Johann Wolfgang von Goethe
Geschichte Gottfriedens von Berlichingen mit der eisernen Hand
Johann Wolfgang von Goethe

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Fünfter Aufzug

Nacht
Wilder Wald

Zigeunerinnen beim Feuer kochen.

Älteste Zigeunerin
Im Nebel Geriesel im tiefen Schnee,
Im Wilden Wald in der Winternacht.
Ich hör der Wölfe Hungergeheul,
Ich hör der Eule schrein.

Alle
    Wille wau wau wau
    Wille wo wo wo

Eine
    Withe hu.

Alte Zigeunerin
Mein Mann der schoß ein' Katz am Zaun,
War Anne der Nachbarin schwarze liebe Katz.
Da kamen des Nachts sieben Werwölf zu mir,
Warn sieben sieben Weiber vom Dorf.

Alle
    Wille wau pp.

Alte Zigeunerin
Ich kannt sie all, ich kannt sie wohl
S war Anne mit Ursel und Kett
Und Reupel und Bärbel und Lies und Gret,
Sie heulten im Kreis mich an.

Alle.
    Wille wau.

Alte Zigeunerin
Da nannt ich sie all beim Namen laut
Was willst du Anne was willst du Kett.
Da rüttelten sie sich. Da schüttelten sie sich.
Und liefen und heulten davon.

Alle
    Wille wau pp.

1. Zigeunerin Brauner Sohn, schwarzer Sohn, kommst du, was bringst du.

Sohn Einen Hasen Mutter da! – Einen Hamster. Ich bin naß durch und durch.

Mutter Wärm dich am Feuer, trocken dich.

Sohn S' is Tauwetter. Zwischen die Felsen klettert ich, da kam der Strom, der Schnee strom schoß mir um die Bein', ich watet, und stieg und watet.

Mutter Die Nacht is finster.

Sohn Ich kam herab ins tiefe Tal, sprang auf das trockne, längst am Bach schlich ich her, das Irrlicht saß im Sumpfgebüsch ich schwieg und schaudert nicht, und ging vorbei.

Mutter Du wirst dein Vater Junge, ich fand dich hinterm dürren Zaun im tiefen November im Harz.

 

Hauptmann. 4 Zigeuner

Hauptmann Hört ihr den wilden Jäger.

1. Zigeuner Er zieht grad über uns hin.

Hauptmann Das Hundegebell, wau! wau!

2. Zigeuner Das Peitschen geknall!

3. Zigeuner Das Jagdgeheul holla ho! holla ho.

Zigeunerin Wo habt ihr den kleinen Jungen meinen Wolf.

Hauptmann Der Jäger gestern lernt ihn ein fein Waidmanns Stückgen, Reuter zu verführen daß sie meinen sie wären beisammen und sind weit aus einander. Er lag die halb Nacht auf der Erd bis er Pferde hörte er ist auf die Straß hinaus. Gebt was zu essen.

sie sitzen ums Feuer und essen.

Zigeuner Horch ein Pferd.

Adelhaid (allein zu Pferd) Hilf heilige Mutter Gottes wo bin ich, wo sind meine Reuter! Das geht nicht mit rechten Dingen zu. Ein Feuer! Heilige Mutter Gottes walte walte.

Ein Zigeuner und die Alte gehn auf sie los.

Sei gegrüßt Blanke Mueter! Wo kommst du her. Komm an unsern Herd komm an unsern Tisch, nimm vorlieb wie du's findst.

Adelhaid Habt Barmherzigkeit. Ich bin verirrt, meine Reuter sind verschwunden.

Hauptmann (zu den andern) Wolf hat sein Probstück brav gemacht, (laut) Komm komm und fürcht nichts. Ich bin der Hauptmann des armen Völkleins. Wir tun niemanden Leids, wir säuberns Land vom Ungeziefer, essen Hamster Wieseln und Feldmaus. Wir wohnen an der Erd, und schlafen auf der Erd, und verlangen nichts von euern Fürsten als den dürren Boden auf eine Nacht, darauf wir geboren sind, nicht sie.

Zigeunerin Setz dich blanke Mueter, auf den dürren Stamm ans Feuer. Ein harter Sitz. Da hast du die Deck in die ich wickle, setz dich drauf.

Adehaid Behaltet euer Kleid.

Zigeunerin Es friert uns nicht, gingen wir nackend und bloß. Es schauert uns nicht vorm Schneegestöber, wenn die Wölfe heulen, und Spenster krächzen, wenn's Irrlicht kommt und der feurige Mann. Blanke Mueter, schöne Mueter sei ruhig du bist in guter Hand.

Adelhaid Wolltet ihr nicht ein Paar ausschicken, meinen Knaben zu suchen und meine Knechte. Ich will euch reichlich belohnen.

Hauptmann Gern! Gern! (heimlich) geht hin und sucht Wolfen, ich biet ihm er soll den Zauber auftun.

Zigeunerin Gib mir deine Hand, seh mich an, Blanke Mueter schöne Mueter daß ich dir sage die Wahrheit die gute Wahrheit.

Adelhaid reicht ihr die Hand.

Zigeunerin Ihr seid vom Hof – Geht an Hof! Es ehren und lieben euch Fürsten und Herrn. Bl[anke] M[ueter] sch[öne] M[ueter] ich sag dir die Wahrheit, die gute Wahrheit.

Adelhaid Ihr lügt nicht.

Zigeunerin Drei Männer kriegt ihr. Den ersten habt ihr – Habt ihr den zweiten so kriegt ihr den Dritten auch. Blanke Mueter pp.

Adelhaid Ich hoff's nicht.

Zigeunerin Kinder Kinder! schöne Kinder seh ich, wie die Mueter wie der Vater. Edel, schön. Blanke Mueter pp.

Adelhaid Diesmal verfehlt ihr sie ich hab keine Kinder.

Zigeunerin Kinder seh ich schöne Kinder, mit dem letzten Mann dem schönsten Mann. Blanke Mueter pp. Viel Feind habt ihr, viel Feind kriegt ihr. Ein's steht euch im Weg, jetzt liebt ihrs. Blanke Mueter pp.

Adelhaid Schlimme Wahrheit.

Sohn setzt sich nah zur Adelhaid, sie rückt.

Zigeunerin Das ist mein Sohn! Seh ihn an! Haare wie ein Dornstrauch, Augen wie's Irrlicht auf der Heide. Meine Seel freut sich wenn ich ihn seh. Seine Zahn wie Helfenbein. Da ich ihn gebar druckt ich ihm das Nasbein ein. Wie er stolz und wild sieht. Du gefällst ihm Blanke Mueter.

Adelhaid Ihr macht mir bang.

Zigeunerin Er tut dir nichts. Bei Weibern ist er mild wie ein Lamm, und reißend wie ein Wolf in der Gefahr. Künste kann er wie der ältste. Er macht daß dem Jäger die Buchs versagt daß's Wasser nicht löscht daß Feuer nit brennt. Sieh ihn an blanke Mueter du gefällst ihm. Laß ab Sohn du ängstest sie – Schenk uns was Blanke Mueter wir sind arm. Schenk uns was.

Adelhaid Da habt ihr meinen Beutel.

Hauptmann Ich mag ihn nicht, wir sind keine Räuber. Gib ihr was aus dem Beutel für die gute Wahrheit. Gib mir was für die andern die gegangen sind. Und behalt den Beutel.

Adelhaid gibt.

Zigeunerin Ich will dich was lernen. (Sie redet heimlich. Sohn nähert sich der Adelheid – Und wirfs in fließend Wasser. Wer dir im Weg steht Mann oder Weib, er muß sich verzehren, und verzehren und sterben.

Adelhaid Mir graust.

Sohn rückt näher Adelheid will aufstehn. er hält sie.

Adelhaid Um Gotteswillen Laßt mich.

Sohn (beißt die Zähne zusammen und hält sie) Du bist schön.

Adelhaid Wehrt euerm Sohn Mutter.

Zigeunerin Er tut dir kein Leids.

Adelhaid will los, Zigeuner faßt sie mit beiden Armen, und will sie küssen.
    Adelhaid schreit.
Ai!

 

Franz, Sickingen, Reuter

Zigeuner läßt los.

