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Der Gulistan oder der Rosenstock des Dichters Sadi

Sadi schrieb um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts. Er hatte den Geist, den die Natur ihm geschenkt, gepflegt; er besuchte die Schule von Bagdad, machte Reisen durch Syrien und fiel in die Hände der Christen, die ihn in Ketten legten und ihn mit Fronarbeit beschäftigten. Die Sanftheit seines Charakters und die Schönheit seines Geistes erwarben ihm einen Beschützer, der ihn loskaufte und ihn seiner Tochter zum Geschenk machte. Er verfaßte eine Dichtung, betitelt »Der Gulistan oder der Rosenstock«. Ich gebe daraus einen Auszug, den ich auf meine Weise übersetzt habe.

»Eines Nachts rief ich in mir die Erinnerung an Tage wach, die ich verlebt hatte. Ich sah, wie viele Augenblicke ich verloren, und war betrübt darüber; ich vergoß Tränen, und mir schien, daß, während meine Tränen flossen, die Härte meines Herzens sich erweichte, und ich schrieb Verse, die meiner Lage entsprachen.

In jedem Augenblick entflieht ein Teil meines Ichs. Oh, wie wenig ist mir geblieben! Du Unglücklicher bist fünfzig Jahre alt und schläfst noch immer. Erwache, die Natur hat dir eine Aufgabe zugewiesen; willst du von hinnen gehen, ohne sie ausgeführt zu haben? Trommeln und Trompeten ertönen, und der lässige Soldat hat noch nicht einmal sein Gepäck vorbereitet. Die Morgendämmerung bricht an, und die Augen des faulen Reisenden sind noch nicht geöffnet. Willst du diesen Toren gleichen? Der erste fing ein Haus an und mußte es lassen; der zweite setzte es fort und mußte es lassen; ein dritter beschäftigte sich wieder mit diesem Monument der Eitelkeit und mußte es ebenfalls lassen. Mußt du nicht erröten ob der Hartnäckigkeit dieser Menschen in einer so nichtigen Sache? Du würdest einen lügnerischen Menschen nicht für deinen Freund halten, und siehst nicht, daß nichts so sehr trügt wie die Welt? Die Welt geht dahin, der Tod zieht das Böse wie das Gute an sich; aber des Guten wartet die Belohnung. Unglücklich ist, wer stirbt, ohne zu bereuen. Also bereue; bessere dich; beeile dich, deine Reisevorräte in dein Grab zu legen. Der Augenblick drängt; das Leben ist wie Schnee. Wieviel Schnee ist im August noch auf der Erde zu finden? Es ist spät, aber du kannst noch, wenn du willst, sofern du nicht den Reizen der Wollust verstattest, dich zu binden. Auf, Sadi, rühre dich!«

Der Dichter fügte hinzu: »Ich habe die Dinge reiflich erwogen; ich habe gesehen, daß mein Gedanke Wahrheit war, und habe mich an einen einsamen Ort zurückgezogen. Ich habe die Gesellschaft der Menschen gemieden, habe aus meinem Geist alle frivolen Reden, die ich hörte, ausgelöscht und mir vorgenommen, in Zukunft nichts Unnützes zu sagen; ich hatte diesen Entschluß in mir selbst formuliert und hielt mich daran, als ein früherer Kamerad, mit dem ich auf dem gleichen Kamel nach Mekka gepilgert war, in meine Einsiedelei geführt wurde. Er war ein Mann von heiterem Charakter und frohem Geist. Er versuchte mich zu einer Unterhaltung zu bringen. Vergeblich. Ich sprach kein Wort. Später tat ich dann nur den Mund auf, um ihm meine Absicht zu verkünden, hierzubleiben, fern von den Menschen, in aller Ruhe, vergessen, unbekannt, um in den wenigen Tagen, die mir noch zu leben blieben, Gott im Schweigen anzubeten und alle meine Taten ihm anzubefehlen; aber der Freund malte mir mit aller Süße und Kraft den Vorteil aus, sein Herz einem Freunde zu öffnen, wenn man ihn getroffen hatte, daß ich mich überreden ließ. Ich stieg mit ihm in meinen Garten hinab; es war im Frühling, die Rosen waren eben erblüht und die Luft war balsamiert mit ihrem Duft, den sie am Abend aushauchen. Am nächsten Tage lustwandelten wir plaudernd in einem andern Garten. Auch dieser war mit Rosen bestanden und von ihrem Duft durchtränkt; hier verbrachten wir die Nacht. Bei Tagesanbruch begann mein Freund Rosen zu pflücken und füllte seinen Schoß damit. Ich sah ihn an, und seine Freude gab mir ernste Gedanken ein; ich sagte mir: Dies ist die Welt, dies ihre Freuden, dies der Mensch, dies das Leben, und ich nahm mir vor, ein Werk zu schreiben, das ich den Rosenstock nennen wollte; ich vertraute diesen Gedanken meinem Freunde an, der ihn billigte, und ich begann mein Werk, das ich vollendete, bevor noch die Rosen im Schoße meines Freundes verwelkt waren.

