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2. Am Schermützel

Nur von dem höchsten Punkte der »Schönen Aussicht« aus hatten wir den See vor Augen gehabt, als wir nun aber, am Hügelabhange hin, ihm direkt zufuhren, verschwand er wieder und überließ mich auf eine halbe Stunde nicht nur dem mahlenden Sande, sondern auch allerhand philosophischen Betrachtungen, in denen Moll so stark war. Er sprach unter anderm eingehend über das Glücksrad und den Wechsel aller Dinge, wovon auch der Schermützel, übrigens zu seinem und der Anwohner Vorteil, ein Lied zu singen wisse. Jetzt bring er zum Beispiel 2000 Taler Pacht und werd es bald noch höher bringen, um die Zeit aber, als die Franzosen im Lande gewesen seien, sei der ganze See, der damals dem Fiskus gehört, um die Summe von 2000 Taler an einen Meistbietenden verkauft worden. Und noch dazu wie? Der Meistbietende sei nämlich ein Herr von Löschebrand auf Saarow gewesen (nicht der alte Rittmeister, der jetzt auf dem Reichenwalder Kirchhof liege, sondern sein Vater oder Großvater), ein pfiffiger alter Junker, der sich denn auch einen richtigen Junkerspaß gemacht und die ganzen 2000 Taler in lauter ihm selber aufgezwungenen Bons und Lieferungsscheinen ausgezahlt habe. Natürlich seien die Scheine von dem Beamten untersucht und nachgezählt worden, und als sich bei der Gelegenheit ergeben, daß es nur 1998 Taler seien, habe der alte Saarowsche mit einem Gesicht, als ob es ihm nicht drauf ankomme, noch zwei blanke Taler zugelegt und dabei herzlich gelacht. Und so sei denn der ganze See damals für zwei Taler oder den tausendsten Teil von dem, was er jetzt Pacht bringe, verkauft worden.

Unter solchem Geplauder waren wir, immer noch am Hügelabhange, bis an ein halb pavillon-, halb tempelartiges und zugleich völlig einsames Gebäude gekommen, das zwischen Kiefern und Laubholz hindurch auf den hier plötzlich wieder sichtbar werdenden See sah. Ich erfuhr, daß ein Herr von Bonseri dies Mausoleum (denn ein solches war es) errichtet habe, war aber unaufmerksam auf alles Weitre, weil die Schönheit des Schermützel und seiner Dörfer mich ausschließlich zu fesseln begann. Das nach rechts hin gelegene mußte Saarow sein. Ich erkannte deutlich das hohe rote Herrenhausdach, das über die Wirtschaftsgebäude wegragte, während ihm gegenüber, alles Pappelgestrüpps unerachtet, der kleine Pieskower Kirchturm immer deutlicher hervortrat.

Beide Dörfer lockten mich, das eine wie das andere, da das Fuhrwerk aber geschont werden mußte, so beriet ich mit Moll und proponierte, daß er mit den Pferden unmittelbar auf das an unsrer eigentlichen Reiselinie gelegene Pieskow fahren solle, während ich meinerseits erst nach Saarow marschieren und von dort aus in einem kleinen »Seelenverkäufer« über den See herüberkommen wolle. Das fand denn auch seine Zustimmung, wie jede den Weg kürzende Proposition, und während er sofort auf einem Schlängelwege bergab und auf die linke Schermützel-Seite zufuhr, hielt ich mich rechts, um auf einem am See hinlaufenden Wiesenpfade bis an den Fahrdamm und demnächst auf die große Saarower Dorfstraße zu kommen.

Es war ein wundervoller Weg; über dem blauen Wasser wölbte sich der blauere Himmel, und zwischen den spärlichen Binsen, die das Ufer hier einfaßten, hing ein ebenso spärlicher Schaum, der in dem scharfen Ostwinde beständig hin und her zitterte. Holz und Borkestücke lagen über den Weg hin zerstreut, andre dagegen tanzten noch auf dem flimmernden See, der im übrigen, all diesem Flimmern und Schimmern zum Trotz, einen tiefen Ernst und nur Einsamkeit und Stille zeigte. Nirgends ein Fischerboot, das Netze zog oder Reusen steckte, ja kaum ein Vogel, der über die Fläche hinflog. Oft hielt ich an, um zu horchen, aber die Stille blieb, und ich hörte nichts als den Windzug in den Binsen und das leise Klatschen der Wellen.

