Nikolai Gogol
Furchtbare Rache
Nikolai Gogol

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5

Wie gut, daß du mich wecktest!« sprach Katherina. Sie rieb die Augen mit dem gestickten Ärmel ihres Hemdes und musterte Danilo freudig vom Kopf bis zu den Füßen. »Ich hab' so furchtbar schwer geträumt. Es lag ein Alb auf meiner Brust, daß ich nicht atmen konnte! Ich fühlte meinen Tod!«

»Was hat dir denn geträumt? War es nicht dies?« Und Burulbasch erzählte, was er gesehen hatte.

»Wie kannst du das denn wissen, mein Gemahl?« rief Katherina staunend. »Doch nein, gar viel von dem, was du erzählst, kam nicht in meinem Traume vor. Nein, ich hab' nicht geträumt, daß mir der Vater das Mütterlein erstach; auch von den Leichen, welche aus dem Grabe steigen, hab' ich im Traume nichts gesehn. Nein, nein, Danilo, es war nicht so, wie du erzählst. – O Gott im Himmel, was für ein schlimmer Mann mein Vater ist . . .!«

»Mich nimmt's nicht wunder, daß du so manches nicht gesehen hast. Du weißt ja nicht den zehnten Teil von dem, was deine Seele weiß. Weißt du auch, daß dein Vater der – Böse ist? Erst letztes Jahr, als ich mit den Polacken den Kriegszug gegen die Tataren machte – ich hatte mich ja leider Gottes mit dem Verrätervolk verbündet –, da sagte mir im Brüderkloster der Prior selbst – und, Weib, das ist ein heiliger Mann –, der Böse hätte Macht, die Seele jedes Menschen zu beschwören. Denn wenn der Mensch im Schlafe liegt, kann seine Seele wandeln. – Ich hatte ja in früheren Zeiten nie deines Vaters Angesicht gesehn. Hätt' ich gewußt, daß du den Mann zum Vater hast, – du wärest nie mein Weib geworden. Verlassen hätt' ich dich und nicht die Sünde auf mein Herz geladen, mich mit des Bösen Sippschaft zu verschwägern.

»Danilo!« rief Katherina und schlug weinend die Hände vors Gesicht. »Hab' ich mich gegen dich vergangen? Hab' ich dir je mein Wort gebrochen, mein Herr und mein Gemahl? Verdien' ich deinen Zorn? War ich nicht deine treue Magd? Hab' ich dir je ein böses Wort gesagt, wenn du mit einem Rausch vom lustigen Gelage kamst? Ist nicht der Knabe mit den schwarzen Brauen mein Sohn wie deiner?«

»Hör auf zu weinen, Katherina! Jetzt kenn' ich dich und lass' dich nicht um alles in der Welt. Die Sünde fällt allein auf deinen Vater.«

»Nein, nenne ihn nicht meinen Vater! Er ist mein Vater nicht. Vor Gottes Angesicht sag' ich ihm ab, sag' ich dem Vater ab! Der Böse ist er! Ein gottvergessener Schurke ist er! Zugrunde soll er gehn! Er mag ertrinken, – ich strecke keine Hand aus, ihn zu retten. Verdorren mag sein Hals, – ich reich' ihm keinen Tropfen Wasser. Nur du bist mir von heute an mein Vater!«

 


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