste, bis wir weiter bekannt sind. Und was die noble Sozietät betrifft, in die ich gekommen sein soll, so kam sie zu mir, nicht ich zu ihr, denn ich sitze schon seit drei Stunden in diesem Gemach, Herr!«

»Was tut Ihr aber so spät noch im Ratskeller, Herr Doktor?« fragte Bacchus etwas sanfter als der Apostel. »Um diese Zeit pflegt sonst das Erdenvolk zu schlafen.«

»Euere Exzellenz«, erwiderte ich, »das hat seinen guten Grund. Ich bin ein portierter Freund des edlen Getränkes, das man hier unten verzapft, habe auch durch die Vergünstigung eines wohledlen Senats die Permission erhalten, denen Herren Aposteln und der Jungfrau Rose meinen Besuch abzustatten, was ich auch geziemendst getan.«

»Also Ihr trinkt gerne Rheinwein?« fuhr Bacchus fort; »nun, das ist eine gute Eigenschaft und sehr zu loben in dieser Zeit, wo die Menschen so kalt geworden sind gegen diese goldene Quelle.«

»Ja, der Teufel hole sie all!« rief Judas. »Keiner will mehr einige Maß Rheinwein trinken, außer hie und da solch ein fahrender Doktor oder vazierender Magister, und diese Hungerleider lassen sich ihn erst noch aufwichsen.«

»Muß ganz gehorsamst deprezieren, Herr von Judas«, unterbrach ich den schrecklichen Rotrock. »Nur einige kleine Versuche habe ich getan mit Dero Rebenblut von 1700 und etlichen Jahren, und den hat mir allerdings der wackere Bürgermeister einschenken lassen; was Sie aber hier sehen, ist etwas Neuer und in barer Münze von mir bezahlt.«

»Doktor, ereifert Euch nicht«, sagte Frau Rose, »er meint's nicht so böse, der Judas, und er ärgert sich nur und mit Recht, daß die Zeiten so lau geworden.«

»Ja!« rief Andreas, der feine, schöne Andreas. »Ich glaube, dieses Geschlecht fühlt, daß es keines edlen Trankes mehr wert ist, drum sollen sie hier ein Gesöff von allerlei Schnaps und Sirup brauen, heißen es Chateau-Margaux, Sillery, St. Julien und sonst nach allerlei pompösen Namen, und kredenzen es bei ihren Gastmahlen, und wenn sie es saufen, bekommen sie rote Ringe um den Mund, dieweil der Wein gefärbt war, und Kopfweh den andern Tag, weil sie schnöden Schnaps getrunken.«

»Ha, was war das für ein anderes Leben«, führte Johannes die Rede fort, »als wir noch junge, blutjunge Gesellen waren, Anno 19 und 26. Auch Anno 50 ging es noch hoch her in diesen schönen Hallen. Jeden Abend, es mochte die Sonne scheinen in hellem Frühling, oder schneien und regnen im Winter, jeden Abend waren die Stübchen dort gefüllt mit frohen Gästen. Hier, wo wir jetzt sitzen, saß in Würde und Hoheit der Senat von Bremen, stattliche Perücken auf dem Haupt, die Wehre an der Seite, Mut im Herzen und jeder einen Römer vor sich.«

»Hier, hier, nicht oben auf der Erde, hier war das Rathaus, hier die Halle des Senats; denn hier beim kühlen Weine berieten sie sich über das Wohl der Stadt, über ihre Nachbarn und dergleichen. Wenn sie uneinig in der Meinung waren, so stritten sie sich nicht mit bösen Worten, sondern tranken einander wacker zu, und wenn der Wein ihre Herzen erwärmt hatte, wenn er fröhlich durch ihre Adern hüpfte, da war der Beschluß schnell zur Reife gediehen, sie drückten sich die Hände, sie waren und blieben immer Freunde, weil sie Freunde waren des edlen Weines. Am andern Morgen aber war ihnen ihr Wort heilig, und was sie abends ausgemacht im Keller, das führten sie oben im Gerichtssaal aus.«

