Johann Wolfgang von Goethe
Geschichte Gottfriedens von Berlichingen mit der eisernen Hand
Johann Wolfgang von Goethe

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Dritter Aufzug

Der Reichstag zu Augsburg

Kaiser Maximillian, Maynz. Bamberg, Anhalt, Nassau, Weislingen, Andre Herren

Maximilian Ich will euch die Köpfe zurecht setzen! Wofür bin ich Kaiser. Soll ich nur Strohmann sein, und die Vögel von euern Gärten scheuchen, keinen eignen Willen haben, bildets euch nicht ein. Ich will eine Kontribution von Geld und Mannschaft wider den Türcken, das will ich sag ich euch und keiner unterstehe sich darwider zu reden.

Maynz Es müßte der kühnste Rebell sein der einer geheiligten Majestät in's Angesicht widersprechen, und in die Flammen ihres Grimmes treten wollte. Auch weichen wir vor eurer Stimme wie Israel vor dem Donner auf Sinai. Seht wie die Fürsten umherstehen getroffen wie von einem unvermuteten Strafgerichte. Sie stehen, und gehn in sich selbst zurück, und suchen wie sie es verdient haben, und verdient müssen wir's haben, obgleich unwissend. Ew Majest. verlangen einen Türkenzug. Und so lang ich hier sitze, erinnr ich mich keinen der nein gesagt hätte. Waren nicht alle willig alle! – Es ist Jahr und Tag wie Ihro Majestät es zum erstenmal vortrugen, Sie stimmten all ein die Fürsten und in ihren Augen leuchtete ein Feuer denen Feinden ein schröckliches Meteor. Ihr Geist flog mutig schon nach den Ungrischen Grenzen, als er auf einmal durch ein jämmerliches Wehklagen zurück gehalten wurde. Es waren die Stimmen ihrer Weiber ihrer unmündigen Söhne die gleich Schafen in der Wüste mörderischen Wölfen Preis gegeben waren. Würde nicht Elias selbst auf dem feurigen Wagen, da ihn feurige Rosse zur herrlichkeit des Herren führten in diesem Falle sich zurück nach der Erde gesehnt haben. Sie baten flehentlich um die Sicherheit ihrer Häuser ihrer Familien, um mit freiem und ganzem Herzen dem Fluge des Reichsadlers folgen zu können. Es ist eure Maj. nicht unbekannt, inwiefern der Landfriede, die Achtserklärungen, das Kammergericht bisher diesem Übel abgeholfen hat. wir sind noch wo wir waren, und vielleicht übler dran. Wohl denkende Ritter gehorchen Ew Maj befehlen begeben sich zur Ruhe und dadurch wird unruhigen Seelen der Kampfplatz überlassen, die sich auf eine ausgelassne Weise herumtummeln und die Hoffnungsvollsten Saaten zertreten. Doch ich weiß. Ew Maj. zu gehorchen, wird jeder gern sein liebstes hintansetzen. Auf meine Freunde. Auf gegen die Feinde des Reichs und der Christenheit. Ihr seht wie nötig unser großer Kaiser es findet einem größern Verlust mit einem kleinern vorzubeugen. Auf verlaßt eure Besitztümer eure Weiber eure Kinder und zeigt in einem unerhörten Beispiel die Stärke der Deutschen Lehnspflicht, und eure Ergebenheit für euern erhabnen Monarchen. Kommt ihr zurück und findet eure Schlösser verheert, euer Geschlecht vertrieben, eure Besitztümer öde! O so denkt der Krieg den ihr an den Grenzen führtet, habe in dem Herzen des Reichs gebrannt, und ihr habet der allgemeinen Ruh und Glückseligkeit die eurige aufgeopfert, die Ruinen eurer Schlösser werden zukünftigen Zeiten herrliche Denkmale sein, und laut ausrufen; so gehorchten sie ihrer Pflicht, und so geschah ihres Kaisers Wille.

Kaiser Ich gehe euch euern Entschließungen zu überlassen. Und wenn ihr dann sagt: ich Hab euch gezwungen, so lügt ihr.

 

Ein Garten

Zwei Nürnberger Kaufleute

1. Kaufmann Hier wollen wir stehn, denn da muß er vorbei. Er kommt eben die lange Allee herauf.

2. Kaufmann Wer ist bei ihm.

1. Kaufmann Adelbert von Weislingen.

2. Kaufmann Bambergs Freund, das ist gut.

1. Kaufmann Wir wollen einen Fußfall tun, und ich will reden.

2. Kaufmann Wohl, da kommen sie.

 

Kaiser. Weislingen

1. Kaufmann Er sieht verdrüßlich aus.

Kaiser Ich bin unmutig Weislingen. Und wenn ich auf mein vergangnes Leben zurücksehe, mögt ich verzagt werden, so viel halbe, so viel verunglückte Unternehmungen, und das alles, weil kein Fürst im Reich so klein ist dem nicht mehr an seinen Grillen gelegen wäre als an meinen Gedanken. Mein bester Schwimmer erstickte in einem Sumpf, Teutschland, Teutschland, du siehst einem Moraste ähnlicher als einem schiffbaren See.

Die Kaufleute werfen sich ihm zu Füßen.

1. Kaufmann Allerdurchlauchti[g]ster Großmächtigster.

Kaiser Wer seid ihr! was gibts!

1. Kaufmann Arme Kaufleute von Nurenberg euro Maj. Knechte und flehen um Hülfe. Gottfried von Berlichingen, und Hans von Selbiz haben unsrer 30 die von der Frfurter Messe kamen im Bambergischen Geleite niedergeworfen, und beraubt, wir bitten Ew Kaiserliche Maj. um Hülfe und Beistand, sonst sind wir alle verdorbne [L]eute, genötigt unser Brot zu betteln.

Kaiser Heiliger Gott! Heiliger Gott! Was ist das? Der eine hat eine Hand der andre nur ein Bein, wenn sie denn erst zwo Hand hätten und zwo Bein was wolltet ihr denn tun.

1. Kaufmann Wir bitten Ew. Maj untertänigst auf unsre bedrängte Umstände ein mitleidiges Auge zu werfen.

Kaiser Wie gehts zu! Wenn ein Kaufmann einen Pfeffersack verliert, soll man das ganze Reich aufmahnen, und wenn Händel vorhanden sind, daran Kaiserl. Maj. und dem Reich viel gelegen ist, daß es Königreich, Fürstentum Herzogtum und anders antrifft so kann euch kein Mensch zusammen bringen.

Weislingen Ihr kommt zur ungelegnen Zeit. Geht, und verweilt einige Tage hier.

Kaufleute Wir empfehlen uns zu Gnaden.

ab.

Kaiser Wieder neue Händel. Sie wachsen nach wie die Köpfe der Hydra.