 

Sarazenische Fabeln

Erste Fabel

Zur Zeit Isas reisten drei Männer zusammen; auf ihrem Wege fanden sie einen Schatz und waren darüber sehr befriedigt. Sie gingen weiter, aber sie bekamen Hunger, und der eine sagte: »Wir müssen etwas zu essen haben, aber wer wird es uns holen?« – »Ich,« sagte der zweite. Er ging fort und kaufte Nahrungsmittel, aber als er sie kaufte, dachte er: wenn ich sie vergifte, sterben meine Reisegefährten und ich behalte den Schatz, und er vergiftete das Fleisch. Aber die beiden andern hatten in seiner Abwesenheit beraten, wie sie ihn töten und den Schatz unter sich teilen könnten. Er kam, sie töteten ihn; sie aßen das Fleisch, das er gebracht hatte und starben, und der Schatz gehörte niemandem.

 

Zweite Fabel

Ein junger, ehrenhafter und zärtlicher Mann liebte ein kluges und schönes junges Mädchen, so habe ich es gelesen. Sie fuhren einmal auf dem gleichen Schiff über das Meer. Unglückselige Reise! Das Schiff wurde gegen Felsen geschleudert und scheiterte, und sie waren dem Tode nahe, als ein Matrose dem jungen Mann zu Hilfe eilte und ihm die Hand hinstreckte. Aber der junge Mann rief ihm aus den Wellen zu: »Laß mich und rette meine Freundin.« Dieser großmütige Charakterzug wurde weit bekannt und bewundert.

Lange Zeit darauf starb der junge Mann und man hörte ihn im Sterben sagen: »Frauen, verschließt euer Ohr dem Betrüger, der im Unglück seine Freundin vergißt!«

Der junge Mann und seine Freundin verlebten glückliche Tage zusammen, liebten sich zärtlich und wurden zärtlich geliebt.

Und nun nehmt eine Lehre von einem hin, der die Liebe kennt, nämlich von dem Dichter Sadi: er kennt das Leben und die Sitten der Liebenden; die Doktoren von Bagdad kannten die arabische Sprache nicht besser. Und er sagt: Wenn du eine Freundin hast, so weihe ihr deine ganze Seele; wenn du eine Freundin hast, so sei sie die einzige auf der Welt, für die du Augen hast. Wenn Leila und Metshnunus noch einmal auf die Welt kämen, würde ich sie lieben lehren.