Franz (springt vom Pferd) Sie ists! Sie ists!

|: er läuft zu ihr fällt vor ihr nieder und küßt ihr die Hände :|

Adelhaid Willkommen Franz.

|: Franz fällt in Ohnmacht ohne daß Sies merkt :|

Sickingen Sehr edle Frau, ich find euch in fürchterlicher Gesellschaft.

Adelhaid Sie ist menschenfreundlicher als sie aussieht. Und doch edler Ritter erscheint ihr mir wie ein heiliger des Himmels erwünscht wie unverhofft.

Sickingen Und ich find euch wie einen Engel, der sich in eine Gesellschaft verdammter Geister herabließ sie zu trösten.

Adelhaid Franz! Wehe helft ihm! Er stirbt.

|: Zigeuner eilen hinzu :|

Alte Zigeunerin Laßt mich.

Sickingen Eine gleiche Angst hab ich nie gesehen, als der Knab um euch hatte, der Schmerz war mit seiner Seele so vereinigt, daß plötzliche Freude die ihn vertreiben wollte den Geist zugleich mit ausjagte.

Franz Wo ist sie. Sie bringen sie um! ihr garstigen Leute. Wo ist sie.

Adelhaid Sei ruhig, ich bin da.

Franz (nimmt ihre Hand) Seid ihrs. Liebe gnädge Frau ihr seht noch einmal so schön, in der schröckligen Nacht, bei dem ängstlichen Feuer. Ach wie lieb hab ich euch.

Sickingen (zum Hauptmann) Wer seid ihr.

Hauptmann Ich bin Johann von Löwenstain aus klein Egypten Hauptmann des armen Volks der Zigeuner. Fragt die edle Frau wie wir verirrten begegnen. Wir selbst irren in der Welt herum, verlangen nichts von euch als wüste Heide dürres Gesträuch zum Aufenthalt auf eine Nacht, und Luft und Wasser.

Sickingen Das begehrt ihr, und das andre nehmt ihr.

Hauptmann Wer uns was schenkt dem nehmen wir nichts. Dem geizigen Bauern holen wir die Enten, er schickt uns fort da wir um ein Stück Brot bettelten. Wir säuberns Land vom Ungeziefer, und löschen den Brand im Dorf, wir geben der Kuh die Milch wieder, vertreiben Warzen und Hühneraugen, unsre Weiber sagen die Wahrheit, die gute Wahrheit.

Sickingen Will einer um ein Trinkgeld den Weg nach dem nächsten Dorfe zeigen. Ihr werdet der Ruhe nötig haben gnädge Frau, und euer Knab einiger Verpflegung. Darf ich euch bis in die Herberge begleiten.

Adelhaid Ihr kommt meiner Bitte zu vor. Darf ich fragen wohin euer Weg geht.

Sickingen Nach Augsb[urg].

Adelhaid Das ist der meinige.

Sickingen Ihr mögt also wollen oder nicht so habt ihr einen Knecht mehr in eurem Gefolge.

Adelhaid Einen erwünschten Gesellschafter an meiner Seite.

Franz (vor sich) Was will nun der!

Adelhaid Wir wollen aufsitzen Franz. Lebt wohl ihr fürchterliche Wandrer, ich dank euch für freu[n]dliche Bewirtung.

Hauptmann Wenn man uns Unrecht tut führt unser Wort, ihr seid groß bei Hofe.

Alte Alle Gute geister geleiten dich blanke Mueter, denk an mich wenn dirs geht wie ich gesprochen hab.

Sickingen hält Adelhaid den Steigbügel.

Franz (drängt ihn Weg) Das ist meine Sache Herr Ritter.

Sickingen (lächelt) Du machst Prätensionen.

|: er hilft Adelhaid aufs Pferd :|

Franz (heimlich) Der ist unausstehlich.

Adelhaid Adieu.

Vice Versa

Lebt wohl. Gott geleit euch. Adieu.

ab.

 

Nacht Eine halbverfallne Kapelle auf einem Kirchhof.

Anführer der Bauern Rebellion.

Georg Metzler von Ballenberg (kommt) Wir haben sie! Ich hab sie!

Hans Linck Brav! Brav! Wen alles.

Georg Metzler Otten von Helfenstein, Nagel von Eltershofen – laßt mich die übrigen vergessen. Ich hab Otten von Helfenstein!

Jakob Köhl Wo hast du sie.

Metzler Ich sperrt sie ins Beinhäusel nahe hierbei, und stellt meine Leute davor. Sie mögen sich mit den Schädeln besprechen. Es sind gewiß von denen Unglückseligen drunter die ihre Tyrannei zu Tode gequält hat. Brüder wie ich den Helfenstein in meinen Händen hatte, ich kann euch nicht sagen wie mir war! Als hätt ich die Sonn in meiner Hand und könnte Ball mit spielen.

Linck Bist du noch der Meinung, daß man sie morgen ermorden soll.

Metzler Morgen, heute noch es ist schon über mitternacht. Seht wie die Gebürge von der widerscheinenden Glut ihrer Schlösser in glühendes Blut getaucht daherum liegen. Sonne komm, Sonne komm! Wenn dein erster gebrochner Strahl rot dämmert und sich mit dem fürchterlichen Schein der Flamme vereinigt. Dann wollen wir sie hinaus führen, mit Blutroten Gesichtern wollen wir dastehn, und unsre Spieße sollen, sollen aus hundert Wunden ihr Blut zapfen. Nicht ihr Blut! Unser Blut. Sie gebens nur wieder wie Blutigel. Ha. Keiner ziele nach dem Herzen. Sie sollen verbluten, wenn ich sie ein Jahr hundert bluten sähe meine Rache würde nicht gesättigt. O Mein Bruder! mein Bruder! Er ließ dich in der Verzweiflung sterben! Armer Unglücklicher, die Flammen des Fegfeuers quälen dich rings um. Aber du sollst tropfen der Linderung haben, alle seine Blutstropfen. Ich will meine Hände drein tauchen, und wenn die Sonne heraufgeht, Soll sie zugleich sehen mich mit seinem Blute und die Felsen durch die Flamme seiner Besitztümer gefärbt.

Wache Ein Weib ist draus, mit einem Kind auf dem Arme. Sie jammert und will zu den Hauptleuten.

Link Schickt sie fort.

Metzler Nein Brüder laßt sie herein. Wer sie auch ist ihr Jammern soll wie ein Käuzgen den schnellen Tod ihres Mannes verkünden.

 

Gemahlin. Sohn

[Gemahlin] Gebt mir meinen Mann. Laßt mich ihn sehen. Der Knabe schreit. Sei ruhig Junge, das was dir fürchterlich scheint ist ein Himmel gegen meiner Qual. Gebt mir meinen Mann ihr Männer. Um Gottes Barmherzigkeit willen.

Metzler Barmherzigkeit. Nenne das Wort nicht. Wer ist dein Mann.

Gemahlin Otto –

Metzler Nenn ihn nicht aus den verruchten Namen. Ich möchte von Sinnen kommen, und deinen Knaben hier wider den geheiligten Altar schmettern.

Gemahlin (zu den andern) Sind eure Eingeweide auch eisern wie eure Kleider. Rührt euch mein Jammer nicht.

Metzler Barmherzigkeit. Das soll das Losungswort sein wenn wir sie morden.

Gemahlin Wehe! Wehe!

Metzler Wie der giftige Drache, dein Mann, meinen armen Bruder, und noch drei Unglückliche in den tiefsten Turn warf. Weil sie mit Hungricher Seele seinen Wald eines Hirsches beraubt hatten ihre armen Kinder und Weiber zu speisen. – Wir jammerten und baten. So kniete die arme Frau wie du kniest, und so stund der Wütrich wie ich stehe –

Ich wollte diesen Platz nicht um einen Stuhl im Himmel tauschen – Da flehten wir auch Barmherzigkeit, und mehr als ein Knabe jammerte drein. – Damals lernt ich was ich übe – Er stund der Abscheu wie ein ehrener Teufel, stund er und grinste uns an. Verfaulen sollen sie lebendig und verhungern im Turn knirscht er. Damal war kein Gott für uns im Himmel, jetzt soll auch keiner für ihn sein.

Gemahlin Ich umfaß eure Knie gebt mir ihn wieder.

