Friedrich Gerstäcker
Der Wilddieb
Friedrich Gerstäcker

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IV.

Am andern Morgen war der Herslinger Förster Wentzel frühzeitig drüben bei seinem Hollendeiker Kollegen Müller, und die beiden hatten viel miteinander zu sprechen. Ebenso war nach den beiden im Ort stationierten Gendarmen geschickt worden, die von ihnen ihre Verhaltungsanweisungen bekamen. Gegen neun Uhr endlich ging Wentzel mit dem Forstgehilfen Meier die Straße langsam hinab, dem Roten Hirsch zu, um dort in der Nähe zu sein, sobald sie gebraucht würden.

Gerade als sie sich dem Hirsch näherten, kam ein kleines Mädchen mit einem Brief in der Hand aus dem Hause, dem Kerdelmann folgte und noch in der Tür nachrief:

»Verlier mir den Brief nicht, und meine schöne Empfehlung drüben.«

Das Mädchen nickte und trippelte dann an den beiden Jägern vorbei.

»Ei guten Morgen, meine Herren,« redete diese der Wirt an – »schon so früh auf den Füßen? Dachte, weil Sie gestern abend ein bißchen geschwärmt hätten, würden Sie heute morgen auch etwas länger schlafen.«

»Guten Morgen, Kerdelmann,« sagte Wentzel, während Meier nur ein paar Worte in den Bart murmelte, die ebensogut ein Gruß wie eine Verwünschung sein konnten. Damit schritten sie langsam am Wirt vorüber.

»Wie ist's, Herr Förster,« rief ihm dieser nach, »kann ich noch immer nichts an Wild von Ihnen bekommen? Es geht jetzt höllisch knapp bei mir her mit Wildbret, und alle Gäste verlangen danach.«

»Nun, Kerdelmann,« versetzte der Förster, dem es eben erwünscht kam, ein Gespräch mit ihm anzuknüpfen – »das könnte sich vielleicht machen. Wir sollen in dieser Woche eine Jagd halten, und da denk ich doch, daß wir ein zwölf oder fünfzehn Stücken auf die Haut bekommen. Wieviel braucht Ihr?«

»Herr Kerdelmann!« rief in diesem Augenblick ein Junge aus dem Wirtszimmer heraus – »Sie sollen einmal einen Augenblick hereinkommen. Der Mann ist drin – Sie wüßten schon, von wegen des Geldes.«

»Richtig,« sagte der Wirt – »bitte, kommen auch Sie einen Augenblick mit herein, Herr Förster; ich sage Ihnen dann gleich, was ich brauchen könnte. – Der Mann ist in der Hinterstube, nicht wahr, Franz?«

»Jawohl.«

»Sag' ihm: ich komme gleich.«

Die Einladung kam den beiden Jägern vollends erwünscht, und Kerdelmann ging hinter ihnen drein. Nur als sie das Gastzimmer erreicht hatten, bemerkte er entschuldigend:

»Ich habe nur ein kleines Geldgeschäft abzumachen, dann stehe ich augenblicklich wieder zu Diensten.«

»Machen Sie Ihre Sachen ab, Kerdelmann,« genehmigte der Förster, »wir haben schon so viel Zeit.«

»So, Schöffel,« sagte der Wirt, als er zu diesem in das kleine Hinterstübchen trat – »ich habe mir das Wildbret angesehen; es ist gut und feist, und hier sind Eure fünf Taler. Nicht wahr, so viel verlangtet Ihr ja dafür?«

»Jawohl, Kerdelmann,« sagte der Kreiser, indem ein eigentümliches Grinsen über seine Züge zuckte. »Bar Geld lacht, und das hier ist ein hübscher Anblick – fünf blanke preußische Taler. Aber wie ist mir denn, es war mir doch, als ob ich meinen Förster drüben reden hörte? Er hat doch nichts gemerkt?«

»Was ging' es ihn an?« beruhigte ihn der Wirt. »Das Wild ist ja nicht auf seinem Revier geschossen. Kommt getrost mit hinüber, ich will Euch ein Glas Bier einschenken lassen.«

Schöffel war ans Fenster getreten und hatte dort seinen Hut aufgesetzt. Kerdelmann, der sich gerade von ihm abgewandt, sah es nicht, daß über den Hof herüber ein paar Gendarmen kamen und in sein Haus gingen.