 

Dritte Fabel

Eines Abends nach dem Abendessen saßen mein Vater, meine Brüder, meine Schwestern und ich um das Feuer. Ich dachte einige Zeit nach; nachdem ich nachgedacht hatte, öffnete ich den heiligen Koran und las; aber meine Brüder und meine Schwestern schliefen ein, und nur mein Vater hörte mir zu. Überrascht sagte ich: »Mein Vater, ist es nicht schändlich, daß meine Brüder und meine Schwestern einschlafen und daß nur du mir zuhörst?« Und er erwiderte mir: »Mein Sohn, du teurer Teil von mir selbst, höre, wäre es nicht besser, du schliefest auch, als daß du so eitel bist auf das, was du tust?«

 

Vierte Fabel

Ein König hatte einen seiner Untertanen zum Tode verurteilt; der Unglückliche bat um Gnade, aber vergeblich; der König war unerbittlich. Als der Verurteilte sah, daß er sterben mußte, wurde sein Herz unruhig, seine Stimme hob sich, und er überhäufte den Monarchen mit Beschimpfungen. Der Monarch sah, daß der Mann sprach, aber er hörte ihn nicht. Er fragte einen seiner Höflinge, was er sage, und der Höfling antwortete ihm: »Fürst, er sagt: wer in dieser Welt Gnade übt, wird in jener Welt, wo wir alle verdammt sind, auch Gnade erlangen.« Der Monarch, von dieser Rede gerührt, schenkte dem Schuldigen das Leben; aber ein anderer Höfling tat den Mund auf und sagte dem ersten, daß es Männern, wie sie es seien, nicht anstehe, ihren Herrscher zu belügen; zu dem Herrscher aber sagte er, dieser Elende habe sich in Beschimpfungen gegen ihn ergangen. Der Fürst nahm das Wort und sagte zu diesem Höfling: »Mir ist seine Lüge lieber als deine Wahrheit; seine Lüge hat mich bewogen, einen Akt der Gnade auszuüben; deine Wahrheit hätte mich zur Strenge verführt. Seine Lüge hat einem Menschen das Leben gerettet, deine Wahrheit hätte den Tod gebracht.« Dann wandte er sich zu dem andern und fügte hinzu: »Aber daß nun nicht wieder gelogen wird!«

 

Auszug aus dem zweiten Kapitel

Als ich fromm war, hatte ich mich eingehenden Studien der Moral und meines eigenen Ichs hingegeben. Meine Gedanken hatten sich in meinem Hirn gesammelt wie die Wasser der Flüsse in einem See, der über die Ufer zu treten droht; ich hatte über die Unvollkommenheit der Menschen in der Welt und über die Vollkommenheit der Menschen in meiner Lage nachgedacht; ich wurde stolz in meinen Gedanken und fühlte ein Bedürfnis, meine Achtung vor mir selbst und meine Verachtung der andern nach außen zu zeigen. Ich hätte am liebsten diese Gefühle in der ganzen Welt verbreitet, und begab mich nach Balbeck, das mir ein meiner würdiger Schauplatz zu sein schien; bald wagte ich den besuchtesten Tempel zu betreten, um hier dem Volke zu predigen.

Ich durchschritt den Tempel in der bescheidenen Haltung mit gesenkter Stirn, die die Regel uns vorschreibt; aber ich warf von Zeit zu Zeit verächtliche Blicke auf die Schar der Gläubigen, die vor mir auseinanderwichen. Ich ergötzte mich an der Achtung, die mein Gewand ihnen einzuflößen schien, und war fest überzeugt, ihnen in Kürze auch für meine Person Respekt einflößen zu können. Endlich bestieg ich das Podium, ich schlug vertrauensvoll die Augen zum Himmel auf und hatte selbst den Eindruck, daß ich weniger Erleuchtung von ihm erflehte, als vielmehr seine Aufmerksamkeit auf die Dienste lenken wollte, die ich ihm zu leisten im Begriff stand. Ich ließ meine Blicke wieder zu dem Volk herab und sah eine stumpfsinnige Menge, deren Augen auf mich gerichtet waren. Sie verharrte regungslos und schien auf die Seele zu warten, die ich ihr geben wollte. In der Menge verstreut sah ich einige Mönche. Sie werden mir, dachte ich, mit Eifersucht zuhören; sie werden unter sich meine Predigt kritisieren, aber sie werden sie dem Volke gegenüber loben; sie werden Gutes davon sagen, ohne es zu denken; vielleicht kann ich, wenn ich ihnen schmeichle, wenn ich sie für meinen Erfolg interessiere, die Ansicht beibringen, daß ich nicht ohne Beredsamkeit bin. Ich will, wenn ich von ihren Sitten und ihrem Geist spreche, mich zur Begeisterung hinreißen lassen; die Helden, die Gelehrten und die ganze Masse der Menschheit soll sich ihnen zu Füßen werfen.

