Jacob und Wilhelm Grimm
Kinder- und Hausmärchen
Jacob und Wilhelm Grimm

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

187. Der Hase und der Igel

Disse Geschicht is lögenhaft to vertellen, Jungens, aver wahr is se doch, denn mien Grootvader, von den ick se hew, plegg jümmer, wenn he se mie vortüerde (mit Behaglichkeit vortrug), dabi to segen: »Wahr mutt se doch sien, mien Söhn, anners kunn man se jo nich vertellen.« De Geschicht hett sick aber so todragen.

Et wöör an enen Sündagmorgen tor Harvesttied, jüst as de Bookweeten bloihde, de Sünn wöör hellig upgaen am Hewen, de Morgenwind güng warm över de Stoppeln, de Larken süngen inn'r Lucht (Luft), de Immen sumsten in den Bookweeten un de Lühde güngen in ehren Sündagsstaht nah'r Kerken, un alle Kreatur wöör vergnögt, un de Swinegel ook.

De Swinegel aver stund vör siener Döhr, harr de Arm ünnerslagen, keek dabi in den Morgenwind hinut un quinkeleerde en lütjet Leedken vör sick hin, so good un so slecht as nu eben am leewen Sündagmorgen en Swinegel to singen pleggt. Indem he nu noch so half liefe vör sick hin sung, füll em up eenmal in he künn ook wol, mittlerwiel sien Fro de Kinner wüsch un antröcke, en beeten in't Feld spazeeren un tosehen, wie sien Stähkröwen stünden. De Stähkröwen wöören aver de nöchsten bi sienem Huuse, un he pleggte mit siener Familie davon to eten, darum sahg he se as de sienigen an. Gesagt, gedahn. De Swinegel matte de Huusdöör achter sick to un slög den Weg nah'n Felde in. He wöör noch nich gans wiet von Huuse un wull jüst um den Glöbusch (Schlehenbusch), de dar vörm Felde liggt, nah den Stähkröwenacker hinup dreien, as em de Has bemött, de in ähnlichen Geschäften nutgahn wöör, nämlich um sienen Kohl to besehn. As de Swinegel den Hasen ansichtig wöör so böhd he em en fründlichen go'n Morgen. De Has aver, de up siene Wies en vörnehmer Herr was, un grausahm hochfahrtig dabi, antwoorde nicks up den Swinegel sienen Gruß, sondern segte tom Swinegel, wobi he en gewaltig höhnische Miene annöhm: »Wie kummt et denn, dat du hier all bi so frohem Morgen im Felde rumlöppst?« »Ick gah spazeeren.« segt de Swinegel. »Spazeeren?« lachte de Has, »mi ducht, du kunnst de Been ook wol to betern Dingen gebrunken.« Disse Antword verdrööt den Swinegel ungeheuer, denn alles kunn he verdregen, aber up siene Been laet he nicks komen, eben weil se von Natuhr scheef wöören. »Du bildst di wol in,« segt nu de Swinegel tom Hasen, »as wenn du mit diene Beene mehr utrichten kunnst?« »Dat denk ick.« segt de Has. »Dat kummt up'n Versöök an,« meent de Swinegel, »ick pareer, wenn wi in de Wett loopt, ick loop di vörbi.« »Dat is tum Lachen, du mit diene scheefen Been,« segt de Has, »aver mienetwegen mach't sien, wenn du so övergroote Lust hest. Wat gilt de Wett?« »En goldne Lujedor un'n Buddel Branwien,« segt de Swinegel. »Angenahmen,« spröök de Has, »sla in, un denn kann't gliek los gahn.« »Nä, so groote Ihl hett et nich,« meen de Swinegel, »ick bün noch gans nüchdern; eerst will ick to Huus gahn un en beeten fröhstücken, inner halwen Stünd bün ick wedder hier upp'n Platz.«