Metzler Top! Wenn ihr mir meinen Bruder wiederschafft.

|: er stößt sie weg,
knirscht und hält die Stirne mit beiden Händen :|

Halt es aus o mein Gehirn diese wütende Freude. Bis ich sein Blut habe fließen sehen, dann reiß. An der Erde seine geliebte Frau – Weh! Bruder das ist tausen[d Seel]messen wert.

Gemahlin Laßt mich sie sehn. Mein Jam[mer] wird mich verzehren.

Metzler Komm (er nimmt sie bei der Hand und führt sie an die Mauer) Lege dein Ohr hier wider du wirst sie ächzen hören, in dem Gewölbe hierbei auf Todengebein ist ihre Ruhstätt. – Du hörst nichts. Ihr Jammer ist ein frühlingslüftgen – – – Er lag im Tiefen Turn und seine Gesellen bei ihm. Ich kam des Nachts, und lehnt mein Ohr an. Da hört ich sie heulen ich rief und sie hörten mich nicht. Drei Nacht kam ich ich zerkratzte die Mauer mit Nägeln und zerbiß sie mit Zähnen. – Die vierte hört ich nichts mehr nicht mehr. Keinen Schrei kein Äch[zen]. Ich horchte auf das Ächzen das Schrein wie ein Mädgen auf die Stimm ihres Geliebten – Der Tod war stumm – ich wälzte mir an der Erde und riß sie auf, und warf mich in Dornsträucher, und fluchte bis der Morgen kam. Heiße höllenheiße Flüche – über das Mördergeschlecht.

Gemahlin (wirft sich vor ihn an die erde) Gib mir meinen Mann.

Metzler tritt nach ihr.

Gemahlin Weh mir.

Kohl Steh auf und geht. Es ist Raserei sich in den Pfad seines Grimms zu werfen.

Gemahlin Es hört kein Gott mehr.

Metzler Wohl wohl. hätte er damals gehört ein schneller Blitz hätte deine Türne niedergebrannt, und hätte mir die Wonne geraubt selbst in deinen Gemächern herum zu sengen. Sieh da hinaus wies Glüht. Kleiner Junge sieh das schöne Feuergen – Ah.

Kohl Geht! geht! Eure Gegenwart nährt seine Rache.

Gemahlin ab.

Linck Ich sinne drauf Bruder wenn sie tot sind was wir weitern vornehmen.

Kohl Wir müssen suchen der Sache einen Schein zu geben.

Linck Ich dachte ob wir nicht Gottfrieden von Berlichingen zum Hauptmann machen sollten. Es fehlt uns ein Anführer, von Kriegserfahrenheit und Ansehn.

Kohl Er wirds nicht tun.

Metzler Wir wollens ihn lernen. Bring ihm den Dolch an die Haut. Und den Feuerbrand ans Dach, er wird sich geschwind entschließen.

Linck Er würde uns von großem Nutzen sein.

Metzler Er soll. Wir sind einmal im Metzeln, es kommt mir auf einen mehr nicht an. Sieh! Sieh! Es dämmert. Der Osten Färbt sich bleich.

|: er nimmt seinen Spieß :|

Auf! Ihre Seelen sollen mit dem Morgennebel steigen. Und dann. Stürm stürm Winterwind, und zerreiß sie, und heul sie tausend Jahr um den erdkreis herum und noch tausend, bis die Welt in Flammen aufgeht, und dann mitten mitten mit Ihnen ins Feuer.

ab.

 

Adelhaidens Vorzimmer

Franz (mit einem Briefe) Sie liebt mich nicht mehr, der verdammte Sickingen hat mich verdrängt. Ich haß ihn, und soll ihm den Brief bringen, o daß ich das Papier vergiften könnte. Ich soll ihn heute Nacht heimlich zu ihr führen. In die Hölle! – Wenn sie mir liebkost weiß ich voraus, sie will mich zahm machen, dann sagt sie hinten drein, lieber Franz tu dies tu das. Ich kanns ihr nicht abschlagen, und rasend mögt ich werden indem ich ihr folge – Ich will nicht gehen, soll ich meinen Herren meinen guten Herrn verraten, der mich liebt wie seinen jüngern Bruder, um eines wankelmütigen Weibs willen.

Adelhaid (kommt) Du bist noch nicht weg.

Franz Werd auch nicht gehen, da habt ihr euern Brief wieder.

Adelhaid Was kommt dir ein.

Franz Soll ich ein Verräter an meinem guten Herren sein.

Adelhaid Wo bist du das Gewissen so geschwind begegnet. Deinen Herrn verraten! Welche Grille. Du tust ihm einen wahren Dienst. Indem Sicking und er öffentlich getrennt sind, und er doch von großem Gewicht ist bleibt keine Kommunikations Art mit ihm übrig als die, ihm heimlich zu schreiben und heimlich mit ihm zu reden.

Franz Um Mitternacht in eurem Schlafzimmer. Es mag ein recht politischer Kommunikations Punkt sein der euch zusammen bringt.

Adelhaid (imponierend) Franz.

Franz Und mich zum Unterhändler zu machen.

Adelhaid Gib mir den Brief wieder. Ich hielt dich für was anders.

Franz Gnädge Frau.

Adelhaid Gib! gib! Du wirst unnütz. Und kannst gehn, und nach Belieben meine Geheimnisse verraten. Deinem guten Herrn, und wem du willst. Ich war die Närrin dich für was zu halten was du nicht bist. Gib mir den Brief und geh.

Franz Liebe gnädge Frau zürnt nicht. Ihr wißt daß ich euch liebe.

Adelhaid Und ich hielt dich – du weißts! das hat dich übermütig gemacht. Du warst mein Freund, meinem Herzen so nah. Geh nur geh, gib mir den Brief, und belohne mein Vertrauen mit Verrat.

Franz Laßt mich ich will euch gehorchen, eh wollt ich mir das Herz aus dem Leibe reißen, als den ersten Buchstaben eures Geheimnisses verschwätzen. Liebe Frau. – Wenn diese Ergebenheit nichts mehr verdient als andre sich vorgezogen zu sehen –

Adelhaid Du weißt nicht was du willst, noch weniger was du redst. Wanke nicht von deiner Lieb und Treu. – und der schönste Lohn soll dir werden.

ab.

Franz Der schönste Lohn. Ich fliege! Wenn sie Wort hält! Das würd ein Jahrtausend vergangner Höllenqualen, in einem Augewink aus meiner Seele verdrängen.

ab.

 

Jaxthaussen

Elisabeth. Lersee

Lersee Tröstet euch gnädge Frau!

Elisabeth Ach Lersee, die Tränen stunden ihm in den Augen wie er Abschied von mir nahm. Es ist grausam, grausam!

Lersee Er wird zurückkehren.

Elisabeth Es ist nicht das. Wenn er auszog rühmlichen Sieg zu erwerben, da war mirs nicht bang um's Herz. Ich freute mich auf seine Rückkunft, vor der mir jetzt bang ist.

Lersee Ein so edler Mann –

Elisabeth Nenn ihn nicht so das macht neu elend. Die Bösewichter sie drohten ihn zu ermorden und sein Schloß zu seinem Scheiterhaufen zu machen. Wenn er wiederkommen wird. Ich sehe ihn finster. Seine Feinde werden lügenhafte Klag Artikel schmieden, und er wird nicht sagen können, nein!

Lersee Er wird, und kann.

Elisabeth Er hat seinen Bann gebrochen. Sag nein.

Lersee Nein! Er ward gezwungen, wo ist der Grund ihn zu verdammen.

Elisabeth Die Bosheit sucht keine Gründe nur Ursachen, nur Winke. Er hat sich zu Rebellen, Missetätern Mördern gesellt, ist an ihrer Spitze gezogen. Sage nein!

Lersee Laßt ab euch zu quälen, und mich. Haben sie ihm nicht selbst feierlich zugesagt, keine Tathandlungen mehr zu unternehmen wie die bei Weinsberg. Hörtet ihr sie nicht selbst, halb reuig sagen, wenn nicht geschehen wär geschähs vielleicht nie. Müssen nicht Fürsten und Herren ihm dank sagen, wenn er freiwillig Führer eines unbändigen Volks geworden wäre um ihrer Raserei einhalt zu tun, und soviel Menschen und Besitztümer zu schonen.