»Gleich bin ich bereit,« sagte der Kreiser, »ich wollte mir das Geld nur etwas beiseite stecken. Wenn sie bei unsereinem eine Tasche voll harter Taler sehen, ist der Teufel los. So – jetzt bin ich fertig – aber reinen Mund gehalten, Kerdelmann. Hahaha!«

»Ich verrate einem dritten so wenig davon wie Ihr selber,« scherzte der Wirt. »Ja, wer uns beide zusammen fangen will, muß pfiffig sein, heh?«

»Gewiß – hahaha,« entgegnete der Kreiser – »verfluchte Schlauköpfe, die wir beide sind.«

»Ah – noch mehr Besuch!« staunte der Wirt, als er sein Gastzimmer in diesem Augenblick öffnete und die beiden Gendarmen dort neben den Jägern erblickte. »Ist Ihnen ein Frühstück gefällig? Hier, Franz, schaff' einmal Bier her für die Herren. Nun, was steht der Bengel da und sperrt das Maul auf! Soll ich dir Beine machen?«

»Kerdelmann,« sagte da Meier, indem er auf den Wirt zutrat und ihm starr ins Auge sah – »wir haben schon lange gewußt, daß Ihr es heimlich mit dem Gesindel haltet und den Wilderern, wo Ihr es nur bekommen könnt, das gestohlene Wild abkauft.«

»Es ist mir lieb, Herr Forstassistent,« unterbrach ihn Kerdelmann, indem er mit einem leichten höhnischen Zug um den Mund dem auf ihm haftenden Blick des Jägers begegnete, »daß Sie mir das eben im Beisein von Zeugen gesagt haben; die Herren hier, namentlich die beiden Gendarmen, werden mir das vor Gericht bezeugen.«

»So ist's recht,« spottete Meier, »der Musje hat auch das große Maul. Aber – es soll ihm bald gelegt werden. Gendarmen, verhaften Sie den Wirt – er hat diesen Morgen dem Kreiser Schöffel da, der sich für einen Wilderer ausgegeben, ein Stück Wild heimlich für fünf Taler abgekauft und in seinem Schuppen versteckt. Schöffel wird Euch zeigen, wo es liegt – er hat soeben sein Geld von dem Diebshehler eingestrichen.«

Der Förster Wentzel hatte den Wirt während der Anklage scharf beobachtet. Zu seinem Erstaunen blieb Kerdelmann aber vollkommen gefaßt, ja ein leiser boshafter Triumph zuckte um seine Mundwinkel, als er sagte:

»Was sie Euch da nacherzählen, ehrlicher Schöffel? Wenn Ihr mir das nur gleich gesagt hättet, daß Ihr mit den Herren Förstern einverstanden wäret. Aber es schad't nichts. Ja, wenn die Sache so steht, mein verehrter Herr Forstassistent Meier, so werde ich Sie wegen Ihrer Injurien gegen mich nicht verklagen. Sie haben es nicht besser gewußt, und was der Mensch in seiner Dummheit tut, soll man ihm nicht so hoch anrechnen.«

Meier wechselte vor Zorn die Gesichtsfarbe, Förster Wentzel aber rief:

»Sie wollen doch nicht etwa leugnen, daß Sie dem Schöffel das Stück Wild abgekauft haben?«

»Leugnen?« sagte Kerdelmann verwundert. »Mein Gott, wo wollt' ich leugnen, was einmal die Wahrheit ist! Aber sehen Sie nur, was der Bursche, der Schöffel, jetzt für eine erbärmliche Rolle spielt. Betrachten Sie, wie der Kerl dasteht. Er kann die Augen nicht aufschlagen – er schämt sich wie ein Pudel, der beim Stehlen erwischt ist. Ich habe diesen Menschen immer für einen Lumpen gehalten, daß er aber solch eine gemeine Kanaille wäre, die einen ehrlichen Mann hinterrücks absichtlich ins Unglück zu bringen sucht, das wäre mir doch nicht im Traum eingefallen.«

»Euer Schimpfen wird Euch vergehen, wenn Ihr erst im Turm sitzt,« zischte der Kreiser zwischen den zusammengebissenen Zähnen hindurch, ohne jedoch den Wirt dabei anzusehen.