Weislingen Und sind nicht auszurotten, als mit Feuer und Schwert und einer Herkulischen Unternehmung.

Kaiser Glaubt ihr.

Weislingen Ich hofft es auszuführen. Das beschwerlichste ist getan. Hat Ew. Maj. Wort nicht den Sturm gelegt, und die Tiefe des Meers beruhigt, nur kleine ohnmächtige Winde erschüttern mutwillig die Oberfläche der Wellen. Noch ein Machtwort, so sind auch die in ihre Höhlen gescheucht. Es ist mit nichten das ganze Reich das über Beunruhigung Klagen führen kann. Francken und Sch[w]aben glimmt noch von den Resten des ausgebrannten Feuers die ein unruhiger Geist manchmal aus der Asche weckt, und in der Nachbarschaft herumtreibt. Hätten wir den Sickingen den Selbiz – den Berlichingen diese Flammenden Brände aus dem Wege geschafft, wir würden bald das übrige in Tote Asche zerfallen sehn.

Kaiser Ich möchte die Leute gerne schonen, sie sind tapfer und edel, wenn ich einen Krieg führte, müßt ich sie unter meiner Armee haben, und da wären sie doch ruhig.

Weislingen Es wäre zu wünschen daß sie von jeher gelernt hätten ihrer Pflicht zu gehorchen. Und dann wär es äußerst gefährlich, ihre aufrührische Unternehmungen durch kriegrische Ehrenstellen zu belohnen. Es ist nicht genug ihre Person auf die Seite zu schaffen, sondern der Geist ist zu vertilgen, den das Glück ihrer rebellischen Unruhe umhergeblasen hat. Der Befehdungs Trieb steigt bis zu den geringsten Menschen hinunter, denen nichts erwünschters erscheint als ein Beispiel, das unbändiger Selbstgelassenheit die Fahne vorträgt.

Kaiser Was glaubt ihr daß zu tun.

Weislingen Die Achtserklärung, die jetzo gleich einem vermummten Weibe, nur Kinder in Ängsten setzt, mit dem Kaiserlichen Rachschwert zu bewaffnen, und von Tapfern und edlen Fürsten begleitet, über die unruhigen Häupter zu senden. Wenn es Ew. Maje. Ernst ist, die Fürsten bieten gern ihre Hände, und so garantier ich in weniger als Jahres Frist das Reich in der blühendsten Ruhe und Glückseligkeit.

Kaiser Jetzt wäre eine schöne Gelegenheit wider den Berlichingen und Selbiz, nur wollt ich nicht daß ihnen was zu leide geschähe. Gefangen mögt ich sie haben. Und dann müßten sie eine Urfehde schwören, auf ihren Schlössern ruhig zu bleiben, und nicht aus ihrem Bann zu gehen. Bei der nächsten Session will ich's vortragen.

Weislingen Ein freudiger beistimmender Zuruf, wird Ew. Maj. das Ende der Rede ersparen.

ab.

 

Jaxthaussen

Sickingen, Berlichingen

Sickingen Ja ich komme, eure edle Schwester um ihr Herz und ihre Hand zu bitten, und wenn ihre holde Seele, mir sie zum Eigentum übergibt, dann Gottfried pp.

Gottfried So wollt ich, ihr wärt eher kommen. Ich muß euch sagen, Weislingen hat während seiner Gefangenschaft sich in ihren Augen gefangen, um sie angehalten, und ich sagt sie ihm zu. Ich hab ihn losgelassen den Vogel und er verachtet die gütige Hand die ihm in seiner Gefangenschaft Futter reichte. Er schwirrt herum, weiß Gott auf welcher Hecke seine Nahrung zu suchen.

Sickingen Ist das so.

Gottfried Wie ich sage.

Sickingen Er hat ein doppeltes Band zerrissen, ein Band an dem selbst die scharfe Sense des Tods hätte stumpf werden sollen.

Gottfried Sie sitzt das arme Mädgen, und verjammert und verbetet ihr Leben.

Sickingen Wir wollen sie zu singen machen.

Gottfried Wie! entschließt ihr euch eine Verlassne zu heuraten.

Sickingen Es macht euch beiden Ehre von ihm betrogen worden zu sein. Soll darum das arme Mädgen in ein Kloster gehn, weil der erste Mann den sie kannte ein nichtswürdiger war. Nein doch, ich bleibe drauf, sie soll Königin von meinen Schlössern werden.

Gottfried Ich sag euch sie war nicht gleichgültig gegen ihn.

Sickingen Traust du mir so wenig zu daß ich den Schatten eines elenden nicht sollte verjagen können. Laß uns zu ihr.

 

Lager der Reichsexekution

Hauptmann. Offiziere

Hauptmann Wir müssen behutsam gehn, und unsre Leute so viel möglich schonen. Auch ist unsre gemessne Ordre, ihn in die Enge zu treiben und lebendig gefangen zu nehmen. Es wird schwer halten, denn wer mag sich an ihn machen.

Offizier Freilich! Und er wird sich wehren wie ein wildes Schwein, überhaupt hat er uns sein Lebenlang nichts zuleide getan, und jeder wird's von sich schieben Kaiser und Reich zu gefallen Arm und Bein dran zu setzen.

2. Offizier Es wär eine Schande wenn wir ihn nicht kriegten. Wenn ich ihn nur einmal beim Lippen habe, er soll nicht loskommen.

1. Offizier Faßt ihn nur nicht mit den Zähnen, ihr er möchte euch die Kinnladen ausziehen, guter Junger Herr, dergleichen Leute packen sich nicht wie ein flüchtiger Dieb.

2. Offizier Wollen sehn.

Hauptmann Unsern Brief muß er nun haben. Wir wollen nicht säumen, und einen Trupp ausschicken der ihn beobachten soll.

2. Offizier Laßt mich ihn führen.

Hauptmann Ihr seid der Gegend unkundig.

2. Offizier Ich hab einen Knecht der hier geboren und erzogen ist.

Hauptmann Ich bins zufrieden.

 

Jaxthausen

Sickingen (allein) Es geht alles nach Wunsch, sie war etwas bestürzt über meinen Antrag, und sah mich von Kopf bis auf die Füße an; ich wette sie verglich mich mit ihrem Weisfisch, Gott sei Dank, daß ich mich stellen darf. Sie antwortete wenig, und durch einander, desto besser! Es mag eine Zeit kochen. Bei Mädgen die durch Liebesunglück gebeizt sind wird ein Heuratsvorschlag bald gar.

Gottfried kommt.

Was bringt ihr Schwager.

Gottfried In die Acht erklärt.

Sickingen Was.

