Jacob und Wilhelm Grimm
Kinder- und Hausmärchen
Jacob und Wilhelm Grimm

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173. Rohrdommel und Wiedehopf

Wo weidet ihr Eure Herde am liebsten?« fragte einer einen alten Kuhhirten. »Hier, Herr, wo das Gras nicht zu fett ist und nicht zu mager; es thut sonst nicht gut.« »Warum nicht?« fragte der Herr. »Hört ihr dort von der Wiese her den dumpfen Ruf?« antwortete der Hirt, »das ist die Rohrdommel, die war sonst ein Hirte und der Wiedehopf war es auch. Ich will Euch die Geschichte erzählen.

Die Rohrdommel hütete ihre Herde auf fetten grünen Wiesen, wo Blumen im Ueberfluß standen, davon wurden ihre Kühe mutig und wild. Der Wiedehopf aber trieb das Vieh auf hohe dürre Berge, wo der Wind mit dem Sand spielt, und seine Kühe wurden mager und kamen nicht zu Kräften. Wenn es Abend war und die Hirten heimwärts trieben, konnte Rohrdommel ihre Kühe nicht zusammenbringen, sie waren übermütig und sprangen ihr davon. Sie rief: ›Bunt, herüm‹ (bunte Kuh, herum), doch vergebens, sie hörten nicht auf ihren Ruf. Wiedehopf aber konnte sein Vieh nicht auf die Beine bringen, so matt und kraftlos, war es geworden. ›Up, up, up!‹ schrie er, aber es half nicht, sie blieben auf dem Sande liegen. So geht's, wenn man kein Maß hält. Noch heute, wo sie keine Herde mehr hüten, schreit Rohrdommel: ›Bunt, herüm,‹ und der Wiedehopf: ›Up, up, up!‹«

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