Elisabeth Du bist ein liebevoller Advokat. – Wenn sie ihn gefangen nähmen, als Rebell behandelten, und sein graues Haupt – Lersee ich mögte von Sinnen kommen.

Lersee Sende ihrem Körper Schlaf lieber Vater der Menschen wenn du ihrer Seele keinen Trost geben willst.

Elisabeth Georg hat uns versprochen, Nachricht zu senden. Er wird auch nicht dürfen wie er will. Sie sind ärger als gefangen. Ich weiß man bewacht sie wie Feinde. Der gute Georg. Er wollte nicht von seinem Herren weichen.

Lersee Das Herz blutete mir wie ich ihnen vom Turn nachsah. Wenn ihr nicht meiner Hülfe bedürftet. Alle Strafen einer kalten feigen Mordsucht, sollten mich nicht zurückgehalten haben.

Elisabeth Ich weiß nicht wo Sickingen ist. Wenn ich nur Marien einen Boten schicken könnte.

Lersee Schreibt nur, ich will dafür sorgen.

Elisabeth ab.

Lersee Wenn du nicht das Gegengewicht hältst, Gott im Himmel, so sinkt unsre Schale unaufhaltsam in Abgrund.

ab.

 

Bei einem Dorf

Gottfried. Georg

Gottfried Geschwind zu Pferde Gorg ich sehe Miltenberg brennen. Das ist wider den Vertrag. Die Mordbrenner. Sagt ich ihnen nicht zu, ihnen zu ihren rechten und Freiheiten behülflich zu sein, Wenn sie von allen Tätlichkeiten abstehen, und ihre grundlose unnütze Wut in zweckmäßigen Zorn verkehren wollen. Reit hin und sag ihnen die Meinung, sag ich sei nicht an mein Versprechen gebunden wenn sie das ihrige so scheußlich vernachlässigen.

Georg ab.

Wollt ich wär tausend meil davon. Wer sich in die Gesellschaft des Teufels begibt, ist so gut als versengt, sein Element ist das Feuer. Könnt ich mit Ehren von ihnen kommen. Ich sage ihnen alle Tage die bittersten Wahrheiten und fahr ihnen durch den Sinn. Daß sie meiner satt werden sollen. Aus dem Fegfeuer würd keiner mehr nach Rettung seufzen als ich aus dieser Schlinge.

Ein Unbekannter (tritt auf) Gott grüß euch sehr edler Herr.

Gottfried Gott dank euch. Was bringt ihr. Euern Namen.

Unbekannter Der tut nichts zur Sache. Ich komm euch zu sagen daß euer Kopf in Gefahr ist. Die Anführer müde, sich von euch so harte Worte geben zu lassen, haben beschlossen euch aus dem Wege zu räumen. Denn ihr steht ihnen im Weg. Mäßigt euch, oder seht zu entwischen, und Gott geleit euch.

ab.

Gottfried Hört! Noch ein Wort – Auf diese Art mein Leben zu lassen – Gottfried Gottfried du wolltest dem jämmerlichen Tod entgehen, die Flamme löschen die deine Burg zu verzehren drohte. Du hast dich in ein abscheuliches Feuer gestürzt das zugleich dich und deinen Namen verzehren wird – Wollte Gott verzehren.

 

Einige Bauern

1. Bauer Herr! herr! sie sind geschlagen sie sind gefangen.

Gottfried Wer!

2. Bauer Die Miltenberg verbrannt haben, es zog sich ein bündischer Trupp hinter dem Berg her und überfiel sie auf einmal.

Gottfried Sie erwartet ihr Lohn. – O Georg Georg! – Sie haben ihn mit den Bösewichtern gefangen. – Mein Gorg! Mein Gorg –!

Anführer treten auf.

Linck Auf herr Hauptmann auf. Es ist nicht säumens Zeit. Der Feind ist in der Nähe und mächtig.

Gottfried Wer verbrannte Miltenberg.

Metzler Wenn ihr Umstände machen wollt, so werden wir euch weisen wie man keine macht.

Kohl Sorgt für unsre Haut und eure. Auf! auf!

Gottfried (zu Metzler) Droht ihr mir. Du nichtswürdiger glaubst du daß du mir fürchterlicher bist weil noch des Grafen von Helfenstein Blut an deinen Kleidern klebt. Es ekelt mir vor dir, ich verabscheue dich wie eine gefleckte Kröte.

Metzler Berlichingen.

Gottfried Du darfst mich beim Namen nennen, und meine Kinder werden sich dessen nicht schämen, wenn deiner du Bösewicht wie der Name des Teufels, nur zu fluchen und zu Verwünschung tönen wird.

Kohl Verderbt eure Zeit nicht mit unglücklichem Streit. Ihr arbeitet dem Feinde vor.

Gottfried Er mir drohen. Der bellende Hund! Das schlechste Weib würde seinen Zorn aushöhnen. Der Feige dessen Galle wie ein bösartiges Geschwür innerlich herumfrißt, weil seine Natur nicht Kraft genug hat sie auf einmal von sich zu stoßen. Pfui über dich! Es stinkt es stinkt um dich von faulen aufgebrochnen Beulen, daß die himmlische Luft sich die Nase zu halten mögte.

Kohl Geht Metzler, zu euerm Trupp.
Unsre halten schon hinterm Dorf, wir müssen Auf und abziehen, um es zu keiner Schlacht kommen zu lassen.

Berlichingen Wenn der Teufel ihn zu holen kommt nehmt euch in acht daß er nicht einen von euch im Dunkeln erwischt, und ihr seid wert seine Gebrüder in der Hölle zu sein, da ihr euch zu Gesellen seiner scheußlichen Taten macht. Was! eure Freiheiten eure Gerechtigkeiten wieder zu erlangen, begeht ihr Taten, die der Gerechtigkeit so laut in die Ohren brüllen, daß sie vor euerm Flehen taub werden muß. Meine Zeit geht zu ende. Und ich will meines Wegs.

Linck Du sollst. Denn wir sind deiner Herzlich müd, wir hielten, Dich für einen edlern freiern Mann, für einen Feind der Unterdrückung, nun sehen wir daß du ein Sklave der Fürsten bist, und kein Mann für uns, Wenn deine Zeit um ist sollst du fort.

Gottfried In Gottes Namen, und der mag richten, und alles zum besten kehren. Und wenn ihr durchschlupft, so darf der Teufel Erlösung hoffen.

 

Nacht
Adelhaidens Vorzimmer

Franz (in einem Sessel auf den Tisch gelehnt, schlafend. Das Licht brennt dunkel. Im Schlaf) Nein! Nein! (er fährt auf) Ah! – Sie sind noch beisammen. – Für Wut mögt ich mich selbst auffressen. Du konntest schlafen. Sieh! deine Missetat verfolgt dich in den tiefsten Schlummer. Elender Nichtswürdiger du machst den Wächter zu ihren Verbrechen. Ein Geräusch. Auf auf daß die Sonne eure ehbrecherische Stirnen nicht beleuchte.

 

Adelhaid. Sickingen

Adelhaid Du gehst! Ein harter Stand für mich, denn ich verlor noch nichts was ich so liebte.

Sickingen Und ich nahm noch von keiner Adelhaid Abschied.

Adelhaid Wenn ich wüßte das sollte das letztemal sein ich wollte dich Trutz dem Verrätrischen Tage in meinen Armen festhalten. Sicking vergiß mich nicht. Meine Liebe tat zu viel für dich rechens ihr nicht zum Fehler an. Und wenns ein Fehler war so laß mich in der Folge Entschuldigung für ihn finden.

Sickingen Ein Fehler der mich zu einem Gott machte. Leb wohl, du wohnst hier mitten unter den stolzesten Unternehmungen!

Adelhaid Ein Edler Platz.

Sickingen Du wärst einen Thron wert.

Adelhaid Ich würde nicht schöner ruhen als hier.

|: Sie legt ihre Hand auf seine Brust er küßt sie. :|

Sickingen Wende deine Augen sonst kann ich nicht von der Stelle.

Adelhaid Geht möge jeder von meinen Gedanken die ich euch nachsende ein Engel sein, und euch geleiten und beistehn.