»Es ist nur die Frage, mein Bursche, wer eher in den Turm kommt, du oder ich,« erwiderte der Wirt. In dem Augenblick ging die Tür auf, und das kleine Mädchen, dem er vorhin den Brief gegeben, kam herein. »Ah, Käthchen,« wandte sich Kerdelmann zu diesem, »hast du den Brief bestellt?«

»Ja, Herr Kerdelmann – der Förster wird gleich herunterkommen. Er zog sich nur den Rock an – derweil bin ich vorausgesprungen.«

»Das ist also bestellt,« sagte der Wirt, »und nun, meine Herren, tut es mir leid, daß wir uns gegenseitig umsonst angestrengt haben die Gesetze aufrecht zu halten. Kommt her, Schöffel – reicht mir die Hand – es tut mir leid, daß ich Euch für einen Wilderer gehalten habe. Wie hieß es vorhin, mein wackerer Freund: verfluchte Schlauköpfe, die wir beide sind, heh?«

Er bot dabei dem Kreiser die Hand, der sich aber nicht rührte, auch nur einen Finger anzunehmen, sondern nach seinem Kopf griff und seine Stirn rieb, als wollte er sich aus einem bösen Traum aufrütteln.

»Eure Finten helfen Euch nichts, Kerdelmann,« rief da der Forstgehilfe. »Wozu die Faxen? Ihr seid auf frischer Tat ertappt. Vorwärts also, Gendarmen, lassen Sie sich das Corpus delicti nicht entgehen.«

»Sparen Sie Ihr Latein, mein guter Herr Meier,« entgegnete wohlgemut der Wirt – »der Vorrat wird überhaupt nicht gar zu groß davon sein, und da draußen kommt soeben Ihr Herr Förster, der wird die Sache aufklären. Tut mir nur leid, daß Sie sich vergebens auf meinen Schaden gefreut haben, 's war ganz hübsch ausgedacht, die Geschichte, und wär' ich solch ein Esel gewesen, als wofür Sie mich hielten, so säß' ich jetzt tief genug im Pech – oh, ich kann mir recht gut denken, wie Sie jetzt mit mir umspringen würden! Der einzige Fehler an der Rechnung ist nur der, daß ich den ehrlichen Schöffel für einen wirklichen Wilderer hielt und ihn daher, bevor ich ihm einen Pfennig ausbezahlt, pflichtschuldig beim Herrn Förster dieses unseres Reviers angezeigt habe. Das war freilich in der Ordnung. Indessen ist's einem doch schmerzlich, wenn man einen Ehrenmann in seiner Verblendung für einen schlechten Kerl gehalten hat – nicht wahr?«

»Ihr hättet den Schöffel angezeigt?« schrie Meier erstaunt aus. In dem Augenblick öffnete sich aber schon die Tür und Förster Müller trat sehr erhitzt, etwas außer Atem und mit den Gebärden einer peinlichen Verlegenheit ins Zimmer.

»Willkommen, Herr Förster,« rief ihm Kerdelmann freundlich entgegen – »aber ich habe auch Sie umsonst bemüht, denn wie es scheint, läuft die ganze Sache auf einen Spaß hinaus.«

»Guten Morgen, Herr Kerdelmann,« dankte der Förster, und man merkte es ihm an, daß er sich dem Wirt gegenüber nicht behaglich fühlte. »Lieber Wentzel, unser Verdacht war unbegründet. Ich hoffe, daß in der Sache noch keine weiteren Schritte getan sind. Den Brief hier hat mir Herr Kerdelmann zugeschickt. Es ist alles in guter Ordnung, Sie können Ihrem sonstigen Dienste nachgehen,« richtete er sich an die Gendarmen, um sie zu entfernen, und gab dem Förster Wentzel Kerdelmanns Brief.

»Aber doch nicht, ehe Sie ein Glas Bier getrunken haben,« hielt der Wirt die Gendarmen zurück. »Franz, setz' es nur daher. Die Herren werden jedenfalls durstig sein.«

Wentzel entfaltete indessen den Brief und las ihn, während ihm Meier dabei über die Schulter schielte. Er war ganz kurz und lautete:

»Lieber Herr Förster,

der Kreiser Schöffel hat gestern abend auf Ihrem Revier ein Alttier gewildert und mir zum Verkauf hergebracht. Ich habe es ihm abgenommen und die Bezahlung dafür soll soeben bei mir stattfinden; bitte Sie also augenblicks herunter zu kommen und Ihre Maßregeln beliebig zu ergreifen.

