Friedrich Wilhelm Hackländer
Reise in den Orient. Erster Band
Friedrich Wilhelm Hackländer

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Drittes Kapitel. Konstantinopel.

Ansicht der Stadt. – Gasthöfe und Kaffeehäuser. – Straßen und Hunde. – Oeffentliches Leben. – Türkische Bäder. – Der Hippodrom, die sieben Thürme, mehrere Moschee'n und andere alte Bauwerke. – Fahrt nach Bujukdere. Die alten und neuen Wasserleitungen. – Familienleben. – Die Nacht im Ramasan. – Eine Audienz beim Sultan. – Diner bei Reichid Pascha.

Stambul ist einer großen Blume vergleichbar, auf drei Seiten von einem rauhen unscheinbaren Deckblatt umgeben, mit welchen es an den Felsgestaden Rumeliens hängt, während es der aufgehenden Sonne und den großen glänzenden Spiegeln, die zwei Meere vor ihr ausbreiten, das schöne glühende Antlitz zuwendet. Das kleine leichte Boot trägt uns spielend aus dem Hafen nach dem gegenüberliegenden Gestade von Kleinasien; man verläßt Konstantinopel und damit Europa, wie man vor einem Gestade zurücktritt, um es gehörig würdigen zu können; man muß sich auf einem andern Welttheil niederlassen, um das großartige Bild, das sich hier vor den erstaunten Augen entfaltet, mit seiner ganzen Schönheit in's Herz aufzunehmen.

Wie Rom ist Konstantinopel auf sieben Hügeln erbaut, deren Abgrenzung man deutlich erkennen kann. Sie bilden noch jetzt, wie unter der Herrschaft der Konstantine, ein unregelmäßiges Dreieck, von dem wir zwei Spitzen von hier aus nicht sehen; nur die dritte liegt links vor uns, das sogenannte neue Serail mit seinen buntverzierten mannigfaltigen Gebäuden, größern Palästen und kleinen Kiosks. Zwischen denselben sieht man Wälder von Orangen, große Platanen und schlanke Cypressen, welche dieser ungeheuern Wohnung der Sultane, die einer kleinen Stadt mit hohen Ringmauern gleicht, die angenehmste Schattirung geben.

Hinter dem neuen Serail, das tiefer als die Stadt am Ufer des Hafens liegt, erblickt man bunte Häusermassen, die den Wellenlinien der Hügel folgen. Dort tritt eine Gruppe von Cypressen und andern Bäumen über sie hinaus; hier unterbricht ein einsam stehendes halbzerfallenes Mauerwerk die fast nur durch ihre Färbung verschiedenen Dächer der Häuserreihen.

Was aber der Stadt einen so wunderbaren, ich möchte fast sagen feenartigen, Reiz verleiht und dem Munde beim ersten Anblick einen lauten Ausruf entlockt, sind die zierlichen Minarets und die Haufen glänzender Kuppeln auf Moscheen und Grabmälern, die über den gewöhnlichen Wohnungen emporragen. Man kann sie kaum zählen, geschweige alle nennen, und während das Auge gesättigt über der Mehrzahl derselben hinschweift, bleibt es bewundernd an einigen hängen, die durch Größe und schöne Bauart dem Munde die Frage nach ihrem Namen entlocken, bei dessen Nennung in empfänglichen Herzen tausend Bilder und Gedanken erwachen.

Wer denkt nicht beim Anblick jener prachtvollen Kirche, der Aja Sophia, die mit ihrer schönen Kuppel und den vier Minarets für unser Auge beinahe im Mittelpunkte der Stadt liegt, an ihren Erbauer, den prachtliebenden Justinian, der durch sie ein Werk hinstellen wollte, das den Glanz des einst so gepriesenen Tempel Salomonis verdunkeln sollte, was ihm auch gelang. Als die Kirche fertig war und der Kaiser mit den Worten: »Salomon, ich besiegte dich!« an den Altar eilte, ahnte er nicht, daß einst der Herrscher der Andersgläubigen auf seinem Streitrosse in diese Hallen reiten, eigenhändig die Symbole des christlichen Glaubens zerschlagen und sprechen werde: »Es ist kein Gott als Gott und Muhamed ist sein Prophet!« – Das Kreuz verschwand von der Höhe der Kuppel, und jetzt erhebt sich dort ein kolossaler, fünfzig Ellen im Durchmesser haltender Halbmond, der den Reisenden schon von Weitem entgegenglänzt, lange vorher, ehe sie von der Stadt selbst etwas sehen können.