»Schöne alte Zeiten!« rief Paulus. »Daher kommt es auch, daß noch heutzutage jeder vom Rat ein eigenes Trinkbüchlein, eine jährliche Weinrechnung hat. Den Herren, die alle Abende hier saßen und tranken, war es nicht genehm, allemal in die Tasche zu fahren und ihr Geldsäcklein heraus zu kriegen. Aufs Kerbholz ließen sie es schreiben, und am Neujahr ward Abrechnung gehalten, und es gibt einige wackere Herren, die noch jetzt oft Gebrauch davon machen, aber es sind deren wenige.«

»Ja, ja, Kinder«, sprach die alte Rose, »sonst war es anders, so vor fünfzig, hundert, zweihundert Jahren. Da brachten sie abends ihre Weiber und Mädchen mit in den Keller, und die schönen Bremer Kinder tranken Rheinwein oder von unserem Nachbar Moseler und waren weit und breit berühmt durch ihre blühenden Wangen, durch ihre purpurroten Lippen, durch ihre herrlichen, blitzenden Augen; jetzt trinken sie allerlei miserables Zeug, als Tee und dergleichen, was weit von hier bei den Chinesen wachsen soll, und was zu meiner Zeit die Frauen tranken, wenn sie ein Hüstlein oder sonstige Beschwer hatten. Rheinwein, echten, gerechten Rheinwein könne sie gar nicht mehr vertragen; denkt euch ums Himmels willen, sie gießen spanischen Süßen darunter, daß er ihnen munde, sie sagen, er sei zu sauer.«

Die Apostel schlugen ein großes Gelächter auf, in das ich unwillkürlich einstimmen mußte, und Bacchus lachte so gräßlich, daß ihn der alte Balthasar halten mußte.

»Ja, die guten alten Zeiten!« rief der dicke Bartholomäus. »Sonst trank ein Bürger seine zwei Maß, und es war, als hätt' er Wasser getrunken, so nüchtern blieb er, jetzt wirft sie ein Römer um. Sie sind aus der Übung gekommen.«

»Da trug sich vor vielen Jahren eine schöne Geschichte zu«, sagte Fräulein Rose und lächelte vor sich hin.

»Erzähle, erzähle, Jungfer Rose, die Geschichte!« baten sie alle; sie aber trank bedeutend viel Wein, damit sie eine glatte Kehle bekam, und hub an: »Anno tausend sechshundert und einige zwanzig, dreißig Jahre war ein großer Krieg in deutschen Landen von wegen des Glaubens; die einen wollten so und die andern anders, und statt daß sie bei einem Glase Wein die Sache vernünftig besprochen hätten, schlugen sie sich die Schädel ein. Albrecht von Wallenstein, des Kaisers Generalfeldmarschall, hauste schrecklich in protestantischen Landen. Des erbarmte sich der Schwedenkönig, Gustav Adolf, und kam mit vieler Mannschaft zu Roß und zu Fuß. Es wurden viele Bataillen geliefert, sie hetzten sich herum am Rhein und an der Donau, geschah aber weiter nicht viel, weder vor- noch rückwärts. Zu der Zeit waren Bremen und die andern Hansestädte neutral und wollten es mit keiner Partei verderben. Dem Schweden lag aber daran, durch ihr Gebiet zu ziehen und sich freundlich mit ihnen einzulassen, darum wollte er einen Gesandten an sie schicken. Weil aber im Reich bekannt war, daß man in Bremen alles im Weinkeller verhandle und die Ratsherren und Bürgermeister einen guten Schluck hätten, so fürchtete sich der Schwedenkönig, sie möchten seinen Gesandten gar sehr zusetzen mit Wein, daß er endlich betrunken würde und schlechte Bedingungen einginge für die Schweden.

Nun befand sich aber im schwedischen Lager ein Hauptmann vom gelben Regiment, der ganz erschrecklich trinken konnte. Zwei, drei Maß zum Frühstück war ihm ein kleines, und oft hat er abends zum Zuspitzen ein halb Imi getrunken und nachher gut geschlafen. Als nun der König voll Besorgnis war, sie möchten im Bremer Ratskeller seinem Gesandten allzusehr zusetzen, so erzählte ihm der Kanzler Oxenstierna von dem Hauptmann, Gutekunst hieß er, der so viel trinken könne. Des freute sich der König und ließ ihn vor sich kommen.