Gottfried Da lest den erbaulichen Brief. Der Kaiser hat Exekution gegen mich verordnet, die mein Fleisch den Vögeln unter dem Himmel, und den Tieren auf dem Felde zu fressen vorschneiden soll.

Sickingen Erst sollen sie dran. Just zur gelegnen Zeit bin ich hier.

Gottfried Nein Sickingen ihr sollt fort. Das hieße eure großen Anschläge, im Keim zertreten, wenn ihr zu so ungelegner Zeit des Reichs Feind werden wolltet. Auch mir könnt ihr weit mehr nützen, wenn ihr neutral zu sein scheint, der Kaiser liebt euch, und das schlimmste was mir begegnen kann ist, gefangen zu werden dann braucht euer Vorwort, und reißt mich aus einem Elend in das unzeitige Hülfe uns beide stürzen könnte. Denn was wärs, jetzo geht der Zug gegen mich, erfahren sie du bist bei mir, so schicken sie mehr, und wir sind um nichts gebessert. Der Kaiser sitzt an der Quelle, und ich wäre schon jetzt unwiederbringlich verloren, wenn man Tapferkeit so geschwind einblasen könnte, bis man einen Haufen zusammen blasen kann.

Sickingen Doch kann ich heimlich ein zwanzig Reuter zu euch stoßen lassen.

Gottfried Gut. Ich habe schon Georgen nach dem Selbiz geschickt. Und meine übrigen Knechte in der Nachbarschaft herum. Lieber Schwager, wenn meine Leute beisammen sind, es wird ein Häufgen sein, dergleichen wenig Fürsten beisammen gesehen haben.

Sickingen Ihr werdet gegen der Menge wenig sein.

Gottfried Ein Wolf ist einer ganzen Herde Schafe zu viel.

Sickingen Wenn sie aber einen guten Hirten haben.

Gottfried Sorg du. Und es sind lauter Mietlinge. Und dann kann der beste Ritter nichts machen, wenn er nicht herr von seinen Handlungen ist. Zu Hause sitzt der Fürst und macht einen Operations Plan das ist die rechte Höhe. So ging mirs auch einmal, wie ich dem Pfalzgraf zugesagt hatte gegen Conrad Schotten zu dienen, da legt er mir einen Zettel aus der Kanzelei vor, wie ich reiten und mich halten sollt, da wurf ich den Räten das Papier wieder dar, und sagt: ich wüßt nicht darnach zu handeln; Ich weiß ja nicht was mir begegnen mag, das steht nicht im Zettel, Ich muß die Augen selbst auftun, und sehen, was ich zu schaffen hab.

Sickingen Glück zu Bruder. Ich will gleich fort; Und dir schicken was ich in der Eile zusammen treiben kann.

Gottfried Komm noch mit zu meinen Weibsleuten, ich ließ sie beisammen. Ich wollte daß du ihr Wort hättest eh' du gingst. Dann schick mir die Reuter und komm heimlich wieder, sie abzuholen, denn mein Schloß, fürcht ich, wird bald kein Aufenthalt für Weiber mehr sein.

Sickingen Wollen das beste hoffen.

ab.

 

[Bamberg]

Adelhaid (mit einem Briefe) Das ist mein Werk. Wohl dem Menschen der stolze Freunde hat.

sie liest.

Zwei Exekutionen sind verordnet, eine von vierhundert gegen Berlichingen, eine von zweihund[ert] wider die gewaltsamen Besitzer deiner Güter. Der Kaiser ließ mir die Wahl, welche von beiden ich führen wollte, du kannst denken daß ich die letzte mit Freuden annahm, Ja das kann ich denken, kann auch die Ursach raten. Du willst Berlichingen nicht ins Angesicht sehen. Inzwischen warst du brav. Fort Adelbert, gewinne meine Güter, mein Trauerjahr ist bald zu Ende, und du sollst Herr von ihnen sein.

 

Jaxthausen

Gottfried. Georg

Georg Er will selbst mit euch sprechen. Ich kenn ihn nicht, es ist ein kleiner Mann mit schwarzen feurigen Augen, und einem wohlgeübten Körper.

Gottfried Bring ihn herein.

Lersee kommt.

Gottfried Gott grüß euch. Was bringt ihr.

Lersee Mich selbst, das ist nicht viel, doch alles was es ist, biet ich euch an.

Gottfried Ihr seid mir willkommen, doppelt willkommen, ein braver Mann, und zu dieser Zeit, da ich nicht hoffte neue Freunde zu gewinnen, vielmehr den Verlust der alten stündlich fürchtete. Gebt mir euern Namen.

Lersee Franz Lersee.

Gottfried Ich danke euch Franz daß ihr mich mit einem braven Manne bekannt gemacht habt.

Lersee Ich machte euch schon einmal mit mir bekannt, aber damals danktet ihr mir nicht dafür.

Gottfried Ich erinnre mich eurer nicht.

Lersee Es wäre mir leid. Wißt ihr noch wie ihr um des Pfalzgrafen willen Conrad Schotten Feind wart, und nach Haßfurth auf die Fasnacht reiten wollt.

Gottfried Wohl weiß ich's.

Lersee Wißt ihr, wie ihr unterwegs bei einem Dorf fünf und zwanzig Reutern entgegen kamt.

Gottfried Richtig. Ich hielt sie anfangs nur für zwölfe, und teilt meinen Haufen, waren unsrer sechzehn, und hielt am Dorf hinter der Scheuer, in willens sie sollten bei mir vorbeiziehen. Dann wollt ich ihnen nachrucken, wie ichs mit dem andern Haufen abgeredt hatte.

Lersee Aber wir sahen euch und zogen auf eine Höhe am Dorf. Ihr zogt herbei und hieltet unten. Wie wir sahen ihr wolltet nicht herauf kommen, ritten wir herab.

Gottfried Da sah ich erst daß ich mit der Hand in die Kohlen geschlagen hatte. Fünf und zwanzig gegen acht. Da galt's kein feiern. Erhard Truchsess durchstach mir einen Knecht. Dafür rannt ich ihn vom Pferde. Hätten sie sich alle gehalten wie er und ein Männlin, Es wäre mein und meines kleinen Häufgens übel gewart gewesen.

Lersee Das Männlin wovon ihr sagtet.

Gottfried Es war der bravste Knecht den ich gesehen habe. Es setzte mir heiß zu. Wenn ich dachte ich hätts von mir gebracht, wollte mit andern zuschaffen haben, wars wieder an mir, und schlug feindlich zu, es hieb mir auch durch den Panzer Ärmel hindurch, daß es ein wenig gefleischt hatte.

Lersee Habt ihr's ihm verziehen.

Gottfried Er gefiel mir mehr als zu wohl.

Lersee Nun so hoff ich daß ihr mit mir zufrieden sein werdet, ich habe mein Probstück an euch selbst abgelegt.