Sickingen Leb wohl.

ab.

Adelhaid Das ist ein Mann. Weisling ist ein Schatten gegen ihn. Schicksal, Schicksal warum hast du mich an einen Elenden geschmiedet. – Schicksal! Sind wirs nicht selbst. Und weissagte mir die Zigeunerin nicht den dritten Mann den schönsten Mann! – Es steht euch eins im Weg ihr liebts noch! – Und lehrte sie mich nicht durch geheime Künste meinen Feind vom Erdboden weghauchen. Er ist mein Feind, er stellt sich zwischen mich und mein Glück. Du mußt nieder in Boden hinein, mein Weg geht über dich weg.

 

Weislingen. Adelhaid

Adelhaid So früh.

Weislingen Seit drei Tagen und Nächten kenn ich keinen Unterschied von früh und spat. Diesen Augenblick stirbt unser Kaiser, und große Veränderungen drohen herein. Eben krieg ich einen Brief mit der Nachricht, daß der Bäurische Aufruhr durch eine entscheidende Schlacht gedämpft sei, die Rädelsführer sind gefangen und Gottfried von Berlichingen unter ihnen.

Adelhaid Ah.

Weislingen Der Bund ersucht mich. Die Stelle des ersten Commissarius in dieser Sache zu übernehmen, damit er nicht scheine sein eigner Richter sein zu wollen.

Adelhaid Und du übernimmst.

Weislingen Nicht gern, ich wollte den reichlich belohnen der mir die Nachricht von Gottfrieds Tode brächte, – ihn selbst zu verdammen –

Adelhaid Hast du nicht das Herz.

Weislingen Ich hab's nicht so bös.

Adelhaid Du bist von jeher der Elenden einer gewesen, die weder zum Bösen noch zum Guten einige Kraft haben.

Weislingen Und wie du gemacht wurdest wetteten Gott und der Teufel um's Meisterstück. Die Himmlische Weisheit bildete diesen englischen Körper und beschenkte ihn mit einem übermenschlichen Genius, Da kam der Teufel mit einem Tröpfgen höllischen Feuers, das wir mit einem Schwachen Wort Haß nennen – Aus jedem Tröpfgen quillt ein Meer von Glut. – und warf s in dein Herz – und gewann.

ab.

Adelhaid Geh nur. Das fehlte noch daß er sich zu überheben anfängt. Wir wollens ihm wehren. Gottfried soll aus der Welt da befrei ich Sickingen von einem leidigen Bande. Und dann Weislingen mach dich zur Ruhe gefaßt du bist zu ein fauler Geselle, als daß ich auf der Reise länger dich fortschleppen solle. Lieg! Lieg! Versteck dich unter den Boden du Feiger. es dürfen tausend Herolde, drei Schritte von dir, tausend herausforderungen herab trompeten, und du kannst in ehren außenbleiben.

ab.

 

Kerker

Gottfried. Elisabeth

Elisabeth Ich bitte dich rede mit mir lieber Mann, dein stillschweigen ängstigt mich. Du verglühst in dir selbst. Ach ich wollte lieber die Flammen in meinen Gemächern sich begegnen, als diese tiefe Verzweiflung dein Gehirn durchschleichen sehen. Rede mit mir laß mich deine Wunden verbinden wir wollen sehen ob sie besser geworden sind, daß nur deine Seele durch die geringste Tätigkeit, durch eine dämmernde Hoffnung, und wenns Abenddämmerung wäre, aus sich selbst heraus gerissen werde.

Gottfried Sie haben mich nach und nach verstümmelt meine Hand meine Freiheit, Güter, und guten Namen. Das schlechste haben sie zuletzt aufbehalten, meinen Kopf, was ist der ohne das andre.

Elisabeth Welch eine mutlose Finsternis! Ich finde dich nicht mehr.

Gottfried Wen suchtest du. Doch nicht Gottfrieden von Berlichingen. Der ist lang hin. Das Feuer des Neids hat seine Dächer verbrannt sie sind übereinander gestürzt, und haben die Mauern mit erschlagen, das verwuchs mit Efeu, und die Bauern führten Steine davon den Grund ihrer Häuser damit zu legen. Wölfe wohnten im Gesträuch, und die Eule sitzt in der Mauer, du findest hier nur ein verfallen Gewölb eines stolzen Schlosses worin der Geist seines Alten Besitzers ächzend herumgleitet.

Elisabeth Lieber Mann Lersee wird bald kommen.

Gottfried Glaubst du.

Elisabeth Ich erzählts euch ja gestern.

Gottfried Ich weiß nichts davon.

Elisabeth Du merkst nicht auf wenn ich rede. Ich ging zu einem der Kais: Regiments Räte, und bat ihn Lerseens Bann aufzutun. Du seist arm und alt und unglücklich, der einzige Diener sei dir blieben. Er hieß mich wieder kommen, und da sagt er mir zu, er soll los auf Urfehde sich auf Marientag nach Augsb[urg] zustellen. Der Rat von Hailbr[onn] hab den Auftr[ag] ihn schwören zu lassen. Ich schrieb ihm.

Gottfried Ich werde Freud haben ihn zu sehn, Auf Marie Himmelfahrt nach Augsb[urg]. Bis dahin werd ich sein nicht mehr bedürfen.

Elisabeth Richtet euch auf. Es kann alles sich wenden.

Gottfried Wen Gott niederschlägt, der richtet sich selbst nicht wieder auf. Ich weiß am besten was auf meinen Schultern liegt. Es ist nicht das Unglück. Ich habe viel gelitten. Liebe Frau wenn so von allen Seiten die Widerwärtigkeit[en] hereindringen und ohne Verbindung unter sich selbst auf einen Punkt dringen, dann fühlt man den Geist der sie zusammen bewegt. Es ist nicht Weislingen allein, Es sind nicht die Bauern allein es ist nicht der Tod des Kaisers allein. Es sind sie alle zusammen. Meine Stunde ist kommen. Ich hoffte nicht daß es eine der Wintermitternächtlichsten sein sollte.

 

Vorm Gefängnis

Lersee. Elisabeth

Lersee Gott nehm das Elend von euch. Marie ist hier.

Elisabeth Marie.

Lersee Auf euern Befehl bracht ich ihr Nachricht von allem. Sie antwortete mir nichts als Lersee ich geh mit dir. Sie ängstet sich ihren Bruder zu sehen. Ach gnädge Frau ich fürcht alles. Weislingen ist erster Commissarius und man hat schon mit unerhörten Ex[ek]utionen den Anfang gemacht. Jörg Metzler ist lebendig verbrannt, die andern gerädert enthauptet, gevierteilt, das land rings umher gleich einer Metzge wo menschenfleisch wohlfeil ist.

Elisabeth Weisl[ingen] Kommissar. Wo ist Sickingen.

Lersee Ihr hörtet nichts von seiner Unternehmung. So bald der Kaiser die Augen zugetan hatte griff er nach den Waffen und überfiel Trier unversehens. Es ist eine schröckliche Bewegung im Reich über das.

Elisabeth Weisl[ingen] Kommissar. Ein Strahl! ein Strahl von Hoffnung. Wo ist Marie.

Lersee Im Wirtshause.

Elisabeth Führe mich zu ihr.

 

Weislingens Schloß

Adelhaid Es ist getan. Es ist getan. Er hat Gottfriedens Todesurteil unterschrieben; und schon trägt das fließende Wasser auch seine Lebenskräfte der Verwesung entgegen. Schwarze Mutter, wenn du mich betrogen hättest, wenn deine Sympathien leeres Gaukelspiel wären. Gift! Gift! – Du Fluch des Himmels der du unsichtbar um Missetäter schwebst, und die Luft vergiftest die sie einziehen, stehe meinen Zaubermitteln bei, verzehre verzehre diesen Weislingen, den Verräter an der ganzen Welt, rette mich aus seinen toten Umarmungen, und laß meinen Sickingen seiner Wünsche teilhaftig werden, und mich des meinigen. Siege Siege würdigster schönster Mann, den schönsten Sieg! Und dann flieg in meine Arme, die heißeste Brust des Überwinders, soll an diesem Busen noch erwärmter werden.

Franz Die Pferde sind gesattelt.