Als ich meine Blicke zum Podium zurückschweifen ließ, sah ich eine Gruppe von Weisen. Die einen lebten am Hofe, die andern waren von der Akademie. Ich fühlte bei diesem Anblick, wie mir die Röte in die Stirn stieg, meine Seele war von verschiedenen Empfindungen lebhaft bewegt, Scham und Furcht, Zorn und Demütigung überwältigten mich. Oh, sagte ich bei mir, diese Leute werden lachen. Ich fürchtete das Urteil, das sie über mich fällen würden; ich war wütend auf diese Menschen, denen ich nicht imponieren konnte, und trotz all meiner Gegenwehr fühlte ich mich überwältigt von der Verachtung, die diese Leute für meinen Stand hegten und die sie wahrscheinlich auch für meine Beredsamkeit empfinden würden.

Ich hatte bisher nur sehr wenig gepredigt und immer nur, um mich zu üben, in kleinen Orten. Dort konnte ich, ohne Furcht, belächelt zu werden, mit Respekt von der Reise der Stute Borack zum Himmel des Mondes sprechen; ich konnte, ohne jemanden zu beleidigen, aus jedem beliebigen Himmel die Koranverse herabkommen lassen; ich konnte, ohne den Tadel irgendeines Menschen befürchten zu müssen, nach meinem Belieben die Brücke, die zur Hölle führt, verlängern und verbreitern: ich konnte Wunder und Bilder aufhäufen, voll Begeisterung, konnte in Verzückung geraten und schreien und war doch der Gläubigkeit und der allgemeinen Bewunderung sicher; aber in Balbeck lag die Sache anders. Ich hatte mit Leuten zu tun, die Ordnung, Vernunft, Eleganz verlangten und die all das andere wenig berühren konnte; in den kleinen Orten brauchte ich nur zu weinen, um die ganze Schar zum Weinen zu bringen; ich schrie, und meine Schreie verbreiteten Schrecken; dort riß meine Begeisterung mit fort, in Balbeck aber mußte sie lächerlich wirken. Dieser Gedanke ließ mich erzittern. Aber ich beruhigte mich etwas, indem ich mir sagte, daß diese Weisen, deren Kritik ich so sehr fürchtete, nur etwa fünf oder sechs Menschen von Geist seien, daß aber die Menge des Volks, das nur Volk ist, unzählbar sei. Ich sah die Köpfe der Dummen, sie waren sehr zahlreich; und kaum konnte ich ein paar geistvolle Menschen herausfinden: diese kamen mir vor wie Mohnblumen zwischen den Ähren eines Weizenfeldes, das bald gemäht werden soll. Endlich begann ich meine Predigt, aber nicht ohne Unruhe.