Gottfried Bist du's. O Willkommen willkommen. Kannst du sagen Maximilian, du hast unter deinen Dienern einen so geworben.

Lersee Mich wunderts daß ihr nicht bei Anfang der Erzählung auf mich gefallen seid.

Gottfried Wie sollte mir einkommen, daß der mir seine Dienste anbieten würde, der auf das feindseligste mich zu überwältigen trachtete.

Lersee Eben das Herr! Von Jugend auf dien' ich als Reutersknecht, und habs mit manchem Ritter aufgenommen. Da wir auf euch stießen, freut ich mich. Ich kannt euern Namen, und da lernt ich euch kennen, ihr wißt ich hielt nicht stand, ihr saht es war nicht Furcht denn ich kam wieder. Kurz ich lernt euch kennen, ihr überwandet nicht nur meinen Arm, ihr überwandet mich, und von Stund an beschloß ich euch zu dienen.

Gottfried Wie lang wollt ihr bei mir aushalten.

Lersee Auf ein Jahr. Ohne Entgeld.

Gottfried Nein ihr sollt gehalten werden wie ein andrer, und drüber wie der, der mir bei Remlin zu schaffen machte.

Georg Hans von Selbiz läßt euch grüßen, morgen ist er hier mit fünfzig Mann.

Gottfried Wohl.

Georg Es zieht am Kocher ein Trupp Reichsvölker herunter, ohne Zweifel euch zu beobachten und zu necken.

Gottfried Wie viel.

Georg Ihrer funfzig.

Gottfried Nicht mehr. Komm Lersee wir wollen sie zusammen schmeißen, wenn Selbiz kommt, daß er schon ein Stück Arbeit getan findt.

Lersee Das soll eine reichliche Vorlese werden.

Gottfried Zu Pferde.

 

Wald an einem Morast

Zwei Reichs Knechte begegnen einander.

1. Knecht Was machst du hier.

2. Knecht Ich hab Urlaub gebeten meine Notdurft zu verrichten. Seit dem blinden Lärmen gestern Abends ist mir s in die Gedärme geschlagen, daß ich alle Augenblicke vom Pferd muß.

1. Knecht Hält der Trupp hier in der Nähe.

2. Knecht Wohl eine Stunde den Wald hinauf.

1. Knecht Wie verläufst du dich denn hierher.

2. Knecht Ich bitt dich verrat mich nit. Ich will aufs nächst Dorf, und sehn ob ich nit mit warmen Überschlägen meinem Übel abhelfen kann. Wo kommst du her.

1. Knecht Vom nächsten Dorf. Ich habe unserm Offizier Wein und Brot geholt.

2. Knecht So, er tut sich was zu guts vor unserm Angesicht, und wir sollen fasten! schön Exempel.

1. Knecht Komm mit zurück Schurke.

2. Knecht Wär ich ein Narr. Es sind noch viele unterm Haufen, die gern fasteten, wenn sie so weit davon wären als ich.

1. Knecht Hörst du Pferde.

2. Knecht O Weh.

1. Knecht Ich klettre auf den Baum.

2. Knecht Ich steck mich in den Sumpf.

 

Gottfried, Lersee. Georg. andre Knechte zu Pferd

Gottfried Hier am Teiche weg und linker hand in den Wald, so kommen wir ihnen in Rücken.

|: ziehen vorbei. :|

1. Knecht (Steigt vom Baum) Da ist nicht gut sein. Michel! Er antwortet nicht. Michel! Sie sind fort.

er geht nach dem Sumpf

Michel! O weh er ist versunken. Michel! er hört mich nicht er ist erstickt. So lauert der Tod auf den Feigen, und reißt ihn in ein unrühmlich Grab. Fort du selbst Schurke! Fort zu deinem Haufen.

Gottfried (zu Pferde) Halte bei den Gefangnen Georg. Ich will sehn ihre flüchtigen Führer zu erreichen,

ab.

Georg Unterstzuoberst stürzt ihn mein Herr vom Pferde, daß der Federbusch im Kot stak. Seine Reuter huben ihn aufs Pferd, und fort wie besessen.

ab.

 

Lager

Hauptmann. 1. Ritter

1. Ritter Sie fliehen von weitem dem Lager zu.

Hauptmann Er wird ihnen an den Fersen sein. Laßt ein funfzig ausrücken bis an die Mühle. Wenn er sich zu weit wagt erwischt ihr ihn viellei[c]ht.

Ritter ab.

2. Ritter geführt.

Hauptmann Wie gehts junger Herr! Habt ihr ein Paar Zinken abgerennt.

Ritter Daß dich die Pest. Wenn ich Hörner gehabt hätte wie ein Dannhirsch, sie wären gesplittert wie Glas. Du Teufel, er rannt auf mich los, es war mir als wenn mich der Donner in die Erd nein schlüg.

Hauptmann Dankt Gott, daß ihr noch so davon gekommen seid.

Ritter Es ist nichts zu danken, ein Paar Rippen sind entzwei. Wo ist der Feldscher.

ab.

 

Jaxthaussen

Gottfried Was sagtest du zu der Achtserklärung Selbiz.

Selbiz Es ist ein Streich von Weislingen.

Gottfried Meinst du!

Selbiz Ich meine nicht, ich weiß.

Gottfried Woher?

Selbiz Er war auf dem Reichstag sag ich dir, er war um den Kaiser

Gottfried Wohl, so machen wir ihm wieder einen Anschlag zu nichte.

Selbiz Hoff s

Gottfried Wir wollen fort, und soll die Hasenjagd angehn.

ab.

 

Lager

Hauptmann. Ritter

Hauptmann Dabei kommt nichts heraus ihr Herrn. Er schlägt uns ein Detaschement nach dem andern, und was nicht umkommt und gefangen wird, das läuft in Gottes Namen lieber nach der Türkey, als ins Lager zurück, so werden wir alle Tage schwächer. Wir müssen einmal für allemal ihm zu Leibe gehn, und das mit Ernst, ich will selbst dabei sein, und er soll sehn, mit wem er zu tun hat.

Ritter Wir sind's alle zufrieden, nur ist er der Lands Art so kundig, weiß alle Gänge und Schliche, im Gebürg, daß er so wenig zu fangen ist, wie eine Maus auf dem Kornboden.

Hauptmann Wollen ihn schon kriegen. Erst auf Jaxthausen zu. Mag er wollen oder nicht, er muß herbei, sein Schloß zu verteidigen.

Ritter Soll unser ganzer Hauf marschieren.

Hauptmann Freilich! Wißt ihr daß wir schon um hundert geschmolzen sind.

Ritter Verflucht.