Adelhaid Gut. Ich muß noch von meinem Mann Abschied nehmen. Was hast du, du siehst so kummervoll.

Franz Es ist euer Wille daß ich mich tot schmachten soll. In den Jahren der Hoffnungen macht ihr mich verzweifeln.

Adelhaid Er dauert mich. Es kostet mich nichts ihn glücklich zu machen. Franz du rechenst deine Die[n]ste hoch an.

Franz Meine Dienste für nichts gnädge Frau, aber meine Liebe, kann ich nicht geringer schätzen als mich selbst denn sie füllt mich ganz.

Adelhaid Begleitst du mich.

Franz Wenn ihrs befehlt.

Adelhaid Komm nur mit.

ab.

Franz Sie lächelt. Unglücklicher Junge, so führt sie dich herum. Meine Hoffnung krümmt sich, und kann nicht ersterben. Sie ist ich selbst, ach muß ich ihr nicht Arzenei und Speisen reichen.

ab.

 

[Wirtshaus]

Elisabeth. Marie

Elisabeth Ich bitte dich Marie tus. Wenns was geringers wäre als deines Bruders leben, wollt ich dich abhalten, diesen Menschen wiederzusehen. Er ist der oberste Commissarius und kann alles.

Marie Wie wird mirs sein wenn er mich verächtlich fortschickt.

Elisabeth Er wirds nicht tun. Er hatte von jeher ein zu weiches Herz, und der Anblick dessen dem wir unrecht getan haben, im Elend, hat so was greifendes, daß die menschliche Natur ihm nicht widersteht.

Marie Was wird Sickingen sagen.

Elisabeth Billigen wird ers. Und tät er's nicht so war das Leben deines Bruders wohl ein sauers Wort von deinem Manne wert.

Marie Ich habe zwei Reuter. Ich will fort. Laß mich Gottfr[ied] erst sehen.

Elisabeth Nein! Nein! Ich fürchte jeden Augenblick. Geh liebe, und sieh ihn Jahre lang. Er ist der edelste unter den Menschen.

ab.

 

Adelheidens Schloß

Adelheid Franz in ihren Armen

Adelheid Verlaß mich Franz, der Wächter singt auf dem Turm], heimlig schleicht der Tag heran. Daß niemand erwache und in den Busen unsers Geheimnisses verrate.

Franz Soll ich fort. O das geht über alle Höllenstrafen die glückseligkeit des Himmels nur einen kleinen Augenblick zu genießen. Tausend Jahre sind nur eine halbe Nacht. Wie haß ich den Tag. Lägen wir in jener uranfänglichen Nacht, eh das Licht geboren ward. Oh, ich würde an deinem busen der ewigen Götter einer sein, die in brütender Liebeswärme in sich selbst wohnten, und in einem Punkte die Keime von tausend Welten gebaren, und die Glut der Seligkeiten von tausend Welten auf einen Punkt fühlten.

Adelheid Verlaß mich kleiner Schwärmer.

Franz Der schwärmt wer nichts fühlt, und schlägt mit seinen Flügeln den Leeren Raum, ich bin so in Freude versunken daß sich keine Nerve rühren kann.

Adelheid Geh. Die Knechte stehen früh auf.

Franz Laßt mich! Reißt mich nicht so auf einmal aus der Hitze in den Frost. Die leere Erinnerung würde mich rasend machen.

Adelheid Wenn sich nicht hoffnung zu ihr gesellte.

Franz Hoffnung – du schön Wort. Ich hatt sie ganz vergessen. Die Fülle des Genusses ließ keiner Hoffnung Platz. – Das ist das erstemal in meinem leben daß ich hoffe. Das andre waren Maulwurfs Ahndungen. – Es tagt. – Ich will fort!

|: er umarmt sie :|

So ist kein Ort der Seligkeit im Himmel. Ich wollte meinen Vater ermorden wenn er mir diesen Platz streitig machte.

ab.

Adelheid Ich habe mich hoch ins Meer gewagt, und der Sturm fängt an fürchterlich zu brausen. Zurück ist kein Weg! Weh weh! Ich muß eines den Wellen preis geben um das andre zu retten. Die leidenschaft dieses Knaben, droht meinen Hoffnungen. – Könnte er mich in Sickingens armen sehen, er der glaubt, ich habe alles in ihm vergessen weil ich ihm eine Gunst schenkte in der er sich ganz vergaß. – Du mußt fort – du würdest deinen Vater ermorden – Du mußt fort. Eben der Zauber-Gift der deinen Herren zum Grab führt, soll dich ihm hinter drein bringen. Er soll. – Wenn's nicht fürchterlicher ist zu sterben als einem dazu zu verhelfen. So tu ich euch kein Leids. Es war eine Zeit wo mir graute. So sind alle Sachen wenn sie in die Nähe treten, alltäglich.

ab.

 

Weislingens Schloß
Gegen Morgen

Weislingen Ich bin so krank, so schwach. Alle meine Gebeine sind hohl. Ein elendes fieber hat das Mark ausgefressen. Keine Ruh und Rast, weder Tag noch Nacht. Im halben Schlummer giftige Träume. Die vorige Nacht begegnete ich Gottfrieden im Walde. Er zog sein Schwert und forderte mich heraus. Ich hatte das herz nicht, nach meinem zu greifen, hatte nicht die Kraft. Da stieß ers in die Scheide, sah mich verächtlich an, und ging vorbei. – Er ist Gefangen und ich zittre vor ihm. Elender Mensch. Sein Kopf hängt an meinem Wort, und ich bebte vor seiner Traumgestalt wie ein Missetäter. Gottfr[ied] Gottf[ried] – Wir Menschen führen uns nicht selbst, bösen Geistern ist Macht über uns gelassen, daß sie ihren Höllischen Mutwillen an unserm Verderben üben (ersetzt sich) – Matt! Matt! Wie sind meine Nägel so blau – Ein kalter verzehrender Schweiß lähmt mir jedes Glied. Es dreht mir alles vorm Gesicht. Könnt ich schlafen. Ah –

Marie tritt auf.

Jesus Marie! – Laß mir Ruh! laß mir Ruh! – Seliger Geist quäle mich nicht! – die Gestalt fehlte noch! – Sie stirbt, Marie stirbt und zeigt sich mir an. – Verlaß mich seliger Geist, ich bin elend genug.

Marie Weisl[ingen] ich bin kein Geist. Ich bin Marie.

Adelbert Das [ist] ihre Stimme.

Marie Ich komme meines Bruders Leben von dir zu erflehen, er ist unschuldig, so strafbar er scheint.

Weislingen Still Marie. Du Engel des Himmels bringst die Qualen der Hölle mit dir. Rede nicht fort.

Marie Und mein Bruder soll sterben. Weisl. es ist entsetzlich, daß ich dir zu sagen brauche, er ist unschuldig. Daß ich jamm[ern] muß deine Hand von dem abscheulichsten Mord zurückzuhalten. Deine Seele ist bis in ihre innerste Tiefen von Feindseligen Mächten besessen. Das ist Adelbert!

Weislingen Du sieh[s]t, der verzehrende Atem des Tods hat mich angehaucht, meine Kraft sinkt nach dem Grabe. Ich stürbe als ein Elender und du kommst mich in Verzweiflung zu stürzen. Wenn ich reden könnte. Dein höchster Haß würde in sanftesten Jammer zerschmelzen Oh! Marie! Marie!

er geht nach seinen Tisch

Hier ist das Todesurteil deines Bruders, unterschrieben.

Marie Heiliger Gott.

Weislingen Und hier zerreiß ich s. Meine letzten Kräfte sollen um seine Befreiung ringen. (Er setzt sich zu schreiben) Könnt ich, könnt ich retten, was ich ins Verderben stürzte.

Marie (vor sich) Er ist sehr krank. Sein Anblick zerreißt mir das Herz. Wie liebt ich ihn! Und wie ich sein Angesicht sehe fühl ich wie lebhaft. Er hatte meine ganze Liebe er hat mein volles Mitleiden.

Weislingen zieht die Schelle.
Fräulein kommt weinend.

Weislingen Ein Licht. Bist du allein da. Wo ist Franz wo die andern!

Fräulein Ach Herr.

