Johann Wolfgang von Goethe
Briefe von Goethe an Johanna Fahlmer
Johann Wolfgang von Goethe

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Anhang.

1. Frau Rath Goethe an ihre Enkelin Henriette.

den 8. Januar 1792.

Liebe Henriette!

Also hat dir dein Christkindlein Freude gemacht? Ei, da ist ja mein Wunsch erfüllt – glaube mir, wenn die Sachen auf dem Postwagen sind – daß ich immer in Gedanken mit reiße – und wenn ich ahnde daß die Stunde der Bescherung erscheint; so bin ich im Geiste bey Euch, und freue mich Eurer Freuden. Ich mögte wohl mit dir und Eduard [geb. 1784] Häußer bauen, so ein Spiel mag ich recht gern – Wenn du nach Frankfurth komst; so bringe deine Häuser und Bäume mit – da will ich mit Euch Spielen. Erinnerst du dich noch wie du bey der Großmutter warstBesuch in Frankf. mit den 2 Kleinen im Sept. 1788. (Tagebuch von Johanna) und wie du und Eduard in dem Eckgen meiner Wohnstube – so schön mit einander spieltet – Hochzeit – Kindbett und allerley – und den Jubel wann die Englischen Reuter kamen – und wie wir dem großen Bassa Lieder gesungen haben? Das war doch ein Capital Spaß! Ich habe gehört daß die Reihe zu reißen an dir und Eduart (sic) ist, und Ihr also bald wieder herkomt – Potz Fischen! Da wollen wir lustig seyn – da ich also muthmaßlich dich noch in diesem Jahr sehe, so will ich meinen Glückwunsch mündlich (sic) bey dir anbringen – Lebe indeßen wohl! Bleibe hübsch gesund! und behalte lieb

deine dich        
liebende Großmutter
E. Goethe        

2. Frau Rath. Stammbuchsblatt für Henriette.

Der Glückliche ist nicht immer der Glückseelige – darum wünsche ich Dir lieber glückseelig als glücklich zu seyn, und das kannst Du so bald Du wilst – die Glückseeligkeit hängt von Dir ab – Glück ist das Werk anderer.

Frankfurth d 18. May 1801.Am 27. Mai reiste Henriette nach Eutin, wo sie lange, bis zum 25. September 1802, blieb.

Zum Andenken
schriebe dieses deine
dich hertzlich liebende
Großmutter

Goethe.

3. Henriette Schlosser an Clärchen von Clermondt über Frau Rath.

31. Septbr. 1805.

Du fragst nach Großmama – ich habe sie lange nicht gesehen, weiß aber doch daß sie wohl ist – sie ist wie sie war. Tante Lene konnte ihr Äußeres nicht schnell genug verdauen um Lust und Freude am Inneren zu finden – es war zu kurze Bekanntschaft – denn länger und näher gekannt muß man gewiß das meiste an ihr schäzen. Der Comedien Plaz ist noch Tantens Eigenthum, bis den ersten October. Großmama treibt es noch auf den alten Fuße d. ist sie geht ohne alle Rücksicht auf Tante ihre Hälfte hinein – diese weiß aber nun daß dieß hier eben nichts neues ist – u. kehrt sich nun auch nicht an Großmama.

4. Henriette Schlosser an Clärchen von Clermondt über Frau Rath.

Ff. 10. Oct. 8.

Großmama's Tod wußten wir schon in Godesberg, es that uns so leid sie nicht mehr gesehen zu haben, indeß ist es für sie besser, sie litt nicht in dem Grade, wie ihre Krankheit sonst leiden macht, u. starb schneller daran als gewöhnlich der Gang dieser Krankheit zuläßt. Ihr Tod war sehr kräftig u. schön, wie ich es mir dachte. Diese Nachrichten u. so viel näheres Erzählen von Großmama trübte der Mutter sehr die Ankunft.

Sonntag hatten wir sogar ein Diner comme il faut, die Göthe ist hier, mit einem Dämchen aus Weimar u. dem netten August, da diese Menschen uns aber alle 3 recht willkommen waren, ging es meist recht angenehm von Statten.

5. Henriette Schlosser über Goethe's Frau und Sohn.

Ff. 4. Dec. 8.

Mit der Theilung sind wir nun ganz fertig, u. die Goethe zu Hause, sie schrieb uns allen aus Weimar. Ihr Sohn ist in Heidelberg, sie besuchte ihn dort noch auf ein paar Tage. Er ist ein sehr lieber, braver Junge, gescheut, herzlich u. treu, alle Menschen lieben u. loben ihn die ihn kennen. Genialisch wie sein Vater ist er nicht – auch freut es ihn gewaltig daß seine Mutter nun auch seines Vaters Frau ist, er scheint dergleichen gar nicht zu lieben wie sein Vater, u. wird gewiß ein bürgerlicher wacker Geschäftsmann werden, ohne doch trocken zu sein, er ist äuserst lebhaft u. lustig, u. hat Freude an schönen Wissenschaften – hängt kindlich an seinen Eltern u. ist gegen uns alle zutraulich – u. wir ganz charmirt in ihn. – Sie, die Göthe, haben wir auch alle herzlich gerne, u. sie fühlt dieß mit Dank u. Freude, erwiedert es auch, u. war ganz offen u. mit. dem vollsten Vertrauen gegen alle gesinnt. Ihr äußeres Wesen hat etwas Gemeines, ihr inneres aber nicht, sie betrug sich liberal u. schön bei der Theilung,Goethe sandte seine Frau nach Frankfurt, um die Erbschaftsangelegenheiten möglichst »glatt und nobel« abzumachen. (Keil. Frau Rath 1871. S. 13.) bei der sie sich doch gewiß verrathen hätte, wenn Unreines in ihr wäre. Es freut uns alle sie zu kennen, um über sie nach Verdienst zu urtheilen, u. sie bei andern vertheidigen zu können, da ihr unerhört viel Unrecht geschieht. Bei der Nachfeier von Tantens u. meinem Geburtstag war sie auch, u. ihre artige, hübsche Begleiterin.


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