Auf der Höhe des dritten der sieben Hügel liegt die Moschee des großen Soleiman, die Soleimanje, was Symmetrie betrifft, das schönste Gebäude Konstantinopels. Neben ihr sieht man die Moschee Bajazet II. mit zwei Thürmen, weiter rechts die Moschee Muhameds II. auf dem Platze, wo das frühere christliche Byzanz einen seiner schönsten Tempel hatte, die Kirche der heiligen Apostel. Links von der Aja Sophia zeigt sich die Moschee des Sultan Achmet, welche man füglich die Kathedrale Konstantinopels nennen kann. Sie ist eines der prächtigsten Gebäude und hat sechs Minarets.

Ueber alle diese Moscheen hinaus ragt der Thurm der Feuerwache, der Thurm des Seraskters. Er liegt in der Nähe des alten Serails. Ihn vergleicht der Historiograph Isi mit einem in den Lüften schwebenden Neste des Paradiesvogels.

So liegt Konstantinopel links vor uns und seine Häuserreihen steigen bis zu den Ufern des großen Hafens, des goldenen Horns hinab, das wir mit allen seinen Schönheiten gerade vor uns haben; man verfolgt seinen Lauf von der breiten Einmündung in's Meer von Marmora bis Ejub, wo es sich allmälig zwischen den grünen Wiesen zu verlieren scheint. Auf seinem Wasser von der schönsten grünen Farbe ruhen Schiffe von fast allen Nationen der Erde neben einander. Das alte, sonderbar gebaute Fahrzeug der syrischen Küstenfahrer, dessen hoher spitzer Schnabel an die Bauart der Schiffe im Alterthum erinnert, liegt mit seinem schmutzigen Anstrich neben der zierlich ausgerüsteten Yacht des Engländers, der auf derselben vielleicht seine große Tour nach dem Orient gemacht. Da ankert schwerfällig ein altes türkisches Kriegsschiff, ein zerschossener Invalide, der zu seinem Glück die Fahrt nach Aegypten nicht mitmachen konnte, neben einer leichten englischen Kriegsbrigg, die auf und unter dem Verdeck blank und sauber geputzt ist, mit den hohen Masten hin und her wiegt und ungeduldig an den Ankerketten zu zerren scheint. Langsam bewegt sich dort eines jener plump zusammengezimmerten Gerüste, die einem Floß gleich auf schweren Ballen ruhen und dazu dienen, den Hafen, besonders die Landungsplätze für die kleineren Boote, vom Schmutze zu reinigen. Neben ihm stellt so eben ein Dampfschiff seinen muntern Lauf ein, hißt eine Flagge auf und der Wasserdampf, der laut schreiend dem geöffneten Ventil entfährt, zieht die Aufmerksamkeit der Osmanlis auf sich, die, faul in ihren Kähnen liegend, dem Meerwunder zusehen.

Zwischen diesen größeren Fahrzeugen bewegen sich die kleineren Boote, Kaik genannt, vermöge ihrer fabelhaft leichten Bauart im wahren Sinne des Worts pfeilgeschwind auf dem Wasser des Hafens hin und her, ja, wagen sich sogar, wie heute das meinige, über den Bosporos nach dem asiatischen Ufer. Diese Fahrzeuge sind gewöhnlich achtzehn bis zwanzig Fuß lang, aber kaum drei Fuß breit, und da sie, wie alle Seefahrzeuge, auf dem Kiel gebaut sind, sehr zum Umschlagen geneigt, wozu noch die äußerst dünnen Wände das Ihrige beitragen. Diese, kaum einen halben Zoll dick, bestehen, wie das ganze Boot, aus hartem Holz und sind gewöhnlich zierlich geschnitzt. Durch ihre Leichtigkeit und den langen spitzen Schnabel, in welchen das Boot ausläuft, wird ihre ungemeine Schnelligkeit bedingt, aber auch, besonders für den Europäer, das Einsteigen erschwert; denn man muß bei diesem Manöver gleich vom Landungsplatze aus die Mitte des Boots gewinnen und sich ruhig niedersetzen, um das Gleichgewicht zu erhalten und nicht umzuschlagen, was dennoch sehr häufig vorkommt.