Und endlich auch die Schläge, die vom Pieskower Turm her zu mir herüberklangen. Ich zählte zwölf, es war also Mittag, und ehe der letzte noch ausgesummt hatte, war ich auch schon bis an die Stelle heran, wo mein Fußweg in die vorerwähnte Saarower Dorfgasse mündete.

Dicht am Eingange saß ein Mütterchen auf einem Strauch- und Reisigbündel, das sie sich aus der Heide geholt, und grüßte mich. Alte Weiber sollen kein Glück bringen, aber wenn sie freundlich sind und einem einen »Guten Tag« bieten, so hat es mit der ganzen Jägerweisheit nicht viel auf sich. Und so blieb ich denn auch stehen und sagte: »Na, Mutterchen, is wohl ein bißchen schwer? Und die Sonne sticht heut so. Sie müssen die Kinder in den Wald schicken. Oder haben Sie keine?«

»Woll, Kinner hebb ick un Enkelkinner ook. Awers se wulln joa nich. Un se künn' ook nich. Se möten joa all in de School.«

»Ja, ja. Alles muß in die Schule. Haben Sie denn auch 'ne Kirche in Saarow?«

»Nei. Wi möten nach Reichenwald.«

»Richtig. Ich erinnere mich. Das ist da, wo sie den alten Rittmeister begraben haben. Haben Sie den noch gekannt?«

»O wat wihr ick nich? He wihr joa so in mine Joahr. Woll hebb ick em kennt.«

»Und wie war er denn?«

»Na, he wihr joa sowiet janz goot. Bloot man en beeten schnaaksch un wunnerlich un ok woll en beeten to sihr för de Fruenslüd. Awers nu is he joa dod.«

»Und hat wohl ein Denkmal? Ich meine so was von Stein oder Eisen. Eine Figur oder einen Engel mit 'nem Spruch oder Gesangbuchvers.«

»Nei. För so wat wihr he nich.«

»Und is sonst noch was in Saarow zu sehn?«

»Ick glöw nich. Veel is hier nich in Saarow. En nijen Kohstall...«

»Aber drüben in Pieskow?«

»Joa, in Pieskow. O woll, versteiht sich. In Pieskow, da möt wat sinn.«

»Na, dann werd ich mal sehn. Ich dank auch schön, Mutterchen.« Und damit ging ich weiter in das Dorf hinein.

Wirklich, in Saarow war nicht viel, und als ich mich genugsam davon überzeugt hatte, hielt ich mich auf den See zu, wo nach meiner Meinung eine Fähre sein mußte. Nach einigem Suchen sah ich ein angeketteltes Boot liegen und dicht daneben ein Häuschen, an das drei, vier Ruder angelehnt waren. Also hier war es mutmaßlich. Ich trat denn auch ein und fand eine Frau, die sich, auf eine Stuhllehne gestützt, von hinten her über ihren etwa zwölfjährigen Jungen bog und ein Exempel mit ihm rechnete, das diesem blutsauer zu werden schien. Als ich ihr mein Anliegen vorgetragen hatte, sagte sie kurz, aber nicht unfreundlich, »sie habe nur den Jungen zu Haus, ob ich mit dem fahren wolle«.

»Gewiß.«

Und so stieg ich denn ins Boot und setzte mich so, daß ich dem Jungen, der rückwärts saß, grad in die Augen sah. Als wir schon abstießen, kam auch noch seine jüngere Schwester, nahm rasch ein zweites Ruder und setzte sich neben ihn. Ich sah bald, daß der Junge seiner Sache vollkommen sicher war und den Schermützel ohne sonderliche Mühe bezwingen würde, trotzdem uns der Wind entgegenwehte.