Hauptmann Drum geschwind eh der ganze Eisklumpen auftaut, es macht warm in der Nähe, und wir stehn da, wie Butter an der Sonne.

ab.

 

Gebürg und Wald

Gottfried. Selbiz. Trupp

Gottfried Sie kommen mit hellem Hauf. Es war hohe Zeit daß Sickingens Reuter zu uns stießen.

Selbiz Wir wollen uns teilen. Ich will linker Hand um die Höhe ziehen.

Gottfried Gut, und du Franz führe mir die funfzig rechts durch den Wald hinauf, sie kommen über die Heide, ich will gegen ihnen halten. Georg, du bleibst um mich. Und wenn ihr seht, daß sie mich angreifen, so fallt, ungesäumt in die Seiten. Wir wollen sie patschen Sie denken nicht daß wir ihnen Spitze bieten können.

 

Heide, auf der einen Seite eine Höhe, auf der andern Wald

Hauptmann. Exekutions Zug

Hauptmann Er hält auf der Heide, das ist impertinent. Er solls büßen. Was, den Strom nicht zu fürchten, der auf ihn losbraust.

Ritter Ich wollte nicht daß ihr an der Spitze rittet, er hat das Ansehn, als ob er den ersten der ihn anstoßen mögte, umgekehrt in die Erd pflanzen wollte, Ich hoffe nicht daß ihr Lust habt zum Rosmarin Strauch zu werden. Reitet hinten drein.

Hauptmann Nicht gern.

Ritter Ich bitt euch. Ihr seid noch der Knoten von diesem Bündel Haselruten, löst ihn auf, so knickt er sie euch einzeln wie Rietgras.

Hauptmann Trompeter, blas! Und ihr blast ihn weg.

ab.

Selbiz (hinter der Höhe hervor im Kalopp) Mir nach. Sie sollen zu ihren Händen rufen, multipliziert euch.

ab.

Franz (aus dem Wald) Gottfrieden zu Hülfe, er ist fast umringt. Braver Selbiz, du hast schon Luft gemacht. Wir wollen die Heide mit ihren Distelköpfen besäen.

vorbei.

 

Getümmel
Eine Höhe mit einem Wartturm

Selbiz verwundet, Knechte

Selbiz Legt mich hierher und kehrt zu Gottfr[ied].

Knecht Laßt uns bleiben Herr, ihr braucht unsrer.

Selbiz Steig einer auf die Warte, und seh wies geht.

1. Knecht Wie will ich hinauf kommen.

2. Knecht Steig auf meine Schultern, und dann kannst du die Lücke reichen, und dir bis zur Öffnung hinauf helfen.

steigt hinauf.

1. Knecht Ach Herr.

Selbiz Was siehst du.

1. Knecht Eure Reuter fliehen. Der Höhe zu.

Selbiz Höllische Schurken. Ich wollt sie stünden, und ich hätt eine Kugel vorn Kopf, reit einer hin, und fluch und Wetter sie zurück.

Knecht ab.

Selbiz Siehst du Gottfrieden.

Knecht Die drei schwarze Federn seh ich mitten im Getümmel.

Selbiz Schwimm braver Schwimmer. Ich liege hier.

Knecht Ein weißer Federbusch, wer ist das.

Selbiz Der Hauptmann.

Knecht Gottfried drängt sich an ihn. – Bau! er stürzt.

Selbiz Der Hauptm[ann]

Knecht Ja Herr.

Selbiz Wohl! wohl!

Knecht Weh! Weh! Gottfrieden seh ich nicht mehr!

Selbiz So stirb Selbiz.

Knecht Ein fürchterlich Gedräng wo er stund. Georgs blauer Busch verschwindt auch.

Selbiz Komm herunter. Siehst du Lerseen nicht.

Knecht Nicht, es geht alles drunter und drüber.

Selbiz Nichts mehr. Komm! Wie halten sich Sickingens Reuter.

Knecht Gut. Da flieht einer nach dem Wald. Noch einer! Ein ganzer Trupp. Gottfried ist hin.

Selbiz Komm herab.

Knecht Ich kann nicht. Wohl wohl. Ich sehe Gottfrieden! Ich seh Georgen.

Selbiz Zu Pferd?

Knecht Hoch zu Pferd! Sieg! Sieg! sie fliehn.

Selbiz Die Reichstruppen.

Knecht Die Fahne mitten drin. Gottfried hinten drein. Sie zerstreuen sich. Gottfr[ied] erreicht den Fähndrich. – Er hat die Fahne! – Er hält. Eine Handvoll Menschen um ihn herum. Mein Kamerad erreicht ihn – Sie ziehn herauf.

 

Gottfried, Georg, Franz, ein Trupp

Selbiz Glück zu! Gottfried. Sieg! Sieg!

Gottfried (steigt vom Pferde) Teuer! Teuer! Du bist verwundt Selbiz.

Selbiz Du lebst und siegst! Ich habe wenig getan. Und meine Hunde von Reutern! Wie bist du davon gekommen.

Gottfried Diesmal galts; und hier Georgen dank ich das Leben, und hier Franzen dank ichs. Ich warf den Hauptm[ann] vom Gaul. Sie stachen mein Pferd nieder, und drangen auf mich ein, Gorg hieb sich zu mir und sprang ab, ich wie der Blitz auf seinen Gaul. Wie der Donner saß er auch wieder. Wie kamst du zum Pferd.

Georg Einem der nach euch hieb, stieß ich meinen Dolch in die Gedärme wie sich sein Harnisch in die Höh zog, er stürzt, und ich half zugleich, euch von einem Feind, mir zu einem Pferde.

Gottfried Nun staken wir. Bis Franz sich zu uns herein schlug, und da mähten wir von innen heraus.

Franz Die Hunde die ich führte sollten von außen hineinmähen, bis sich unsre Sensen begegnet hätten, aber sie flohen wie Reichstruppen.

Gottfried Es floh Freund und Feind. Nur du kleiner Hauf warst meinem Rücken eine Mauer, inzwischen daß ich vor mir her ihren Mut in Stücken schlug, der Fall ihres Hauptmanns, half mir sie schütteln, und sie flohen. Ich hab ihre Fahne und wenig Gefangne.

Selbiz Der Hauptm[ann].

Gottfried Sie hatten ihn inzwischen gerettet. Kommt ihr Kinder kommt! Selbiz! Macht eine Bahre von Ästen! du kannst nicht aufs Pferd. Kommt in mein Schloß. Sie sind zerstreut. Aber unsrer sind wenig, und ich weiß nicht ob sie Truppen nachzuschicken haben. Ich will euch bewirten meine Freunde. Ein Glas Wein schmeckt auf so einen Strauß.