Marie Wie ich herein kam sah ich niemanden außer dem Torwächter.

Fräulein Sie haben diese Nacht geraubt was sie kriegen konnten den Torwächter mit Dolchen genötigt aufzuschließen und sind davon.

Weislingen Danke Dir Gott ich soll noch büßen eh ich sterbe. Und Franz.

Fräulein Nennt ihn nicht, es dringt mir durch die seele. Ein noch schröcklichers Fieber als euch ermattet, wirft ihn auf seinem Lager herum, bald rast er an den Wänden hinauf als wenn an der Decke seine Glückseligkeit gehaftet wäre, bald wirft er sich auf den Boden mit rollen[den] Augen schröcklich schröcklich. Dann wird er still und matt, und blickt mir mit Tränen in den Augen, und seuftzt – und – nennt eure Gemahlin.

Weislingen Er hing sehr an ihr.

Marie Es ist traurig.

Fräulein Es ist mehr als das. Eine weise Frau aus dem Dorfe die ich herauf rief, Beteuerte seine Lebenskräfte seien mit schröcklichen Zauberformeln mit der Verwesung gepaart, er müsse sich verzehren und sterben. –

Weislingen Aberglauben.

Fräulein Wollte Gott. Aber mein Herz sagt mir daß sie nicht lügt, ich sagte ihr euern zustand sie schwur das nämliche, und sagte ihr müßt verzehren und sterben.

Weislingen Das fühle ich. Es sei nun [?] durch Wunderbaren unbegreiflichen Zusammenhang der Natur oder durch Höllische Kräfte. Das ist wahr vor weniger Zeit war ich frisch und Gesund. Ein Licht. –

Fräulein ab.

Alles was ich kann enthält dieser Brief. Gib ihn dem von Seckendorf dem Regiments Rat in seine Hände er war immer mir entgegen, ein Herz voll Liebe. Was sein kann wird sein. – Du bist zu einer grausamen Szene Gekommen. Verlassen von aller Welt, im Elend der jämmerlichsten Krankheit, beraubt [von] denen auf die ich traute – Siehst du ich bin gesunken, tief tief.

Marie Gott richt euch auf.

Weislingen Der hat lang sein Antlitz von mir Gewendet. Ich bin meinen eignen Weg gegangen den Weg zum Verderben.

Fräulein mit Licht

Weislingen Ist der Bote noch nicht zurück den ich nach meiner Frau sendete. Gott ich bin ganz allein mit dir armem Mädgen.

Fräulein Ach Gnädger Herr.

Weislingen Was hast du.

Fräulein Ach sie wird nicht kommen.

Weislingen Adelhaid. Woher weiß dus.

Fräulein Laßt mich's euch verschweigen.

Weislingen Rede der Tod ist nah und die Hölle mir, was kann mich tiefer stoßen.

Fräulein Sie wartet auf euern Tod. Sie liebt euch nicht.

Weislingen Das letzte fühlt ich lang, das erste vermutet ich. Marie siegle du, ich bin zu schwach.

Fräulein Sie haßt euch, sie wünscht euren Tod. denn sie brennt für den edlen von Sickingen sie liebt ihn bis zur Raserei. Und euer Tod –

Weislingen Marie! Marie! Du bist gerächt!

Marie Meinen Mann.

Fräulein Ists euer Mann (vor sich) wie lieb ist mirs daß ich nicht mehr gesagt habe.

Weislingen Nimm deinen Brief und geh liebe Seele. Geh aus der nachbarschaft dieser Hölle.

Marie Ich will bei dir bleiben armer Verlaßner.

Weislingen Ich bitte dich geh. Elend! Elend! ganz allein. Zu sterben von niemanden gepflegt von niemanden beweint. Schon die Freudenfeste nach seinem Tod vorsummen hören. Und den letzten einzigen Trost. Marie deine Gegenwart. Ich muß dich weg bitten. Das ist mehr Qual als alles.

Marie Laß mich. Ich will deiner warten. Denk ich sei ein[e] Wärterin dieses Mädgens Schwester. Vergiß alles. Vergesse dir Gott so alles wie ich dir alles vergessen.

Weislingen Du Seele Voll Liebe bete für mich bete für mich. Mein Herz ist verschlossen. Sogar ich fühle nur elend in deiner Liebe.

Marie Er wird sich deiner Erbarmen. – Du bist matt.

Weislingen Ich sterbe sterbe und kann nicht ersterben. Und in dem fürchterlichen Streit des Lebens und Tods zerrissen schmeck ich die Qualen der Hölle all vor.

Marie Erbarmer erbarme dich seiner. Nur einen liebevollen blick in sein Herz, daß es sich zum Trost öffne, und Sein Geist Hoffnung Lebens Hoffnung in den ewige Tod hinüber bringe.

 

Ein kleines unterirdisches Gewölb

Das heimliche Gericht

Sieben Richter um einen schwarzbedeckten tisch, worauf ein Schwert und Strang, sitzend, auf jeder Seite sieben Unterrichter stehend, alle in weißen langen Kleidern vermummt.

1. Oberrichter Ihr Richter des heimlichen Gerichts, die ihr schwurt auf Strang und Schwert, unsträflich zu sein, und zu richten im verborgnen, und zu strafen im verborgnen, Gott gleich. Sind eure Herzen rein, und eure Hände, so hebt die Arme empor, und ruft über die Missetäter Wehe! Wehe!

Alle (mit emporgehobnen Armen) Wehe! Wehe!

1. Oberrichter Rufer beginne das Gericht.

1. Unterrichter (tritt vor) Ich Rufer rufe die Klag gegen den Missetäter. Wessen Herz rein ist, und dessen Hände rein sind zu schwören auf Strang und Schwert, der klage bei Strang und Schwert, klage! klage.

Ein 2. Unterrichter (tritt auf) Mein Herz ist rein von Missetat und meine Hände von unschuldigen Blut, Verzeih mir Gott böse Gedanken, und hemm den[en] den Weg zum Willen. Ich hebe meine hand auf, und klage! klage! klage!

1. Oberrichter Wen klagst du an.

Kläger Ich klag an auf Strang und Schwert Adelhaiden von Weislingen. Sie hat Ehebruchs sich schuldig gemacht, und ihren Mann samt seinem Knaben durch geheime verzehrende Mittel zum Tode gesaugt. Der Mann ist Tot, der Knab stirbt.

1. Oberrichter Schwörst du zu dem Gott der Wahrheit, daß du Wahrheit klagst.

Kläger Ich schwöre.

1. Oberrichter Würde es falsch befunden, beutst du deinen Hals der Strafe des Mords und des Ehbruchs.

Kläger Ich biete!

1. Oberrichter Eure Stimmen. (er steht auf)

Erst treten die 6 Oberrichter darau[f] die sieben Unterrichter der rechten dann die sieben der linken zu ihm und reden heimlich. er setzt sich.

Kläger Richter des Heimlichen gerichts was ist euer urteil über Adelhaiden von Weisl[ingen] bezüchtiget des Ehbruchs und Mords.

Oberrichter Sterben soll sie! Sterben des bittern Tods. Mit Strang und Dolch. Büßen Doppelt Doppelte Missetat. Streckt eure Hand empor, und ruft weh über sie wehe weh. und übergebt sie den händen des Rächers.

Alle Weh Weh Weh.

Oberrichter Rächer tritt auf.

|: Der letzte links :|

Faß hier Strang und Schwert. Sie zu tilgen von dem Angesichte des Himmels, binnen 8 tage Zeit. Wo du sie findest nieder mit ihr in Staub, du oder deine Gehülfen. Richter die ihr richtet im verborgenen Gott gleich, bewahrt euer Herz für Missetat und eure Hände vor unschuldigem Blut.

 

Wirtshaus

Marie. Lersee

Marie Endlich komm ich und bringe Trost guter Mann. Führe mich zu meinem Bruder.

Lersee Wenn ihr ein Engel des himmels wärt und ein Wunderevangelium verkündigtet, Dann wollt ich sagen willkommen. Solang euer Trost auf dieser Erde geboren ist, so lang ist er ein irdischer Arzt, dessen Kunst just in dem Augenblick fehlt, wo man seiner Hülfe am meisten bedarf.