Hochachtungsvoll

Joseph Kerdelmann.«

»Bedaure, Herr Meier,« sagte der Wirt, »daß Sie sich wegen meiner nutzlos angestrengt haben. – Nun, ein andermal gelingt's vielleicht besser.«

»Herr Kerdelmann,« sprach der Förster Müller, dem die Sache äußerst fatal war, »die Leute haben nur ihre Schuldigkeit getan, wenn sie zu erfahren suchten, ob der Verdacht, den wir einmal gegen Sie hatten, begründet sei oder nicht. Es muß Ihnen selber lieb sein, daß Sie sich auf diese Weise gerechtfertigt haben.«

»Lieb, Herr Förster?« lachte der Wirt. »Hundert Taler in Silber nähm' ich nicht für diesen Augenblick. Das Alttier aber werd' ich nun wohl zu dem Preise behalten, zu welchem mir es im Auftrage der Herren verhandelt ward? Wie? – Es wäre doch nicht angenehm, wenn die Geschichte unter die Leute käme. – Wir, die wir hier beisammen sind, werden schon darüber schweigen. Schöffel hat die Bezahlung – ist's damit abgemacht?«

»Sei es so, Kerdelmann,« willigte der Förster ein, dem selber am meisten daran lag, daß die Sache so kurz und gut wie möglich beseitigt werde. »Das Tier ist Euer – aber Ihr entschuldigt meine Eile – ich habe zu Hause einige notwendige Geschäfte zu besorgen.«

»Wollen Sie nicht Platz zu einem Gläschen Wein nehmen, Herr Förster?«

»Ich danke schön – ich muß wirklich eilen, daß ich wieder nach Hause komme. Der Forstrat will mich um halb zehn Uhr besuchen, und es ist fast so weit in der Zeit, wie ich eben sehe. Begleiten Sie mich, Mentzel?«

»Ja – ich denke so; guten Morgen, Herr Kerdelmann.«

»Schönsten guten Morgen, meine Herren,« sagte der Wirt – »und wenn Sie wieder einmal solch ein prächtiges Tier für den gleichen Preis haben, so setzen Sie mich doch ja in Kundschaft.«

Die Jäger drehten sich um und verließen rasch das Zimmer. Schöffel wollte sich ihnen unmittelbar anschließen, als Kerdelmann dazwischentrat und zu ihm sagte:

»Na, ich danke auch, Kreiser – und steh' Euch wieder einmal zu Diensten.«

»Geht zum Teufel!« fluchte Schöffel in sich hinein, indem er den Wirt umging und seinen Vorgesetzten nachstürzte.

»Und hab' ich's nicht gleich gesagt,« rief jetzt Meier in vollem Ingrimm, als die Forstleute wieder draußen auf der Straße waren und er jetzt jemanden suchte, an dem er seinen Ärger auslassen konnte, »der Schöffel hat uns zu Narren gehabt, darum ziehn wir jetzt ab wie die begossenen Hunde!«

»Der Schöffel uns zu Narren gehabt?« brach der Kreiser los, der dicht hinter Meier die Worte des Forstgehilfen gehört hatte. »Jetzt soll ich am Ende die Schuld davon haben, daß uns der Kerdelmann durchs Garn gegangen! Ich? Da muß doch das Wetter – Wissen Sie, wer schuld ist? Sie, Herr Meier, mit Ihren klughänsigen Plänen. Das will alles gescheit sein, alles besser verstehen, und wenn's nachher verkehrt geht, hat der Schöffel die Schuld – natürlich.«

»Klughänsigen Plänen?« rief Meier, indem er sich hochfahrend gegen den Kreiser drehte. »Haltet Ihr Euer Maul, wenn Ihr so gut sein wollt.«

»Vor Ihnen nicht, Herr Meier, vor Ihnen noch lange nicht,« polterte Schöffel, durchaus nicht in der besten Laune nach der schmählichen Demütigung durch den Wirt, den er hatte zu Schaden bringen wollen. »Maul halten –? Sie haben mir gar nichts zu gebieten. Ich gehöre nicht in Ihr Revier, und so gescheit wie Sie sind, bin ich schon lange gewesen.«