 

Lager

Hauptmann Ich möcht euch alle mit eigner Hand umbringen ihr tausend Sakerment. Was fortzulaufen! er hatte keine Hand voll Leute mehr! Fortzulaufen wie die Scheißkerle! Vor einem Mann. Es wird s niemand glauben als wer über uns zu lachen Lust hat. Und der wird eine reiche Kützlung für sein Lunge sein ganz Lebenlang haben, und wenn das Alter ihn hinter den Ofen knickt, wird ihm das Husten und Schwachheit vertreiben, wenn ihm einfällt unsre Prostitution in seiner Enkel Gehirn zu pflanzen. Reit herum ihr, und ihr, und ihr. Wo ihr von unsern zerstreuten Truppen findt, bringt sie zurück, oder stecht sie nieder. Wir müssen diese Scharten auswetzen, und wenn die Klingen drüber zu Grund gehen sollten.

 

Jaxthausen

Gottfried. Lersee. Georg

Gottfried Wir dürfen keinen Augenblick säumen, arme Jungens, ich darf euch keine Rast gönnen. Jagt geschwind herum und sucht noch Reuter aufzutreiben. Bestellt sie alle nach Weilern da sind sie am sichersten. Wenn wir zögern so ziehen sie mir vors Schloß.

die zwei ab.

Ich muß einen auf Kundschaft ausjagen. Es fängt an heiß zu werden; und wenn es nur noch brave Kerls wären, aber so ist's die Menge.

ab.

 

Sickingen, Marie

Marie Ich bitt euch lieber Sickingen, geht nicht von meinem Bruder, seine Reuter, Selbizens, eure sind zerstreut, er ist allein, Selbiz ist verwundet auf sein Schloß gebracht, und ich fürchte alles.

Sickingen Seid ruhig ich gehe nicht weg.

Gottfried Kommt in die Kirche der Pater wartet. Ihr sollt mir in einer viertelstunde ein Paar sein.

Sickingen Laßt mich hier.

Gottfried In die Kirche sollt ihr jetzt.

Sickingen Gern, und darnach.

Gottfried Darnach sollt ihr Eurer Wege gehn.

Sickingen Gottfr[ied].

Gottfried Wollt ihr nicht in die Kirche.

Sickingen Kommt Kommt.

 

Lager

Hauptmann Wie viel sinds in allem.

Ritter Hundert und funfzig.

Hauptmann Von vierhunderten! Das ist arg. Jetzt gleich auf und grad gegen Jaxthausen zu. Eh er sich erholt und sich uns wieder in Weg stellt.

 

Jaxthausen

Gottfried. Elisabeth. Sickingen. Marie

Gottfried Gott segn euch. Geb euch glückliche Tage, und behalte die die er euch abzieht für eure Kinder.

Elisabeth Und die laß er sein wie ihr seid. Rechtschaffen! Und dann laßt sie werden was sie wollen.

Sickingen Ich dank euch. Und dank euch Marie. Ich führte euch an den Altar, und ihr sollt mich zur Glückseligkeit führen

Marie Wir wollen zusammen eine Pilgrimschaft nach diesem fremden Gelobten Lande antreten.

Gottfried Glück auf die Reise.

Marie So ist's nicht gemeint, wir verlassen euch nicht.

Gottfried Ihr sollt Schwester.

Marie Du bist sehr unbarmherzig Bruder.

Gottfried Und ihr zärtlicher als vorsehend.

Georg (heimlich) Ich kann niemand auftreiben, ein einziger war geneigt. Darnach verändert er sich und wollte nicht.

Gottfried Gut Georg. Das Glück fängt an launisch mit mir zuwerden. Ich ahnd es.

Sickingen. Ich bitt euch geht noch diesen Abend. Beredet Marien. Sie ist eure Frau. Laßt sie's fühlen. Wenn Weiber quer in unsre Unternehmungen treten, ist unser Feind im freien Feld sichrer als sonst in der Burg.

Knecht (kommt) Herr. Die Reichstruppen sind auf dem Marsch, grade hierher, sehr schnell.

Gottfried Ich habe sie mit Rutenstreichen geweckt. Wie viel sind ihrer.

Knecht Ohngefähr zweihundert. Sie können nicht zwei Stunden mehr von hier sein.

Gottfried Noch überm Fluß.

Knecht Ja Herr.

Gottfried Wenn ich nur funfzig Mann hätte, sie sollten mir nicht herüber. Hast du Franzen nicht gesehen.

Knecht Nein Herr.

Gottfried Biet allen sie sollen bereit sein.

Gottfried Es muß geschieden sein meine lieben. Weine meine gute Marie, es werden augenblicke kommen wo du dich freuen wirst. Es ist besser du weinst deinen Hochzeittag, als daß übergroße Freude der Vorbote eines künftigen Elends wäre. Lebe wohl Marie. Lebt wohl Bruder.

Marie Ich kann nicht von euch Schwester. Lieber Bruder laß uns, achtest du meinen Mann so wenig, daß du in dieser Extremität seine Hülfe verschmähst.

Gottfried Ja es ist weit mit mir gekommen. Vielleicht bin ich meinem Sturze nah. Ihr beginnt heute zu leben, und ihr sollt euch von meinem Schicksal trenn[en.] Ich hab eure Pferde zu satteln befohlen, Ihr müßt gleich fort.

Marie Bruder Bruder.

Elisabeth (zu Sickingen) Gebt ihm nach! geht.

Sickingen Liebe Marie, laßt uns gehn.

Marie Du auch! Mein herz wird brechen.

Gottfried So bleib denn. In wenigen Stunden wird meine Burg umringt sein.

Marie Wehe! wehe!

Gottfried Wir werden uns verteidigen so gut wir können.

Marie Mutter Gottes hab erbarmen mit uns.

Gottfried Und am Ende werden wir sterben oder uns ergeben. – Du wirst deinen edlen Mann, mit mir in ein Schicksal geweint haben.

Marie Du marterst mich.

Gottfried Bleib! Bleib! Wir werden zusammen Gefangen werden Sickingen. Du wirst mit mir in die Grube fallen! Ich hoffte du solltest mir heraushelfen.

Marie Wir wollen fort. Schwester, Schwester.

Gottfried Bringt sie in Sicherheit, und dann erinnert euch meiner.

Sickingen Ich will ihr Bett nicht besteigen bis ich euch außer Gefahr weiß.

Gottfried Schwester liebe Schwester. (er küßt sie)

Sickingen Fort fort.

Gottfried Noch einen Augenblick. Ich seh euch wieder. Tröstet euch, wir sehn uns wieder.

Sickingen Marie ab.

Ich trieb sie, und da sie geht mögt ich sie halten. Elis[abeth] du bleibst bei mir.

Elisabeth Bis in den Tod, wie ich will daß du bei mir bleiben sollst. Wo bin ich sichrer als bei dir.