Damit güng de Swinegel, denn de Has wöör et tofreeden. Ünnerwegs dachte de Swinegel bi sick: »De Has verlett sick up siene langen Been, aver ick will em wol kriegen. He is zwar ehn vörnehm Herr, aver doch man'n dummen Keerl, un betahlen sall he doch.« As nu de Swinegel to Huuse ankööm, spröök he to sien Fro: »Fro, treck die gau (schnell) an, du must mit mi nah'n Felde hinuut.« »Wat givt et denn?« segt sien Fro. »Ick hew mit'n Hasen wett't üm'n golden Lujedor un'n Buddel Branwien, ick will mit em inn Wett loopen, un da salst du mit dabi sien.« »O mien Gott, Mann,« füng nu den Swinegel sien Fro an to schreen, »büst do nich klook, hest du denn ganz den Verstand verlaaren? Wie kannst du mit den Hasen in de Wett loopen wollen?« »Holt dat Muul, Wief,« segt de Swinegel, »dat is mien Saak. Resonehr nich in Männergeschäfte. Marsch, treck di an un denn kumm mit.« Wat sull den Swinegel sien Fro maken? Se mußt wol folgen, se mugg nu wollen oder nich.

As se nu miteenander ünnerwegs wöören, spröök de Swinegel to sien Fro: »Nu paß up, wat ick seggen will. Sühst du, up den langen Acker dar wüll wi unsen Wettloop maken. De Has löppt nemlich in der eenen Föhr (Furche) un ick inner andern, un von baben (oben) fang wie an to loopen. Nu hast du wieder nicks to dohn, as du stellst di hier unnen in de Föhr, un wenn de Haas up de andere Siet ankummt, so röpst du em entgegen: »Ick bin all (schon) hier.«

Damit wöören se bi den Acker anlangt, de Swinegel wiesde siener Fro ehren Platz an, un gung nu den Acker hinup. As he baben ankööm, wöör de Has all da. »Kann et losgahn?« segt de Has. »Jawol,« segt de Swinegel. »Denn man to!« Un damit stellde jeder sick in siene Föhr. De Has tellde (zählte): »Hahl een, hahl twee, hahl dree,« un los güng he wie en Stormwind den Acker hindahl (hinab). De Swinegel aver lööp ungefähr man dree Schritt, dann duhkde he sick dahl (herab) in de Führ un bleev ruhig sitten.

As nu de Has in vullen Loopen ünnen am Acker ankööm, rööp em den Swinegel sien Fro entgegen: »Ick bün all hier.« De Has stutzd un verwunderde sick nich wenig: he meende nich anders als et wöör de Swinegel sülvst, de em dat torööp, denn bekanntlich süht den Swinegel sien Fro jüst so uut wie ehr Mann. De Has aver meende: »Datt geiht nich to mit rechten Dingen.« He rööp: »Nochmal geloopen, wedder üm!« Un fort güng he wedder wie en Stormwind, dat em de Ohren am Koppe flögen. Den Swinegel sien Fro aver blev ruhig up ehren Platze. As nu de Has baben ankööm, roop em de Swinegel entgegen: »Ick bün all hier.« De Has aver, ganz uuter sick vör Ihwer (Ärger), schreede: »Nochmal geloopen, wedder üm!« »Mi nich to schlimm,« antwoorde de Swinegel, »mienetwegen so oft as du Lust hest.« So löp de Has noch dreeunsöbentigmal, un de Swinegel höhl (hielt) et ümmer mit em uut. Jedesmal, wenn de Has ünnen oder baben ankööm, segten de Swinegel oder sien Fro: »Ick bün all hier.«

Tum veerunsöbentigstenmal aver küm de Has nich mehr to ende. Midden am Acker stört he tor Eerde, datt Blohd flög em utn Halse un he bleev doot upn Platze. De Swinegel aver nöhm siene gewunnene Lujedor un den Buddel Branwien, rööp siene Fra uut der Föhr aff, un beide güngen vergnögt mit eenanner nah Huus; un wenn se nich storben sünd, lewt se noch.

So begev et sick, dat up der Buxtehuder Heid de Swinegel den Hasen dodt lopen hett, un sied jener Tied hatt et sick keen Has wedder infallen laten mit'n Buxtehuder Swinegel in de Wett to lopen.

De Lehre aver uut disser Geschicht is erstens, datt keener, un wenn he sick ook noch so vörnehm dücht, sick sall bikommen laten, övern geringen Mann sick lustig to maken, un wöört ook man'n Swinegel. Un tweetens, datt et gerahden is, wenn eener freet, datt he sick 'ne Fro uut sienem Stande nimmt, un de jüst so uutsüht as he sülwst. Wer also en Swinegel is, de mutt tosehn, datt siene Fro ook en Swinegel is, un so wieder.

* * *

 


 << zurück weiter >>