Wir Europäer, die neben dem Platz, auf dem wir sitzen, noch großen Raum für unsere Beine brauchen, konnten nur zu drei, höchstens Vier eine solche Wasserschachtel besteigen; aber die Türken, die ihrer Geschäfte wegen häufig über den Hafen setzen müssen, finden zu acht bis zehn in einem solchen Boote Platz, da sie sich auf ihre untergeschlagenen Beine an den Boden setzen. Meist bewegt nur ein einzelner Mann ein solches Boot vorwärts, aber mit erstaunlicher Schnelligkeit und Gewandtheit, wobei er beständig ein lautes: »Johe!« ausstößt, um ein anderes Boot, das vielleicht um die Ecke eines Kriegsschiffs herum ihm in die Seite fahren würde, frühzeitig zu benachrichtigen.

Bei diesem Ausweichen kommt die Leichtigkeit der Fahrzeuge wieder sehr zu Statten, da stets mehrere Hunderte den Hafen bedecken und manches Unglück durch Anprallen vorfallen müßte, wenn der Schiffer nicht mit einem einzigen Ruderschlag seinem Boot eine andere Richtung geben könnte. –

Das reizende Bild des Hafens, der sich zwischen Konstantinopel und den auf dem andern Ufer liegenden Vorstädten wie ein klarer Bach hinzieht, wird durch die Menge dieser kleinen Fahrzeuge sehr belebt. Einen äußerst komischen Anblick gewährt ein solches Kaik, mit einer Menschenladung, von der man nur die Köpfe über dem Bord emporragen sieht. Hin und wieder arbeitet sich auch die Schaluppe eines Kriegsschiffs schwerfällig zwischen den Kaiks durch, doch nicht minder hübsch. Diese Fahrzeuge sind von dunklerer Farbe als die Schiffe, mit einem einzigen blauen, rothen oder weißen Streifen um den Rand. Auf den Bänken sitzen die Matrosen, bei den größern in zwei, bei den kleineren nur in einer Reihe in ihren Jacken von dunkler Leinwand, worüber sie einen saubern, breiten Hemdkragen herauslegen, der meist von blauer Farbe ist. Er rahmt in Verbindung mit dem schwarzen, betheerten keck aufgestutzten Hute die frischen runden Köpfe der Matrosen recht angenehm ein. Am Hintertheil der Schaluppe steckt die Flagge und unter derselben sitzt auf einem mit der Landesfarbe eingefaßten blauen Tuch der Offizier, der sie befehligt, in seinen Händen zwei Schnüre, mit denen er das Steuerruder leitet. Mich hat das An- und Abfahren dieser Kriegsschaluppen stets ergötzt. Die Matrosen sitzen auf ihren Bänken, die Ruderstange gerade in die Höhe gestreckt, den Augenblick erwartend, wo der Offizier einsteigt. Dann pfeift der Bootsmann, die Matrosen stoßen vom Schiffe ab und lassen ihre Ruder alle zugleich in's Wasser fallen.

Eine für uns Ausländer besonders merkwürdige Erscheinung, die uns bei unsern Spazierfahrten auf dem Hafen öfters aufstieß, war ein großes weißes Kaik, reich vergoldet, dessen sauber geschnitzter, bunt bemalter Schnabel sehr lang und spitz war. Auf demselben, beinahe am Ende, stand ein goldner Vogel mit ausgebreiteten Flügeln, der einen Ring im Schnabel hielt, von welchem zwei dicke seidene Schnüre bis an die Spitze des Boots gingen und es zu leiten schienen. In der Mitte des Fahrzeugs trugen vier oder sechs vergoldete Säulen ein Dach von rothem Sammt mit Goldstickerei, unter dem ein reich gekleideter junger Mann saß, der etwas bleich aussah. Er trug ein Feß, welches ein großer Stern von Diamanten schmückte. Es war der Sultan Abdul Medschid, auf deutsch: Diener der Andacht.