Gottfried Wen Gott lieb hat dem geb er so eine Frau, und dann laßt den Teufel in eine Herd Unglück fahren, ihm alles nehmen, er bleibt mit dem Trost vermählt.

ab.

Elisabeth Welche Gott lieb hat der Geb er so einen Mann und wenn er und seine Kinder nicht ihr einziges Glück machen so mag sie sterben, Sie kann unter die heiligen des Himmels passen, aber sie ist ihn nicht wert.

ab.

 

Gottfried. Georg

[Georg] Sie sind in der Nähe ich habe sie vom Turn gesehn. Der erste Strahl der Sonne spiegelte sich in ihren Picken, wie ich sie sah wollte mirs nicht bänger werden als einer Katze vor einer Armee Mäuse. Zwar wir spielen die Ratten.

[Gottfried] Seht nach den Tor riegeln. Verrammelts inwendig mit Balken und Steinen.

Georg ab.

Wir wollen ihre Geduld für'n Narren halten. Und ihre Tapferkeit sollen sie mir an ihren eignen Nägeln verkauen.

Trompeter von außen.

Aha! ein rotröckiger Schurke. Der uns die Frage vorlegen wird ob wir Hundsfütter sein wollen.

er geht ans Fenster.

Was soll's.

man hört in der Ferne reden.

Gottfried (in seinen Bart) Einen Strick um deinen Hals.

Trompeter redt fort.

Gottfried Beleidiger der Majestät! Die Auffordrung hat ein Pfaff gemacht. Es liegt ihnen nichts so sehr am Herzen als Majestät, weil niemand diesen Wall so nötig hat als sie.

Trompeter endet.

Gottfried (antworte[t]) Mich ergeben! auf Gnad und ungnad! Mit wem redt ihr! Bin ich ein Räuber! Sag deinem Hauptmann vor ihro Kaiserlichen Maj. hab ich, wie immer, schuldigen Respekt. Er aber sag s ihm, er kann mich im Arsch lecken.

|: schmeißt das Fenster zu :|

 

Belagerung
Küche

Elisabeth. Gottfried. zu ihr

Gottfried Du hast viel Arbeit arme Frau!

Elisabeth Ich wollt, ich hätte sie lang. Wir werden schwerlich lang halten können.

Gottfried Den Keller haben die Schurken freilich. Sie werden sich meinen Wein schmecken lassen.

Elisabeth Die übrigen Viktualien tun mir noch leider. Zwar ließ ich die ganze Nacht heraufschleppen, es ist mir aber doch noch zu viel drunten geblieben.

Gottfried Wenn wir nur auf einen gewissen Punkt halten, daß sie kapitulation vorschlagen. Wir tun ihnen brav Abbruch. Sie schießen den ganzen Tag und verwunden unsre Mauern und knicken unsre Scheiben. Lersee ist ein braver Kerl, er schleicht mit seiner Büchse herum, wo sich einer zu Nah wagt. Blaf liegt er.

Knecht Kohlen gnädge Frau.

Gottfried Was gibts.

Knecht Die Kugeln sind alle, wir wollen neue gießen.

Gottfried Wie stehts Pulver.

Knecht So ziemlich. Wir sparen unsre Schüsse wohl aus.

 

Saal

Lersee mit einer Kugelform
1. Knecht mit Kohlen. 2. Knecht

Franz Stellt sie daher, und seht wo ihr im Hause Blei kriegt. Inzwischen, will ich hier zugreifen.

|: hebt ein Fenster aus und schlägt die Scheiben ein :|

Alle Vorteile gelten. – So gehts in der Welt, weiß kein Mensch was aus den Dingen werden kann. Der Glaser der die Scheiben faßte, dachte gewiß nicht daß das Blei einem seiner Urenkel garstiges Kopfweh machen könnte, und da mich mein Vater machte, dacht er nicht welcher Vogel unterm Himmel, welcher Wurm auf der Erde mich fressen mögte. Danken wir Gott davor daß er uns bei dem Anfang gegen das Ende gleichgültig gemacht hat. Wer mögte sonst den Weg von einem Punkt zum andern machen. Wir können nicht und sollen nicht. Überlegung ist eine Krankheit der Seele, und hat nur kranke Taten getan. Wer sich als ein halbfaules Gerippe denken könnte, wie Ekel müßt ihm das Leben sein.

Georg (mit einer Rinne) Da hast du Blei. Wenn du nur mit der Hälfte triffst, so entgeht keiner der ihro Maj. ansagen kann, Herr wir haben uns prostituiert.

Franz (haut davon) Ein brav Stück.

Georg Der Regen mag sich einen andern Weg suchen, ich bin nicht bang davor, ein braver Reuter und ein rechter Regen, mangeln niemals eines Pfads.

Franz (er gießt) Halt den Löffel, (er geht ans Fenster) Da zieht so ein Reichs Musje mit der Büchsen herum, sie denken wir haben uns verschossen. Und diesmal haben sie's getroffen. Sie dachten nur nicht daß wir wieder beschossen sein könnten. Er soll die Kugel versuchen wie sie aus der Pfanne kommt. (Er lädt)

Georg (lehnt den Löffel an) Laß mich sehn.

Franz (schießt) Da liegt der Spatz.

Georg Der schoß vorhin nach mir (sie gießen) wie ich zum Dachfenster Hinausstieg und die Rinne holen wollte. Er traf eine Taube, die nicht weit von mir saß, sie stürzt in die Rinne, ich dankt ihm für den Braten. Und stieg mit der doppelten Beute wieder herein.

Franz Nun wollen wir wohl laden, und im ganzen Schloß herumgehn, unser Mittag-Essen verdienen.

Gottfried [kommt]. Bleib Franz. Ich hab mit dir zu reden, Dich Georg will ich nicht von der Jagd abhalten.

|: Georg ab :|

Gottfried Sie entbieten mir wieder einen Vertrag.

Franz Ich will zu ihnen hinaus und hören was es soll.

Gottfried Es wird sein: ich soll mich auf Bedingungen in ritterlich Gefängnis stellen.

Franz Das ist nichts, wie wärs, wenn sie uns freien Abzug eingestünden. Da ihr doch von Sickingen keinen Ersatz erwartet. Wir vergrüben Geld und Silber wo sie's nicht mit einen Wald von Wünschelruten finden sollten, überließen ihnen das Schloß, und kämen mit Manier davon.

Gottfried Sie lassen uns nicht.

Franz Es kommt auf eine Prob an. Wir wollen um sicher Geleit rufen, und ich will hinaus.

 

Saal

Gottfried. Elisabeth. Georg. Knechte
Bei Tisch

Gottfried So bringt uns die Gefahr zusammen. Laßt's euch schmecken, meine Freunde! Vergeßt das trinken nicht. Die Flasche ist leer. Noch eine, liebe Frau.