Marie Bring ich nichts wenn ich sage Weislingen ist tot, durch ihn und in ihm Gottfriedens Todesurteil und Gericht zerrissen. Und wenn ich hier einen Zettel darlege, der von Seiten der Kaiserlichen Kommission Gottfriedens Gefängnis erleichtert.

Lersee Müßt ich dir nicht dagegenrufen Gorg ist tot.

Marie Georg der goldne Junge. Wie starb er.

Lersee Als die Nichtswürdigen Miltenberg verbrannten, sandt ihn sein Herr ihnen Einhalt zu tun, da fiel ein Trupp Bündischer auf sie los. Georg! Hätten sie sich alle gewehrt wie er! – Sie hätten alle das gute Gewissen haben müssen. Viele retteten sich durch die Flucht, viele Gefangen, einige erstochen. Und unter den letzten blieb Gorg. Er starb einen Reuter tod. O daß ich ihm hätte die Augen zu drücken, und hören können wie sein letztes Wort euern Bruder segnete.

Marie Weiß es Gottfr[ied].

Lersee Wir verbergens vor ihm. Er fragt mich zehenmal und schickt mich zehenmal des Tags zu forschen was Georg macht. Ich fürchte seinem Herzen diesen letzten Stoß zu geben. Denn ach muß ichs euch sagen Marie, sein alter schwer verwundeter Körper hat nicht Kräfte genug einem druckenden Gefängnis, und dem mächtigen Kummer zu widerstehen, der ihn mit allen Otterzungen anfällt. Ich glaubte nicht daß er eure Rückkunft erleben würde.

Marie O Gott sind denn die Hoffnungen dieser Erde Irrlichter, die unsrer zu spotten, und uns zu verführen, mutwillig in ängstlicher Finsternis, einen freundlichen Strahl zu senden, scheinen. Bring mich zu ihm.

 

Adelhaidens Schlafzimmer

[Adelhaid ] Daß es Morgen wäre! Mein Blut wird wie von seltsamen Ahndungen herumgetrieben, und der Sturm vertreibt den ruhigen Wandrer Schlaf. Ich bin müd daß ich weinen mögte, und meine Begierde nach Ruhe, zählt jeden Augenblick der ewigen Nacht, und sie wird im fortschreiten länger. Es ist alles so dunkel. Kein Stern am Himmel! Düster, stürmisch! In einer solchen Mitternacht fand ich dich Sickingen in einer solchen Nacht hatt ich dich in meinen Armen. Meine Lampe mangelt Öls. Es ist ängstlich in der Finsternis zu wachen. (Sie zieht die Schelle) Mag ein Knecht seinen Schlaf verlassen Ich bin so allein. Die mächtigsten Leidenschaften waren meiner Seele Gesellschaft genug! Daß ich in der fürchterlichsten Hölle nicht allein gewesen wäre. Sie schlafen auf einmal, und ich stehe nackend, wie ein Missetäter vor Gericht. – Ich ließ mein Mädgen – Ob Weislingen tot ist. – (Sie zieht die Schelle) es hört niemand, Der Schlaf hält ihnen die Ohren zu! Ob Franz tot ist – es war ein lieber junge – (Sie setzt sich an Tisch) Sicking[en] Sickingen. (sie schläft ein)

Franz (zeigt sich an) Adelhaid!

Mörder (kommt unterm Bett hervor) Endlich schläft sie, sie hat mir die Zeit lang gemacht.

Geist Adelhaid!

|: verschwindet :|

Adelheid (erwacht) Ich sah ihn! Er rang mit der Todesangst! Er rief mir! rief mir! Seine Blicke waren hohl und liebevoll – Mörder! Mörder!

Mörder Rufe nicht! Du rufst dem Tod! Rache Geister halten der Hülfe die Ohren zu.

Adelheid Willst du mein Gold. Meine Juwelen nimm sie laß mir das Leben.

Mörder Ich bin kein Räuber. Finsternis hat Finsternis gerichtet, und du mußt sterben!

Adelhaid Wehe! Wehe!

Mörder Über deinen Kopf. Wenn die scheußliche Gestalten deiner Taten, dich nicht zur Hölle hinab schröcken, so blick auf, blick auf zum Rächer im Himmel, und bin mit dem Opfer genug zu haben, das ich ihm bringe.

Adelhaid Laß mich leben! Was hab ich dir getan ich umfaß deine Füße.

Mörder (vor sich) Ein Königliches Weib. Welcher Blick welche Stimme. In ihren Armen würd ich elender ein Gott sein. – Wenn ich sie täuschte! – Und sie bleibt doch in meiner Gewalt! –

Adelhaid Er scheint bewegt.

Mörder Adelh[aid] Du erweichst mich. Willst du mir zugestehn.

Adelhaid Was.

Mörder Was ein Mann verlangen kann, von einer schönen Frau! in tiefer Nacht.

Adelheid (vor sich) Mein Maß ist voll. Laster und Schande haben mich wie Flammen der Hölle mit teuflischen Armen umfaßt. Ich büße büße. Umsonst suchst du laster mit laster, Schande mit Schande zu tilgen. Die scheußlichste Entehrung und der schmählichste tod, in einem Höllenbild vor meinen Augen.

Mörder Entschließe dich.

Adelheid (steht auf) Ein Strahl von Rettung.

|: sie geht nach dem Bette er folgt ihr sie zieht einen Dolch von häupten, und sticht ihn :|

Mörder Bis ans Ende Verräterin.

|: er fällt über sie her und erdrosselt sie :|

Die Schlange.

er gibt ihr mit dem Dolch Stiche

A[u]ch ich blute, so bezahlt sich dein blutig Gelüst – Du bist nicht der erste – Gott machtest du sie so schön, und konntest du sie nicht gut machen.

ab.

 

Ein Gärtgen am Gefängnis

Gottfried. Elisabeth. Marie. Lersee

Gottfried Tragt mich hier unter diesen Baum, daß ich noch einmal die Luft der Freiheit aus voller Brust in mich sauge, und sterbe.

Elisabeth Darf ich Lerseen nach deinem Sohn ins Kloster schicken daß du ihn noch einmal sähst und segnetest.

Gottfried Laß ihn er ist heiliger als ich, er braucht meinen Segen nicht. – An unserm Hochzeittag Elis[abeth] ahndete mirs nicht, daß ich so sterben würde – Mein alter Vater segnete uns, und eine Nachkommenschaft von edlen tapfern Söhnen quoll aus seinem Gebet. – Du hast ihn nicht erhört, und ich bin der letzte. – Lersee dein Angesicht freut mich in der Stunde des Tods, mehr als im mutigsten Gefecht. Damals führte mein Geist den eurigen, jetzt hältst du mich aufrecht. Ach daß ich Georgen noch einmal sähe, mich an seinem Blick wärmte! – Ihr seht zur Erde und weint. – Er ist tot. – Georg ist tot. – Stirb Gottfried – Du hast dich selbst überlebt, die edlen überlebt. – Wie starb er – Ach fingen sie ihn unter den Mordbrennern, und er ist hingerichtet.

Elisabeth Nein, er wurde bei Miltenberg erstochen, er wehrte sich wie ein Löw, um seine Freiheit.

Gottfried Gott sei Dank. Sein Tod war Belohnung – Auch war er der beste Junge unter der Sonne und tapfer. – Laß meine Seele nun – Arme Frau. Ich lasse dich in einer nichtswürdigen Welt. Lersee verlaß sie nicht – Verschließt eure Herzen sorgfältiger als eure Truhen [?]. Es kommen die Zeiten des Betrugs, es ist ihm Freiheit gegeben. Die Schwachen werden regieren, mit List, und der Tapfre wird in die Netze fallen womit die Feigheit die Pfade verwebt. Gebe dir Gott deinen Mann wieder. Möge er nicht so tief fallen als er hoch gestiegen ist. Selbitz starb, und der gute Kaiser und mein Georg. – Gebt mir einen Trunk wasser. – Himmlische Luft – Freiheit. Freiheit!

|: er stirbt :|

Elisabeth Nur droben bei dir. Die Welt ist Gefängnis.

Marie Edler Mann. Wehe dem Jahrhundert das dich von sich stieß.

Lersee Wehe der Nachkommenschaft die dich verkennt.

 


 


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