Ich hatte die Rache Gottes zum Thema gewählt. Ich malte sie fürchterlich aus und stellte sie als unabwendbar hin. Ich erinnerte mich, bei meinen Lehrern die Worte gehört zu haben: »Mein Sohn, lehre Furcht vor Gott; der Priester wird nicht geehrt, wenn Gott nicht furchtbar ist.« Ich entwarf schreckliche Bilder von den Höllenstrafen, und indem ich die Gerechten ein paar kleine Fehler machen ließ, stürzte ich sie so tief ich konnte hinein; ich rettete keinen von all denen, die auf ihre Werke mehr gebaut hatten als auf unsere Gebete. Ich sah, wie die Weisen mitleidige Blicke bald auf das Volk, bald auf mich warfen; das Volk hörte mir bewegungslos zu. Mit den Mönchen war ich zufrieden, sie heuchelten recht gut Schrecken und Bewunderung, flößten aber keins von beiden ein. Dann griff ich die Laster an, die die Höllenstrafen verdienen. Ich wandte mich gegen diese Art von Eigenliebe, die die Seele erhebt und zur Unabhängigkeit führt; ich erinnerte mich, daß meine Lehrer mir gesagt hatten: »Mein Sohn, lehre deine Brüder Demut, und sie werden dich verherrlichen.« Ich wandte mich auch gegen die Liebe zu den Gütern dieser Erde. »Eure Häuser,« sagte ich zu dem Volk, »sind nur Gasthäuser; nicht lange dürft ihr darin wohnen; eure ewige Wohnung ist das Grab. Gebt eure Güter, aber gebt sie denen, die ihrer bedürfen und einen heiligen Gebrauch davon zu machen wissen.« Dann sprach ich von der Armut und den Tugenden derer, die sich dem Mönchsleben geweiht. Die Weisen lächelten und das Volk gähnte. Von einer Herrschaft über meine Zuhörer konnte ich nichts bemerken, ich empfand eine heftige Empörung gegen sie, und da ich sie nicht rühren konnte, wollte ich sie austilgen. Ich wetterte gegen die Stolzen, die sich auf die Erleuchtung ihrer Vernunft zu verlassen wagen, ich griff die Vernunft selber an; ich empörte mich besonders gegen die erleuchtete Vernunft, die man Weisheit nennt. Ich stellte die Weisen als Feinde des Staates und der Bürger, als Feinde des Fürsten und der Frauen des Fürsten und der Kinder des Fürsten hin. Alle diese Schmähungen, die in pathetischem Ton und mit überzeugender Geste vorgebracht wurden, hatten keine Wirkung, und ich verließ nach einigen frommen Flüchen das Podium.

Die Mönche geleiteten mich heim. Sie umarmten mich, die Augen in Tränen gebadet, und einer von ihnen sagte zu mir: »Die Weisen haben Balbeck erleuchtet; wir haben vergebliche Anstrengungen gemacht, das Fortschreiten der Weisheit aufzuhalten; sie geht mit großen Schritten dahin, sie mischt sich unter das Volk, sie wagt sich neben dem Thron aufzupflanzen. Heute sind wir eine Rasse von Menschen, die den übrigen Menschen fremd ist; unsere Interessen, unsere Gefühle und Ansichten sind den ihren entgegengesetzt; die Finsternisse sind zerstoben und die Beute entgeht den Vögeln der Nacht. Wir sind in der Gesellschaft wie jene klebrigen Gräser, die die Wellen des Meeres seinem Schoße entreißen und an das Ufer werfen. Diejenigen unter uns, die ihrem Irrtum entrissen sind, und diejenigen, die ihn bewahrt haben, sind gleichermaßen zu beklagen, und wir können uns des Irrtums in uns wie in andern nicht mehr freuen. Wir sehen auf immer die Achtung des Volkes entschwinden, dem wir die guten Gefühle der Liebe und der Freundschaft und den Zauber der Menschlichkeit gewidmet hatten. Ein Schleier der Verachtung hüllt uns ein, und wir sehen die Tugend, die uns verachtet, in ihrem ganzen Glanze erstrahlen. Eifersucht und Reue zerreißen uns, keine Freude birgt unser Herz und wir fühlen unsere Seele nur in den Leidenschaften, die sie quälen.«

Ich war aufs höchste betroffen von dieser Rede. Ich dachte lange und ergebnisreich darüber nach, legte mein Mönchsgewand ab und begab mich zu einem Weisen. »Ich will mich den Männern entziehen,« sagte ich zu ihm, »die von Ihresgleichen getrennt leben, die von Ihnen gehaßt werden und Sie hassen; ich möchte von Ihnen unterrichtet werden.« »O Sadi,« erwiderte mir der Weise, »dein Herz ist gefühlvoll und gut; du weißt alles. Lebe in unserm Kreise.«


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