Dieser, anstatt stärker zu werden, wurde schwächer, aber je mehr er sich legte, desto blendender wurde die Sonne, so daß ich im Sonnenlicht, das überallhin flimmerte, bald nichts weiter sah als das Eingreifen der Ruder und die klugen und energischen Köpfe der beiden Kinder. Es entging ihnen auch nicht, daß sie mir gefielen, aber ich sagte nichts, und wir waren schon bis über die Mitte des Sees, als ich endlich fragte:

»Wie tief ist denn eigentlich euer See?«

»Na, wie uns' Huus.«

»Oh, mihr, mihr«, flüsterte die Schwester.

»Und könnt ihr denn auch schwimmen? Oder du wenigstens?«

»Nei.«

»Ja, da kannst du ja mal ertrinken.«

»Oh, ick wihr doch nich.«

»Nu nimm mal an, wenn euer Boot umkippt.«

»Uns' Boot kippt nich.«

Und dabei sahen sie sich an und kicherten und ruderten weiter.

Eine Weile verging so, während der Junge nachzusinnen schien, was nun er wohl zur Unterhaltung beisteuern könne. Dann sah er mit eins in die Höh und sagte: »Dat 's 'ne Möw.«

»Freilich. Ich kenne Möwen. Aber woher kennst du sie? Sie sind ja nur selten hier.«

»Wi hebben een.«

»Lebendig?«

»Ne, utstoppt. Und wi hebben ook en Reiger, un is ook utstoppt un hat 'ne Schlang in 't Muul.«

»Aber Vögel ausstopfen ist nicht leicht. Wer macht denn das hier?«

»Mien' Vader sien Vader. De künn all so wat.«

»Ist er tot?«

Er nickte. Da wir aber bereits in der Nähe des dichten Schilfufers waren, an dem er den Einfahrtspunkt nicht verfehlen durfte, so schwieg er jetzt und sah bei jedem Ruderschlage nach rückwärts. Und nun war er heran, gab dem Boote geschickt eine Wendung und glitt zwischen dem knisternden Schilf hin auf die Pieskower Landungsstelle zu.

Das Ufer war nicht hoch und erkletterte sich leicht. Als ich oben war, grüßt ich noch einmal zurück und schlenderte dann zwischen zwei Heckzäunen hin auf einen Grasplatz zu, der allem Anscheine nach die Mitte des Dorfes bildete. Häuser und Gehöfte faßten ihn ein, unter denen ich gerade der Kirche gegenüber auch ein preußisches Schulhaus in seiner eigentümlichen Mischung von Backsteinsauberkeit und Stiljammer erkannte. Die Nachmittagssonne stand prall auf die Scheiben und sah stechend und inspektionsmäßig in die langweilig leeren Räume hinein.

Es kam niemand, als ich klopfte. »Wohnt hier der Lehrer?« fragt ich endlich eine vorhergehende Frau. »Geihen S' man in 'n Goarden.« Und richtig, da stand er in Front eines Bienenschobers und grub ein von ein paar kleinen Kirschbäumen eingefaßtes Stück Land um.

Ich fand einen freundlichen Mann, der auch gleich bereit war, mir das zu zeigen, um was sich's einzig und allein für mich handeln konnte: die Kirche. Diese war keine von den altehrwürdigen aus Feldstein, die stets einen Reiz und eine Schönheit haben, sondern ein Neubau, den man hier unter Benutzung der alten Fundamente vor länger oder kürzer errichtet hatte. Von rechts her lehnte sich ein Turm an, eigentlich nur ein Türmchen von der Art, wie man ihnen auf Weinbergen und Wirtschaftshöfen als Eingang in Sprit- oder Eiskeller begegnet.

Es war also mit nur geringen Erwartungen, daß ich die Kirche betrat. Aber freilich auch dies Wenige sollte kaum erfüllt werden. An der einen Wand hingen ein paar Totenkronen und Immortellenkränze, während über dem Altar ein Abendmahlsbild paradierte, darauf Judas um kein Haarbreit schlimmer aussah als die zwölf andern, Christus mit eingerechnet. Ich übersah rasch, daß hier wenig zu machen sei, wollt aber das Meine getan haben und sagte: »Sie wissen doch, daß es früher eine Löschebrandsche Kirche war und daß viele Löschebrands hier begraben wurden?«