Da brachten sie einen kleinen, hageren Mann, der war ganz bleich im Gesicht, hatte aber eine große, kupferrote Nase und hellblaue Lippen, was ganz wunderlich anzusehen war. Der König fragte ihn, wieviel er sich wohl zu trinken getraue, wenn es recht ernstlich zuginge. ›O Herr und König,‹ antwortete er, ›so ernstlich bin ich noch nie daran gekommen, habe mich bis dato auch noch nicht geeicht; der Wein ist nicht wohlfeil, und man kann täglich nicht über sieben, acht Maß trinken, ohne in Schulden zu geraten.‹ – ›Nun, wieviel meinst du denn führe zu können?‹ fragte der König weiter. Er aber antwortete unerschrocken: ›Wenn Euer Majestät bezahlen wollen, möchte ich wohl einmal zwölf Mäßchen trinken, mein Reitknecht, der Balthasar Ohnegrund, kann es aber noch besser.‹ Da schickte der König auch nach Balthasar Ohnegrund, dem Knecht des Hauptmanns Gutekunst, und war der Herr schon blaß gewesen und mager, so war es der Diener noch mehr, der ganz aschenfahl aussah, als hätt' er sein Leben lang Wasser getrunken.

Da ließ nun der König den Hauptmann und Ohnegrund, den Reitknecht, in ein Zelt setzen und einige Fäßlein alten Hochheimer und Nierensteiner anfahren und wollte haben, die beiden sollten sich eichen lassen. Sie tranken von morgens elf Uhr bis abends vier Uhr ein Imi Hochheimer und anderthalb Imi Nierensteiner, und der König ging voll Bewunderung zu ihnen ins Zelt, um zu sehen, wie es mit ihnen stehe. Die beiden Gesellen aber waren wohlauf, und der Hauptmann sagte: ›So, jetzt will ich einmal die Degenkuppel abschnallen, dann geht's besser‹; Ohnegrund aber machte drei Knöpfe an seinem Koller auf.

Da entsetzten sich alle, die dies sahen, der König aber sprach: ›Kann ich bessere Gesandte finden nach der fröhlichen Stadt Bremen, als diese?‹ Und alsobald ließ er dem Hauptmann prächtige Kleider und Waffen geben, wie auch Ohnegrund, dem Reitknecht, denn dieser sollte den Schreiber des Gesandten vorstellen. Der König und der Kanzler unterrichteten den Hauptmann, was er zu sagen hätte bei der Unterhandlung, und nahm beiden das Versprechen ab, daß sie auf der ganzen Reise nur Wasser trinken sollten, damit nachher das Treffen im Keller um so glorreicher würde; Gutekunst aber, der Hauptmann, mußte seine rote Nase mit einer künstlichen Salbe anstreichen, auf daß sie weiß aussah, damit man nicht merke, welch ein Kunde er sei.

