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12. Rammelsberg

Flinken Schrittes trägt das treue Thier seinen Herrn zu Thale, als wüßte es, daß von Westen her schwere Wetter drohen, denen es zu entrinnen gilt, und der junge Jägersmann thut nichts, seinen Eifer zu zügeln, denn im noch fernen Lager harrt der Kaiser des Boten, der ihm Kunde bringen soll.

Plötzlich aber mäßigt das Roß von selbst den eiligen Lauf. Immer langsamer, immer zögernder wird sein Gang, es schnaubt, es wiehert, endlich bleibt es stehen und, wie von jäher Tücke erfaßt, senkt es den edlen Kopf tief zu Boden.

»Munter, mein Thier, hier gilt kein Säumen, in Ungeduld harrt unser Otto, der Kaiser. Dürstet es Dich, so magst Du Dich da unten laben, wo des Bergquells Silberstrahl brausend aus dem Felsen bricht.«

So spricht der Reiter und klopft schmeichelnd Attila's seidenglatten Nacken.

Doch der Schimmel, sonst dem schwächsten Druck der Hand gehorchend, hört nicht auf des Herrn Mahnung, den Kopf stolz zurückwerfend fährt er fort, mit dem Huf im Erdreiche zu wühlen. Ringsum wirbelt Staub, Funken sprühen auf, wenn das schwere Eisen einen Stein berührte, und immer tiefer wird die Grube, in welcher das Pferd nun schon mit beiden Vorderfüßen steht.

Erstaunt beobachtet der Jüngling dieses seltsame Gebahren, er weiß nicht was es bedeuten will und doch wagt er nicht den verlässigen Gefährten von neuem anzuspornen. Attila ist ein kluges und gehorsames Thier, ohne Launen wie kein zweites mehr im großen Sachsenreiche. Wenn er nicht von der Stelle weicht, so kann es nur sein, weil sich etwas Besonderes im Schoße der Erde verbirgt.

Nach kurzem Besinnen springt der Jäger aus dem Bügel, zieht das breite Seitenschwert aus der Scheide und sich desselben wie eines Grabscheits bedienend, hilft er dem Pferde bei dem mühevollen Werk.

So vergehen wohl zehn Minuten, da blinkt es auf zwischen den dunkeln Schollen und immer breiter, immer länger wird der Flimmerstreifen, auf welchen sein Schwert mit dumpfem Klange trifft.

Nein, er darf nicht länger mehr zweifeln, was er da vor sich in der Tiefe sieht, ist edles Metall – der brave Attila hat des Berges Schätze aufgedeckt!

Die Mütze mit lautem Jubelrufe schwenkend, springt der Jäger in den Sattel und Attila, der jetzt willig jedem Gebote folgt, sprengt in verdoppelter Eile thalwärts. – – – – – – – – – –

»Du kommst spät, Ramm,« herrschte ihn Otto mit gefurchter Stirn an, »und ich hätte Dich flinker erwartet, wo es gilt, die Befehle des Kaisers zu vollziehen.«

Ramm aber sinkt dem erlauchten Gebieter zu Füßen, indem er ruft:

»Verurtheilt mich nicht, hoher Herr, denn wenn ich auch spät komme, so hielt mich doch nur Euer Dienst, Euer Vortheil fern. Seht uns an, mich und mein Roß, brennende Gluth bedeckt mein Gesicht und weißer dicker Schaum seine Flanken.«

»So berichte, was Dich abhielt, zu uns zu eilen.«

Mit strahlenden Augen berichtete denn auch wirklich der treue Diener von Attila's sonderbarem Gehaben und der Entdeckung, die sie gemacht hatten.

»Das entschuldigt Dein Säumen zur Genüge,« sagte Otto, das Haupt huldvoll neigend, »und wenn es so ist, wie Du sagst, wenn in Wahrheit dieser Berg reiche Erzlager in seinen Eingeweiden birgt, dann soll er für alle Zeit Deinen Namen tragen und Deiner wartet ein hoher Lohn.«

Und als die Fachleute und die herbeigerufenen Bergleute das Berginnere auf seinen Gehalt an werthvollen Erzen prüften, als man reiche Lager in ihm entdeckte, die nur der Ausbeutung durch kundige Hand harrten, da gelangte der einfache Jägersmann nicht nur zu Ehren und Reichthum, sondern der Berg wurde wirklich nach ihm der »Rammelsberg« benannt, welchen Namen er bis heutigen Tages trägt.


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