»Seid ruhig, Schöffel,« bedeutete ihn jedoch auch sein Förster – »das Streiten hilft uns nichts, und Meier meint es nicht so bös.«

»Es ist mir verdammt gleichgültig, wie es Herr Meier meint,« grollte der Kreiser, »ich brauche mir aber von ihm nicht vorwerfen zu lassen, daß ich an der Schlappe schuld wäre. Da kann jeder Naseweis kommen, wenn einmal eine Geschichte verfahren ist, und das Klugmaul spielen.«

»Ihr verdammter Halunke,« rief Meier, bei dem der Zorn längst die Oberhand gewonnen, »wenn Ihr nicht sogleich Euer Schandreden laßt, zerschlag' ich meinen Flintenkolben auf Eurem Schädel. Euch kennt man, und meinen Hals wollt' ich verwetten, daß Ihr mit dem Schuft, dem Wirt, unter einer Decke steckt. Ihr glaubt wohl, ich hätte nicht gesehen, wie er Euch verstohlen zublinzelte.«

»Herr Meier,« stöhnte der Kreiser, dem in diesem Augenblick alles Blut aus dem Gesicht trat, indem er auf den Forstgehilfen zuging. Man sah es ihm an, daß er nur mühsam an sich hielt, den lodernden Hader zu Tätlichkeiten zu treiben. Beide Förster warfen sich jedoch dazwischen, denn schon traten Leute herbei, zu sehen, was der Zank bedeute, und Müller rief:

»Meier, ich verbiete Ihnen, dergleichen Reden zu führen. Sie sprechen damit mehr, als Sie verantworten können, und ich will, daß Sie Ruhe geben. Ich hoffe, Sie haben mich verstanden. Und Ihr, Schöffel, seid vernünftig, nehmt ein unbedachtes Wort nicht zu schwer. Niemand wälzt die Schuld auf Euch und keiner von uns hat Euch in einem üblen Verdacht.«

»Ich danke Ihnen, Herr Förster,« sagte der Kreiser, »ich weiß aber auch, daß ich Ihre gute Meinung verdiene, denn ich bin ein ehrlicher Mann. Was den Herrn Meier betrifft, so sprechen wir uns noch, denn Vorwürfe wie die seinigen könnte nur ein Schuft auf sich sitzen lassen,« und mit den Worten steckte er beide Hände in die Taschen und bog seitab von dem Weg und von der Gesellschaft der Jäger.

»Sie haben sehr unrecht getan, Meier, den Mann so zu reizen,« sagte Müller, als sie der Kreiser verlassen hatte. »Ich bin fest überzeugt, daß er unschuldig ist.«

»Und ich bin fest überzeugt,« erwiderte Meier mit einem derben Fluch, »daß der Schuft uns jetzt alle miteinander auslacht. Wären Sie meinem Rat gefolgt, hätten Sie ihn nie dazu genommen.«

»Dem mag nun sein wie ihm will,« sagte aber auch Wentzel – »Sie taten jedenfalls unrecht, daß Sie gleich schimpften. Sie sind überhaupt mit dem Mund ein wenig voraus, lieber Meier – Sie nehmen mir das nicht übel – und Kerdelmann wie Schöffel dürften Sie beide wegen Injurien verklagen. Wenn wir zu Zeugen aufgerufen werden, müssen wir bestätigen, was wir gehört haben.«

»Da bin ich sicher,« lachte Meier, »die klagen alle beide nicht und sind seelenfroh, wenn sie mit dem Gerichte nichts zu tun bekommen.«

»Desto besser für Sie,« sagte Müller; »wo man aber Streit vermeiden kann, soll man ihn nicht unnötigerweise mit Gewalt herbeiziehen. Doch –« brach er kurz ab – »es ist jetzt über die fatale Sache genug gesprochen – lassen Sie es abgemacht sein, und vor allen Dingen den Schöffel zufrieden. Hätte er wirklich mit dem Wirt gemeinsam Spiel gemacht, könnten wir ihm doch nichts beweisen und Sie setzten sich nur höchst nutzloserweise Unannehmlichkeiten aus.«

Meier brummte noch etwas in den Bart, das mehr zu seiner eigenen Genugtuung als für die beiden Förster bestimmt schien, und der Förster Wentzel schickte seinen Kreiser noch an dem nämlichen Morgen auf das eigene Revier zurück, damit die beiden auseinander gehalten wurden.

 


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