Vorn im Schiffe neben dem Vogel war ein etwas erhöhter Sitz angebracht, auf dem einige vom Gefolge des Sultans saßen. Im Hintertheil befand sich die Dienerschaft. Der Sultan hat zu seinem Privatgebrauche drei solcher Kaiks, eins mit vierzehn, ein anderes mit achtundzwanzig, das größte mit sechsundfünfzig Ruderknechten, die weiße Jacken und Beinkleider tragen und auf dem Kopf ein rothes Feß; ihre Ruderstangen sind ebenfalls weiß, mit goldenen Blumen verziert. Man sagte uns, in der Anzahl dieser Bootsknechte sei absichtlich die Zahl sieben als eine heilige enthalten. Diesem Boote des Padischa folgt ein ähnliches leeres, denn die Etikette will nicht, daß der Großherr die Rückfahrt im gleichen Boote mache.

Sobald das Boot des Sultans auf dem Wasser erscheint, müssen alle übrigen Fahrzeuge in ihrem Lauf einhalten; jeder darin Sitzende muß seine Pfeife bei Seite legen, und wehe dem, der sich unterstände, in diesem Augenblicke in's Wasser zu spucken oder etwas hinein zu werfen. Sind die, welche gegen dieses Gesetz handeln, Muselmänner, so werden sie mit Geldstrafen oder einer gewissen Anzahl Hiebe auf die Fußsohlen bestraft, sind es Fremde, die sich mit Unkenntniß dieser Gebote entschuldigen können, so fällt die Strafe auf den Kaikschi oder Bootführer. Einem andern Boote, dunkel bemalt, das zuweilen auf dem goldenen Horn erscheint, weichen alle Kaik ängstlich aus und fliehen es, wie die kleinen Fische den gefräßigen Hai. Sogar der Osmanli, den selten etwas aus seiner Ruhe zu stören vermag, verläßt den Strand des Meeres, wo er seine Pfeife rauchte, und zieht sich zurück, sobald dieses Boot mit sieben Paar Rudern bemannt, dem Ufer nahe kommt. Ein alter, finsterer Türke mit langem Bart sitzt darin und späht aufmerksam umher. – Es ist der Bostandschi Baschi, General der Garten Leibwachen. Er sorgt für die Sicherheit und Ruhe des Hafens, hat, wie der Janitscharen Aga, Gewalt über Leben und Tod und macht gewöhnlich kurzen Prozeß. Seine Kawaschen binden den Schuldigen und ertränken ihn ohne Weiteres im Meer.

Wollte man von der Schönheit und dem regen Leben des goldenen Horns mit der Feder einen anschaulichen Begriff geben, so würde man nicht fertig; denn der prächtige Hafen ist es hauptsächlich, der dem Anblick der ganzen Stadt einen so wunderbaren Reiz verleiht. Ungefähr in der Mitte seiner Länge ist er durch die neue schöne Brücke gesperrt, welche Achmed, der frühere Kapudan Pascha, im Jahr 1835 bauen ließ. Sie ist sechshundert siebenunddreißig Schritte lang und fünfundzwanzig breit. Statt wie unsere Schiffbrücken auf Pontons ruhend, wird sie durch einen Wald der längsten und schönsten Mastbäume, die aufrecht stehend eingesenkt sind, getragen. Sie führt von Konstantinopel nach den andern Ufer des Hafens, wo sich die Vorstädte Pera, Galata und Top-Chana erheben.

Von Scutary aus gesehen, liegen diese zur Rechten vor uns; ihre Häuser sind ebenso an den Hügeln hinangebaut, wie die Stambuls; doch bieten sie dem Auge einen weniger glänzenden Anblick, da sich über der dunkeln Häusermasse – der Türke erlaubt nämlich dem Ungläubigen keinen bunten Anstrich derselben – fast gar keine schlanken Thürme erheben.

Pera ist bekanntlich das Frankenviertel, das gar keine Moscheen hat. In Galata, dessen sehr schmutzige und holperige Gassen sich bis zum Hafen hinabziehen, haben ebenfalls Franken, doch mehr noch Armenier, Juden und ärmere Türken ihre Werkstätten und Laden aufgeschlagen. Das einzige hervorragende Bauwerk in Galata ist der auf der Höhe thronende, massive Thurm, der Thurm von Galata genannt. Er wurde von den Genuesern im Jahr 1348 erbaut. Man hat hier eine der schönsten Aussichten über die Stadt und die sie umgebenden Meere. An Galata grenzend, dicht am Ufer des Hafens, liegt Top-Ehana (Kanonen-Werkstatt). Schon Mohamed II. ließ eine christliche Kirche, die sich da befand, zur Stückgießerei umwandeln, und noch jetzt, wie schon der Name anzeigt, werden die groben Geschütze hier gegossen.