»Ich habe davon gehört, unser alter Emeritus...«

»Und da wundert es mich, hier nichts als kahle Wände zu finden. Einer aus der Familie war mit Feldmarschall Illo verschwägert, ein andrer fiel bei Fehrbellin, und ein dritter soll sich gegen die Türken ausgezeichnet und dem Köprülü die große Prophetenfahne mit eigner Hand entrissen haben. Ich nenne nur diese drei. Nach meinen Erfahrungen nun auf diesem Gebiete geht man in unsren märkischen Familien über solche Dinge nicht gleichgültig fort, und wenn auch selbstverständlich die großen Geschichtsbücher nicht Zeit und Platz haben, ein Aufhebens davon zu machen, so tuen es doch die Kirchen und Krypten überall da, wo solche Schwertmagen und Kriegsgurgeln zu Hause waren. Und da gibt es denn immer allerlei Fahnenfetzen und zerbröckelte Feldmarschallsstäbe, Kettenkugeln und Stulpstiefel, und unter Umständen auch wohl rostige Degen, mit denen ein Bruder den andern über den Haufen gestochen. Ist denn gar nicht so was hier? Es ist doch eigentlich gênable für eine berühmte alte Familie, wenn all dergleichen bei Toten und Lebendigen fehlt. Es darf nicht fehlen. Es muß dergleichen geben.«

»Und es hat auch dergleichen gegeben. Hier in dieser Kirche. Wenn ich sage ›dergleichen‹, so mein ich nicht Degen mit Brudermord, denn ich will mir nichts an den Hals reden. Aber Grabsteine mit Inschriften und Engelsköpfen, und einen kupfernen Sarg mit einem Kuckfenster oben, all das und manch andres noch war da. Darüber ist kein Zweifel.«

»Und Sie haben das alles selber noch gesehn?«

»Oh, nein. Es war das alles lange vor meiner Zeit, und das wenige, was ich davon weiß, weiß ich von unserm alten Emeritus und von der Mutter Rentschen, die noch die frühere Steinkirche gekannt hat und mal mit unten in der Gruft war, als sie die Särge schoben und zusammenrückten, um Platz für den letzten zu schaffen. Denn die Pieskowschen gingen eher ein als die Saarowschen. Und der mit dem Kuckfenster habe ganz bös ausgesehn und den Kopf geschüttelt, als ob er's nicht leiden wolle. Denn er sei schon bei Lebzeiten immer sehr stolz gewesen und habe sich nicht gerne beiseite schieben lassen. Es ist natürlich alles Dummheit und ungebildet, aber die Leute machen sich nun mal solche Geschichten.«

»Und tuen auch recht daran. Es liegt doch immer was drin. Und ist denn die Gruft nicht mehr da? Den mit dem Kuckfenster säh ich gerne.«

»Nein, die Gruft ist nicht mehr da, sie haben sie zugeschüttet. Aber hier rechts neben dem Altar, wenn Sie mit Ihrem Stock aufklopfen wollen, da können Sie's noch deutlich hören. Es klingt alles hohl.«

Ich ließ auf diese Weisung hin meinen Stock auch wirklich fallen, und als ich mich überzeugt hatte, daß er recht habe, dankt ich ihm und verließ die Kirche mit dem Hoch- und Vollgefühle, die Löschebrandsche Gruftstelle nicht bloß hypothetisch ermutmaßt, sondern sie mit Hülfe des »hohlen Klanges« über jeden Zweifel hinaus historisch festgestellt zu haben.

Es war nun Zeit, mich nach unsrem Wagen umzusehn, und ich hatt auch nicht lange danach zu suchen. Er hielt drüben an der andern Seite des Kirchplatzes, vor einem sehr niedrigen Hause, von dessen Dache sich das Moos mit der Hand wegfegen ließ. Es war ganz ersichtlich der Krug, auch ein Schild schimmerte herüber, aber die Pferde waren nicht ausgespannt und fraßen einfach aus einer Stehkrippe. Neben der Tür bemerkt ich Moll, und als er mich kommen sah, kam er mir entgegen und lüpfte melancholisch den Hut.