Ganz elendiglich vom vielen Wassertrinken kamen die beiden nach der Stadt Bremen, und nachdem sie bei dem Bürgermeister gewesen, sagte dieser zum Senat: ›O, was hat uns der Schwede für zwei bleiche, magere Gesellen geschickt; heute abend wollen wir sie in den Ratskeller führen und zudecken. Ich nehme den Gesandten auf mich ganz allein, und der Doktor Schnellpfeffer muß auf den Schreiber.‹ So wurden sie denn abends nach der Betglocke feierlichst in den Ratskeller geführt, der Bürgermeister führte Gutekunsten, den Hauptmann, der Doktor Schnellpfeffer, was auch ein guter Trinker war, führte den Reitknecht am Arm, der als Schreiber angetan, sich recht züchtiglich gebärdete; hinter ihnen gingen viele Ratsherren, die zur Verhandlung geladen waren. Hier in diesem Gemach setzten sie sich um den Tisch und verspeisten zuerst Hasenbraten und Schinken und Heringe, um sich zum Trinken zu rüsten. Dann wollte der Gesandte ganz ehrbar mit der Verhandlung anfangen, und sein Schreiber zog Pergament und Feder aus der Tasche; aber der Bürgermeister sprach: ›Mit nichten also, Ihr edlen Herren; so ist es nicht Gebrauch in Bremen, daß man die Sache also trocken abmacht; wollen einander vorerst auch zutrinken nach Sitte unserer Väter und Großväter.‹ – ›Kann eigentlich nicht viel vertragen,‹ antwortete der Hauptmann, ›dieweil es aber Seiner Magnifizenz also gefällig, will ich ein Schlücklein zu mir nehmen.‹ Nun tranken sie sich zu und hielten ein Gespräch über Krieg und Frieden und über die Schlachten, so geliefert worden; die Ratsherren aber, um den Fremden mit gutem Beispiel voranzugehen, tranken sich weidlich zu und bekamen rote Köpfe. Bei jeder neuen Flasche entschuldigten sich die Fremden, wie sie gar den Wein nicht gewohnt wären und er ihnen zu Kopf steige; des freute sich der Bürgermeister, trank in seiner Herzenslust ein Paßglas um das andere, so daß er nicht mehr recht wußte, was zu beginnen. Aber, wie es zu gehen pflegt in diesem wunderbaren Zustande, er dachte: jetzt ist er betrunken, der Gesandte, und auch dem Schreiber hat der Doktor tüchtig zugesetzt; und sprach daher: ›Nun wollen wir anfangen mit unserem Geschäft.‹ Das waren die Fremden zufrieden, taten, wie wenn sie voll Weines wären und tranken auf ihrer Seite den Herren weidlich zu.

Da wurde nun gesprochen und getrunken, gehandelt und wieder getrunken, bis der Bürgermeister mitten im Satz einschlief, und der Doktor Schnellpfeffer unter dem Tische lag. Da kamen denn die anderen Ratsherren und tranken den Fremden zu und führten die Verhandlung fort; aber trank der Hauptmann lästerlich, so machte es sein Reitknecht noch schlimmer; fünf Küper mußten immer hin- und herlaufen und einschenken, denn der Wein verschwand von dem Tisch, als wäre er in den Sand gegosssen worden. So geschah es, daß die Gäste nacheinander den ganzen Rat unter den Tisch tranken bis auf einen.

Dieser eine aber war ein großer starker Mann, mit Namen Walter, von welchem man allerlei sprach in Bremen, und wäre er nicht im Rat gesessen, man hätte ihn längst böser Künste und Zauberei angeklagt. Herr Walter war seines Zeichens eigentlich ein Zirkelschmied gewesen, hatte sich aber hervorgetan in seiner Gilde, war unter die Ältermänner gekommen und nachher in den Senat. Dieser hielt aus bei den Gästen, trank zweimal so viel als beide, so daß ihnen ganz unheimlich wurde, denn er war so verständig wie zuvor, während der Hauptmann schon trübe Augen bekam und glaubte, es gehe ihm ein Rad im Kopf herum. So oft der Senator Walter ein Paßglas getrunken, fuhr er mit der Hand unter den Hut, und dem Reitknecht kam es vor, als sähe er ein bläuliches Wölkchen ganz fein wie Nebel aus seinem rabenschwarzen Haar hervorsteigen. Er trank wacker drauflos, bis der Hauptmann Gutekunst selig einschlief und sein Haupt ganz weich auf des Bürgermeisters Bauch legte.