Einige Abwechselung in die schmutzige Einförmlichkeit der Häusermassen dieser drei Stadttheile bringt eine auf der Höhe von Pera liegende neue Kaserne, die mit ihrem weißen Anstrich freundlich hervortritt, sowie die vielen Cypressen des großen und kleinen türkischen Kirchhofs zu Pera, die man sonst nirgens in solcher Unzahl und Schönheit trifft. Der Engländer Walsh nimmt die Zahl der Seelen Stambuls zu fünfmalhunderttausend, die der Halbinsel Pera mit Galata und Top-Chana zu zweimalhunderttausend an, und die äußere Ansicht der Häusermassen widerspricht diesem Verhältniß nicht.

Neben Top-Chana, dicht am Ufer des Hafens, sieht man die Sommerwohnung des Sultans, ein langes, einstöckiges und sehr bunt bemaltes Gebäude, das, auf einer hellen mit Orangenbäumen besetzten Terrasse stehend, einen recht freundlichen Anblick gewährt; doch ist dieser Palast der Beherrscher der Gläubigen nur von Holz.

So lag Stambul in seiner ganzen Pracht und Herrlichkeit vor uns, und ich fühlte die Wahrheit der Worte Hammers, wenn er sagt: »Sie ist die Herrin zweier Erdtheile und zweier Meere, die geborene Beherrscherin Asiens und Europas, an beider Grenze auf sieben Bergen thronend. Von drei Seiten fluthenumgürtet, schaut sie von den sieben Gipfeln ihres Throns gegen Mittag auf die Propontis und den Ausfluß derselben, den fischreichen Hellespontos, gegen Osten auf den schlangengewundenen Bosporus und den als stürmisch übelberichtigten Pontos hin.« – Ja, es ist ein Gemälde, wie ich es nie gesehen, voll Lieblichkeit und Zauber. Und ganz zur Rechten ist das Bild begrenzt von der alten Veste Numili Hissiari, deren Wälle und Thürme keck am Gestade des Bosporus hinaufklettern und mit ihrem grauen Gemäuer eine dunkle Einfassung des lustigen, glänzenden Bildes vorstellen. Links ist der Rahmen zerfließender und großartiger. Da beginnt fast zu den Füßen des neuen Serails das Meer von Marmora, das mit seinen blauen Fluthen am äußersten Ende einige kleine Eilande umspült, die Prinzeninseln.

Als ich Konstantinopel zum ersten Mal in seiner ganzen Ausdehnung sah, war im Hafen und an seinen Ufern außer dem gewöhnlichen Leben, das die hin- und herfahrenden Boote verursachen, außer dem Geschrei der zahllosen Möven, die so zahm sind, daß man sie beinahe mit den Händen greifen kann, ehe sie kreischend davonfliegen, ein außerordentlicher Lärm. Seiner Hoheit war wieder eine neue Prinzessin geboren worden und die Türken bemühten sich, die Freude ihres Herzens durch zahlreiche Kanonensalven kundzugeben. Von sechs Seiten knallte es oft zugleich. Am neuen Serail standen zwei Batterieen, ebenso an der Residenz des Sultans und die Artilleristen in Top-Chana suchten zwei türkische Fregatten zu überdonnern, die, in der Mitte des Hafens liegend, den meisten Lärm machten. Die ganze Wassermasse war in solchen Augenblicken mit Dampf bedeckt, der sich wie ein Nebel vor unser kleines Kaik lagerte. Als wir zurückfuhren, begrüßten wir noch den Leanderthurm, der einsam auf dem Felsen Damalis steht, eine Schildwache des goldenen Horns. Von ihm wurden in Kriegszeiten eiserne Ketten nach dem Thurme an der Spitze des neuen Serails gezogen, die den Paß zwischen dem Bosporus und der Propontis sperren sollten. Hätte ich damals, als ich die Schöne des ganzen Bildes in mein Herz aufgenommen, ebenfalls Ketten vor dasselbe ziehen können, die nichts hinausließen, so könnte ich Manches wiedergeben, was mir der Drang späterer Ereignisse entführt hat.


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