»Ich dachte, Sie wollten ausspannen, Moll.«

»Ich wollt auch. Man bloß es ging nicht. Is das eine Gegend! In Saarow is nichts, das kenn ich, und hier in Pieskow is gar nichts.«

»Aber die Leute werden hier doch einen Stall haben?«

»Is schon richtig. Aber keinen Pferdestall. Alles, was sie haben, is 'ne Ziege un, wenn's hoch kommt, 'ne Kuh. Und wer ein paar Pferde hat, na, der hat auch ein bißchen Acker und krügert nich und hat nich Lust, zu dienern und zu katzenbuckeln und einem groben Knecht einen doppelten Bittern einzuschenken.«

»Ich versteh. Aber wissen Sie, mich friert hier trotz aller Sonne. Kommen Sie, Moll, wir wollen es drin versuchen. Es wird doch wohl warm sein.«

Und so traten wir in die Krugstube.

Drinnen war es auch wirklich warm. Aber außer der dicken Luft rührte sich nichts, trotzdem sich drei Menschen in der Stube befanden. Auf einer Ofenbank, die Füße weit vorgestreckt, saß eine Frau von vierzig oder mehr und hatte beide Hände hoch unter ihre Schürze gelegt, als verberge sie was. Es war aber nur Angewohnheit. Ihr zur Seite rekelte sich ihre vierzehnjährige Tochter, ein hübsches, schlank aufgeschossenes Ding, und beschäftigte sich damit, einen blauen Wollfaden um ihren Zeigefinger herum- und dann wieder abzuwickeln. Am erfreulichsten war das jüngste Mitglied der Familie, das auf einer Hutsche ritt und einem hölzernen Pferde das wenige von Haaren auszog, womit des Bildners Hand es an Hals und Hinterteil ausgestattet hatte.

Mein »Guten Tag« war nicht unfreundlich, aber doch gleichgültig beantwortet worden, und es schien in der Tat nicht, als ob wir weiterkommen sollten. Endlich faßt ich mir ein Herz und sagte: »Die Sonne will auch gar kein Ende nehmen. Ich glaube, Regen wäre gut.«

»I, Sünn is ook goot.«

»O gewiß. Aber alles zu seiner Zeit. Wir haben die Sonne nun schon vier Wochen, und nichts kommt 'raus, und eigentlich müßte doch alles schon in Blüte stehn.«

»Joa. Man blot in Pieskow nich.«

»Aber das klingt ja, liebe Frau, wie wenn hier überhaupt nichts blühte.«

»Na, binoah is et ook so.«

Moll mischte sich hier ins Gespräch und entwickelte seine Lieblingsideen über den Segen des Kapitals und den Unsegen der Kapitalisten. Geld sei gut, das sei keine Frage, ja Geld sei sogar sehr gut. Ohne Geld ging' es eben nicht. Aber die reichen Leute, die bloß reich wären und kein Herz und kein Gewissen hätten und bloß immer reicher werden wollten, die verderben alles und plünderten alles, und eh nicht ein richtiger Edelmann hier wieder ins Pieskowsche käm...

»I wo«, unterbrach ihn die Frau heftig und zog ihre Hände von der Schürze weg. »I wo. Wat salln wi mit 'n Edelmann? Wat is Edelmann! In olle Tiden, na, doa gung dat, un doa wihr dat nich anners. Awers nu? Du mien Jott, de hebben joa alleen nix. Un wenn se wat hebben, na, denn hebben se wat, und denn sinn se groad so, as de annern sinn, de wat hebben.«

Moll wollte replizieren. Aber sie ließ ihn nicht dazu kommen und sagte: »Nei, nei, loaten S' man, wi weeten dat; 't is all dumm Tüg; un man blot Geld hebben is nich dumm Tüg. Un wenn wi so wat Adligs herkreegen, wat ook man ümmer upp Mosess'n passen deiht, na, dat helpt uns nich. De schinn uns blot. Glöwen S' man, ick weet dat... Een von mine Schwistern is dröwen...«

»In Saarow?«

»I wo. Dröwen in Amirika. Doa verstoahn se't. Un worümm? Wiehl se wat hebben. Un wo se wat hebben, doa künn se ook wat. Und ick woll, ick wihr ook all doa. Joa, min Seel. Un et kümmt ook noch so. Man blot, dat man ihrst röwer wihr. Nei, nei, mit Pieskow is nich veel.«

Und dabei steckte sie die Hände wieder unter die Schürze.


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