Da sprach der Senator Walter mit sonderbarem Lächeln zu dem Schreiber des Gesandten: ›Lieber Geselle, Du führst einen mächtigen Zug, ich vermeine aber, daß Du mit dem Roßstriegel besser fortkommst als mit der Feder.‹ Da erschrak der Schreiber und sprach: ›Wie meinet Ihr dies, Herr? Ich will nicht hoffen, daß Ihr mir Hohn sprechen wollt; bedenket, daß ich Seiner Majestät Gesandtschaftsschreiber bin.‹

›Hoho!‹ rief der andere mit schrecklichem Lachen, ›seit wann haben denn ordentliche Gesandtschaftsschreiber solche Kittel an und führen solche Federn bei der Sitzung?‹ Da sah der Reitknecht auf sein Kleid und bemerkte mit großem Schrecken, daß er seinen gewöhnlichen Stallkittel anhabe, er sah auf seine Hand, und siehe da, statt der Feder hielt er eine ganz gemeine Kratzbürste. Da entsetzte er sich und sah sich verraten und wußte nicht, wie ihm geschah. Herr Walter aber lächelte seltsam und höhnisch und trank ihm einen Humpen von anderthalb Maß zu auf einen Zug, fuhr dann mit der Hand hinter die Ohren, und der Reitknecht sah ganz deutlich, wie ein feiner Nebel aus seinem Kopfe kam. ›Gott soll mich bewahren, Herr! daß ich fürder mit Euch trinke‹, rief er; ›Ihr seit ein Schwarzkünstler, wie ich nun vermute, und könnt mehr als Brotessen.‹

›Darüber wäre noch vielerlei zu sagen‹, antwortete Walter ganz ruhig und freundlich; ›aber es würde dir auch nicht viel helfen, wertgeschätzter Stallknecht und Roßkamm, wenn du mir fürder zusetztest mit trinken, mich trinkst du nicht unter den Tisch, wasmaßen ich einen kleinen Hahnen in mein Gehirn geschraubt habe, durch welchen der Weindunst wieder herausfährt. Schau zu!‹ Dabei trank er ein großes Paßglas aus, wandte seinen Kopf herüber zu dem Reitknecht Ohnegrund, strich sein Haar zurück, und siehe da, in seinem Kopf steckte ein kleiner silberner Hahn, wie an einem Faß; da drehte er den Zapfen um, und ein bläulicher Dunst strömte hervor, so daß ihm der Weingeist keine Beschwerden machte in der Hirnkammer.

Da schlug der Reitknecht vor Verwunderung die Hände zusammen und rief: ›Das ist einmal eine schöne Erfindung, Herr Zauberer! Könnet Ihr mir nicht auch so ein Ding an den Kopf schrauben, um Geld und gute Worte?‹ ›Nein, das geht nicht‹, antwortete jener bedächtig, ›da seid Ihr nicht erfahren genug in geheimer Wissenschaft; aber ich habe Euch liebgewonnen wegen Eurer absonderlichen Kunst im Trinken, darum möchte ich Euch gerne dienen, wo ich kann. Zum Beispiel, es ist gegenwärtig die Stelle des Kellermeisters vakant allhier. Balthasar Ohnegrund, verlaß den Dienst dieser Schweden, wo es doch mehr Wasser als Wein gibt, und diene dem wohledlen Rat dieser Stadt: wenn wir auch einige Lasten Wein mehr brauchen des Jahres, die Du heimlich saufest, das tut nichts, ein solcher Kapitalkerl hat uns längst gefehlt; Balthasar Ohnegrund, ich mach' dich morgen zum Kellermeister, wenn Du willst. Willst du nicht, so ist's auch gut; dann weiß aber morgen die ganze Stadt, daß uns der Schwede einen Reitknecht als Schreiber geschickt.‹ Dieser Vorschlag mundete dem Balthasar wie edler Wein; er tat einen Blick in dieses unermeßliche Weinreich, schlug sich auf den Magen und sagte: ›Ich will's tun.‹ Nachher machten sie noch allerlei Punkte aus, wie es gehalten werden solle nach Ohnegrunds zeitlichem Hinscheiden mit seiner armen Seele. Er wurde Kellermeister, der Hauptmann Gutekunst aber zog mit zweideutigen Bedingungen ab ins schwedische Lager, und als nachher die Kaiserlichen in die Stadt kamen, war der Bürgermeister und Senat froh, daß sie sich mit dem Schweden nicht zu tief eingelassen, obgleich keiner recht wußte, wie es so gekommen war.«


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