Elisabeth zückt die Achseln.

Gottfried Ist keine mehr da.

Elisabeth (leise) Noch eine, ich hab sie für dich bei Seite gesetzt.

Gottfried Nicht doch liebe! Gib sie heraus. Sie brauchen Stärkung, nicht ich; es ist ja meine Sache.

Elisabeth Holt sie draußen im Schrank.

Gottfried Es ist die letzte. Und mir ist als ob wir nicht zu sparen Ursache hätten. Ich bin lang nicht so vergnügt gewesen.

|: er schenkt ein :|

Es lebe der Kaiser.

Alle Er lebe.

Gottfried Das soll unser vorletztes Wort sein wenn wir sterben. Ich lieb ihn, denn wir haben einerlei Schicksal. Und ich bin noch glücklicher als er. Er muß den Reichsständen die Mäuse fangen, inzwischen die Ratten seine Besitztümer annagen. Ich weiß, er wünscht sich manchmal lieber Tot, als länger die Seele eines so krüpplichen Körpers zu sein. Ruft er zum Fuße Marsch, der ist eingeschlafen, zum Arm heb dich, der ist verrenkt, Und wenn ein Gott im Gehirn saß, er könnt nicht mehr tun als ein unmü[n]dig Kind, die Spekulationen und Wünsche ausgenommen, um die er nur noch schlimmer dran ist.

|: schenkt ein :|

Es geht just noch einmal herum. Und wenn unser Blut anfängt auf die Neige zu gehn, wie der Wein in dieser Flasche erst schwach, dann Tropfenweise rinnt.

|: er tröpfelt das letzte in sein Glas :|

Was soll unser letztes Wort sein.

Georg Es lebe die Freiheit!

Gottfried Es lebe die Freiheit

Alle Es lebe die Freiheit.

Gottfried Und wann die uns überlebt, können wir ruhig sterben. Denn wir sehen im Geiste unsre Enkel glücklich, und die Kaiser unsrer Enkel glücklich.

Wenn die Diener der Fürsten, so edel und frei dienen wie ihr mir, wenn die Fürsten dem Kaiser dienen, wie ich ihm dienen mögte.

Georg Da muß viel anders werden.

Gottfried Es wird! es wird! Vielleicht daß Gott denen großen die Augen über ihre Glückseligkeit auftut. Ich hoffs, denn ihre Verblendung ist so unnatürlich, daß zu ihrer Erleuchtung kein Wunder nötig scheint. Wenn sie das Übermaß von Wonne fühlen werden in Ihren Untertanen Glücklich zu sein. Wenn sie menschliche Herzen genug haben werden um zu schmecken, welche Seligkeit es ist ein großer Mensch zu sein.

wenn ihr wohl gebautes Gesegnetes Land, ihnen ein Paradies gegen ihre steife gezwungne einsiedlerische Gärten scheint. Wenn die volle Wange, der fröhliche Blick jedes Bauren, seine zahlreiche Familie, die Fettigkeit ihres ruhenden Landes besiegelt, und gegen diesen Anblick, alle Schauspiele, alle Bilder Säle ihnen kalt werden. Dann wird der Nachbar dem Nachbarn Ruhe gönnen, weil er selbst glücklich ist. Dann wird keiner seine Grenzen zu erweitern suchen. Er wird lieber die Sonne in seinem Kreise bleiben, als ein Komet durch viele andre seinen schröcklichen, unsteten Zug führen.

Georg Würden wir darnach auch reiten.

Gottfried Der unruhigste Kopf wird zu tun genug finden. Auf die Gefahr wollte Gott Teutschland wäre diesen Augenblick so. Wir wollten, die Gebürge von Wölfen säubern, wollten unserm ruhig Ackernden Nachbar, einen Braten aus dem Wald holen, und dafür die Suppe mit ihm essen. War uns das nicht genug, wir wollten uns mit unsern Brüde[r]n gleich Cherubs mit flammenden Schwerten, vor die Grenzen des Reichs gegen die Wölfe die Türeken, gegen die Füchse die Franzosen lagern, und zugleich unsers teuern Kaisers sehr ausgesetzte Länder, und die Ruhe des ganzen beschützen. Das wäre ein leben Georg, wenn man seine Haut vor die allgemeine Glückseligkeit setzte.

Georg springt auf.

Gottfried Wo willst du hin.

Georg Ach ich vergaß daß wir eingesperrt sind. Der Kaiser sperrt uns ein. – Und unsre Haut davon zu bringen, setzen wir unsre Haut dran.

Gottfried Sei gutes Muts.

Franz (kommt) Freiheit! Freiheit! Das sind schlechte Menschen –! Unschlüssige, bedächtige Esel. – Ihr sollt abziehen, mit Gewehr, Pferden, und Rüstung. Proviant sollt ihr dahinten lassen.

Gottfried Sie werden kein Zahnweh vom Kauen kriegen.

Franz (heimlich) Habt ihr das Silber versteckt.

Gottfried Nein. Frau geh mit Franzen, er hat dir was zu sagen.

 

[Schloßhof]

Georg singt.
Es fing ein Knab ein Meiselein
                        Hm, Hm.
Da lacht er in den Käfig nein
            Hm! Hm!
                  So! So!
                        Hm! Hm!

Der freut sich traun so läppisch,
            Hm! Hm
Und griff hinein so täppisch.
            Hm! Hm! pp
Da flog das Meislein auf ein Haus
            Hm! Hm!
Und lacht den dummen Buben aus
            Hm! Hm! pp.

Gottfried Wie stehts.

Georg(führt sein Pferd heraus) Sie sind gesattelt.

Gottfried Du bist fix.

Georg Wie der Vogel aus dem Käfig.

 

Alle die Belagerten

Gottfried Ihr habt eure Büchsen. Nicht doch! Geht hinauf und nehmt die besten aus dem Rüstschrank, es geht in einem hin. Wir wollen vorausreiten.

Görg
            Hm! Hm!
                  So! So!
                        Hm !Hm!

 

Saal

2 Knechte am Rüstschrank

1. Knecht Ich nehm' die.

2. Knecht Ich die. Da ist noch eine schönere.

1. Knecht Nein doch. Mach daß du fortkommst!

2. Knecht Horch!

1. Knecht (springt ans Fenster). Hilf heiliger Gott. Sie ermorden unsern Herrn. Er liegt vom Pferd. Gorg stürzt.

2. Knecht Wo retten wir uns, an der Mauer den Nußbaum hinunter, in Feld.

ab.

1. Knecht Franz hält sich noch, ich will zu ihnen. Wenn sie sterben, wer mag leben.

ab.

 


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